Kappeler Milchsuppe 1529. Versöhnungsikonographie

Malefix

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Im Frühsommer 1529 eskalierte der Zwist zwischen den fünf altgläubigen Orten der Eidgenossenschaft (Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug) und den reformierten Orten (Zürich und Bern). Ein Krieg schien unvermeidbar. Zwingli wollte einem Aufmarsch der Innerschweizer zuvorkommen und liess die Truppen Zürichs mobilisieren. Ein Hauptheer von etwa 4000 Mann brach am 6.Juni Richtung Zug auf. Gleichzeitig schickten die Berner ihre Truppen gegen den Aargau. Als die Zürcher das fünförtige Heer, das in Baar lagerte, angreifen wollte, trat der Glarner Landammann Hans Aebli dazwischen. Die gewaltsame Auseinandersetzung konnte vorerst verhindert werden. Es kam zu Friedensverhandlungen, die mit dem ersten Kappeler Landfrieden endeten.
Bereits zeitgenössische berichten davon, dass sich einzelne Soldaten gegen den Willen der Anführer verbrüderten. Johannes Stumpf erwähnte 1547 zum ersten Mal die Kappeler Milchsuppe. Innerschweizer und Zürcher hätten sich um einen grossen Topf versammelt. Die Innerschweizer hätten die Milch, die Zürcher das Brot beigetragen. Das war der Beginn der Schweizerischen Versöhnungsikonographie. Das Bild der Kämpfer, die anstatt mit Waffen friedlich mit Löffeln stritten wurde bis heute weitergegeben. Bekannt ist die Darstellung von Albert Anker aus dem Jahre 1869. Im 20. Jahrhundert wurde die Szene für ein Schweizer Schulwandbild gestaltet. Immer wieder wurde die Geschichte in Lesebüchern und Lernmaterialien kolportiert. Bundespräsident Couchepin nahm die Geschichte sogar in seine diesjährige Neujahransprache auf, um darauf hinzuweisen, wie wichtig eine Versöhnungsstrategie angesichts der verfahrenen Situation (Abwahl Blochers) sei.
Nach diesen (langen) Vorbemerkung komme ich zu meinem eigentlichen Anliegen:

Wer kennt Zeugnisse (Bilder, Aufsätze, Lesebücher usw.) zum Thema Kappeler Milchsuppe?

Einige Arbeiten mit Literaturangaben habe ich bereits gefunden. So u.a. ein Aufsatz von Georg Kreis: Die Kappeler Milchsuppe. Kernstück der Schweizerischen Versöhnungsikonographie.

Wer immer etwas weiss, soll es mir doch mitteilen.

Malefix
 
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Hast du das hier auch schon gesehen:

-M. Haas, Zwingli und der Erste Kappelerkrieg, 1965
-H. Meyer, Der Zweite Kappeler Krieg, 1976
-G.W. Locher, Die Zwingl. Reformation im Rahmen der europ. Kirchengesch., 1979
-H. Meyer, Der Zweite Kappeler Krieg. Gedenkschr. zur 450. Wiederkehr des Todestages von Huldrych Zwingli, 1981 (mit Karten)

Ist aus dem Historischen Lexikon der Schweiz. Weiss aber nicht in wieweit in dieser Literatur die Kappeler Milchsuppe vorkommt.

Hast du schon im Staatsarchiv des Kantons Zürich und das im Kanton Zug nachgeschaut?
 
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-M. Haas, Zwingli und der Erste Kappelerkrieg, 1965

Hallo Ursi,

danke für deine Bemühungen. Die Fachliteratur habe ich weitgehend beieinander (Martin Haas scheint ja DER Spezialist zu sein).
Was mich interessiert sind "volkstümliche" Darstellungen oder Darstellungen in älteren Schulbüchern, eventuell in Kalendern usw.

Im Schulbuchbereich werde mich allenfalls in entsprechenden Bibliotheken von Pädagogischen Hochschulen umsehen (z.B. am «Institut für Historische Bildungsforschung» in Zürich).


Ich hoffe natürlich auch hier auf Fundstücke.

Malefix
 
Die 'Kappeler Milchsuppe von 1529' ist eine LEGENDE

Die 'Kappeler Milchsuppe von 1529' ist eine LEGENDE, die für die Versöhnung zwischen Reformierten und Katholischen benötigt und entsprechend getextet wurde. Sie wirkte sehr glaubwürdig, weil man den Krieg als Handwerk betrachtete – feindliche 'Handwerker' essen in der Pause gemeinsam und gehen nachher wieder an ihre gewohnte Arbeit ...

