Varus-Kontingente: Stärke und Zusammensetzung

Wilfried

Aktives Mitglied
Mal gasnz ketzerisch:
So es eine Varusschlacht gab, denn Überlebende, die von der Schlacht berichten, gabs wohl, aber keimne Zahlen der an der Schlacht beteiligten Römer.
Wir wissen, die Auxiliarkräfte waren schon mal auf der Gegenseite. Wir wissen, es gab im Vorfeld eine Legionsmeuterei.
Wo wir hier schon dank Cassius Dio beim "War vielleicht" und Spekulation sind...
Wieviele Legionäre haben sich auf diesem Marsch des Varus angesichts der Jahreszeit, der Gegend, ihrer eigenen Erfahrung und der Bekanntschaft mit einem "Auxiliar" denn vorher abgesetzt?
 
Mal gasnz ketzerisch:
So es eine Varusschlacht gab, denn Überlebende, die von der Schlacht berichten, gabs wohl, aber keimne Zahlen der an der Schlacht beteiligten Römer.
Wir wissen, die Auxiliarkräfte waren schon mal auf der Gegenseite. Wir wissen, es gab im Vorfeld eine Legionsmeuterei.
Wo wir hier schon dank Cassius Dio beim "War vielleicht" und Spekulation sind...
Wieviele Legionäre haben sich auf diesem Marsch des Varus angesichts der Jahreszeit, der Gegend, ihrer eigenen Erfahrung und der Bekanntschaft mit einem "Auxiliar" denn vorher abgesetzt?

Diesen Beitrag verstehe ich nicht.

Wieso sollte es keine Varusschlacht gegeben haben?
Diese Schlacht findet bei diversen römischen Geschichtschreibern Erwähnung.
Absolute Zahlen bezügl. der Stärke der römischen Armee gibt es nicht, daß ist richtig. Aber wer sagt, daß alle Auxilliareinheiten am Aufstand beteiligt waren? Die Germanen waren da wohl eher uneinig siehe das Beispiel Segestes.
Und von welcher Legionsmeuterei im Vorfeld sprichst Du hier?

Das Wort "wissen" stört mich hier gewaltig. Eigentlich "wissen" wir nämlich ganz ganz wenig...
 
Vermutlich ist Wilfried mit der Meuterei durcheinander gekommen, welche Germanicus nach dem Tod des Augustus niederschlagen musste. Danach suchte er mit den entsprechenden Legionen das Varusschlachtfeld auf.
 
Stimmt, da habe ich mich vertan...
Was ich meinte war nicht, das garkeine Varusschlacht stattgefunden hat, sondern diese "gewaltige "Schlacht mit der Vernichtung 3 er Legionen am Ende "nur " eine recht geringe Zahl von Römern traf.
Losmarschiert in nicht voller Sollstärke, dann unterwes "Verluste" von Kranken und Deserteuren sowie die Römer , die in diesem 3-4 Tagen der eigentlichen Angriffe gefallen sind, da kann es sein , das die angenommene Zahl von 20 000 sich auf 5-6000 reduziert. Wenn nicht noch weniger.
Vor allem das Verbot für die Überlebenden, jemals römisches Gebiet zu betreten, sollte doch stutzig machen. Denn nach Tacitus hat ja kaum einer überlebt ??? Germanicus hat aber angeblich Schlachtbeteiligte, die ihm das Schlachtfeld deuten.

Das bedeutet für mich, das sich doch wohl mehr als üblich "verdrückt haben.Mit und ohne "berechtigten Grund". Es ab schließlich Warnungen, die auch bis zum letzten Manschaftsdienstgrad durchgedrungen sein dürften.

Somit müßte sich die Suche auch auf ein wesentlich kleineres Schlachtfeld ausdehnen
 
Denn nach Tacitus hat ja kaum einer überlebt???

Doch, doch, nach Tacitus zeigten Überlebende ("clades eius superstites, pugna aut vincula elapsi") der Schlacht Germanicus die Orte, wo Standartenträger und Tribunen starben und wo Varus sich selbst entleibte.

Das bedeutet für mich, das sich doch wohl mehr als üblich "verdrückt haben. Mit und ohne "berechtigten Grund".

Wenn sie sich vorher "verdrückt" hätten, hätten sie ja das Schlachtfeld nicht mehr deuten können.

