Spätantike bezug zum 1./2.WK?

Lucy

Neues Mitglied
Inwiefern kann man Parallelen von der Spätantike zum 1. bzw. 2. Weltkrieg ziehen?
Habe einen Bezug zwischen der Spätantike und dem 2.WK bezüglich der verfolgten Gruppen gesehen..In der Spätantike waren dies z.b. die Christen wegen ihrer Religion..im 2.WK die Juden wegen ihrer Rasse..
mehr fällt mir leider nicht ein..
LG
 
Guten Tag Lucy.
Bitte,
Ist das die korrekte Wiedergabe der gestellten Hausaufgabe?
Wenn ja, solltest du uns aus dem bereits behandelten Unterichtsstoff erst mal teilhaben lassen.
 
Verfolgung Spätantike

In der Spätantike waren - abgesehen von der Anfangszeit und den kurzzeitigen Maßnahmen Julians Apostata- nicht die Christen die Verfolgten, sondern die Verfolger. Die Spätantike beginnt mit dem Regierungsantritt des Kaisers Diocletian im Jahre 284.
Unter der Herrschaft der Tetrachen fand zwar ab 303 die größte Christenverfolgung des Reiches statt, doch muss man hier den Reichsteil der jeweiligen Augusti bzw. Caesares betrachten, da die Ausmaße der Verfolgungen unterschiedlich ausgeprägt waren - der eine verfolgte mehr, der andere weniger. Im Laufe der Spätantike, mit laufender Begünstigung des Christentums, begannen die Übergriffe der Christen gegen die Andersgläubigen und deren Einrichtungen, weil sie die dem Universalanspruch des christlichen Glaubens entgegenstanden. Der grausame Tod der Hypatia ist ein Beispiel für den sich immer weiter ausbreitenden christlichen Fanatismus zu dieser Zeit.
 
Au weia Lucy, solche Parallelen kannst du aber überall ausbuddeln - z. B. zwischen Fürst rainer von Monaco und Hermann Göring, weil sie beide knallige Uniformen trugen, oder der athenischen Expedition gegen Syrakus und der von Teddy Roosevelt im Kubakrieg, die beide mit Hilfe von Schiffen vollzogen wurden.

Zum ersten wäre der Vergleich nicht der mit dem 2. Weltkrieg, sondern einer mit dem Nationalsozialismus - die Judenverfolgung hat nicht mit dem Beginn des Krieges eingesetzt. Ferner wurden die Christen, wenn sie denn mal verfolgt wurden - was intermittierend in mehr oder weniger umfassenden Schüben geschah - nicht wegen ihrer Rasse, sondern wegen ihrer Weltanschauung verfolgt; das ist ein so profund anderer Anlass, dass man ihn nicht über den gemeinsamen Nenner der "Verfolgung" wegbrechen kann. Im römischen Reich gab es mehrere solche Verfolgungen, abgesehen von politischen Gegnern des Kaisers (dazu konnte der verkehrte Rennstall des Circus Maximus ausreichen) wurden Verehrer der Isis, der Cybele und des Attis, des Mithras und des Sol Invictus verfolgt - wenn sie es nicht gerade schafften, über einflussreiche Mitglieder des Kaiserhauses in den offiziellen Kanon aufgenommen zu werden. Des ferneren wandelte sich bis zur Spätantike auch das Christentum: von der durch Nero verfolgten Urgemeinde zum überwiegend hierarchisierten Kult mit einer Vielzahl erbittert verfeindeter, gewalttätiger Sekten, die man nach heutiger Maßgabe (wenn man die schon anlegen soll) wahrscheinlich "Christianisten" nennen würde.

Um Judenverfolgung und Christenverfolgung zu vergleichen, muss man auf den Nenner des "Einbruchs einer ungerechten Gewaltwelle in die Zivilgesellschaft" zurückgreifen; da finden sich aber noch viel, viel mehr und andere Parallelen, leider meistens mit Christen auf beiden Seiten - oder einseitig auf der "bösen". Aber natürlich fallen zu WK 1 und Spätantike noch solche Worte wie "Barbareneinfall" und "Hunnen" ein, die aus dem jeweiligen Propagandarepertoire der kriegsführenden Parteien stammen. Diese Sprache zu gebrauchen heißt, sich auf die Sprache der Propagandisten einzulassen - was wieder einem ernsthaften Vergleich im Wege stünde.

M. E. heißt Geschichte betrachten, nicht vergleichen. Wenn man für Krieg und Verfolgung Parameter des Schreckens braucht, um das eine "weniger schlimm als" das andere, oder "genauso schlimm wie" zu bezeichnen, zeigt man nichts anderes als Respektlosigkeit für diejenigen, denen das jeweilige Ereignis ganz ohne Vergleichsmöglichkeit das Schlimmste war (ist).

Aber das ist natürlich nur meine Meinung; sie kann in deutlichen Teilen von denen vieler Historiker abweichen.
 
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