Was trug der Prätorianer an den Füßen?

Sid. Callidus

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Salvete,

neulich bei einer Veranstaltung kam unter den anwesenden Legionären und Auxiliaren die Frage auf, was die Prätorianer während ihrer Palastwache an den Füßen trugen? Logische Antwort wäre natürlich: Caligae. Jeder der allerdings schon einmal das Vergnügen hatte mit diesen über glatten Steinfußboden zu laufen, weiß, was das dank der genagelten Sohlen für ein Rumgeeire ist. Jeder Schritt muss sorgfältig gesetzt werden, um nicht wegzurutschen, und an Rennen ist gleich gar nicht zu denken.

Da anzunehmen ist, dass die Fußböden im Kaiserpalast überwiegend mit glattem Marmor oder Mosaiken ausgelegt waren, dürften die Prätorianer herumgestakst sein, wie Störche im Salat, es sei denn, sie trugen eben doch keine gewöhnlichen genagelten Caligae. Nur was trugen sie dann?

Bei Wikipedia im Artikel zur Caliga habe ich folgenden Satz gefunden:
Sueton erwähnt in seinen Kaiserviten eine caliga speculatoria, die von den Prätorianern getragen wurde. Da über diese Schuhe nichts weiter bekannt ist, haben manche modernen Autoren vermutet, dass es sich dabei um eine leichte Variante für Kundschafter (speculatores) gehandelt haben könnte, wofür es allerdings keine eindeutigen Hinweise gibt.gibt.

Hat jemand weitere Infos wie diese "Caliga speculatoria" aussah und ob sie ebenfalls eine genagelte Sohle hatte? Bei Tante Google findet man dazu leider keine erhellenden Infos.

Valete,
Lucius Sidonius Callidus
 
Also ich meine mal gelesen zu haben, daß die Prätorianer unter normalen Umständen ihren Wachdienst sowieso in Zivilkleidung versahen.

Dementsprechend könnten sie auch Schuhe getragen haben wie die anderen Personen, die sich auf diesen Böden bewegten, auch.
 
Laut Fischer, die Armee der Caesaren - Archäologie und Geschichte, Regensburg 2012, wurden in der Armee vom Zenturio an aufwärts Calcei getragen. Von Prätorianer gibt es Abbildungen mit Caligae und mit Calcei. Nur: Auch die Calcei, höher geschlossene Caligae und andere im Militär übliche Schuhtypen waren genagelt.

Bei den Prätorianer ist strittig, ob sie im normalen Dienst zeitgenössische oder klassischere Ausrüstung und Kleidung trugen. Und wie auch bei anderen Leibwachen werden sie mitunter sicher weniger auffällige Kleidung getragen haben.

Was die Schuhe angeht, werden sie im Palast ganz sicher keine genagelten Schuhe getragen haben. Optisch muss das aber nicht aufgefallen sein. Schuhe in denen man nicht laufen kann, kommen jedenfalls nicht in Betracht. Und da die Bildzeugnisse das normale soldatische Schuhwerk zeigen, wird es eben keine Nägel unter der Sohle gehabt haben. Ausdrückliche Belege zur Unterseite des Schuhwerk der Prätorianer beim Wachdienst sind mir aber nicht bekannt.

Wenn nun spezielle Caligae der Prätorianer und der speculatores, gemeint sind sicher eher die speculatores August und die nach Rom abgeordneten speculatores legionis, die unter anderem ja auch 'Innendienst' taten, erwähnt werden, werden es wohl Caligae ohne Nägel sein. Sicher ist es natürlich nicht, solange keine weiteren Quellen hinzukommen.
 
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Also ich meine mal gelesen zu haben, daß die Prätorianer unter normalen Umständen ihren Wachdienst sowieso in Zivilkleidung versahen.

Man geht davon aus, daß die Prätorianer, wie auch die Cohortes urbanae, wenn sie in Rom unterwegs waren, also nicht irgendwo Wache standen, meist keine Waffen und Rüstung trugen.

