Rom auf dem Weg - Legionen und ihr Marsch

Tib. Gabinius

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Da sonst das andere Thema überflutet wird:
Gehen wir von einer maximalen Stärke von rund 6000 Mann einer Legion aus (selten erreicht).
Dazu kommen im Fall eines friedlichen Marsches, wie er von Varus unternommen wurde, die Angehörigen der Soldaten und Offiziere (Frauen / Geliebte, Kinder, Knechte, Freigelassene, Sklaven), nicht zu vergessen freiwillig folgende. Dazu zählen wir Prostituierte, Händler und Wahrsager.
Dazu wiederrum gehört der militärische Troß. Für jede Contubernia (8-10 Leute) steht ein Maultier zur Verfügung für Zelt und Mühlstein. Dem Zenturio dürfte ein weiteres Zukommen. Jedem der anwesenden Offiziere wie Tribune dürften dazu noch ein oder mehr Pferde zustehen und weitere Maultiere.
Die Kavallerie dürfte Ersatztiere mit sich geführt haben (hab grad keinen Vegetius zur Hand...), gar nicht zu sprechen vom Material.
Außerdem gab es zumindest in einigen Truppen und Perioden Geschütze (vermutlich Ballisten) auf Karren.

Diese ewig lange, da keine Bedrohung angenommen wurde wohl gut durchgemischte Schlange ist auch vom Terrain und dem Wetter abhängig.
Vor und während der Varrusschlacht hat es geregnet. Die schlammigen Pfade dürften den Zug weiter verlängert haben.

Marschordnungen selbst werden v. Polybios, Caesar, Vegetius, Pseudo-Hygin u.a. beschrieben.

6 Mann dürfte Paradeformation gewesen sein, sprich, im Gelände nicht nutzbar. 2-4 Mann nebeneinander dürften eher dem Standart entsprochen haben.
Über die Länge gibt es sehr faszinierende Berechnungen von Delbrück, ich kram sie mal raus.

Marschgeschwindigkeit waren im Schnitt wohl knapp unter 20 römische Meilen/Tag = 29,6 km. Eilmärsche brachten es auf 24 römische Meilen. Wohlgemerkt sind dies Zahlen der Ausbildung. Motivierte, unbelastete Truppen dürften das kurzzeitig überboten haben, bei ungünstigen Verhältnissen dürfte es wesentlich weniger gewesen sein.
Darin sind auch keine Transportmittel wie Schiffe enthalten.
 
Da es gerade aktuell ist, hält man sich an die von Josephus Flavius beschriebene Kolonne des Vespasian, kommt man an 30 km Länge. Auch hier dreht es sich um 3 Legionen nebst Auxiliares, allerdings ist das Gelände günstiger und es wird vermutet das die Truppen parallel marschierten.

Arrians Angaben führen zu einer Mindestlänge von 5 km bei 12 - 13 000 Mann. Hiervon stammten rund 7000 Mann aus regulären Legionen (XII Fulminata und XV Apollinaris)


Solche Heerschlangen haben, egal wo und wann, jeden abend ein Lager errichtet, bei dem nicht selten die Zivilisten und Troßangehörigen außerhalb blieben.
Sowohl Josephus als auch Caesar berichten, dass die Truppen ständig in gegenseitiger Reichweite blieben, und selbst auseinandergezogene Truppen blieben in Marschreichweite. So wird in Bello Gallico berichtet, wie Caesar seine Leute in einem Gewaltmarsch nach gewonnener Schlacht einem bedrohten Lager zu Hilfe schickte, wo sie nur durch ihre Anwesenheit die Lage entschärften und den Feind vertrieben. (Man darf davon ausgehen das die Soldaten nicht mehr kampfbereit waren).

Einzelne und kleine Lager weisen meist ihre Charakter direkt vor (Übungslager, Marschlager, Versorgungstruppen...)
 
ich hab mal eine ganz banale Frage. Wie wurden diese massen von römischen Soldaten ernährt. Ich hab mal irgendwo gelesen, das sie nur Getreide bekamen und sich daraus ihr Brot machen mussten. Stimmt das?
 
