Verarmter Adel in Wien um 1750

Schneerose

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Ich suche Informationen über mögliche Ursachen der Verarmung von Adeligen um 1750 in Österreich.
Vielleicht hat jemand Zahlen für eine Art Ranking der Verarmungsursachen ?
War es üblich, dass der verarmte Adel seine Titel ablegte ?

Gab es zu dieser Zeit schon Adelsmatrikeln in Österreich ?
Existieren Listen mit den Teilnehmern von Schlachten (Russisch-Österreichischer Türkenkrieg, Österreichischer Erbfolgekrieg) ?
 
War es üblich, dass der verarmte Adel seine Titel ablegte ?

Mir ist nur bekannt, dass ein Aristokrat seine Titel verlor, wenn er oder sie eine Heirat einging, welche nicht dem Hausgesetz der Adelsfamilie entsprach.
Wenn der Adlige eine Bürgerliche ehelichte, wurde nicht ihr Name ins Familienstammbuch eingetragen, sondern der Vermerk einer morganatischen Ehe. Der gebürtige Adelsspross erklärte sich mit der Heirat bereit auf alle Titel zu verzichten.
Die Nachkommen derer waren von Titel und Erbansprüchen ausgeschlossen.
 
Ich suche Informationen über mögliche Ursachen der Verarmung von Adeligen um 1750 in Österreich.
Vielleicht hat jemand Zahlen für eine Art Ranking der Verarmungsursachen ?
War es üblich, dass der verarmte Adel seine Titel ablegte ?
Die Frage ist ganz gut. Auch wenn ich selbst im ehemaligen Herrschaftsbereich der Habsburger lebe, kann ich dazu nichts sagen. Um den Titelverlust in Frankreich geht es streckenweise in diesem Abschnitt: http://www.geschichtsforum.de/f288/die-rueckkehr-des-adels-der-wende-vom-17-zum-18-jh-12803/
Ansonsten würde ich an Deiner Stelle in Wien selbst mal fragen, ob sowas vorkam. Auf Anhieb fällt mir dazu aber kein Archiv und keine Bibliothek ein, wir haben aber ein paar Wiener hier.

Zu verarmten Adel in Preußen hatten wir auch mal diskutiert: http://www.geschichtsforum.de/f288/preussen-buch-oder-linktipps-15899/index3.html Viel substanzielles ist da allerdings nicht dabei, also ein Durchwühlen des Threads lohnt sich nicht unbedingt.

Ich glaube mich aber entsinnen zu können das Fragen des Adels und ob jemand adelig blieb in das zusehends bescheidener werdende Aufgabenfeld der landständischen Regierungen fiel.
 
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Hallo,

mit ein Grund für die Verarmung des Adels, nicht nur in Österreich, ist meiner Meinung nach die wahnsinnig hohen Ausgaben zur Prachtentfaltung, ohne die man in der Gesellschaft nichts war.
Ich denke, es gibt genug Adlige, die immense Schulden gemacht haben, aktuell fallen mir eben nur die Eltern der Fürstin Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmaringen ein, ich meine es waren die Salm-Kyrburg. Deren Kinder mußten reich heiraten, also in die Familie Hohenzollern-Sigmaringen rein, weil sich die Eltern in Paris verausgabt hatten.
Mehr weiß ich dazu aber nicht, ich habe vor kurzem ein Buch über diese Fürstin Amalie Zephyrine gelesen, aber dieses Buch ist zwischenzeitlich wieder in der Bücherei.

Gruß...
 
mit ein Grund für die Verarmung des Adels, nicht nur in Österreich, ist meiner Meinung nach die wahnsinnig hohen Ausgaben zur Prachtentfaltung, ohne die man in der Gesellschaft nichts war.
Ich denke, es gibt genug Adlige, die immense Schulden gemacht haben, aktuell fallen mir eben nur die Eltern der Fürstin Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmaringen ein, ich meine es waren die Salm-Kyrburg.
Da muss man natürlich unterscheiden. Bei souveränen Fürsten, das waren die Fürsten von Salm-Kyburg (ab 1743) ja, war ein Bankrottmachen etwas schwieriger als bei Lehensträgern von Territorialherren(Landesherren).

