Das erkennst Du genau richtig. Diese Taktik könnte man eigentlich auch sofort als die Arminiustaktik definieren. Wobei genaugenommen karr wa farr eher eine Art Bruchteil, ein kleines Beispiel des Arminiustaktik wäre, denn er dachte weitaus in größere Dimensionen. Arminius war ein verdammt großer Stratege.Also zum Schein fliehen diejenige, die das Feld besetzt hatten, vor dem Ansturm der Reiterei, um dann plötzlich umzukehren während gleichzeitig weitere Truppen aus dem Wald (von den Seiten?!) hervorbrechen, deren Anwesenheit von den Römern zuvor nicht erkannt worden war. Die Araber nannten so etwas Jahrhunderte später karr wa farr, eine Scheinflucht. Custer und Lil' Big Horn tauchen da vor meinem Auge auf.
So wie Du es beschreibst war es die ganze Zeit. Dementsprechend ist es auch gar nicht davon auszugehen, dass die Idistavisoschlacht entscheidend sein hätte können, man dürfte sogar gar nicht überrascht sein, dass die Germanen relativ früh flüchteten. Arminius suchte nie den schnellen Erfolg und führte oft die Römer mit geordneten Rückzug genau dahin, wo er sie brauchte. Im Fall Anno 16 war es der Angrivarierwall. Ein weiterer genialer Schachzugs Arminius.
Die Einladung zum freien Feld, war die Einladung zu einer Falle. Wir wissen ja heute, dass Arminius danach direkt den Weg zu Weser versperrte, wodurch Germanicus keinen Nachschub mehr bekam. Germanicus musste ihn angreifen. Diesmal, im Gegensatz zu Anno 15 worüber Du schreibst, konnte Germanicus nicht mehr fliehen. Er musste in die für ihn ungünstigen Gelände einmarschieren.
[FONT="]Die spätere Eroberung des Angrivarierwalls von Germanicus war nichts Weiteres als die volle Konzentration für den Fluchtweg. Beginnend mit allen Torsionsgeschützen, endend mit seiner eigenen Leibgarte. Die Prätorianer, sprich er persönlich mit seiner Leibgarte, rannte vom Schlachtfeld auf und davon als der Weg zur Flucht endlich frei war. Das Schicksal seiner Legionäre war dem Kerl scheiß egal, weswegen nur sein Schiff bei den Chauken ankam. Germanicus hatte einen riesen Vorsprung gegenüber seine Legionäre. Zudem schickte er sie in den Tod, damit sein Weg frei sein konnte. Dass die Germanen rechts und links vom Angrivarierwall sich positioniert hatten, konnte in dieser Größe jeder entdecken. Er schickte sie zu den Wälder und zu den Sümpfen, was, im Gegenteil zu Tacitus Meinung, kein Geniestreich war, sondern, wenn überhaupt, große Dummheit. Der Wall war dafür gedacht, die Römer dazu zu bringen, dass sie über den Wald oder durch den Sumpf ausweichen. Nach den Geschehnissen von Varus und von Caecina sollte jeder inzwischen selbst wissen, welche brutalen Nachteile die Römer in solchen Kampfplätze durch ihre schwere Rüstung hatten. Germanicus schickte seine Leute nur dahin, um eine sichere Gasse für sein Leben zu wissen.[/FONT]
Germanicus war stets ein Hasefuß. Auch Anno 15 blamierte sich der Bub. Tacitus versucht selbst hier wieder seinen Schützling zu decken. Bekanntlich rettete Agrippina die Ältere die Legionen von Caecina. Tacitus macht so, als wäre Tiberius ein Chauvi. Nehmen wir mal an Tiberius war einer, dann narrt sich Tacitus daran fest, dass Tiberius meinte, dass durch die Rettung von Agrippina ihr Ehemann Germanicus schandhaft in den Schatten einer Frau gestellt worden wäre. Warum eigentlich? War Tiberius so realitätsfern, dass er die Situation völlig verzogen verkannte? Germanicus war ja nicht in Köln und daher konnte nur Agrippina die Jungs vor ihrem endgültigen Untergang retten. So nebenbei, machte sie die Rheinbrücke dafür kaputt. Soviel zu diesem Sieg der Römer.
Weswegen stand denn jetzt Germanicus in den Augen des großen Kaisers und dem größten Feldherr in Zeiten Augustus in Schande? Nur wegen den Taten seiner Ehefrau allein? Wer das glaubt wird selig und kommt in den Himmel. Was zuvor war: Germanicus trifft sich mit Caecina und befiehlt ihm, dass er eine Straße für spätere militärische Aktionen bauen sollte. Gleichzeitig teilt er ihm mit, dass er Richtung Cherusker marschiert, um den blöden Arminius zu verhauen. Was gleichzeitig auch bedeutet, dass er ihm den Rücken für den Bau frei machen wollte. Germanicus trifft Arminius. Es geht „Unentschieden“ aus und nach dem Strom voller Flüchtlinge macht sich Germanicus „sofort“ auf den Weg zur Weser. Jeder Normalsterbliche sollte bei dieser Zusammenfassung von Tacitus drei Fragezeichen über den Kopf haben! Wieso Unentschieden bei einer Massenflucht inklusive Germanicus? Denn der haut wieder früher als vereinbart mal wieder ab und lässt gleichzeitig Caecina im Stich. Caecina baut bei den ersten Angriffen noch schön brav weiter, bis er schnallte, dass sein Rücken gar nicht mehr frei gehalten wurde. Das wurde ihm vermutlich bei dem Anblick der gesamten germanischen Armee mal so nebenbei bewusst.
Tacitus vertut sich da schwer. In diesem germanischen Krieg gehört es sicherlich zu den Glücksfällen, dass Tiberius als Kaiser keine Zeit mehr hatte um Krieg zu spielen.
Arminius Strategiebrillanz war mit Sicherheit zu hoch für viele seiner germanischen Krieger. Was aber nicht an der primitiven Kultur der Germanen lag, denn selbst heute schnallen die meisten Deutschen seine Strategie nicht. Von den Römer der Antike brauchen wir erst gar nicht anzufangen. Das fängt ja schon damit an, dass Varus, bzw. „seine Überheblichkeit“ am Ende für die Gesamtniederlage verantwortlich war. Als hätte es Germanicus nicht gegeben, der Im Winter 15/16 unterstützung von heutigen Italien, Spanien, Portugal, Benelux-Staaten, Frankreich für die Wiederaufrüstung benötigte.
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