Wenn ich dich richtig verstehe: die römischen Kaiser, im Gegensatz zu den Dynastien der Lagiden oder Seleukiden, förderten die Wissenschaft (z. B. die Mechaniker des Museion) nicht mehr aktiv, woraus eine Erlamung der Wissenschaft folgte?
Nein, so wollte ich das nicht sagen. Meines Wissens ist viel zu wenig darüber bekannt, inwieweit hellenistische und römische Herrscher Wissenschaft und Forschung im technischen Bereich aktiv förderten (oder eben nicht) oder inwieweit diese aufgrund anderer Antriebe liefen, um so weitreichende Aussagen treffen zu können. Wir kennen im Wesentlichen nur einzelne Momentaufnahmen, die man nicht generalisieren sollte. Das berühmte Museion in Alexandria z. B. wurde zwar von den Ptolemaiern aktiv unterstützt, war aber nicht primär eine technische Forschungseinrichtung, sondern eine Stätte vielfacher wissenschaftlicher und künstlerischer Betätigung, in der auch Naturwissenschaften betrieben wurden, aber eben nur auch.
Ich wollte nichts weiter sagen als dass durch die Eingliederung vieler Staaten ins Römische Reich unmittelbare praktische Bedürfnisse, die Forschungen und neue technische Entwicklungen initiierten, weggefallen sein könnten. Wenn es z. B. keinen König X mehr gibt, der Städte belagert, beschäftigt er auch keine Belagerungsingenieure mehr, die sich neue Belagerungsmaschinen ausdenken. (Damit ist aber nicht zwingend gesagt, dass sie nicht stattdessen bei den Römern unterkamen.)
Und das Ende dieser Förderung wiederum war ein Ergebnis der Pax Romana im Mittelmeerraum, die Prestigeprojekte (Stichwort Riesen-Galeere) oder aber komplizierte militärische Innovationen (wie die Maschinen des Archimides) obsolet werden ließen?
So weit würde ich nicht gehen. Leute wie Archimedes waren, wie schon früher in diesem Thread erwähnt, ohnehin eher eine Ausnahme. Viele hellenistische Wissenschaftler im mathematischen/technischen Bereich betrieben eher Grundlagenforschung ohne konkrete praktische Anwendungen - und ohne konkrete Anregungen aus der Praxis. Umgekehrt wurde so manches Kriegsgerät (oder, um vom Militärischen wegzukommen, z. B. Hilfsmittel für Bauarbeiten) eventuell von einem Praktiker entwickelt, der nie eine geförderte Forschungseinrichtung von innen gesehen hat.
Das würde man auch am berühmten römischen Corvus erkennen, den die Römer für den ersten punischen Krieg (Konkurrenzsituation gegenüber Carthago) entwickelt hatten, der dann aber, sobald Rom auf See quantitativ überlegen war, wieder aufgegeben wurde.
Der Corvus wurde anscheinend nur im Ersten Punischen Krieg verwendet. Auch danach hatten die Römer im Mittelmeer noch so manche Seeschlacht auszutragen. Dass er wieder aufgegeben wurde, dürfte also nicht am Wegfall der Konkurrenz gelegen haben.
Dann ist aber die Frage, warum die Römer in den Krisensituationen des 3. und 5. Jahrhunderts (in der nun wieder eine Konkurrenz mit Mächten eintrat, die auf militärischem Gebiet technologisch gleichwertig aufgestellt waren) gerade nicht auf den Weg der technologischen Vorsprungs zurückgekehrt sind.
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Römer den "Barbaren" nicht technologisch überlegen gewesen wären. Man denke nur an die diversen Geschütze (Karroballisten etc.), wie sie anscheinend auch in der Schlacht am Harzhorn eingesetzt wurden. Dergleichen hatten die "Barbaren" nicht. Gerade in der Spätantike entwickelten sich die Römer militärisch weiter, z. B. mit den Clibanarii.
Aber Technik allein ist nicht alles, wie man auch in neuerer Zeit beobachten kann, wo so manche von den USA oder einer sonstigen hochtechnologisierten Militärmacht mit modernstem Kriegsgerät ausgestattete Truppe im Kampf trotzdem nur recht bescheidene Ergebnisse erzielt(e).