Das bedeutet aber keineswegs, daß sie in zivil waren. Alleine der Soldatengürtel wies sie eindeutig als Soldaten aus. Dazu kamen der Dolch, der Stock, die Schuhe, und vielleicht noch die Subarmalis.

In Zivil im Sinne einer Geheimpolizei waren wohl regelmäßig nur die Speculatores unterwegs.
 
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Vielleicht kannst Du auf dem Relief erkennen, was diese Prätorianer für Schuhe tragen.
http://wol.jw.org/no/wol/mp/r3/lp-n/w13/2013/257

Das sind m.M.n. eindeutig Caligae. Allerdings gibt es Belege, z.B. Reliefs, die zeigen, dass Prätorianer Ferse und Zehen aussparende Socken trugen (s.u.). Das wird durchaus zu höherem Tragekomfort geführt und den Fuß vor den bohrenden Nägeln besser geschützt haben.

--
Rankov, Boris: The Praetorian Guard. UK 1994, S. 47
Richter, Danae: Das römische Heer auf der Trajansäule. Propaganda und
Realität. Waffen und Ausrüstung, Marsch, Arbeit und Kampf. (=Mentor, Bd. 3). Mannheim 2004. S. 54
 
Es geht nicht um bohrende Nägel, sondern um rutschende. Und da sind wir dann bei der Macht der Fakten.

Und mit 'eindeutig Caligae' wäre ich vorsichtig. Calcei werden ganz ähnlich dargestellt und auf einigen Darstellungen tragen die Prätorianer sie auch. Das mag natürlich auf die aktuell gezeigte Situation zurückgehen, aber müsste ich mich hier entscheiden...

Dazu trugen alle Soldaten bei entsprechendem Wetter Fußlappen oder Strümpfe. Eine Besonderheit ist also nicht gegeben.

Wenn aber Sueton von speziellen Caligae der Prätorianer spricht, ist das glaubwürdig. Bei seiner Arbeit im Palast hat er sie täglich gesehen. Somit bleibt zu fragen, worin diese Besonderheit bestand. Und da liegen, ob der Tätigkeit auf glatten Böden eben fehlende Nägel nahe. Auf Abbildungen wohl kaum zu erkennen.
 
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Und mit 'eindeutig Caligae' wäre ich vorsichtig. Calcei werden ganz ähnlich dargestellt und auf einigen Darstellungen tragen die Prätorianer sie auch. Das mag natürlich auf die aktuell gezeigte Situation zurückgehen, aber müsste ich mich hier entscheiden...

Zu Tunika trug man Caligae, zu Toga allerdings Calcei. Ansonsten stimme ich dir zu.
 
Die Toga ist allerdings ein ziviles Kleidungsstück. Sagen wir vielleicht besser, zu Anlässen bei denen eine Toga angemessen gewesen wäre. Schließlich ist die Kombination Calcei / 'Uniform' überliefert. Und da es um klassisch römische Kleidungsstücke geht, sind die Monumente unverdächtig.
 
Die Toga ist allerdings ein ziviles Kleidungsstück. Sagen wir vielleicht besser, zu Anlässen bei denen eine Toga angemessen gewesen wäre. Schließlich ist die Kombination Calcei / 'Uniform' überliefert. Und da es um klassisch römische Kleidungsstücke geht, sind die Monumente unverdächtig.

Okay, ich wusste nicht, dass diese Kombination überliefert ist. Steht das in dem Buch von Fischer?
 
Jetzt habe ich mir Zeit genommen, genauer nachzulesen. Zu den Calcei poste ich heute Abend noch, dann habe ich Zeit.

Aber zu der Sueton Stelle sofort: Caligula, 52 beschreibt er, in welchen Outfits sich der Kaiser sehen ließ. Die Caligae speculatoriae sind also nicht mit ausdrücklichem Bezug auf die Prätorianer genannt.

Aber ich habe auch im Georges geschaut: Caligae werden ursprünglich auch die schwereren Sandalen des zivilen Bereichs genannt. Nur bei den unteren Schichten waren sie mit den Nägeln versehen. Ich denke, wir können von Arbeitsschuhen sprechen. Damit liegt dann weiterhin die Vermutung nahe, dass die Caligae der Prätorianer nicht beschlagen waren.