Natürlich können wir davon ausgehen, dass Legionen nie in Sollstärke auftraten. Jedoch gibt es keine Veranlassung, die Zahlen klein zu rechnen, wenn man die Stellen bei Velleius und Tacitus genau liest:
Es gingen drei Legionen, ebensoviele Flügel ("Reiterkohorten") und sechs Kohorten in der Varusschlacht unter: "legionum trium todidemque alarum et sex cohortium" (Velleius Hist. Rom. II, 117, 1)
Das erste Lager des Varus hatte eine Größe, wie es sich für drei Legionen gehört:
"Prima Vari castra lato ambitu et dimensis principiis trium legionum manus ostentabant" (Tac. ann. I, 61, 2)

Aus den Quellen ergibt sich also keine kleinere Zahl. Im Gegenteil. Folgen wir den Quellen müssen wir von annähernder Sollstärke der Legionen ausgehen.
Man kann den Aussagegehalt der Quellen anzweifeln, das ist legitim. Man kann aber nicht mit ihnen argumentierend behaupten, dass es ja gar nicht so viele Leute gewesen wären.

Es ab schließlich Warnungen, die auch bis zum letzten Manschaftsdienstgrad durchgedrungen sein dürften.
Wenn diese Warnungen historisch sind, dann sollen sie am Vorabend der Schlacht ausgesprochen worden sein. Ein wenig spät für die Desertation und auch überhaupt auch für eine entsprechende Gerüchtebildung.
 
Wenn man bedenkt, wie hoch im römischen Heer die Disziplin angesetzt war und wie brutal die Römer mit Dienstvergehen bei ihren Soldaten umgingen, glaube ich nicht dass besonders viele Desertiert sind. Die Auxiliaren mögen früh davon gelaufen sein oder haben die Seiten gewechselt, von den Römern dürften es verhältnismässig wenig gewesen sein, zumindest bis das komplette Heer in Auflösung war, denn Deserteure waren weder bei Freund noch Feind sicher.
 
...
Das bedeutet für mich, das sich doch wohl mehr als üblich "verdrückt haben.Mit und ohne "berechtigten Grund". Es ab schließlich Warnungen, die auch bis zum letzten Manschaftsdienstgrad durchgedrungen sein dürften.

Somit müßte sich die Suche auch auf ein wesentlich kleineres Schlachtfeld ausdehnen

Das mit dem "Verdrücken" war gar nicht so einfach. Wo sollte ein einzelner Legionär überhaupt hin? In der Lage war das römische Heer von Feinden umzingelt. Ferner wäre ein "Verdrücken" mit schwerster Strafe belegt worden. Die römische Disziplin mußte beibehalten werden. Darauf baute die ganze Stärke auf.
Nach Tacitus hatte sich die römische Reiterei abgesetzt. Die aber auch irgendwo vernichtet wurde. Inwieweit sie jetzt vielleicht noch Hilfe von Asprenas holen sollten oder ob es doch eine Flucht war, da scheiden sich die Geister. Tacitus sieht es als Flucht an. Und der Erfolg war gleich null.
Arminius hat bei den Germanicus Feldzügen zum Überlauf aufgefordert. Es war wohl vor der Schlacht von Idistaviso. Aber darauf wird sich kein Legionär eingelassen haben.

Es haben auch Römer die Varusschlacht überlebt. Wie hier schon erwähnt hatte Germanicus Überlebende dabei, die ihm den Ablauf erklärten.
Ferner wurden Jahrzehnte später noch Gefangene aus der Varusschlacht bei Germanen entdeckt. Ob es sich hierbei um Legionäre bzw. Zivilisten handelte ist soweit nicht bekannt.
 
