Selbstverständnis des Adels im 17. Jhd.

Haudi81

Neues Mitglied
Hallo, ich schreibe gerade eine Hausarbeit zum Thema "Adelsdomestizierung unter Ludwig XIV.". Einer meiner Unterpunkte behandelt das Selbstverständnis des Adels zu jener Zeit. Mein Dozent gab mir den Hinweis die Fronde dort mit einzubringen (was ich eher unter Ludwig XIV. zugeordnet hätte). Das verwirrt mich ein wenig. Wäre nett wenn Ihr mir schreibt, was Ihr so darüber wisst, bzw. denkt.

Vielen Dank im voraus...
 
Hattest Du auch schon dort rein geschaut: http://www.geschichtsforum.de/f288/die-r-ckkehr-des-adels-der-wende-vom-17-zum-18-jh-12803/

Da ist sicher nicht alles richtig, was ich schrieb und ich bin derzeit auch eher am Lernen dazu, aber vielleicht gibt es ein paar gute Hinweise darunter.

Leider ist eher das 18.Jh. meine Zeit. Zur Fronde würde ich nur sagen, dass man diese eben als ein Beispiel für die Selbstauffassung eines erheblichen Teils des Adels ansehen kann. Für mich besteht ein Zusammenhang zwischen der ehemals mächtigen Position des Adels z.B. noch im 16.Jh. (wenn man an die Rolle in den Religionskriegen als Führer der unterschiedlichen Parteien denkt) und dem Aufbegehren am Beginn der Herrschaft von Louis XIV gegen die absolutistischen Erfolge von Richelieu, Mazarin und so weiter.
 
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Hallo, ich schreibe gerade eine Hausarbeit zum Thema "Adelsdomestizierung unter Ludwig XIV.". (...) Mein Dozent gab mir den Hinweis die Fronde dort mit einzubringen (was ich eher unter Ludwig XIV. zugeordnet hätte).

:confused:

Ich bin mir nicht sicher, aber kann es sein, dass du die Fronde eher Ludwig XIII. zugeordnest hättest?
So falsch ist das nicht, finde ich, denn die Vorgeschichte bildete sich unter der Herrschaft Ludwig XIII. und Kardinal Richelieu. Der Fronde-Aufstand war unter der Herrschaft von Kardinal Mazarin und Anna von Österreich.
Ludwig XIV. hatte zu diesem Zeitpunkt wenig politische Anteilnahme, da er beim Ende des Aufstandes 1653 erst 15 Jahre alt war.
Doch er behielt sich ganz genau im Gedächtnis, wegen wem er mehrmals mit seiner Mutter fliehen musste.
 
Hallo,

ja die Fronde an sich (Verlauf etc.) wollte ich nicht erklären. Ich hätte die Fronde im Zusammenhang mit Ludwig XIV. nur insoweit bearbeitet, als dass sich diese Ereignisse ja auf seine Politik auswirkten und evtl. sogar die weichen für die Domestizierung setzte. Deswegen war ich ja auch verwirrt, das in dem Punkt des Selbstverständnisses unterzubringen.
 
Also mein Thema lautet: Höfische Anbindung des Adels unter Ludwig XIV. Der Fokus liegt hierbei auf dem Akt der Domestiezierung, ob diese als solche überhaupt so Bezeichnet werden kann, wieso das alles stattgefunden hat etc. In einem Unterpunkt möchte ich jedoch etwas über das Selbstverständnis des Adels schreiben - wobei mein Dozent meinte, dass bei diesem Punkt die Fronde zu erwähnen sei. Also um genau zu sein will ich wissen, wie sich die Fronde auf das Selbstverständnis des Adels auswirkte, bzw. was sich dann unter Ludwig änderte.
 
Vielleicht hilft auch ein Blick auf die Etikette: http://www.geschichtsforum.de/f288/etikette-am-hof-von-versailles-15403/

Das Verhalten der Adeligen war sicherlich von dieser Etikette mitunter geprägt. Sie gehört sicherlich zu den Mitteln des Königs, den Adel zu domestizieren. Vorsichtig muss man natürlich sein, was die Originalität der französischen Etikette anbelangt. Viele Hofämter etc., um die es in einem dauernden Wettstreit den Mitgliedern des Hochadels ging, sahen schon im 17.Jh. auf eine längere Tradition zurück.

Ich weiß noch nicht ganz, ob ich hier im Thema nützlich sein kann. Zum Beispiel weiß ich nicht, in wie weit Fragen wie Religion für Dich von Interesse sind. Über die geistliche Laufbahn konnten Hochadelige ja auch in bedeutende Positionen aufsteigen und die Interessen ihrer Familien verfolgen, während der Einfluss des Adels in den Parlamenten beispielsweise unter Louis XIV reduziert war.

Viele Aspekte des Selbstverständnisses des Adels würde ich als allgemeingültiger ansehen. Da bin ich mir nicht im Klaren, ob Dich sowas auch interessiert. Der Stolz auf die Herkunft, auf eine lange Ahnenreihe (wie es uns Mme. de Sévigné in ihren Briefen sogar nahe bringt), auf die verwandschaftliche Nähe zum König gar, das waren bestimmt im 17. Jh. bedeutende Momente im Selbstverständnis des Adels.
 
