Friedrich der Große als Feldherr im Siebenjährigen Krieg

C

Chuckie85

Gast
Hallo!
Ich arbeite zur Zeit an einer Militärgeschichtsarbeit zum Thema "Friedrich der Große" im Siebenjährigen Krieg.
Als Aspekte will ich einerseits "seine" Schlachten, andererseits auch andere Faktoren, wie z.B. die Unfähigkeit der Alliierten zur Kooperation untersuchen.
Was glaubt ihr, müsste man noch näher untersuchen? Führungsverhalten während des ganzen Krieges? Seine seelischen Schwankungen?

Über Antworten würde ich mich sehr freuen!!
 
Vielleicht mehr noch seine Taktik der schiefen Schlachtordnung, mit der sich auch ein zahlenmäßig überlegener Gegner besiegen ließ. Dabei wurde an einer strategisch wichtigen Stelle eine operative Überlegenheit hergestellt und der Gegner überflügelt und von der Flanke aufgerollt. Als Friedrich bei Mollwitz ein Debut dieser Taktik gab, wurde seine Kavallerie geworfen und er befand sich auf der Flucht, als die schnell und präzise preußische Infanterie unter Schwerin das Blatt wendete. So richtig perfekt hat das allerdings eigentlich nur bei Roßbach und Leuthen geklappt.
 
Wichtiges haben wir im Forum schon angesprochen: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=13144
Sicherlich sollte nicht außen vor bleiben, dass er als Feldherrgeneral positiv und negativ auf die Kriegsführung einwirkte. Auf der einen Seite wurden seine Befehle durch die doppelte Autorität manchmal zu wörtlich genommen, was bei zeitlichen Verzögerungen des Eingangs des Befehls zu Desastern wie Maxen führen konnte. So stark waren die Kontrahenten zumeist nicht an konkrete Bestimmungen ihrer Herscher gebunden.

Zum anderen kannte er auch die Qualitäten seiner Kommandeure aus eigener Anschauung, was dazu führte, dass vor allem fähige Offiziere befördert wurden, während in Österreich und Frankreich das Beförderungswesen teilweise zu stark auf Ancienität und Günstlingswirtschaft beruhte. Ein Feldherrengenie wie der Maréchall de Saxe war nunmal eine komplette Ausnahme, auf der anderen Seite standen eben Feldherren wie Prinz Karl, der mehrmals versagte und erst aus dem Oberbefehl hinaus komplimentiert werden musste, das auch noch mit Auszeichnungen.
 
Danke für die Antworten.

Was mir Probleme bereitet, ist der aktuelle Forschungsstand zu dem Thema. Gibt es Infos darüber? Also die Bücher, die ich bislang gefunden habe, sind entweder Biographien über Friedrich den Großen oder eben Bücher über den Siebenjährigen Krieg...
 
Meines Wissens hat sich seit Belckwenns Generation nicht viel getan. Die wissenschaftliche Betrachtung gerade zum militärischen Aspekt wurde nicht vertieft. Da die alten Bücher mittlerweile nur noch antiquarisch zu bekommen sind und dann zumeist sündhaft teuer habe ich auch nichts aus der Richtung.

Gesamtdarstellungen, die wirklich analysieren kenne ich auch keine. In meinen Augen wird das Zeifenster einfach stiefmütterlich behandelt, wenn ich mir anschaue was so unter der Gallionsfigur Napoleon alles verramscht wird. Vielleicht haben militärhistorische (sprich heereskundliche) Museen was, aber dann gibt es schlichtweg keinen aktuellen Forschungsstand, fast alles ist aus dem 19.Jh., so aus der Richtung Generalstabswerk.
 
Hallo,

es gibt:
Duffy, Christopher
Friedrich der Große - Die Biographie,Düsseldorf
510 Seiten.

Diese Biogrpahie von Duffy steht unter dem Blickwinkel der militärischen Laufbahn. In Verbindung mit dem Text enthält das Buch reiches Kartenmaterial und Fotos, in denen der Ablauf der Feldzüge und Schlachten zu verfolgen ist.

Ich hab es vor Jahren mal gelesen, und fand es nicht schlecht. Über die Qualität im Vergleich zu anderen Büchern kann ich aber nichts sagen.

Grüße
Thomas
 
Wichtiges haben wir im Forum schon angesprochen: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=13144
Sicherlich sollte nicht außen vor bleiben, dass er als Feldherrgeneral positiv und negativ auf die Kriegsführung einwirkte. Auf der einen Seite wurden seine Befehle durch die doppelte Autorität manchmal zu wörtlich genommen, was bei zeitlichen Verzögerungen des Eingangs des Befehls zu Desastern wie Maxen führen konnte. So stark waren die Kontrahenten zumeist nicht an konkrete Bestimmungen ihrer Herscher gebunden.

Zum anderen kannte er auch die Qualitäten seiner Kommandeure aus eigener Anschauung, was dazu führte, dass vor allem fähige Offiziere befördert wurden, während in Österreich und Frankreich das Beförderungswesen teilweise zu stark auf Ancienität und Günstlingswirtschaft beruhte. Ein Feldherrengenie wie der Maréchall de Saxe war nunmal eine komplette Ausnahme, auf der anderen Seite standen eben Feldherren wie Prinz Karl, der mehrmals versagte und erst aus dem Oberbefehl hinaus komplimentiert werden musste, das auch noch mit Auszeichnungen.
Da ist sicher etwas Wahres dran, doch auch die Gegenseite hatte Kommandeure, die Friedrich durchaus ebenbürtig waren wie Daun und Laudon. Auf französischer Seite gab es tatsächlich ziemlich viele Nieten wie Soubise und Contades. Allerdings war der Herzog de Broglie ganz sicher ein ernstzunehmender Gegner, und der beste Kommandeur, über den die Franzosen verfügten.
 