Zu den Truppenstärken:

Zu 3 Legionen sind - die Gründe sind nicht trivial, und würden hier zu weit führen - Hilfstruppen in gleicher Stärke zu erwarten. 3 Alen und 6 Kohorten sind aber nur 4500 bis allerhöchstens 9000 Mann. Wahrscheinlich haben wir mit 5500 oder 6000 zu rechnen. Jedenfalls, wenn wir davon ausgehen, dass es schon unter Augustus die größeren Einheiten gab. Somit fehlen -wenn wir für das Exempel von 5000 Mann pro Legion ausgehen- etwa 6000 bis 10000 Mann, also 20 bis 30% der Hilfstruppen. Genug um von abkommandierten Vexillationen oder Lagerbesatzungen auszugehen. Auch von den Legionen können Leute gefehlt haben. War eine Vexillation im Lager zurückgeblieben oder woanders eingesetzt sprach man ja auch in anderen Fällen weiterhin davon, dass die Legion dies und das tat. Gehen wir davon aus, dass auch hier 20 bis 30% fehlen, müssen wir die Zahlen entsprechend reduzieren.

Was des Tacitus Lager für 3 Legionen angeht, würde ich die Angabe nicht als Mengenangabe überinterpretieren. Die schöne Formulierung dürfte einfach als ein 'von dem noch intakten oder nur wenig beanspruchten Heer' errichtetes Lager zu interpretieren sein. Gemeint sind 3 noch voll kampffähige Legionen. Cäsars Legionen konnten nur aus 1000 bis 1500 Mann bestehen und im Bericht doch wie eine "vollständige" Legion behandelt werden.

Zur Stärke der Hilfstruppen und den Vexillationen siehe Jörg Scheuerbrandt, Exercitus. Aufgaben, Organisation und Befehlsstruktur römischer Armeen in der Kaiserzeit, Freiburg 2004.

EDIT: Link ergänzt.
 
Zuletzt bearbeitet:
3 Alen und 6 Kohorten sind aber nur 4500 bis allerhöchstens 9000 Mann.
(...)
Somit fehlen -wenn wir für das Exempel von 5000 Mann pro Legion ausgehen- etwa 6000 bis 10000 Mann, also 20 bis 30% der Hilfstruppen.
(...)
Gemeint sind 3 noch voll kampffähige Legionen. Cäsars Legionen konnten nur aus 1000 bis 1500 Mann bestehen und im Bericht doch wie eine "vollständige" Legion behandelt werden.
das sind interessante Zahlen!
könntest du bitte noch ein wenig dazu erläutern? (die Zusammenfassung vom Scheuerbrand ist zwar interessant, aber hilft das bzgl. der Truppen des Varus?)
 
Über der Zusammenfassung kann man sich die komplette Dissertation herunterladen. Scheuerbrandt beginnt mit Cäsar und beschäftigt sich mit dem typischen Aufbau eines römischen Heeres.

Hilfstruppeneinheiten bestanden gewöhnlich aus etwa 500 Mann. Später gab es auch Einheiten von etwa 1000 Mann. Ich meine die größeren Einheiten gab es unter Augustus noch nicht, bin mir da aber unsicher. Jedenfalls gab es weniger große als kleine Einheiten (Alen/Kohorten). Siehe dazu auch Scheuerbrandt.

Die Angaben zu Cäsar müssten bei Caesar stehen. ;)

Da es sowieso nur um die Größenordnung gehen kann, bin ich von möglichst geraden Zahlen ausgegangen. Der Rest ist Mathematik.

Es kommt mir nur darauf an zu zeigen, dass nach den Angaben der in der Schlacht vernichteten Einheiten, ein namhafter Anteil (10 bis 15%) sicher woanders war, wahrscheinlich sogar 20 bis 30%.

(Cohors quingenaria und Ala quingenaria werden gewöhnlich mit 480 Mann angegeben. Die Angaben zu den milliaria.Einheiten schwanken in der Literatur zwischen 720 und 1020, da Quellen verschieden interpretiert werden. Bei einer Cohors equitata gab es abweichende Zahlen, da sie auch Fußsoldaten umfasste, z.B. 480 Reiter+120 Fußsoldaten ergibt 600. Das ist aber reichlich verkürzt referiert. Auch die Angaben zur Legion variieren. Die Englische Wikipedia (Ja, ja; aber ich bin zu faul, jetzt reputablere Literatur zu bemühen.) gibt z.B. 5120 an, die deutsche 5500. Da Sollzahlen selten erreicht werden und ich ja nur ungefähre Zahlen brauchte, ging ich einfach von 5000 aus.)

EDIT: Die Prozentzahlen sind falsch. Siehe den Folgepost.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ups, gemeint waren natürlich 20 bis 30% des Heeres, 50 bis 66 % der Hilfstruppen. Tja, das kommt von der Schlaflosigkeit. Vexillationen der Legionen sind dabei noch nicht berücksichtigt.
 