Das panis militaris, das Militärbrot stellt tatsächlich die Haupternährung der Soldaten dar. Jeder Soldat bekam seine Ration in Getreide ausgeteilt. Dieses führte er in seiner Sarca mit sich und wenn gelagert wurde holte jedes contubernia (Zeltgemeinschaft) ihren Mühlstein raus. Dann hieß es erstmal eine gewisse Zeit mahlen.
Dieses Mehl ist natürlich nicht zu vergleichen mit dem klaren Mehl von heute. Darin waren jede Menge anderer Körner und auch die Arten waren noch leicht anders als unser heutiges Getreide. Dazu wurde es nicht ganz so fein, wie unser maschinell gemahlenes.

Dazu gab man dann Wasser (und wenn man die Möglichkeit hatte natürlich irgendwas schmackhaftes wie Salz), formte kleine Brote die man dann, ähnlich wie Fladenbrot, über dem Feuer gebacken hat. Zum Zeichen der Verbundenheit und Volksnähe haben dies sogar eine Kaiser getan.

Vorher war Puls die verbreitete Ernährung. Dies ist eine Art Brei aus Getreide. Da zum frühen Zeitpunkt Getreide ohne Kleber, einem natürlichen, in unserem Getreide enthaltenen, Bindestoff angebaut wurde, konnte man keinen Teig aus diesem Formen und griff so auf andere Methoden zurück.

Natürlich gab es auch Fleisch, jedoch war dies kein Standart in der Versorgung. Oft wurde auch Fisch gereicht. Aber in Relation waren dies Seltenheiten. Die normale Tagesverpflegung bestand aus dem Panis Militaris.
Wenn du dich tiefergehend damit beschäftigen möchtest rate ich dir zu Dr. Junkelmanns "Panis Militaris". http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3805323328/qid=1095342313/302-7417492-1676045
 
Danke, sehr aufschlussreich. Man muss sich fragen, wie bei dieser einseitigen Ernärung die Kampfkraft aufrecht erhalten wurde.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Das panis militaris, das Militärbrot stellt tatsächlich die Haupternährung der Soldaten dar. Jeder Soldat bekam seine Ration in Getreide ausgeteilt. Dieses führte er in seiner Sarca mit sich und wenn gelagert wurde holte jedes contubernia (Zeltgemeinschaft) ihren Mühlstein raus. Dann hieß es erstmal eine gewisse Zeit mahlen.
Dieses Mehl ist natürlich nicht zu vergleichen mit dem klaren Mehl von heute. Darin waren jede Menge anderer Körner und auch die Arten waren noch leicht anders als unser heutiges Getreide. Dazu wurde es nicht ganz so fein, wie unser maschinell gemahlenes.
nicht ganz so fein ist gut ;) - ich hab mal irgendwo gelesen, dass Gebisse, die von römischen Milites gefunden wurden, regelrecht abgeschliffene Zähne hatten, was man dem groben Korn und den aufgelösten Bestandteilen des Mühlsteins im Teig zuschreibt :)
 
florian17160 schrieb:
Danke, sehr aufschlussreich. Man muss sich fragen, wie bei dieser einseitigen Ernärung die Kampfkraft aufrecht erhalten wurde.


In Relation war diese Ernährung nicht gravierend schlechter, als die der Zivilbevölkerung (mal abgesehn von den Reichen natürlich).
Puls war einmal das maßgebliche zur Ernährung der Bevölkerung. Und die vom Staat verteilte Nahrung bestand auch zum größten Teil nur aus Getreide.
Fleisch war recht teuer.

Im Pompeij des Jahres 79 n. Chr. kostete 1 modius (6,5 kg) Weizen etwa 7 1/2 Sesterzen.
1 modius Roggen dagegen schon nur noch 3 Sesterzen, ein Maultier dafür 520 Sesterzen. Man kann sich also ausrechnen, wie teuer Fleisch für die Masse der "normalverdiener" war.