Ursachen gab es sicherlich verschiedene, nicht selten Kriegsschäden, die nur als Gnadenakt der Landesherren bisweilen entschädigt wurden. Andererseits kann eine ungünstige und die Herrschaft aufsplitternde Erbteilung mit Prozesskosten etc. zu Finanzproblemen geführt haben.

Die Prachtentfaltung ist natürlich auch immer ein Problem gewesen. Man meinte dem eigenen Anspruch nach Geltung, welcher vielleicht einer Überschätzung aufsaß, durch z.B. repräsentative Bauten auf der eigenen Grundherrschaft oder in der Hauptstadt der Verwaltung (im Falle Österreichs: Innsbruck, Freiburg, Wien...) in Form von Stadtpalais gerecht werden zu müssen.
Das Leben bei Hofe war überdies teuer, natürlich besonders bei knausrigen Landesherren. Manche Adelige verdienten sich mit Hofchargen, aus denen bisweilen Pensionen erwuchsen, und ähnlichem das Zubrot, um die Grundherrschaft zu erhalten, andere mussten ihr Erbe dafür aufwenden, um eine wenig einträgliche Stellung bei Hofe zu halten. Das bisweilen eintönige Hofleben verführte dazu, der Spielsucht oder anderen teuren Lastern zu verfallen. Für den Berliner Hof sind da der Graf Gotter und wohl auch der Baron von Pöllnitz bekannte Beispiele aus der Mitte des 18.Jh., welche eigentlich ständig unter Geldsorgen litten. Der berühmte Pöllnitz hatte deswegen schon mal den Landreiter im Haus. Sicherlich findet man solche Exempel auch aus dem theresianischen Wien.
 
Hallo Brissotin,

ich denke, es kam auch darauf an, wieviel die eigene Herrschaft abwarf, es gab da, wenn ich mich richtig erinnere, immer welche, bei denen es knapp war, die kleinen hatten es wohl immer schwer.

Und wenn sie keine eigene Herrschaft hatten, waren sie auf das Wohlwollen und die Freigiebigkeit der Herrschenden angewiesen.

Gruß...
 
1. ich denke, es kam auch darauf an, wieviel die eigene Herrschaft abwarf, es gab da, wenn ich mich richtig erinnere, immer welche, bei denen es knapp war, die kleinen hatten es wohl immer schwer.

2. Und wenn sie keine eigene Herrschaft hatten, waren sie auf das Wohlwollen und die Freigiebigkeit der Herrschenden angewiesen.
1. Sicherlich, sie hatten weniger Möglichkeiten solche Fehlschläge wie Ernteausfälle bei Missernten an anderer Stelle auszugleichen.

2. Du meinst nicht erbende Söhne etc.. Diese waren ja die Gruppe, aus welcher sich das Heer der adeligen Pagen bei Hofe (wie auch der spätere Graf Brühl in Sachsen) und der Offiziere rekrutierte, wobei man anmerken muss, denn es wird oftmals übersehen, dass auch viele Erben Offizierspatente innehatten und auch wirklich als Kommandeure auftraten.

Wien war sicherlich als Residenzstadt so wie bei all den anderen Residenzstädten ein Sammelbecken für Adelige, die ihr Glück suchten. Hinzu kam die besondere Anziehungskraft für die Reichsritterschaft und andere reichsunmittelbare Adelige, die sich im Falle des Kaisers als Herren für einen Dienst, den sie einem gewöhnlichen Landesherren gegenüber nicht willens waren, nicht für zu schade hielten.

Ich finde ein beredsames Beispiel dieser Unmenge an Bittstellern, adeligen wie bürgerlichen ist das Bild Canalettos (Bellottos) vom Schloss Schönbrunn (Ehrenhofseite): Bernardo Bellotto Schloss Schönbrunn Kunst-Auktions-Berichte News (Natürlich ist das ein bisschen von mir so überinterpretiert, denn in dem Bild geht es ja auch um die Ankunft der Siegesmeldung von der Schlacht bei Kunersdorf.)

Zum Ablegen des Adelstitels: Ich kenne aus der Zeit kene Beispiele aus Österreich, in welchen dies getan wurde. Vom ersten Regierungspräsidenten Vorderösterreichs Vogt von Sumeraw weiß ich als Beispiel aber, dass seine Familie den Adelstitel eine Weile abgelegt hatte, als sie in der Schweiz lebte, da dort dies wohl nicht gern gesehen war. Dennoch hatte die Familie dort ein hohes gesellschaftliches Prestige. Ein Sumeraw erinnerten sich aber wieder ihres alten Adelstitels als er in Wien bei dem Domkapitel aufstieg und schließlich sogar im Beamtenstaat Maria Theresias höchste Funktionen erklomm.
 
