Wann war die Römische Republik am Ende?

Apvar

Premiummitglied
Wenn ich es richtig sehe wird das Ende der Römischen Republik mit der Überquerung des Rubikon von Cäsar mit der XIII. Legion gesehen.
Was dafür spricht ist das damit der Bürgerkrieg begann. Und nach der Ermordung des Diktators auf Lebenszeit, Julius Cäsar, sich ein weiterer Bürgerkrieg anschloss.
Oder war mit der Diktatur des Sulla nicht schon die Republik am Ende? Beziehungsweise mit seinem Weg zur Diktatur Rom's? Mit seiner Proskriptionspolitik? Damit wurde ja der Senatsadel dramatisch verändert. Und seine Gegenspieler regelrecht dahin gerafft.

Apvar
 
Es kommt ganz darauf an, was du mit "zu Ende" meinst. Der Zeitpunkt, an dem die Republik unaufhaltsam nicht mehr zu retten war? Oder als die funktionierende Republik nicht mehr gewährleistet war?
 
Ich glaube nicht, dass man das Ende der römischen Republik an einem Ereignis festmachen kann. Das war ein schleichender Prozess, der wohl erst mit der Regierung von Tiberius endgültig beendet war. (Noch unter Augustus gab es Volkswahlen, bei denen fallweise durchaus auch dem Kaiser missliebige Kandidaten gewannen, und als er für einige Jahre im Osten weilte, ging es einstweilen in Rom wieder richtig "republikanisch" inkl. Straßenschlachten bei den Konsulnwahlen zu.) Erst mit der Übertragung der Kompetenzen des Augustus auf Tiberius war der Prinzipat wirklich institutionalisiert, und mit der Übertragung der Wahlen der Magistrate auf den Senat (was später allerdings zeitweise wieder rückgängig gemacht wurde) war es mit der Mitbestimmung des Volkes endgültig vorbei.

Außerdem stellt sich die (eigentlich unbeantwortbare) Frage, ob es ein zwingender Prozess war - bzw., vielleicht besser formuliert, wie lange sich die Republik bei alternativen Entwicklungen (z. B. Untergang Caesars im Bürgerkrieg) noch hätte halten können.

Begonnen hat das Ende der Republik meiner Meinung nach damit, als es Männern gelang, sich über die republikanische Ordnung zu erheben und - gestützt auf Heer und/oder Volk - für sich Sonderrechte herauszuholen, die dem Herkommen widersprachen und mit der republikanischen Ordnung unverträglich waren. In gewisser Weise war das bereits im 2. Punischen Krieg der Fall, als Scipio, der erst Ädil gewesen war, völlig dem Herkommen widersprechend ein Prokonsulat für Spanien erhielt. Mit Cinna, dem jüngeren Marius und Sulla wurde das Problem virulent. Ab dann fristete die Republik nur noch ein Gnadendasein, bei dem jederzeit die Gefahr bestand, dass jemand - gestützt auf Heer und/oder Volk - erfolgreich die Macht an sich reißen konnte. Diese Gefahr bestand potentiell aber wohl nicht erst ab Sulla, sondern seit manche Heere sich mehr ihrem Feldherrn als der Republik verbunden fühlten, also spätestens ab Einführung des Berufsheeres, vielleicht aber auch schon seit es üblich wurde, (Bürger-)Heere gegebenenfalls mehrere Jahre unter demselben Feldherrn im Feld zu belassen.

(Allerdings bestand grundsätzlich in Rom schon seit jeher wohl auch die Gefahr der Errichtung einer "Tyrannis" wie in griechischen Städten, indem jemand aufs einfache Volk gestützt den Adel entmachtete und sich zum Alleinherrscher aufschwang. Die römische Überlieferung weiß von mehreren gescheiterten Versuchen zu berichten. Man könnte aber freilich auch argumentieren, das Scheitern sei ein Beweis für das Funktionieren der Republik gewesen. In historisch gesicherter Zeit scheiterten sogar noch die Gracchen mit ihren Versuchen, gestützt auf das Volk und unter Verfassungsbrüchen Reformen durchzuführen.)
 
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Es kommt ganz darauf an, was du mit "zu Ende" meinst. Der Zeitpunkt, an dem die Republik unaufhaltsam nicht mehr zu retten war? Oder als die funktionierende Republik nicht mehr gewährleistet war?