Bezüglich der Caligae speculatoriae ist jetzt allerdings die Frage, ob Caligula seinem Rang entsprechend ungenagelte Caligae trug, oder ob er mit derbem Schuhwerk schockierte.

Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir schon einmal über das Thema diskutiert haben.
 
Man geht davon aus, daß die Prätorianer, wie auch die Cohortes urbanae, wenn sie in Rom unterwegs waren, also nicht irgendwo Wache standen, meist keine Waffen und Rüstung trugen.

Das bedeutet aber keineswegs, daß sie in zivil waren. Alleine der Soldatengürtel wies sie eindeutig als Soldaten aus. Dazu kamen der Dolch, der Stock, die Schuhe, und vielleicht noch die Subarmalis.

In Zivil im Sinne einer Geheimpolizei waren wohl regelmäßig nur die Speculatores unterwegs.

Zu meiner Entlastung wegen Beitrag #2:

1. habe ich angedeutet, daß ich mir nicht sicher bin.
2. bezog ich mich lediglich auf die Wachen am Palatin.
3. habe ich mich auch noch ungenau ausgedrückt. Mit Zivil meinte ich nicht "Räuberzivil", sondern daß sie im Normalfall eben nicht so aussahen wie auf dem bekannten Relief.

Es ist durchaus möglich, daß auch die Palatin-Wachen ein Kennzeichen trugen, daß sie als ebensolche auswies.
 
Im Hinblick auf die Calcei gibt es verschiedene Probleme.

1. Oft wird behauptet, dass Calcei für die Oberschicht reserviert waren. Das ist nicht korrekt. ,Calcei' war die Bezeichnung für geschlossene Schuhe/Stiefel. Für Patrizier, plebejische Senatoren und Equites gab es besonders gefärbte und verzierte Calcei, je nach Zugehörigkeit zu den genannten Gruppen. Rot, schwarz und blau werden genannt. Rot scheint für die Patrizier gewesen sein, wie die roten Schuhe des Pontifex Maximus zeigen, die Papst Franziskus abgeschafft hat. Dementsprechend bedeutete die Redewendung 'calcei mutare' ('die Stiefel wechseln') 'Senator werden'.

2. Calcei in der Armee: Nach 1 nicht überraschend, wurde geschlossenes Schuhwerk, wie es seit dem 2. Jh. nach und nach die Caligae ersetzte, so genannt. Nach Fischer, wie in obigem Post angegeben, S. 138, trugen zuvor die einfachen Soldaten Caligae, die höheren Dienstgrade Calcei. Daher war 'caligatus Miles', oder auch nur 'caligatus' eine Bezeichnung für den einfachen Soldaten. Zumindest ab dem Zenturio konnten Calcei getragen werden. (S.u.)

3. Fischer sagt zur Kleidung nur das Wichtigste, und verweist, S. 114 auf Graham Summer, Roman Military Clothing als "Notbehelf". Sumner ist erfahrener Illustrator, nicht Historiker oder Archäologie. Sein Werk ist keine vergleichende Studie aller Quellen, wie Fischer sie als Desiderat bezeichnet, aber da er von den Quellen ausgeht, doch mehr als ein Notbehelf. Neben seinen Illustrationen sind bei ihm auch einige Originale von Soldaten mit Calcei abgebildet, während er im Text nur auf das Grabmal des Zenturio Minucius aus Padua verweist. Allerdings bezieht er im Folgenden die Calcei nur auf Senatoren und Ritter, was, wie gesagt, ein häufiges Missverständnis ist. Dafür gibt es bei ihm, Band 1, S. 39 die Abbildung eines im Qasr Ibrim, einem Lager in der Wüste Ägyptens, gefundenen calceus. Sohlen von Calcei könnten in Zusammenhang des 1. Jh. aus militärischen Befunden identifiziert werden. Für mich reicht dies alles zusammengenommen, um von Calcei in der Armee auszugehen.