Danke für die Beiträge.
Bisher haben sich die Ausführungen ja eher auf den Hochadel bezogen. Mich würde die Verarmung des niederen Adel interessieren. Habt ihr dazu auch Informationen ?
Ich habe von einer Familie von niederem Adel (Ritter, Briefadel) gehört, die angeblich nach ihrer Verarmung um 1750 freiwillig auf den Titel verzichtet hat.

@ brissotin: ich habe gerade deinen Thread über die"Ritter"-orden des Barock und Rokoko überflogen, Du schreibst dort:

„Über einen dieser weltlichen Ritterorden in den Ritterstand erhoben zu werden, was eigentlich die einzige Chance zu einer Erhebung zum Ritter (bis auf die Erhebung zum Reichsritter, das gab es auch noch im 18.Jh.). Eben das macht wohlmöglich die Originalität dieser Orden aus. Wo sie, wie von reisensburg955 angesprochen, nur einem kleinen Teil der Gesellschaft offenstand, nämlich den Adeligen eines Staates (wie der Orden des pfälzischen Löwen), war natürlich die Erhebung aus dem bürgerlichen Stand in den Ritterstand nicht gegeben.“

Hast du Informationen, ob im 16. und 17. Jh. eine Erhebung aus dem bürgerlichen Stand in den Ritterstand möglich war ? Wie ist es mit der oben beschriebenen Familie. Besteht die Möglichkeit, dass sie bereits adelig war und nur der Ritterstand im Adelsbrief vermerkt wurde ?
 
1. Hast du Informationen, ob im 16. und 17. Jh. eine Erhebung aus dem bürgerlichen Stand in den Ritterstand möglich war ?
2. Wie ist es mit der oben beschriebenen Familie. Besteht die Möglichkeit, dass sie bereits adelig war und nur der Ritterstand im Adelsbrief vermerkt wurde ?
1. Hm zum 17.Jh. habe ich momentan keine Literatur zur Hand. Das klingt aber recht interessant: Verdienstorden - Wikipedia Siehe den Literaturhinweis aus dem 17.Jh.!
Grundsätzlich denke ich, dass Erhebungen in den Ritterstand vorkamen. Potenzielle Neuadelige waren bestimmt im Umfeld des Hofes zu finden, also bürgerliche Finanziers etc.. Die Fuggers wurden im frühen 16.Jh. (1514) ja auch in den Adelsstand (Grafen von Kirchberg - Reichsgrafen sogar(!)) erhoben.

Zum Orden vom Pfälzer Löwen bringt auch Wiki was: Orden vom Pfälzer Löwen - Wikipedia

2. Es kam immer wieder vor, dass bei der Einreichung der Bitte um die Erhebung in den Adelsstand darauf hingewiesen wurde, dass man sich damit auf eine adelige Herkunft beziehe, welche nur bis zum Tage an welchem sich an den Landesherren gewendet wurde, in Vergessenheit etc. geraten sei. Eine andere Möglichkeit wäre, dass ein Spross eines anderen Zweiges derselben Familie adelig geworden war und man diese Standeserhebung nun auf sich selbst übertragen wollte.
In Deinem Fall geht es ja um den umgekehrten Weg. Ich kenne denselben nicht. Normalerweise achtete man auf solche Dokumente mit Argusaugen, welche die ständische Bedeutung untermauerten. Es wäre schön, wenn Du für Dein Beispiel Quellen angeben könntest, auch wenn ich nicht die Zeit habe, dann diese wiederum selber zu studieren, aber interessant wären sie dennoch.
 
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Danke für die Beiträge.
Bisher haben sich die Ausführungen ja eher auf den Hochadel bezogen. Mich würde die Verarmung des niederen Adel interessieren. Habt ihr dazu auch Informationen ?
Ich habe von einer Familie von niederem Adel (Ritter, Briefadel) gehört, die angeblich nach ihrer Verarmung um 1750 freiwillig auf den Titel verzichtet hat.
Hallo Schneerose,

mir persönlich ist keine Familie bekannt, die freiwillig auf ihren Titel verzichtet hat, und warum sollte sie das auch tun, welche Vorteile hätten sie davon, mir zumindest ist keiner bekannt, außer der von Brissotin erwähnte Umzug in die Schweiz, bei welchem die Vorteile aus dem Verzicht überwogen.