@ Scorpio
In dem bereits verlinkten Thread habe ich die Qualität der österreichischen Befehlshaber ja durchaus gewürdigt.
Ein direkter Vergleich ist natürlich schwerlich zu Friedrich zu ziehen, da dieser neben der jeweiligen Schlacht auch die gesamte Kriegslage im Hinterkopf haben musste. Dafür, dass er mit dem Rücken zur Wand kämpfte und die Vernichtung einer wichtigen Armee für ihn schon schwerwiegender war, als für seine zahlenmäßig in der Summe weit überlegenen Gegner, setzte er seine Truppen recht großzügig ein. Ich meine, wenn man sich seine Niederlagen anschaut, dann waren die fast immer vollständig (Kolin, Hochkirch noch mehr, Kunersdorf).
 
Friedrichs Problem war wohl, daß sich seine Gegner schließlich je länger, je besser auf die preußische Taktik einstellten. Bei Hochkirch wurden die Preußen durch Dauns Nachtangriff völlig überrascht, den sie als "Cunctator" unterschätzt hatten. Gegen die Vorstellungen seiner Generale hatte Friedrich seine Armee in einer Stellung belassen, in der sie den österreichischen Aufmarsch nicht einsehen konnten. Bei Kolin und auch bei Kunersdorf sah die Lage zeitweilig gar nicht so schlecht für die Preußen aus. Daun hatte bereits einen Rückzugsbefehl gegeben, als sich das Blatt nicht zuletzt durch den Eigensinn des Preußenkönigs wendete. Bei Kunersdorf verausgabte sich die preußische Infanterie im Kuhgrund, und auch hier gab Friedrich unsinnige Befehle, etwa wenn er Seydlitzs Kürassiere gegen fest befestigte Artilleriestellungen anrennen ließ. Nach der Schlacht dankte er weder ab, noch beendete er sein Leben mit Opiumpillen, die er seiner Umgebung gerne zeigte, sondern ließ seine Generale als Sündenböcke antreten.

Sicher, König Friedrich und seine Generale konnten sich nach 1759 letztendlich behaupten, weil sie jeden noch so kleinen Vorteil ausnutzten, und sich die Verbündeten nicht so recht einigen konnten. Als Georg II. August starb und Pitt gestürzt wurde und die neue britische Regierung ihm die Subsidien entzog, gab es nach menschlichem Ermessen keine Rettung mehr für den Preußenkönig. Erst ein zweiter Todesfall wendete das Blatt: Der Tod der Zarin Elisabetha Petrowna. Diese war nun als Gegnerin durchaus nicht zu unterschätzen. Ebensowenig übrigens, wie die russische Armee, die ja durchaus mit mehr Fortune kämpfte, als z. B. die französische und bis auf Zorndorf eigentlich auch die meisten Treffen gegen die Preußen für sich entschied. Auf französischer, aber auch österreichischer Seite mißtraute man allerdings den Russen und wollte sie keinesfalls in Ostmitteleuropa noch mehr Macht gewinnen sehen. Die französische Armee wurde sehr wirksam von der alliierten britisch-hanoverschen Armee unter Ferdinand von Braunschweig in Schach gehalten, der bis auf Bergen 1758 alle Schlachten für sich entscheiden konnte und dabei auch weit weniger Verluste vorzuweisen hatte, als sein Schwager.
Insgesamt sehe ich es eigentlich genau so, wie du @Brissotin, daß die Preußen vor allem von Friedrichs zentraler Kommandogewalt und Autorität und der Erfahrung seiner Generale profitierten, während die französische Armee von den Streitereien zwischen Soubise und de Broglie geschwächt wurde.
 
Es ist eben auffällig Scorpio, dass wir im Zeitalter der Höfe und Allianzkriege bei einer Person wie Friedrich II. trotz seines strategischen wie taktischen Könnens schnell auf die Diplomatie zurück kehren und das finde ich eben bezeichnend. Warum beging wohl Friedrich nach Hochkirch oder Kunersdorf keinen Selbstmord? Eben weil er wusste, dass außer Österreich keiner seiner Feinde eine völlige Vernichtung und Degradierung Preußens wünschen konnte, denn dies hätte das Kräftegleichgewicht zu Gunsten einer österreichischen Hegemonie in Mitteleuropa verschoben, was Einfluss auf die Verhältnisse auch in der polnischen Adelsrepublik gehabt hätte.
Überall sehen wir keine Entschlossenheit und genau diese Zurückhaltung als Element der Staatsphilosphie dieses Jahrhunderts rettet Friedrich den Kopf. Die Russen siegen bei Jägersdorf und Kay und verheeren dennoch nicht Preußen. Obwohl die Niederlage bei Zorndorf auch für die Preußen sehr verlustreich war, beharren die Russen nicht auf ihrer Position. Die Schweden unternehmen, eigentlich gut mit Friedrich verschwägert, so gut wie nichts in Pommern.
 
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