Gute Frage, aber ich denke das ich den Zeitpunkt meine ab dem es, zumindest am Anfang unsichtbar, nicht mehr zu retten war. Ravenik hat wohl den richtigen Zeitpunkt erwischt, als er die Umstellung vom Milizheer zur Berufsarmee erwähnte. Ab diesem Zeitpunkt (?) hatte ja auch der Konsul oder Heerführer ja für die Entschädigung zu sorgen. Also waren ja die Soldaten damit quasi auf ihren Heerführer angewiesen, damit sie zu ihrem Recht kamen.

Apvar
 
Ich glaube nicht, dass man das Ende der römischen Republik an einem Ereignis festmachen kann. Das war ein schleichender Prozess, der wohl erst mit der Regierung von Tiberius endgültig beendet war. (Noch unter Augustus gab es Volkswahlen, bei denen fallweise durchaus auch dem Kaiser missliebige Kandidaten gewannen, und als er für einige Jahre im Osten weilte, ging es einstweilen in Rom wieder richtig "republikanisch" inkl. Straßenschlachten bei den Konsulnwahlen zu.) Erst mit der Übertragung der Kompetenzen des Augustus auf Tiberius war der Prinzipat wirklich institutionalisiert, und mit der Übertragung der Wahlen der Magistrate auf den Senat (was später allerdings zeitweise wieder rückgängig gemacht wurde) war es mit der Mitbestimmung des Volkes endgültig vorbei.

Das ist mir relativ neu! Weißt du da mehr?


Gute Frage, aber ich denke das ich den Zeitpunkt meine ab dem es, zumindest am Anfang unsichtbar, nicht mehr zu retten war. Ravenik hat wohl den richtigen Zeitpunkt erwischt, als er die Umstellung vom Milizheer zur Berufsarmee erwähnte. Ab diesem Zeitpunkt (?) hatte ja auch der Konsul oder Heerführer ja für die Entschädigung zu sorgen. Also waren ja die Soldaten damit quasi auf ihren Heerführer angewiesen, damit sie zu ihrem Recht kamen.

Apvar

Dann könnte man sagen, dass es mit Marius und Sulla der Fall gewesen ist. Denn würde ich zustimmen.
 
Erst mit der Übertragung der Kompetenzen des Augustus auf Tiberius war der Prinzipat wirklich institutionalisiert, und mit der Übertragung der Wahlen der Magistrate auf den Senat (was später allerdings zeitweise wieder rückgängig gemacht wurde) war es mit der Mitbestimmung des Volkes endgültig vorbei.

Kurze Frage dazu: Ich dachte immer Tiberius habe nur die Wahl der Konsule und Prätoren auf den Senat übertragen, nicht aber die der Queastoren, Aedile und Volkstribunen? Oder wurden auch die vom Senat gewählt seit Tiberius? Und was und wann meint "zeitweise rückgängig" gemacht? Wann wurde eigentlich das consilium plebis und die comitia tributata endgültig abgeschafft? Die comitia centuriata hatte ja noch einige Zeit iudikative Aufgaben und durfte noch sehr lange dem neuen Kaiser akklamieren.

Für die eigentliche Frage des OP ist das sicher weniger von Belang. Rom war keine Demokratie sondern eine Adelsrepublik. Mir wäre die Frage viel wichtiger, wann der Senat die Kontrolle über die Oligarchen verlor. Spätestens mit dem 2ten Triumvirat und seinen Proskriptionen, sowie den Verlusten der Liberatores im Feld war die republikanische Fraktion im Senat sicher am Ende. Augustus hat dann das Seine getan, den Senat so zu gestalten, daß er immer eine willfährige "royalistische" Mehrheit gewährleisten konnte. Die seltener genannten Rechte, die ihn dazu bemächtigten waren für die Umgestaltung von Kultur und Gesellschaft der Römer vielleicht kraftvoller, als das oft bemühte imperium proconsulare oder die tribunicitas potestas.
 
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Wenn ich es richtig sehe wird das Ende der Römischen Republik mit der Überquerung des Rubikon von Cäsar mit der XIII. Legion gesehen.
Wenn man einen fixen Zeitpunkt wählen will (wovon ich, wie bereits ausgeführt, eigentlich nichts halte), dann erscheint mir dieser in der Tat am geeignetsten: Ab Beginn des Bürgerkriegs zwischen Caesar und Pompeius funktionierte die Republik nie wieder wie gehabt. Noch in den 50ern waren die Magistrate grundsätzlich mehr oder weniger traditionell gewählt worden - wenngleich Pompeius (der erforderlichenfalls auch Bewaffnete aufmarschieren ließ) und indirekt auch Caesar meist ihre Wunschkandidaten durchsetzen konnten -, und der Senat und die Volksversammlungen hatten einigermaßen regelkonform gearbeitet. Damit war nach dem Rubicon Schluss: Wer ein Amt bekleiden durfte, wurde fortan meist vom jeweiligen Machthaber in Rom bestimmt (wodurch die Wahlen zur Farce gerieten). Der Senat segnete fortan meist entweder die Wünsche des Machthabers in Rom ab oder war zwischen Rivalen gespalten und mehr oder weniger handlungsunfähig.
 