Es gibt eher Beispiele dafür, dass reiche, bürgerliche Familien sich um einen Adelstitel bemüht haben, zum Beispiel die Thurn und Taxis, die allerdings schon dem niederen Adel angehörten.

Hallo @ Brissotin, jetzt da Du es erwähnst, fällt mir auch auf, dass viele Söhne aus adligen Familien sich als Offiziere in fremden Diensten verschrieben haben, leider blieb ihnen wohl keine andere Laufbahn offen, denke ich mal, die Württemberger vorzugsweise bei den Habsburgern oder der russischen Verwandtschaft....

Gruß.....
 
Ich glaube mich aber entsinnen zu können das Fragen des Adels und ob jemand adelig blieb in das zusehends bescheidener werdende Aufgabenfeld der landständischen Regierungen fiel.
Ich habe jetzt mal die entsprechende Stelle aus einem Buch rausgesucht.

"...Mit der Restabilierungsresolution von 1745, die Chotek* auf Grund seiner Inspektion während seines Aufenthaltes in Tirol ausarbeitete, wurden dem geheimen Rat alle "Publica", Politica et Provinciala" neben dem Revisorium in Justizsachen übertragen, der o.ö. Regierung blieben die Prozess- und Lehenssachen und der Kammer die "Cameralia". ..."
S. 115
Franz Quartal: "Die vorderösterreichischen Regierungspräsidenten" in "Habsburg und der Oberrhein" Waldkircher Verlag, Waldkirch, 2002
* Ein bedeutender Spross einer wichtigen Beamtenfamilie der Grafen Chotek, die es zu Ministern, Statthaltern, Hofkanzlern etc. brachten.

Wie gesagt, ich weiß nicht wie es genau in Wien aussah, aber es scheint mir dass in den 1740ern die ständischen Regierungen noch Einfluss auf Fragen des Adels hatten.
 
Hallo @ Brissotin, jetzt da Du es erwähnst, fällt mir auch auf, dass viele Söhne aus adligen Familien sich als Offiziere in fremden Diensten verschrieben haben, leider blieb ihnen wohl keine andere Laufbahn offen, denke ich mal, die Württemberger vorzugsweise bei den Habsburgern oder der russischen Verwandtschaft....
Was sollten sie auch sonst tun? Wie Du richtig erwähnst, genügten die Einkünfte bisweilen bei kleineren Territorien kaum für die regierenden Fürsten, Grafen usw.. Außerdem war ein Posten in einer fremden Armee, und so fremd war die Armee des Kaisers ja nicht, er beschützte ja die kleineren Reichsfürsten, nichts was unter dem Stand der Adeligen gewesen wäre. Eine militärische Laufbahn gehörte ja auch ganz in das Bild der Selbstauffassung und Legitimation des Adels als Kriegerstand.
 
Was sollten sie auch sonst tun? Wie Du richtig erwähnst, genügten die Einkünfte bisweilen bei kleineren Territorien kaum für die regierenden Fürsten, Grafen usw.. Außerdem war ein Posten in einer fremden Armee, und so fremd war die Armee des Kaisers ja nicht, er beschützte ja die kleineren Reichsfürsten, nichts was unter dem Stand der Adeligen gewesen wäre. Eine militärische Laufbahn gehörte ja auch ganz in das Bild der Selbstauffassung und Legitimation des Adels als Kriegerstand.

Hallo Brissotin,

ein gutes Beispiel für den verarmten Adel im Deutschen Reich ( oder war es eventuell in Preußen, das weiß ich jetzt nicht) bietet doch der Vater der Zarin Katharina II. von Rußland, der doch auch nur wenige Einnahmen hatte und kaum über die Runden kam und sich deshalb als Offizier verdingte, ich meine gelesen zu haben, dass dieser in preußischen Diensten stand.

