u Beginn möchte ich den von dir vermittelten Eindruck zerstören, die Fachliteratur seie sich in der Frage der militärischen Ostpolitik Trajans einig.
So brauche ich nicht auf die von dir entsprechenden Autoren zu verweisen, bringe aber einige andere Stimmen. Annette Nünnerich-Asmus etwa, in ihrem ausführlichen Werk "Trajan", die ausführlichste, mir bekannte Biographie, verweist immer wieder auf die schwache Quellenlage und die starke, interpretatorischen Möglichkeiten. Sie tendiert keineswegs dazu, eine Fehleinschätzung vor Beginn der Feldzüge zu attestieren oder einen Expansionsgedanken zu unterstellen.
Werner Dahlheim schreibt: "Im Osten war das labile Gleichgewicht zwischen Rom und dem Partherreich immer wieder durch Streitigkeiten um die Besetzung des armenischen Throns gestört worden. Ales den Parthern gelang, den von Rom in Armenien eingesetzten König Axidares zu verdrängen, fiel Trajan in das Land ein. Der Politik der jahrzehntelangen Kompromiße überdrüssig, provinzialisierte er Armenien und stieß bis zum persischen Golf vor, nachdem sich der Partherkönig nicht bereit gezeigt hatte, diesen Schritt hin zu nehmen." Er beschreibt nachfolgend, dass die Überdehnung der Kräfte zu Unruhen und Aufständen führte, die zusammen mit einem verhärteten parthischen Widerstand zur Aufgabe des Feldzuges führen mußten.
Alles Faktoren, die nur in der beliebten "hinterher Sicht" klar erkennbar sind, aus der SItuation hinaus aber keineswegs ein fehlverhalten oder mangelndes Vermögen implizieren.
Michael Grant schließlich schrieb schon vor 20 Jahren: "Als ihm jedoch Armenien, der ständige Zankapfel zwischen beiden Staaten fast kampflos zufiel, entschied er, noch weiter zu gehen und auch ganz Mesopotamien zu annektieren."
Später eröffnet er die Möglichkeit, dass der Rückzug in Zusammenhang mit der Erkrankung stand, schließt also nicht auf, dass ein hinter dem ganzen stehender Plan dadurch verhindert wurde.
Letztlich sollte nun wirklich klar sein, dass die Politik Trajans im Osten kein gutes Ende nahm, aber es ist nicht zu klären, ob aus Gründen falscher Handlungen und Planung oder Schicksal. Übereingekommen sind wir ja schon, dass die Handlungen im Kern den üblichen römischen Gedanken und Handlungsweisen entsprechen.
Zu den Aufständen befindet etwa Adrian Goldsworthy wie Grant und Bleicken die in der Diaspora lebenden Juden für "schuldig. Nach den großen Aufständen 66 - 75 wurde mit der Vertreibung ein vermeintlicher Friede hergestellt, der die Juden genau über die unter Trajan aufständischen Gebiete verteilte, Syrien, Agäypten, Zypern. Und es bleibt nmicht bei diesem Aufstand, 133-135 erfolgt schon der nächste größere Aufstand.
Trajans Rolle darin ist austauschbar und somit nicht auf ihn als Person zurück zu führen.
Ich kritisiere Heuß, weil er, wie er der traditionellen Wertung Trajans folgt, die seine negativen Züge ausblendet oder beschönigt. Heuß z. B. schreibt, dass Trajan "eine der größten Eroberergestalten der Weltgeschichte war" und ihn als die "ideale Verkörperung des humanen Herrscherbegriffes" pries.
Aha, "einer der größten" ist eine Relativierung, kein superlativ. Mit zweiter Formulierung steht Heuss lange nicht allein da. Dahlheim schließt sich ihm ebenso an, wie Bleicken. Ihre Argumentationen sidn recht ausführlich und schlüssig, auch wenn dabei eine Betrachtungsweise vorausgesetzt wird, die viel Verständnis für die Umstände der Zeiten fordert.
Ich habe nie gesagt, dass Trajan versagt hat! Ich habe nur gesagt, dass seine Feldzüge im Osten gescheitert sind, die Schuld dafür aber, unberechtigter Weise, Hadrian gegeben wurde. Auch die von mir genannten Historiker verweisen darauf, das Hadrian gar nichts anderes mehr übrig blieb, als die "zusammenbrechenden Eroberungen" wieder aufzugeben. Zudem weisen auch sie darauf hin, dass von Trajan "zumeist nur die positiven Linien seiner Principats überliefert und die unfassbaren Katastrophen der letzten Regierungsjahre verdrängt oder beschönigt werden" (Christ).
Eine interessante Formulierung, "unfassbare Katastrophen" bezeichne ich den Brennusvorfall oder die Hunneneinfälle und Vandalen- / Gotenstürme. Aber gut, dies sind persönliche Noten, die wir nicht auch noch diskutieren sollten.