Das wäre dann die Meinung von Erich S. Gruen: The last Generation of the Roman Republic, 1995. (absolut lesenswertes Buch!)

200 Jahre lang stimmten fast alle Historiker Montesquieu zu: "Wären Caesar und Pompeius nicht gewesen, dann wären zwei Andere aufgestanden". Gruen widersprach geradezu blasphemisch und mit sehr guten Argumenten. Er bestreitet, daß die Republik strukturell am Ende war, sondern daß dies erst durch die Bürgerkriege geschah.

Die Gegenmeinung zu Gruen vertritt etwa der rennomierte Historiker Egon Flaig:
Für ihn war die Republik spätestens 60 BC am Ende.
https://books.google.de/books?id=ulr...easons&f=false
(Artikel #3)
 
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Das Problem der Republik war wohl, das die Heerführer sich für die Entlohnung ihrer Soldaten einsetzen mussten, nach den Militärreformen. Damit hatten die Heerführer plötzlich eine sehr starke Klientel. Ob das die Senatoren nicht gesehen haben ist die frage, oder haben sie sich nicht getraut die Entlohnung der Soldaten als Aufgabe des Staates an zu sehen und damit die Heerführer zum Teil zu entmachten?

Apvar
 
Das Problem der Republik war wohl, das die Heerführer sich für die Entlohnung ihrer Soldaten einsetzen mussten, nach den Militärreformen.

Das war nur eines von vielen Problemen der Republik, die Historiker für den Untergang verantwortlich machen, wenn auch eines der größeren und offensichtlicheren.

Für die Vertreter des eher strukturellen Ansatzes sind fast alle Probleme der Republik auf die Expansion zurückzuführen. Der zunehmende Reichtum durch Expansion zerstörte das bisherige Gleichgewicht in der Oberschicht und dem regierenden Senat. Expansion stellte neue Anforderungen an Militär, Administration und Verfassung. Die Lösungen des Senats waren oft suboptimal oder verschärften sogar das Ungleichgewicht. Insgesamt waren Aristokratie und Senat nicht in der Lage, schnell genug die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und die Strukturen an den unvermeidbaren Wandel anzupassen. Am Ende verlor der Senat die Kontrolle über seine Oligarchen und wurde handlungsunfähig.

Der ewige Kampf der römischen Aristokraten um Auctoritas und Dignitas, der das römische Reich groß gemacht hatte, wurde tatsächlich gewonnen. Etwas was die Verfassung der römischen Republik seit ihrer Gründung immer verhindern wollte.

Was Historiker naturgemäß nicht beantworten ist, ob es überhaupt ein republikanisches System gegeben hätte, das den Anforderungen gerecht geworden wäre, und eine stabile Regierung gewährleistet hätte für ein antikes Reich dieser immensen Größe. Oder ob der Weg in eine wie auch immer gestaltete Autokratie vorgezeichnet war, nachdem das römische Reich die Grenzen Italiens sprengte.
 
Das war nur eines von vielen Problemen der Republik, die Historiker für den Untergang verantwortlich machen, wenn auch eines der größeren und offensichtlicheren.

Für die Vertreter des eher strukturellen Ansatzes sind fast alle Probleme der Republik auf die Expansion zurückzuführen. Der zunehmende Reichtum durch Expansion zerstörte das bisherige Gleichgewicht in der Oberschicht und dem regierenden Senat. Expansion stellte neue Anforderungen an Militär, Administration und Verfassung. Die Lösungen des Senats waren oft suboptimal oder verschärften sogar das Ungleichgewicht. Insgesamt waren Aristokratie und Senat nicht in der Lage, schnell genug die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und die Strukturen an den unvermeidbaren Wandel anzupassen. Am Ende verlor der Senat die Kontrolle über seine Oligarchen und wurde handlungsunfähig.