4. Ein Mosaik aus Palästina zeigt Prätorianer (bei Sumner, S.19). Einige Fragen Caligae, andere geschlossenes Schuhwerk. Auch das Schuhwerk des Prätorianer aus der domus aurea soll einen Calceus darstellen. Ich bin mir bei Letzterem nicht ganz so sicher.

5. Eine Reihe von Bildwerken deutet das Schuhwerk mit einem Ring um die Wade an. Werden keine Zehen gezeigt, mag man zwar an Calcei denken, doch lässt sich auch fragen, ob die Darstellung detailliert genug ist. S. 47 bei Sumner sieht man einige der besseren Beispiele.

6. Dann gibt es natür

Edit: Ich wurde unterbrochen, habe abgeschickt, damit ich nicht alles nochmal tippen muss. Also:

6. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen davon, wie Calcei aussahen. Neben geschlossenen Schuhen werden an den Zehen offene und an Zehen und Hacken offene Schuhe gezeigt. Letzteres geht vielleicht auf Darstellungen von Fußlappen zurück. Es mag auch mit älteren Forschungsständen zu tun haben. Betrachtet man das prunkvollen kaiserliche Schuhwerk der Statuen, fragt man sich, ob diese vorn geöffnete Variante von Calcei oder Caligae abgewandelt ist.
 
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Vielen Dank euch allen für die ausführlichen Antworten. Zusammenfassend ist also zu vermuten, dass die Prätorianer zumindest wenn sie in ihrer Paradeausrüstung unterwegs waren (z.B. während der Palastwache) Caligae oder Calcei ohne genagelte Sohle trugen.
 
In meinem letzten Post, zweit letzter Satz von Punkt 3 steht der Konjunktiv 'könnten'. Da gehört der Indikativ könnten hin. Es ist besser geworden, aber ganz bin ich die Autokorrekturen noch nicht los. Ach ja, bei Punkt 4 steht Fragen statt tragen.

@ Sidonius Callidus: Wir wissen zwar erstaunlich viel über die Antike, aber ein Großteil wird dann doch eher vermutet. Auch die Mehrheit dessen, was ich über die Calcei geschrieben habe, beruht ja auf Vermutungen. Und dass die Prätorianer Schuhwerk trugen, dass sie Dienstuntauglich machte ist dann doch unrealistisch genug, um zu sagen, dass es sehr sicher ist, dass sie nicht auf Nägeln liefen.
 
Zu meiner Entlastung wegen Beitrag #2:

1. habe ich angedeutet, daß ich mir nicht sicher bin.
2. bezog ich mich lediglich auf die Wachen am Palatin.
3. habe ich mich auch noch ungenau ausgedrückt. Mit Zivil meinte ich nicht "Räuberzivil", sondern daß sie im Normalfall eben nicht so aussahen wie auf dem bekannten Relief.

Es ist durchaus möglich, daß auch die Palatin-Wachen ein Kennzeichen trugen, daß sie als ebensolche auswies.

Da dies hier eine Diskussion auf einem Forum ist, und keine Cognitio vor dem Praefectus Urbi, musst du dich auch nicht entlasten.

Was die Wachen am Palatin oder auch an anderen öffentlichen Gebäuden, wie etwa dem Aerarium, angeht, so gehe ich hier davon aus das diese Aufgabe von vollständig bewaffneten und gerüsteten Prätorianern wahrgenommen wurden. Nur bei polizeilichen Einsätzen in Rom oder in unmittelbarer Nähe des Kaisers, trug der Prätorianer nach meinem Verständnis keine Waffen und Rüstung. In unmittelbarer Nähe des Kaisers waren die Equites Singulares zuständig. Und sollten dort auch die Einzigen Bewaffneten gewesen sein. Wie die Flavier das ohne Singulares regelten, wissen wir nicht.

Wenn der Prätorianer aber irgendwo Wache schob, dann macht das ohne Gladius und Lorica herzlich wenig Sinn.
 
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