Und ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst? In der gesamten aktuellen Fachliteratur wird darauf verwiesen, dass das Prinzipat des Domitian nicht so tyrannisch war, wie dargestellt. Zudem wird darauf verwiesen, dass das Volk die Ermordung des Domitian eher gleichgültig aufnahm. Dass Trajan beim Volk beliebt war, steht außer Frage. Vor allem nach seinem Einzug zu Fuß in die Stadt.
Dein Unverständnis liegt vermutlich darin, dass du über Domitian redest, wobei wir eigentlich über die Ressonanz auf Trajans Adoption schrieben...
Dennoch verstehe ich nicht, was du meinst? Wieso sollte er schlechter gewesen sein, wenn er das Dakerreich gleich vernichtet hätte. Wie du schon gesagt hast, war Trajan ein Beispiel römischer Tradition. Zu dieser Tradition gehörte auch der "bellum iustum". Decebalus wurde die Verletzung des Friedensvertrages vorgeworfen. Also wäre die Vernichtung des Dakerreiches im ersten Feldzug nur gerecht gewesen. Zudem Strobel davon ausgeht, dass spätestens nach der Schlacht von Adamklissi Trajan den Entschluss getroffen hat, das Dakerreich zu vernichten.
Gegen diesen Plan spricht die bevorstehende Einkreisung der Daker, die Erschöpfung deren Verbände und die erfolgreichen Belagerungstaktiken des Feldzuges, die zum Fall diverser Festungen und Städte geführt hatten, so also auch Erfolg in Sachen Hauptstadt versprachen. Wenn er also gewollt hätte, wäre eine Auslöschung auch mit den untermoesischen Verlusten möglich gewesen.
Es sind keine genauen Zahlen bekannt, aber es gibt Hinweise in den Quellen, wie groß die Verluste gewesen sein dürften. So schreibt z. B. Cassius Dio, dass nach der Schlacht von Adamklissi den Römern das Verbandsmaterial ausgegangen war und Trajan seine gewänder dafür bereitstellte. Das Problem der Römer war nicht die Eroberung von Sarmizegetusa. Das Problem waren die Bergfestungen (die übrigens auch nach dem Tode des Decebalus widerstand leisten und die Römer geraume Zeit damit verbrachten, diese zu vernichten). Zudem wird darauf verwiesen, dass die römischen Truppen bereits harten Strapatzen ausgesetzt waren und der nahende Winter den Truppen weiter zugesetzt hätte (Bellen, Christ, Strobel, Eck).
Zum einen ist Cassius Dio für diese Zeit nicht 100% zuverlässig, zum anderen ist dies eine byzantinische Quellenüberlieferung und zum dritten ist das Motiv der "Kleiderspende" ein literarisches und immer wieder auftauchendes (s. Tacitus Germanienfeldzüge).
Einige Festungen erwiesen sich in der Tat als hartnäckig, andere waren schon früh gefallen, etwa am "Eiserne-Tor-Paß" oder am Bran-Paß.
Die meisten Verluste sind, daher auch die schwere Schlacht bei Adamklissi, in Untermoesien entstanden, beim überraschenden Gegenangriff. Dort standen aber auch bis dato unbeteiligte Truppen, die vermutlich aufgrund ihres "Grenzwächtercharakters" die meisten der Toten zu Schultern hatten. ABer wir verzetteln uns in diesen Details und verlieren die Ausgangsfrage aus den Augen.
Das Nabatäerreich war durch innere Streitigkeiten geschwächt. An einen gezielten Widerstand war nicht zu denken. Sowohl Bellen, Christ und Eck verweisen darauf, dass die Eingliederung des Nabatäerreiches ohne größere Schwierigkeiten erfolgte.
Alle mir bekannten Historiker und Quellen weisen auf keine großen Schwierigkeiten hin. Ich habe auch nie behauptet, dass hier ein schwerer Kampf aufs Reich gewartet hat. Trotzdem weisen alle angeführten Beweise auf Widerstand hin, und nicht auf "freiwillige Angliederung".
Das der Erwerb neuere Provinzen, egal auf welche Art, auf Münzen festgehalten wurde, ist normal. Immerhin waren die Münzen das Propagandamittel Nr. 1. Ansonsten halte ich es hier mit der Fachliteratur.
Eben, der "Erwerb neuer Provinzen", zusammen mit den anderen angeführten Indizien ist es ein Beweis für Bedeutung der (gewaltsamen) Angliederung. Darauf wollte ich hinaus. Unbedeutende Gebiete, wie etwa Grenzbegradigung usw. finden keinen Eingang als solche auf Münzen, die anderen Indizien beweisen den Widerstand. (und ja der war nicht groß oder bedeutend, aber es gab ihn).