Nachdem ich es in einem anderen Thread selbst gefordert habe, muss ich noch etwas zu der Argumentation bezüglich der korrespondierenden Größen von Legionen und Hilfstruppen sagen. Literatur ist ja schon angegeben.

Meist wird etwa so argumentiert: Es gibt durchaus Quellen zur Zusammensetzung verschiedener Heere. Nimmt man dann noch die Aufstellungen der theoretischen Militärschriftsteller hinzu, ergibt sich dies fast sicher. Dann gab es ja die gleich große Auxilia schon bis zum Bundesgenossenkrieg. In dieser Frage korrespondieren eben alle Quellen, wenn auch nicht auf den ersten Blick. Aber deswegen ist ja die gut zugängliche Literatur angegeben.
 
Nachdem ich es in einem anderen Thread selbst gefordert habe, muss ich noch etwas zu der Argumentation bezüglich der korrespondierenden Größen von Legionen und Hilfstruppen sagen. Literatur ist ja schon angegeben.

Meist wird etwa so argumentiert: Es gibt durchaus Quellen zur Zusammensetzung verschiedener Heere. Nimmt man dann noch die Aufstellungen der theoretischen Militärschriftsteller hinzu, ergibt sich dies fast sicher. Dann gab es ja die gleich große Auxilia schon bis zum Bundesgenossenkrieg. In dieser Frage korrespondieren eben alle Quellen, wenn auch nicht auf den ersten Blick. Aber deswegen ist ja die gut zugängliche Literatur angegeben.

Die Sache ist natürlich höchst spekulativ.
Die Frage ist natürlich auch, ob man bei den erwähnten 6 Kohorten automatisch von Hilfstruppen ausgehen muß. Das liegt nahe, ist aber alles andere als sicher. Vieleicht handelt es sich bei den erwähnten Kohorten und Alen zumindest tw. auch um Teileinheiten irgendwelcher Legionen, z.B. auch von einer legio I, welche in Mainz stationiert war - und nur nebenbei auch das Vorhandensein eines bistimmten Mundblechs einer Schwertscheide in Kalkriese erklären könnte.

Vergl. hierzu auch:
Moosbauer: Die Varusschlacht
C.H. Beck 2009
Seite 86
 
Nein, nicht grammatisch, gesamttextlich. Da steht wortwörtlich: Germanicus führte das Heer zur Ems. Die Legionen trug er mit der Flotte zurück. Pedo bekam den Befehl mit der Reiterei die Küste entlang nach Hause zu reiten. Caecina befahl er mit seinen Soldaten die pontes longi so schnell als möglich hinter sich zu lassen.
Also erst das Heer an die Ems, dann der weitere Nachhauseweg der drei Einzelteile.

Nein, das sehe ich anders. Aber das haben wir schon im zuständigen Thread ohne Ergebnis diskutiert.

Wie dem auch sei, da von vielen vermutet wird, dass die Situation der Varusschlacht und nicht die Caecinas geschildert wurde, fällt auf, dass die Beschreibung gut zu Kalkriese passt. Und wenn tatsächlich das Lager gefunden wurde, besteht Hoffnung Klarheit zu bekommen :

1. Es wird mit etwas Glück entschieden werden können, ob sich Römer durch das Moor zurückzogen. (Gut, El Quijote, Du verneinst das schon jetzt, aber es hätte doch etwas, die Caecina-Hypkthese sicher vor Ort widerlegt zu sehen.)

2. Vielleicht gibt es auch Hinweise auf die 2 Lager des Tacitus. Oder Erkenntnisse zu den Hinweisen auf Verrät ganzer Einheiten. Zugegeben, diese Hinweise werden eher literarischen Intentionen entsprungen sein, aber sollte man es gänzlich ausschließen?

3. Kann es die Gewissheit geben, ob es hier zu Ende ging, oder nur ein Gefecht lokalisiert wurde.

4. Das Gelände scheint zu klein für eine Schlacht mit um die 18.000-20.000 Mann auf einer Seite. Zumindest fehlt da noch einiges an der Story. Das ist nicht die einzige Ungereimtheit, die einer Erklärung harrt. Die Germanen sollen einen Teil der Beute den Göttern geweiht haben. Auf der anderen Seite ist die Plünderung des Schlachtfeld erwiesen. Ein Lager wäre aber ein besonders abgegrenzten Raum.