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Die Fronde offenbarte, vom Selbstverständnis des Hochadels her gesehen, dass dieser naturgemäß vor allem an politischer Partizipation, Prestige und Reichtum interessiert war. Besonders die politische Partizipation wurde durch den Absolutismus immer weiter zurückgedrängt. L.XIV. raubte als Folge der Fronde dem Hochadel jedwede Form an politischer Partizipation, er drängte sie endgültig aus allen polit. Ämtern und Verwaltungsposten, restlos. Danach hatte der Hochadel nur noch militärische, repräsentativ-zeremonielle oder kirchliche Aufgaben. Der Staat war tabu für sie. Nur noch das Bürgertum, das damit in den Amtsadels eintrat, konnte polit. oder administrative Posten unter L.XIV. erhalten.

Auch Prestige und Reichtum für den Hochadel wurden durch das "System Versailles" auf den König monopolisiert. Wer von nun an Geld und gesellschaftliches Ansehen erwerben wollte, der musste sich dem König unterwerfen. So gelang es dem frz. Absolutismus die destruktiven Auswirkungen des Feudalismus zu bändigen, zu domestizieren. Das kann man sehr gut so nennen, trifft den Kern wirklich gut. Die Fronde steht hier geradezu exemplarisch für den blinden Egoismus des frz. Hochadels, der sogar in Kriegszeiten revoltiert und Land und Volk absichtlich in Gefahr bringt, schwere Schäden anrichtet, nur um selber mehr zu haben (selbstzerstörische Tendenzen des frz. Hochadels). Beim niederen Adels sah das ganz anders aus, insbesondere der Amtadels war sehr loyal, weil viel abhängiger. Je größer die Anhängigkeit des Adels vom König, umso weniger konnte der kaputt machen, umso besser ging es Volk und Land! Mal ganz einfach gespochen.
 
@ Haudi81
Ich kann dem, was Louis le Grand schrieb, nur beipflichten. Am markantesten, finde ich, sind die Unterschiede wenn man sich das militärische Potenzial vor der Herrschaft von Louis XIV und dannach anschaut, welches dem Adel zu Gebote stand. Während der Religionskriege, welche noch unter Henri IV wüteten und dann wiederholt bis zum Ende der Fronde brachten Adelige Heere zusammen, welche gegen die Protestanten, aber auch gegen den König selbst eingesetzt wurden. Diese Möglichkeit fiel im Zeitalter der Stehenden Heere, außer im Rahmen des HRR und in Polen-Litauen, wo jeweils eine andere Verfassung dem Hochadel das Aufstellen bedeutender Heere ermöglichte, zusehends weg. Fehden untereinander oder gar gegen den König waren damit schwieriger geworden. Außer dem Aufhetzen zum Aufstand, hatte der Adel keine Möglichkeiten mehr militärisch gegen den König vorzugehen. Als einzige Alternative bot sich also der Dienst für den König, welcher auch dem Selbstverständnis des Adels nach wie vor am hervorragensten entsprach. Zu einer solchen Machtkonzentrierung im militärischen Bereich, nominell damals auch schon unter dem König, wie beispielsweise Anne de Montmorency (1493-1567) als Connétable von Frankreich. Unter Richelieu war allerdings schon die Position des mächtigen Connétable abgeschafft worden, sie zeigt aber dennoch deutlich, welche Chancen der Adel in den Jahrhunderten vor Louis XIV hatte. Schon unter Louis XIII und Henri IV hatte sich allerdings weiter etabliert, dass der Herrscher unbedingt auch der erste Heerführer war. Louis XIV trachtete dahin dies in seiner Person durch die Teilnahme an den Feldzügen ebenfalls zu unterstreichen.

Genügen Dir die Ausführungen Haudi81?
 
Mir war noch ein kleiner Aspekt eingefallen.

Die Rebellion wurde eigentlich in der ersten Hälfte des 17.Jh. umfangreich in der Literatur verurteilt. Die Verfechter eines Widerstandsrechtes gegen den Herrscher, der früher als Tyrann verschrien wurde, wodurch dem Adeligen Argumente in die Hand gegeben wurden, gegen den König z.B. vorzugehen, kam zusehends aus der Mode.

"Wer dieser Entwicklung nicht folgte und weiterhin gegen die Majestät und Autorität des Königs opponierte, erschien als - und war es manchmal wirklich - ein Schatten der Vergangenheit."
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Die Ablehnung der Rebellion überwog gegenüber der Rechtfertigung derselben gerade in der erwähnten Periode vor 1640 in den Publikationen. Es mag paradox erscheinen, dass gerade um die Mitte des 17.Jh. dennoch soviele Rebellionen vor sich gingen. Das reicht vom englischen Bürgerkrieg über die Abspaltung Portugals und der Vereinigten Niederlande gegenüber Spanien bis hin zur Fronde in Frankreich. Die Rebellion gegen einen König war ein auffälliges Merkmal, trotz der gegensätzlich verbreiteten Ächtung derselben.
Mit der Niederschlagung der Fronde entwickelte sich Frankreich aber zusehends zu einem Staat, in welchem die Rebellion kaum erfolgreich sein konnte. Wenn dann wurde ein gewisser Deckmantel (wie die Vertreidigung gewisser angeblicher Privilegien) zur Legitimation von Rebellionen gegen die königliche Autorität verwendet, was dann aber eher nach dem Tode von Louis XIV und in der schwierigen Phase der Régence folgenreich einsetzte.

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Rosario Villari: "Der Rebell" S. 117
Aus: "Der Mensch des Barock" (Hrsg: Rosario Villari) Magnus Verlag, Essen, 2004
 
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