Zum Vergleich, ohne Abzüge (Ausrüstung, Ernährung, Gräberverein) bekam ein Legionär unter Domitian 300 Denare im Jahr (1 Denar = 4 Sesterzen)
 
Qerasija schrieb:
nicht ganz so fein ist gut ;) - ich hab mal irgendwo gelesen, dass Gebisse, die von römischen Milites gefunden wurden, regelrecht abgeschliffene Zähne hatten, was man dem groben Korn und den aufgelösten Bestandteilen des Mühlsteins im Teig zuschreibt :)
Absolut korrekt.
Aber: die Steinreste des Mühlsteins konnten bislang nicht bewiesen werden, da je nach Material der Abrieb sehr klein ist.
So braucht es Jahre um die geschlagenen Rillen eines Basaltsteines aus der Eifel abzureiben.
 
Marschgeschwindigkeite einer römischen Legion?

Salve erstmal,
seit längerer Zeit beschäftige ich mich mit den Sugambrern. In diesem Zusammenhang ist für mich von Interesse, wie weit Cäsar bei seinem ersten Rheinübergang in sugambrisches Gebiet vorgedrungen sein könnte. Welche Marschgeschwindigkeit hat eine Legion normalerweise pro Tag? Die einzige Angabe, die ich dazu finden konnte, ist die Marschgeschwindigkeit bei einem 30 km Übungsmarsches von 6,5 bis 8 km/h. Zu bedenken ist m. E., dass Cäsar durch ihm unbekanntes und unwegsames Gelände gehen musste; wenn ihm auch möglicherweise durch die Ubier die vorhandenen Altwege aufgezeigt wurden.
Schwankend sind auch die Angaben mit wieviel Mann Cäsar über den Rhein ging. M.W. besteht eine Legion aus 4000 – 6000 Mann. Bei Wikipedia finde ich Angaben bis 25.000 Mann, die den Rhein überquerten. Vielleicht kann mir da jemand weiterhelfen.
Vielen Dank
Rebus
 
M.W. besteht eine Legion aus 4000 – 6000 Mann.

Ich glaube, das du da wohl Recht hast.
Eine Legion bestand aus 10 Kohorten deren Stärke ca. 4.000 bis 6.000 Mann betrug.
Eine Kohorte bestand aus 3 Manipel deren Stärke ca. 420 bis 620 Mann betrug.
Ein Manipel bestand aus 2 Zenturien deren Mannschaftsstärke ca. 140 bis 200 Mann betrug.
Eine Zenturie bestand demnach so ca. aus 70 bis 105 Mann.

Grüße
Amicus
 
Oh! Das ging aber schnell! Vielen Dank!
Ich denke mal, dass man davon ausgehen kann, dass Cäsar seine Legionen nicht in Eilmärschen geführt hat, da er ja jederzeit mit Kampfhandlungen reichen musste. Dass die Sugambrer sich in die Mitte ihres Stammlandes zurückgezogen hatten, hat er ja erst im nach hinein erfahren. Wenn man davon ausgeht, dass Cäsar nach der Hälfte der Zeit kehrt gemacht hat, wäre er maximal 270 km vorangekommen. Bedenkt man, dass er von Andernach zuerst mal an die Sieg gelangen musste, wären es ca. 200 km vom Rhein Richtung Osten. Ist das legitim anzunehmen?
Rebus
 
Also in Eilmärschen werden sie sich nicht bewegt haben, da schließe ich mich an. Normalerweise war dies nur der Fall, wenn man schnell einem Feind den Weg versperren wollte oder einer anderen Legion zur Hilfe eilen wollte oder ähnliches.

Zur Legionsgröße:

In der Republik sah es wie folgt aus:

100 Mann=1 Zenturie
2 Zenturien=1 Manipel (200 Männer)
3 Manipel=1 Kohorte (600 Männer)
10 Kohorten=1 Legion (wären dann 6000 Männer)

Zu Caesars Zeiten hatte Rom bereits die Heeresreform des Marius erlebt, so dass es wie folgt aussah (im Regelfall):

80 Mann=1 Zenturie
2 Zenturien=1 Manipel (160 Männer)
3 Manipel=1 Kohorte (480 Männer)
10 Kohorten=1 Legion (wären insgesamt 4800 Männer)

s.d.caes.
 