Punkt 4 geht natürlich von der Identifikation mit der Varusschlacht aus. Natürlich brauchen wir keine Spuren eines Grabs mit Skelett ohne Kopf und mit des Varus Erkennungsmarke erwarten. Aber ein Bezug zu den beiden Ausweichbewegungen nach Westen könnte vielleicht zu erkennen sein.

Natürlich ist genauso zu erwarten, dass neue Fragen aufgeworfen werden, wie es ja bei fast allen Untersuchungen der Fall ist.

Aber das römische Lager ist von solcher Bedeutung, dass schon seine Auffindung wichtige Schlüsse ermöglicht. Es mag sogar Caecina ausgeschlossen werden können. Aber es kann auch komplizierter werden.
 
eine Schlacht mit um die 18.000-20.000 Mann auf einer Seite

Falls Cassius Dio recht hat, waren nie 18.000-20.000 Mann zusammen. Die Truppen waren in verschiedenen Vexillationen übers Land verstreut:

"Varus behielt daher seine Legionen, wie es in einem Feindesland richtig gewesen wäre, nicht beisammen, sondern verteilte viele seiner Soldaten an schwache Gemeinwesen..."

Die übers Land verteilten "Garnisonen" wurden laut Dio schon vor dem Angriff auf Varus niedergemacht.

Wie es mit der tatsächlichen Stärke der Truppen unter Varus aussah, wissen wir nicht.

Auf einer der Vindolanda-Tafeln wurde die aktuelle Besetzung einer Doppelkohorte vermerkt - nominell an die tausend Mann.
Tatsächlich gehörten aber nur 752 Mann zu dieser Einheit.
Von diesen waren die meisten zu irgendwelchen auswärtigen Kommandos abgestellt oder sonstwie unterwegs, von den anwesenden 296 Mann waren 31 dienstuntauglich.

Einsatzfähig waren also 265 Mann.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kastell_Vindolanda#Vindolanda-Tafeln
 
Falls Cassius Dio recht hat, waren nie 18.000-20.000 Mann zusammen. Die Truppen waren in verschiedenen Vexillationen übers Land verstreut: ...

Zudem dauerten die Kämpe mehrere Tage und die Legionen konnten nur in einem langen Tross marschieren. Von daher ist wohl nicht zu erwarten, dass die Legionen alle auf einmal beim Engpasss ankamen!
 
Tacitus nennt die 3 Legionen, 6 Kohorten und 3 Alen. Man geht davon aus, dass es die 1000er-Einheiten erst ab Claudius gab. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Damit sind das rechnerisch 4500 Mann Auxilia. Also etwa auchdie Hilfstruppen einer Legion. Denn der Legion waren Hilfstruppen ihrer eigenen Stärke zugeteilt.

Ich bin gerade nicht ganz sicher, aber zum exercitus germanicus gehörten noch 2 oder 3 weitere Legionen. Bei 3 Legionen zog Varus mit weniger als derHälfte seiner Truppen umher. Bei 2 mit gut der Hälfte.

Rechnen wir pro Legion mit nur 4000 Mann sind wir bei 12.000. Plus die ca. 4.500 Hilfstruppen, sind wir bei 16.500. Aber es ist nicht ausgemacht, dass Vexillationen der vernichteten Legionen abwesend waren. Schon wären wir bei 18.000. Neulich ging es um die Organisation des Mädchens. Um keinen Widerspruch zu ernten hatte ich da hoch gerechnet und um Diskussionen zu vermeiden auch Milliaria-Einheiten eingerechnet. Jetzt wollte ich nicht durch die niedrigere Zahl verwirren.

Wie dem auch sei, als Schlachtfeld bleibt der Oberesch zu klein. Das ist auch nicht dramatisch. Allein erzählt er die Story eben nicht.

Vindolanda gibt keinen Anhaltspunkt für Varus Truppen. Allein schon wegen der Reform der Verwaltung.