Bei den von mir weiter oben erwähnten Salm-Kyrburg war es - natürlich auch unter der Voraussetzung, dass ich es noch richtig weiß - so, dass deren Herrschaft wohl im Deutschen Reich lag, aber die Eltern Salm-Kyrburg, deren Namen mir auf die Schnelle nicht einfallen, zogen ein Leben im verschwenderischen Paris, zu Zeiten von Ludwig XVI. und Marie- Antoinette vor.
Sein Sohn, Friedrich III., Fürst zu Salm-Kyrburg, wurde von den Eltern genötigt, Johanna von Hohenzollern, Tochter des reichen Fürsten Karl Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen, zu heiraten, damit die Familie Salm-Kyrburg ihren verschwenderischen Lebensstil fortführen konnten. Dieser Friedrich III. zu Salm-Kyrburg wurde dann allerdings ein Opfer der Französischen Revolution und starb im Juli 1794 unter der Guillotine.
Nach seinem Tod kam dann ans Licht, dass er all die Jahre erheblich über seine Verhältnisse gelebt hat. Er hat Schulden in Millionenhöhe hinterlassen.
Seine Schwester Amalie Zephyrine (1760 - 1841) dagegen wird wohl heute noch sehr verehrt als Wohltäterin von Hohenzollern-Sigmaringen. Sie heiratete 1782 den Fürsten Anton Aloys von Hohenzollern (1762 - 1831), ging aber nach der Geburt des einzigen Sohnes wieder nach Paris zurück und konnte durch ihre Freundschaft zu Josephine de Beauharnais :cool: verhindern, dass das schwäbische Hohenzollern der Mediatisierungspolitik von Napoleon I. zum Opfer fiel.
Das haben ihr die Hohenzollern bis heute nicht vergessen.

Ansonsten fällt mir im Moment zu verarmten Adligen nichts ein.

Gruß,
(OT: ich gehe jetzt endlich Kaffeetrinken, ich habe nämlich Urlaub :fs:)
 
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Hallo Brissotin,

ein gutes Beispiel für den verarmten Adel im Deutschen Reich ( oder war es eventuell in Preußen, das weiß ich jetzt nicht) bietet doch der Vater der Zarin Katharina II. von Rußland, der doch auch nur wenige Einnahmen hatte und kaum über die Runden kam und sich deshalb als Offizier verdingte, ich meine gelesen zu haben, dass dieser in preußischen Diensten stand.

Vielleicht habe ich was falsch verstanden, aber Anhalt-Zerbst war damals reichsunmittelbar, nämlich ein Fürstentum. Katharinas Vater war Fürst Christian August von Anhalt-Zerbst und dieser begab sich in die Dienste des Königs in Preußen, worin er es bis zum Generalfeldmarschall am Ende seiner Karriere brachte. Die militärische Laufbahn des besagten Fürsten ließ sich eigentlich recht gut vereinbaren mit seiner Regierung, da er erst als er 1742 Generalfeldmarschall wurde auch den Titel eines regierenden Fürsten zusammen mit seinem Bruder Johann Ludwig II. erhielt. Allein regierte Christian August dann nach dem Tode seines Bruders nur noch ein Jahr bis zu seinem eigenen Tod 1747. Und in diesem Jahr war der Zweite Schlesische Krieg schon wieder beendet.
Ich kann mir vorstellen, dass die Einnahme Christian Augusts anfänglich, als er nur der Spross einer Nebenlinie war und sich mit den Einkünften aus seinen Kommandoposten und sicherlich nur einer bescheidenen Appanage durchbringen musste sehr spärlich waren. Als seine Tochter Sophia Augusta den Thronfolger Peter 1745 heiratete war ihr Vater allerdings schon regierender Fürst.
 
Es wäre schön, wenn Du für Dein Beispiel Quellen angeben könntest, auch wenn ich nicht die Zeit habe, dann diese wiederum selber zu studieren, aber interessant wären sie dennoch.

Eine konkrete Quelle kann ich leider nicht nennen, da die Informationen nur mündlich überliefert wurden. Die Richtigkeit der Angaben halte ich zwar für zuverlässig, aber leider fehlen Fakten.


Ich habe jetzt mal die entsprechende Stelle aus einem Buch rausgesucht. Wie gesagt, ich weiß nicht wie es genau in Wien aussah, aber es scheint mir dass in den 1740ern die ständischen Regierungen noch Einfluss auf Fragen des Adels hatten.