Bei unserem Alpenmarsch und anderen Testmärschen brachten wir Tagesleistungen bei vollem Gepäck von 25 - 30 km am Tag.
Wenn man Zelt und alles mitnimmt über Gepäckstangen schaft man nur noch 15-20km am Tag.
Mit dem Schiff (unserer Navis Lusoria) schaften wir mit der Ströhmung 60-max. 100km am Tag.
Die Geschwindigkeit konnte man auch über mehrer Wochen hinweg halten.

EDIT: Bei den Auxilliaren gab es auch Millaria Kohorten, die hatten 1000 Mann.
 
Bei unserem Alpenmarsch und anderen Testmärschen brachten wir Tagesleistungen bei vollem Gepäck von 25 - 30 km am Tag.
Wenn man Zelt und alles mitnimmt über Gepäckstangen schaft man nur noch 15-20km am Tag.
Aber so ein Zug verlangsamt sich doch mit steigender Größe oder? Allein die Zuglänge sorgt doch dafür, dass wenn die ersten da sind, es noch lange dauert bis auch die NAchhut angekommen ist. Ebenso läuft die Nachhut deutlich später los als der vordere Teil des Zuges.
 
Es waren nur 13 Teilnehmer. Von demher, konnte das nicht getestet werden. Aber selbst da verteilen sich die Leute, lag aber wohl eher an der mangelden Disziplin ;)
Aber im Grunde hast du recht, bei Napoleon muß das überleifert sein, zumindest hat mir das mal einer gesagt, daß dort wo die ersten angekommen sind, die letzten erst losgingen und deswegen konnte man keinen langen Strecken zurücklegen.

Übrigens auch bei den Römern, die gingen wahrscheinlich sehr früh los, denn zur Mittagszeit sollt eman schon am Zielort sein um ein Lager aufbauen zu können.
 
Marschleistungen der römischen Legionäre

Zu den Marschleistungen tauchen verschiedene Angaben auf. Von 14 bis 37 km. Wenn man ein Standartmarschgepäck von 20 kg zugrunde legt, wie hoch (auf ebener Strecke) war eine Marschleistung ?
Kann man bei einem Übungsmarsch davon ausgehen, das die Truppe am Nachmittag wieder in dem Legionärslager eintraf ?
Und abschließend, wurde auf dem Marsch eine (Mittags) Pause in einem Auxiallager eingelegt oder wurde durchmaschiert ?

Danke im voraus

Dezimus der Batavi
 
Zu den anderen gibt es bereits Diskussionen. Darum nur zu folgenden:
Kann man bei einem Übungsmarsch davon ausgehen, das die Truppe am Nachmittag wieder in dem Legionärslager eintraf ?
Nein, nicht im allgemeinen. Es gibt, neben der doch recht ordentlichen Marschlänge, Übungslager, bspw. im Umland von Vetera, die nachweisen, dass die Herren mehr taten, als nur einmal eine große Runde drehen. Auch die literarischen Hinweise auf "Manöver", wie wir es heute nennen würden legen nahe, dass die kompletten Abläufe eingeübt wurden.

Und abschließend, wurde auf dem Marsch eine (Mittags) Pause in einem Auxiallager eingelegt oder wurde durchmaschiert ?
Wir haben keine Hinweise, dass es geregelter Weise Pausen gab. Anzunehmen bleibt es jedoch, was daraus eine Vermutung macht.
 
Wer vorläuft kann Pause machen….

Jedenfalls wäre das eine interessante Frage.
Wurde in Ordnung marschiert oder locker gewandert?
Militärhandbücher (Maurice und Vegetius) legen jedenfalls Wert auf Marschordnungen und geben Tipps.
Zu viele Tipps um Vorauszusetzen, dass die Marschformation immer eingehalten wurde.. aber genügend, um ein Idealvorstellung aufzuzeigen.
 
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