Der ewige Kampf der römischen Aristokraten um Auctoritas und Dignitas, der das römische Reich groß gemacht hatte, wurde tatsächlich gewonnen. Etwas was die Verfassung der römischen Republik seit ihrer Gründung immer verhindern wollte.

Was Historiker naturgemäß nicht beantworten ist, ob es überhaupt ein republikanisches System gegeben hätte, das den Anforderungen gerecht geworden wäre, und eine stabile Regierung gewährleistet hätte für ein antikes Reich dieser immensen Größe. Oder ob der Weg in eine wie auch immer gestaltete Autokratie vorgezeichnet war, nachdem das römische Reich die Grenzen Italiens sprengte.

Was genau meinst du mit Gleichgewicht von Senat und Oberschicht? Ich bin immer eher davon ausgegangen, dass das Gleichgewicht zwischen Senat bzw. Oberschicht und der restlichen Bevölkerung durch die Expansion und die damit verbundenen Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Struktur die Republik schwächten.

Wenn man einen fixen Zeitpunkt wählen will (wovon ich, wie bereits ausgeführt, eigentlich nichts halte), dann erscheint mir dieser in der Tat am geeignetsten: Ab Beginn des Bürgerkriegs zwischen Caesar und Pompeius funktionierte die Republik nie wieder wie gehabt. Noch in den 50ern waren die Magistrate grundsätzlich mehr oder weniger traditionell gewählt worden - wenngleich Pompeius (der erforderlichenfalls auch Bewaffnete aufmarschieren ließ) und indirekt auch Caesar meist ihre Wunschkandidaten durchsetzen konnten -, und der Senat und die Volksversammlungen hatten einigermaßen regelkonform gearbeitet. Damit war nach dem Rubicon Schluss: Wer ein Amt bekleiden durfte, wurde fortan meist vom jeweiligen Machthaber in Rom bestimmt (wodurch die Wahlen zur Farce gerieten). Der Senat segnete fortan meist entweder die Wünsche des Machthabers in Rom ab oder war zwischen Rivalen gespalten und mehr oder weniger handlungsunfähig.

Du meinst, dass der Untergang zwar vorher began, aber endgültig mit der Herrschaft Caesars in Rom erfolgt ist, da alles von ihm abhängig war?
 
Was genau meinst du mit Gleichgewicht von Senat und Oberschicht? Ich bin immer eher davon ausgegangen, dass das Gleichgewicht zwischen Senat bzw. Oberschicht und der restlichen Bevölkerung durch die Expansion und die damit verbundenen Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Struktur die Republik schwächten.

So habe ich das auch mal in der Schule gelernt. Natürlich kam es auch zu massiven Veränderungen in der Gesellschaft insgesamt. Die Equites wurden wohlhabender und fordernder. Teile des Bauernstandes verarmten durch den langen Militärdienst in Übersee und verstärkten die Plebs Urbana. Aber in beiden Fällen entwickelten diese Schichten kein revolutionäres Potential. Ihre Einbindung in die aristokratische Clientelstruktur blieb stabil. Zu einem Vertrauensverlust in den Senat als Regierung der Republik kam es erst sehr spät, wie u.a. Flaig in dem oben verlinkten Artikel ausführt. Dies auch, weil sich nach der Heeresreform die Situation besserte. Durch die riesigen Geldmengen, die die Expansion nach Italien spülte, verbesserte sich der Wohlstand für alle Schichten. Mommsens Römische Revolution hat also niemals stattgefunden, sofern man den Bundesgenossenkrieg nicht als solche werten will. Ein ernstes Problem, das für sich alleine zum Untergang der Republik hätte führen können waren die Konflikte zwischen den Schichten nie.

Das Problem war das große wirtschaftliche Ungleichgewicht, das in der senatorischen Klasse selbst enstand durch die ungleiche Fortune einzelner senatorischer Familien und ihrer Clientel beim Zugriff auf den neuen Reichtum. Dies erst führte zu Oligarchen mit einem Vielfachen des Reichtums der Mehrheit. Um einen Faktor der vor den punischen Kriegen noch undenkbar war. Diese Oligarchen suchten nach Wegen, ihre Forderungen durchzusetzen, zur Not auch gegen die senatorische Mehrheit.