Die Literatur von Quartal ist interessant, auch wenn die Situation bei der von mir beschriebenen Familie ja eine Andere ist.

mir persönlich ist keine Familie bekannt, die freiwillig auf ihren Titel verzichtet hat, und warum sollte sie das auch tun, welche Vorteile hätten sie davon...

Die Familie legte freiwillig den Titel ab und lebte bürgerlich, wobei der Adelsbrief noch bis zur Mitte des 19.Jh. im Familienbesitz blieb.
Als Ursache wurde lediglich die Verarmung der Familie genannt.

Natürlich bleibt die Frage nach den Motiven, auch wenn sie nur Spekulation ist.

Ich könnte mir vorstellen, dass man sich vielleicht für die Verarmung schämte, oder den Namen nicht mit Armut oder bürgerlicher Arbeit beschmutzen wollte ?
Da ich mich mit dem 18. Jh. bisher nicht beschäftigt habe fehlt mir neben dem historischen Wissen auch das Gespür für den Geist der Epoche.

Vielleicht könnt ihr ja über die Denkweise und mögliche Motive
etwas schreiben. Unter dem Begriff „verarmen“ kann ich mir in diesem Kontext auch nicht viel vorstellen, da er ja breit ausgelegt werden kann. Habt ihr dazu evtl. Quellen ?
 
1. Eine konkrete Quelle kann ich leider nicht nennen, da die Informationen nur mündlich überliefert wurden. Die Richtigkeit der Angaben halte ich zwar für zuverlässig, aber leider fehlen Fakten.

2. Die Familie legte freiwillig den Titel ab und lebte bürgerlich, wobei der Adelsbrief noch bis zur Mitte des 19.Jh. im Familienbesitz blieb.
Als Ursache wurde lediglich die Verarmung der Familie genannt.

3. Natürlich bleibt die Frage nach den Motiven, auch wenn sie nur Spekulation ist.

4. Vielleicht könnt ihr ja über die Denkweise und mögliche Motive
etwas schreiben. Unter dem Begriff „verarmen“ kann ich mir in diesem Kontext auch nicht viel vorstellen, da er ja breit ausgelegt werden kann. Habt ihr dazu evtl. Quellen ?
1. Mündliche Überlieferungen sind eben immer schwierig. Gibt es nicht sowas wie eine Familienchronik die überhaupt Anhaltspunkte liefert. Ich meine, wenn jemand adelig war, dann hat man einen Namen dazu. Hat man den Namen und die ungefähre Region, wo diese Familie lebte, dann kann man mit Kirchenbüchern etc. weiter recherchieren, wie lange die Kinder z.B. mit dem Zusatz "von" z.B. oder den dazu gehörigen Titularien in diese Kirchenbücher eingetragen wurden. Es ist kaum denkbar, dass sich garkeine Nachweise finden lassen, wenn es denn wahr ist, dass eine Familie eine adelige Herkunft hatte.

2. Ich versuche mir das gerade auszumalen. Ich meine ein Adeliger hatte auch eine adelige Umgebung, Verwandschaft, Bekanntschaft, gerade im 18.Jh. war auch das Adelsprivileg enorm viel wert, da es die Türen zu den Offiziersstellen, Beamtenstellen etc. in einer immer noch ständisch geprägten Gesellschaft öffnete.
Deswegen schließe ich mich Josephines Zweifeln an.

3. Normalerweise sollten sich ja Selbstzeugnisse irgendwelcher Art finden lassen. Dazu gibt es Archive. Wenn die besagte Familie arm war, wird sie den Wohnort nicht häufig gewechselt haben, also sollte sich was finden lassen. Auch und gerade Geldprobleme lassen sich bisweilen ganz gut nachweisen. Es gab dann ja auch Prozesse, in welchen Schulden etc. eingetrieben wurden. Vielleicht findet man darüber etwas.

4. Wie gesagt, wir kennen kein Beispiel eines solchen Weges, wie Du ihn nennst. Wie sollen wir dann diese Frage erörtern?:grübel:

Es geht Dir ja um Wien zu der Zeit im speziellen. Wohnst Du dort? Wenn ja dürfte doch der Zugang zu Unibibliotheken oder dergleichen nicht so schwierig sein. Ich denke mal, wenn man wo etwas zu solchen Themen findet, dann in dem Ort selbst, worauf sich Deine Frage bezieht. Normalerweise ist gerade die Erforschung des Adels recht lange beackert worden. Nachfahren haben das aus einem logischen Interesse getan, ihre gute Herkunft und die bereits geschehenen Verdienste in der Familie heraus zu kehren.