"... Die frühneuzeitlichen Republiken der Schweiz und der Niederlande bedurften aufgrund ihrer schwachen institutionellen Strukturen in besonderem Maße eines Diskurses, der den Zusammenhalt fördern half. In der Schweiz wurde auf verschiedene mythische Erzählungen Bezug genommen wie den Rütlischwur, die Tellensage und die Kappeler Milchsuppe. Allesamt kreisten um den Normenkomplex von „libertas“, „pax“ und „concordia“. In den Niederlanden fungierten der „hollandse tuin“ (holländischer Garten), der Batavermythos und die allegorischen Darstellungen im Amsterdamer Rathaus als die prägenden mythischen Inhalte. In beiden Republiken wurde zum gleichen Zweck auf Mythen zurückgegriffen, die jeweilige Interpretation richtete sich nach den aktuellen Bedürfnissen. In der Schweiz wurde ein Erzählmuster in den Mittelpunkt gestellt, das einerseits die Normen städtischer und ländlicher Orte verklammern half, andererseits den Dominanzanspruch Berns und Zürichs bestätigte. In den Niederlanden versuchte man hingegen, mit Hilfe des Mythos die Binnenkohärenz des sozialen und politischen Systems der Städte zu festigen. Inwieweit in den vorliegenden Fällen Gemeinschaft über Mythen überhaupt vermittelbar war (Ulrich Andermann, Marburg), richtete sich nach dem jeweiligen Bedürfnis. ..."

Bericht über die 38. Jahrestagung des Südwestdeutschen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung
 
Die 'Kappeler Milchsuppe von 1529' ist eine LEGENDE, die für die Versöhnung zwischen Reformierten und Katholischen benötigt und entsprechend getextet wurde.

Das ist ja gerade das interessante daran, dass die Kappeler Milchsuppe eine LEGENDE ist und dass sie bis heute am Leben blieb.

Der erste Kappeler Krieg endete ja unblutig, wenn der Konflikt auch bereits zwei Jahre später eine blutige Fortsetzung fand. Der Vergleich mit den Niederlanden erscheint mir indes ein interessanter Ansatz zu sein.

Ein anderes interessantes Phänomen erscheint mir der Zeitpunkt des Wiedererwachen dieser "Legende": Ein erstes Mal gegen Ende des Ancien Régimes, ein zweites Mal zur Zeit des deutsch-französischen Krieges und jetzt in der Zeit der Auseinandersetzung der svp mit dem Rest der Schweiz.

Malefix, der Suppenlöffler
 
Ein anderes interessantes Phänomen erscheint mir der Zeitpunkt des Wiedererwachen dieser "Legende": Ein erstes Mal gegen Ende des Ancien Régimes, ein zweites Mal zur Zeit des deutsch-französischen Krieges und jetzt in der Zeit der Auseinandersetzung der svp mit dem Rest der Schweiz.

Malefix, der Suppenlöffler

Das haben Mythen und Legenden so an sich.

Nur einen kleinen Hinweis aus der Moderation, aktuelle Tagespolitik gehört nicht in dieses Forum.
 
Das haben Mythen und Legenden so an sich.

Nur einen kleinen Hinweis aus der Moderation, aktuelle Tagespolitik gehört nicht in dieses Forum.

Was kann man da machen, wenn Politiker sich um vormoderen "Legenden" kümmern.

Beispiele:

- Sommer 2004: die svp des Kanton Zug lädt den damaligen Bundesrat Blocher zum Gedenktag Kappeler Milchsuppe nach Kappel ein

- Sommer 2006: der Zürcher Kantonsrat trifft sich zur 475 Jahrfeier des Kappeler Landfriedens in Kappel am Albis

- Januar 2008: Neujahrsansprache des Bundespräsidenten. Pascal Couchepin verweist im Zusammenhang mit der Bundesrats(ab)wahl explizit auf die Kappeler Milchsuppe

- April 2008: der grünalternativer Nationalrat und Historiker Josef Lang veröffentlicht im Tagesanzeiger einen Beitrag mit Bezug auf die Thema Kappeler Milchsuppe

So werden Politiker zu Historiker....

Malefix, der Tagessuppenlöffler
 
Ermahnung

Was kann man da machen, wenn Politiker sich um vormoderen "Legenden" kümmern.

Beispiele:

- Sommer 2004: die svp des Kanton Zug lädt den damaligen Bundesrat Blocher zum Gedenktag Kappeler Milchsuppe nach Kappel ein

- Sommer 2006: der Zürcher Kantonsrat trifft sich zur 475 Jahrfeier des Kappeler Landfriedens in Kappel am Albis

- Januar 2008: Neujahrsansprache des Bundespräsidenten. Pascal Couchepin verweist im Zusammenhang mit der Bundesrats(ab)wahl explizit auf die Kappeler Milchsuppe

- April 2008: der grünalternativer Nationalrat und Historiker Josef Lang veröffentlicht im Tagesanzeiger einen Beitrag mit Bezug auf die Thema Kappeler Milchsuppe

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Malefix, der Tagessuppenlöffler

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