Und die Frage nach der Bedeutung vorheriger Verluste kann nicht beantwortet werden. Es kann durchaus der erste Kampftag gewesen sein. Seit dem Abmarsch aus dem Nachtlager sporadische Überfälle. Am Oberesch musste eine Sperre durchbrochen werden. Was dann schief lief, können wir nicht genau sagen. Ein Teil der Römer floh nach Nordwesten. Ein anderer Teil konnte, wenn die Nachrichten stimmen, ein Lager errichten. Und es gibt Spuren eines Vordringen nach Westsüdwest. Nur ein mögliches Szenario, ich weiß.

Aus der Größe des Lagers lässt sich die Truppe berechnen. Die Formel ist überliefert: Länge der Wälle = 200 * die Quadratwurzel der Anzahl der Kohorten.

Es mag auch klar werden ob die Annahme eines Zuges von Osten nach Westen so stimmt. Oder wurde z.B. versucht in verschiedene Richtungen auszubrechen?

Aber erst einmal werden wir abwarten müssen.
 
Nein, das sehe ich anders.
Das kannst du gerne anders sehen, aber der Text lautet nun mal so. Germanicus führte das Heer zurück zur Ems. Dort teilte er es.

Sonst hätte Tacitus geschrieben: Germanicus führte das Heer zur Ems, um es per Schiff, wie er es herbeigeführt hatte, zurückzutragen.

Er schreibt aber: Germanicus führte das Heer (exercitus) zur Ems, die Legionen (legiones) trug er per Schiff zurück, wie er sie herbeigebracht hatte, Pedo befahl er entlang des Ufers des Ozeans zurückzustreben, Caecina, die langen Brücken schnell hinter sich zu bringen.

Kann ich auch nichts dran ändern, so lautet der Text.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier noch einmal die einzelnen Satzeinheiten:

mox reducto ad Amisiam exercitu - dann führte er das Heer an die Ems zurück.
legiones classe, ut ad vexerat, reportat - die Legionen trug er mit der Flotte zurück, so wie er sie herbeigeführt hatte.
pars equitum litore Oceani petere Rhenum iussa - der Reiterei war befohlen an der Meeresküste zum Rhein zu streben.
Caecina, qui suum militem ducebat, monitus, quamquam notis itineribus regrederetur, pontes longos quam maturrime superare - Caecina, der seine Soldaten führte, war ermahnt, dass er bekannte Wege zurückkehre und soweit es die langen Brücken betraf, diese eilig zu überwinden.

Tacitus kannte noch keine Satzzeichen. Es ist eine Entscheidung moderner Herausgeber gewesen, dies alles zu einem Satz zusammenzufassen. Wenn man diesen Abschnitt jedoch in die eigentlich darinsteckenden vier Sätze aufteilt, ist das ganze klarer.
 
Zudem dauerten die Kämpe mehrere Tage und die Legionen konnten nur in einem langen Tross marschieren. Von daher ist wohl nicht zu erwarten, dass die Legionen alle auf einmal beim Engpasss ankamen!

Darum wurden und werden Märsche organisiert. Varus wird nicht vorgeworfen, er habe das nicht getan. Ihm wurde vorgeworfen, die Marschkolonne für den Frieden organisiert zu haben. Für die Römer ist das recht gut untersucht.

Aber genau das ist ein weiterer Punkt. Am Oberesch kann der Zug eben nicht vernichtet worden sein. Der dortige Befund erzählt nicht die ganze Story. (Immer -wie in allen meinen letzten Posts - vorausgesetzt, es sind die Übereste der Varusschlacht. Als bewiesen kann das nicht gelten.)

Die Truppen zum Kampf zu ordnen hätte 2 bis 3 Stunden gedauert. Dazu gab es aber den Platz nicht.