Und wieso wurden dann die Truppen nicht wieder zurückverlegt, als man das Ziel, wie du es formuliert hast, die Grenze zu befrieden und Armenien zurückzuerobern, erreicht hatte? Statt dessen wurde immer weiter ins Partherreich vorgestoßen und die Provinzen Mesopotamia und Assyria eingerichtet. Wohl gemerkt: Die Provinz Assyria beinhaltete den Raum bis zur persichen Hauptstadt Ktesiphon!
Wenn ich richtig lese, gehst du davon aus, dass Trajan erst die Grenze verteidigen wollte, dann aber, aufgrund des geringen Widerstands weiter vorgestoßen ist. Und mit welcher Absicht ist er dann weiter vorgestoßen?
Der erste Absatz findet im zweiten eine mögliche Antwort, wie schon ausformuliert, gibt es noch weitere Möglichkeiten.
Okay, aber wieso hat Trajan dann nicht einfach wieder Truppen zurückverlegt, wenn er mit einem Aufstand rechnete bzw. wenn, wie du sagst, ein Aufstand in der Luft lag. Dann wäre ihm hier ein Fehler anzurechnen, nämlich weiter vorzustoßen und keine Truppen zur Sicherung des Hinterlandes zurückzulassen.
Zumal Trajans Reaktion auf den Aufstand auch eine deutliche Sprache sprich: Er entsandte Quietus und Turbo, zwei für ihre Brutalität bekannte Feldherren, um die Aufstände niederzuschlagen. Ein deutliches Zeichen seiner Verärgerung. Schließlich hätte er auch andere Feldherren schicken können.
Zweimal Interpretationen, die ich zudem als falsch beurteilen würde.
Wie du etwa von Napoleon oder Trotzki lernen kannst, ist es immer ein Dilema zwischen zwei Feinden zu stehen. Normalerweise bekämpft man dann zuerst den deutlich Schwächeren. Im Fall antiker Kriegsführung ist dies aber aufgrund großer Distanzen und Marschdauern sowie des parthischen Heerescharakters nicht möglich. Also bleibt nur der Schritt nach vorne um den Gegner endgültig nieder zu ringen. So stellt es sich in einer anderen Interpretation dar.
Die Wahl harter Generäle schließlich auf seinen emotionalen Zustand zurück zu führen ist angesichts der Handlungsweise der Römer in diesem Gebiet alles andere als glücklich. Fast jeder mit Aufständen beschäftigte General zeigt ausdrückliche Grausamkeit oder wählt entsprechende Statthalter und Generäle. Bei Vespasian und Titus ist dies schon ausgesprochen deutlich zu erkennen. Und an kreuzgesäumte Strassen brauche ich nicht zu erinnern.
Da stimme ich dir ausdrücklich zu. Aber über 100.000 Mann. Das ist für mich keine defensiv, sondern eine offensiv Steitmacht. Zumal abzusehen war, dass die Parther auf römisches Gebiet (abgesehen von Armenien) nicht übergreifen würden.
Angesichts des Feindcharakters, des Gebietes und dessen geographischer Gestaltung sind 100.000 Mann eine gute Wahl um dort einen militärischen Schritt zu tun. Weniger hätten eine Katastrophe wie die des Crassus zur Folge gehabt, und dieser hatte schon ein riesiges Heer.
Und es war keineswegs abzusehen, dass sich die Parther friedlich verhielten. Ihre Aktivitäten in Armenien deuten da in keinster Weise darauf hin. Nur ihre innere Instabilität war ein momentaner Garant für ihre Schwäche.
Ich bezweifle, dass die Parther römisches Gebiet (und damit meine ich nicht Armenien) angegriffen hätten.
Ich ebenso, aber wir haben auch genug Abstand um darüber anders zu denken.
Und nochmal: ich bestreite keineswegs die Möglichkeit dieser von dir vertretenen Lesart, aber weder ist dies die einzige noch sind es unumstrittene Fakten, die dazu führen.
Es gibt diverese Nuancen und Interpretationen, die andere Ergebnisse zulassen.
Zur Beurteilung Trajans als Kaiser ist diese letzte Abschnitt seiner Regentschaft zudem nicht dergestalt überwältigend bedeutsam, wie dies scheinbar Christ, den ich leider gerade nicht hier habe um ihn dazu zu konsultieren, schreibt.
Die Niederlagen führten nicht zum Zusammenbruch des Reiches noch zum Verlust von Provinzen oder gar eines Standbeines in Asien.
Wenn auch nicht so erfolgreich wie möglich verließ Trajan diese Welt trotzdem mit erweitertem Gebiet. Was er noch daraus gemacht hätte oder wie er es sich gedacht hätte ist heute so gut wie unmöglich zu sagen und daher in seiner neuen Bewertung nur bedingt verwertbar.
Seine Regentschaft im Vorfeld war jedoch eine überaus glückliche und befriedigende.