Hier mal ein Beispiel einer scheinbar etwas erforschten Familie: Fünfkirchen (Familie - Wikipedia)
Bei Wikipedia ist gleich auch noch die Geneaologie der Familie verlinkt ( Fuenfkirchen 1 ), an solche konkreten Beispiele würde ich mich an Deiner Stelle halten.

Über den örtlichen Adel findet man sicher am ehesten etwas im Stadtarchiv Wien selbst: Wiener Stadt- und Landesarchiv (MA 8)
 
Danke für den Beitrag und den Link zum Stadtarchiv.

... Gibt es nicht sowas wie eine Familienchronik die überhaupt Anhaltspunkte liefert. Ich meine, wenn jemand adelig war, dann hat man einen Namen dazu...

Der Name und die Region sind bekannt.

Es geht Dir ja um Wien zu der Zeit im speziellen. Wohnst Du dort? Wenn ja dürfte doch der Zugang zu Unibibliotheken oder dergleichen nicht so schwierig sein.

Nun ja, zunächst geht es mir um allgemeines Wissen zur Situation des verarmten Adels um 1750 in Niederösterreich. Im Speziellen geht es mir um die beschriebene Familie. Vor allem die Frage, was vor 1750 war und warum der Titel abgelegt wurde (gerade wenn es so unüblich war) beschäftigt mich.
Ich lebe leider nicht in Österreich, sondern in Norddeutschland, somit ist die Recherche im Stadtarchiv für mich nicht so einfach. Aber meinen nächsten Urlaub werde ich wohl in Wien verbringen.
 
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Ich lebe leider nicht in Österreich, sondern in Norddeutschland, somit ist die Recherche im Stadtarchiv für mich nicht so einfach. Aber meinen nächsten Urlaub werde ich wohl in Wien verbringen.
Oh dann ist die Recherche in einem Archiv an sich schwierig, weil Einsicht in die Akten nur vor Ort gegeben werden kann.

Bei großen Bibliotheken sind auch Fernleihe oder manchmal der Service bei recht seltenen Büchern Kopien des Buches zu bekommen möglich. In zeitgenössischen Memoiren, aber auch "Geschichtsbüchern", welche wie beim Pöllnitz in Berlin eher aus einer Aneinanderreihung von Anekdoten bestanden, kann man immer mal was interessantes als Randnotiz finden.
 
Danke für den Hinweis Brissotin.

Ich habe gerade noch ein wenig im Internet geschaut. Auf der Seite http://www.edelleute.de/ gibt es einen interessanten Text zum Adelsverlust (allerdings in Deutschland und nicht zur relevanten Zeit).

Dort heißt es :

Einzelne Mitglieder von Familien, die zu den vorgenannten Gruppen gehörten, konnten den Adel jederzeit verlieren, in Preußen, dem größten Staat Deutschlands, allerdings nur zwischen 1794-1870 (rund 700 Fälle in dieser Zeit). Geadelt werden konnten mehrere Personen, der Adelsverlust aber war immer persönlicher Natur. Hierbei wurde der Adel beispielsweise aufgrund einer Straftat mit anschließender Verurteilung gerichtlich aberkannt, die schon geborenen Kinder blieben adelig, die danach geborenen Kinder wurden bereits nichtadelig geboren.

und weiter :

Ferner konnten Adelige ihr Adelszeichen jederzeit freiwillig ablegen (was gelegentlich vorkam), vor allem, wenn sie glaubten, ihren Stand nicht mehr repräsentieren zu können, oder wenn sie sich Vorteile davon verhofften, z.B. bei einer Auswanderung ins demokratische Amerika, wo die Adelsbezeichnung eher hinderlich war. Der Adelige erklärte dies dann gegenüber der Adelsbehörde und diese nahm seine Erklärung zu den Akten. Noch heute gibt es Adelsverzichte, die in Form der öffentlich-rechtlichen Namenserklärung stattfinden).

Den Aspekt des "ihren Stand nicht mehr repräsentieren zu können" finde ich besonders interessant.
 
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Im 19. Jh. sollen Vorfahren von mir ihren Adel verkauft haben. Aus "von Pornhagen" dann "Pornhagen". Ja, ging das so einfach?
 
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