3 Möglichkeiten:
1. Es ist offensichtlich, dass die Engstelle für einen Überfall vorgesehen ist. Dann hat Varus gewartet, bis genügend Truppen anwesend waren. Ein Teil hätte dann angegriffen. Wenn die Situation nicht total falsch eingeschätzt wurde, hätte er gleichzeitig Schanzen lassen. Routinevorgehen und Beschäftigung für die Männer. Aber das Lager müsste aus Sicht der anmarschierenden Römer vor dem Engpass liegen.
2. Varus bemerkt nichts und marschiert auf dem günstigeren Inneren Weg dicht am Wall durch den Engpass. Eigentlich nur am ersten Tag vorstellbar. Dann wird die Kolonne aus dem Schutz des Walls heraus überfallen. Richtig effektiv nur beim Inneren Marschweg vorstellbar. Hier ist dann die Frage an welcher Stelle die Kolonne überfallen wird. Der Anfang, in der Mitte oder am Ende. Die Reaktiion der Römer ist überliefert: Angriff auf den Wall. Eine Erste Kohorte und Schützen sollen laut Befund involviert gewesen sein. Laut der üblichen Römischen Marschordnungen findest man diese Truppen im ersten oder letzten Drittel des Zugs. Es ist meist günstiger nicht die Spitze anzugreifen. Solange es nicht zu dramatisch zuging, wäre es wieder Routine gewesen zu schanzen. Diesmal aber in oder hinter dem Engpass. Ein Angriff zwischen Zentrum und Ende des Zuges erklärte auch die unterschiedlichen Richtungen der Absetzbewegungen. Ein Teil des Tross wäre betroffen gewesen, der sofort als einzige Option die Flucht gewählt hätte und dabei noch die Truppen weiter vorne behindert hätte. Die Germanen hätten es also erst einmal nur mit 1/4 bis 1/3 der Truppen zu tun gehabt. 4000 bis 6000 Mann statt 16.000 bis 18.000. Und wenn der nördlichere Weg genommen worden wäre? (Die ganze Zeit vorausgesetzt, dass beide gangbar waren. Vielleicht gab es da ja z.B. witterungsbedingte Einschränkungen.) Der Angriff erschien uns dann weniger Effektiv. Aber die Funde zeigen ja auch, dass ein Gegenangriff bis über den Wall gelangte, bevor er abgewiesen wurde. Und schon Cäsar überliefert eine wichtige Tatsache. Es kam auch auf die Wucht des Angriffs an. Da ist dann ein Anlauf über 100 oder 150 m wieder günstig.
3 Varus bemerkt etwas, aber unterschätzt die Situation. Er lässt den Wall angreifen und gleichzeitig marschiert er über den nördlichen Weg mit wenigen Truppen und dem Tross in den Engpass. Als er merkt, was los ist, befiehlt er Halt und Schanzen, aber das Schlamassel ist angerichtet. Dabei war sein Vorgehen nicht selbstmörderisch, seine Einschätzung wäre durch die nadelstichartigen vorhergehenden Angriffe getäuscht worden.

Es gibt zweifellos noch mehr mögliche Szenarien. Aber eines ist vollkommen unrealistisch: Varus marschiert mit seinen Kriegern in den Engpass, lässt sie Aufstellung nehmen und eine rangierte Feldschlacht beginnt. Ebenso unrealistisch wäre es, dass die Germanen hier versucht haben, alle Römer gleichzeitig zu bekämpfen. Abgesehen von allem anderen sind 500 m dazu zu eng. Und von einer Feldschlacht ist ja auch nirgends die Rede.

Oder fällt jemandem ein Szenario ein, nachdem am Oberesch eine Feldschlacht stattfand?

Das ist doch die Besonderheit der 'Fundregion Kalkriese'. Abgesehen von Caecina und Varus sind in der fraglichen Zeit in Germanien nur rangierte Schlachten erwähnt. (Es war ja kein bloßes Weitergereicht, wie gesagt: eine 1. Kohorte und Schützen.) Gut, über die Gefechte des Tiberius in Germanien wissen wir nur, dass es sie gab. Daher sind wir sicher: Varus oder Tiberius oder Caecina. Caecina wird mit jedem Münzfund unwahrscheinlicher. Der Grund, warum wir so gut wie nichts über die Gefechte des Tiberius wissen, mag durchaus darin liegen, dass sie nicht ganz so rühmlich verlaufen sind. Aber eine wirklich große Niederlage ist auch nicht vorstellbar. Schließlich hat er irgendwie die Situation in den Griff bekommen. Und daher kann auch ein Lager Spuren bieten, die ihn ausschließen.

Edit:R eiter gefecht, nicht Weitergereicht. Autokorrekturprogrammierer sollten Wörterbücher auswendig lernen müssen. Das hielte sie vom Programmieren ab.
 
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