Diese Wege waren in der römischen Verfassung, leicht zu finden. So entstand der Weg der Popularen. Die Popularen waren keinesfalls eine Fraktion im Senat. Und sie waren schon gar kein revolutionärer Kader, der für das Volk kämpfte. Die Popularen waren eine Vorgehensweise, um eigene aristokratische Interessen durchzusetzen. Eine Vorgehensweise, die die Verfassung neu interpretierte, oder manchmal sogar erstmals buchstabengetreu zur Anwendung brachte. Allerdings oft in Umgehung aller ungeschriebenen Gesetze, durch die die Republik überhaupt so lange funktionieren konnte. Dies konnte auch bis zum offenen Gesetzesbruch gehen, was der Senat im Fall der Gracchen noch verhindern konnte. Später aber verlor er zunehmend Kontrolle und Handlungsfähigkeit. Insbesondere gegenüber den Oligarchen, die nicht nur enorme finanzielle Mittel, sondern dadurch auch politische Macht und Clientel angehäuft hatten. Dies auch in Form militärischer Klientel; den Legionen.

Bei Einigen setzte sich die Erkenntnis durch, daß der ewige Wettbewerb aristokratischer Familien um Auctoritas und Dignitas gewonnen werden konnte. Weil auch das frühere Machtgleichgewicht zwischen den führenden aristokratischen Familien nicht mehr gegeben war.
 
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Kurze Frage dazu: Ich dachte immer Tiberius habe nur die Wahl der Konsule und Prätoren auf den Senat übertragen, nicht aber die der Queastoren, Aedile und Volkstribunen? Oder wurden auch die vom Senat gewählt seit Tiberius? Und was und wann meint "zeitweise rückgängig" gemacht? Wann wurde eigentlich das consilium plebis und die comitia tributata endgültig abgeschafft? Die comitia centuriata hatte ja noch einige Zeit iudikative Aufgaben und durfte noch sehr lange dem neuen Kaiser akklamieren.

Ich zitiere mal meine konkrete Frage von oben nochmals. Die scheint in der weiteren Diskussion untergegangen zu sein. Weiß das Jemand genauer? Oder bei wem müsste ich das nachlesen? Cassius Dio und Suetonius nehme ich mal an, und wer noch?

Gibt es vielleicht Sekundärliteratur, die sich speziell mit der Entwicklung der Comitia im frühen Prinzipat beschäftigt.
 
Ich habe Deine Frage nicht vergessen, bloß habe ich im Moment kaum Zeit.

Nach meinem Verständnis ging unter Tiberius die (zumindest faktische) Wahl aller Magistrate auf den Senat über (vgl. Tacitus, Annales 1,15). Rein formal gewählt wurden sie allerdings noch weiterhin von den jeweiligen Volksversammlungen (Cassius Dio 58,20; vgl. auch den Panegyricus von Plinius auf Traian), wobei diese allerdings nur noch den bereits vom Senat gewählten Kandidaten applaudieren konnten.
Caligula führte die Volkswahl wieder ein (Cassius Dio 59,9; Sueton, Caligula 16), schaffte sie aber selbst bald wieder ab (Cassius Dio 59, 20).
 
Es war eine schleichende Entwicklung. Ich sehe den Todeszeitraum für die Republik in dem Zeitraum, wo der Senat die Fähigkeit verlor, die Zukunft und die Tagesspolitik der Republik aktiv zu gestalten und sich nur noch auf das starre Verteidigen alter Werte zu verlegen. Die späteren Bürgerkriege sind nur eine Folge davon.
Festmachen kann man das etwa am ersten Konsulat Caesars im Jahre 59. Pompejus hatte in den Jahren vorher versucht die Versorgung seiner Veteranen durch den Senat genehmigt zu bekommen. Der Senat hatte das verhindert, oft durch reine Verfahrenstechnik, etwa dass Cato filibusterte. (Er hielt solange Reden bis der Tag zu Ende ging und keine Abstimmung erfolgen konnte).
In der ersten Senatssitzung mit Caesar als Konsul stellte dieser erneut den Antrag zur Versorgung der Veteranen und begründete das überzeugend. Es gab kein Gegenargument, ausser Pompejus würde dadurch an Macht gewinnen und das dürfe nicht sein. Es kam auch kein Gegenargument ausser "dass in diesem Jahre nichts geneurt werden dürfe".
Auch vom als "Verkörperung der Republik" hochgelobten Cato kam nur passiver Widerstand. Es ist diese Unfähigkeit des Senats in dieser Zeit selber Antworten für die Tagespolitik zu finden, welche Caesar, Pompejus und Crassus in die Hände spielte.
Das war zu Zeiten des 2. Punischen Krieges oder zu Zeiten der Grachus Brüder anders.

Ich habe meine Informationen aus der Caesar Biographie von Christian Meyer.
 
Was mich mal interessieren würde, ist folgendes:
ca. 753 v. Chr. bildete sich das Römische Reich und etablierte sich mit der Zeit mehr und mehr rund ums Mittelmeer.
Gab es bei der ersten Herausbildung des Römischen Reiches überhaupt schon gewisse Ansätze von einer Romanischen Republik oder galt es in den Anfängen als ein Kaiserreich?
Das habe ich noch nicht herausgefunden und würde mich sehr interessieren..

lg Monika
 
Rom war ein Stadtstaat. Und zu Anfang war die Stadt Rom eine Monarchie. Nach einigen Königen würden dies vertrieben und durch Wahlbeamte ersetzt. Die wurden jedes Jahr ersetzt und es gab unter normalen Umständen immer 2.
Wobei Imperium, als Wort nicht nur auf Kaiserreich reduziert werden darf. Mit dem Imperium kann auch die Amtsmacht gemeint sein. Und ein Imperator war ein siegreicher Feldherr, welcher von seinen Soldaten als solcher ausgerufen wurde. Der dürfte dann mit seinen Truppen nach Rom, in die Stadt und einen Triupfzug abhalten. Der Begriff Imperator verengte sich später im mehr zum Kaiser, als nämlich nur noch Kaiser einen Triumpfzug zugestanden bekamen.

Bin langsam immer mehr der Überzeugung das Cäsars überschreiten des Rubikon nur noch das letzte welke Blatt der Republik vom Baum gezupft hat.
Sullas Märsche auf Rom und gerade sein letzter mit der Verfolgung der Anhänger des Marius hat die Republik, welche eh schon geschwächt war, den Todesstoß gegeben.

Apvar
 
Danke sehr Apvar für deinen aufschlußreichen Text. Mich würde noch sehr interessieren, ab welchem Zeitpunkt sich die 1. Römische Republik herausgebildet hat, d. h. ab wann die Kürzung S.P.O.R. verwendet wurde ?
 
Danke sehr Apvar für deinen aufschlußreichen Text. Mich würde noch sehr interessieren, ab welchem Zeitpunkt sich die 1. Römische Republik herausgebildet hat, d. h. ab wann die Kürzung S.P.O.R. verwendet wurde ?
Das sind zwei paar Schuhe. Das Kürzel S.P.Q.R. ist erst spät belegt.
Wie Agricola schon festgehalten hat, wurde die Republik der Sage nach 509 v. Chr. gegründet. Wie es in Wahrheit gelaufen ist, weiß man nicht. Generell ist - außer Sagen und eher spekulativen Rückschlüssen aus späteren Verhältnissen - über die frühe Verfassungsgeschichte Roms kaum etwas bekannt. Als relativ sicher (u. a. wegen einer uralten Inschrift, dem lapis niger, auf dem der König erwähnt wird, wobei allerdings auch der sog. "Opferkönig", ein hoher Priester, gemeint sein könnte) kann eigentlich nur gelten, dass Rom anfangs tatsächlich von Königen regiert wurde - und später irgendwann nicht mehr. Es gibt Autoren, die die Gründung der Republik erst etwa Mitte des 5. Jhdts. v. Chr. ansetzen.
Wie die Republiksgründung konkret gelaufen ist, weiß man nicht. Der Sage nach wurde der König durch zwei jährlich gewählte Konsuln ersetzt. Belege gibt es dafür keine - insbesondere nicht dafür, dass die höchsten Beamten von Anfang an Konsuln hießen, es zwei gab und sie jährlich gewählt wurden. Genaugenommen gibt es nicht einmal einen Beleg dafür, dass der Senat schon (wie laut Überlieferung) während der Königszeit bestand. Über den tatsächlichen Übergang von der Monarchie zur Republik gibt es viele Theorien, die sich allesamt nicht beweisen lassen, z. B. dass der König zunächst durch einen einzigen obersten Beamten (der zunächst durchaus auch für länger als ein Jahr bestellt worden sein könnte) ersetzt wurde oder aber im Gegenteil durch ein mehr als zweiköpfiges Kollegium. (Näheres siehe hier: http://www.geschichtsforum.de/715771-post3.html )
Halbwegs gesicherte Informationen über die römische Republik - mit den bekannten beiden Konsuln an der Spitze neben sonstigen Magistraten, dem Senat und den Volksversammlungen - haben wir erst ab etwa dem 4. Jhdt. v. Chr. Wann und wie sie entstand, bleibt leider weitgehend im Dunkeln.
 
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