Die Shoa als Rechtfertigung

Tib. Gabinius

Aktives Mitglied
Da wir im anderen Thema zu weit vom Ausgangspunkt wegkommen hier ein extra Thema dazu.

Für mich Ausgangspunkt war folgendes
Linker schrieb:
"Ohne Shoa kein Israel" Die Shoa hat nur bewießen, dass die Juden und JüdInnen einen eigenen Staat benötigen. Der Antisemitismus ist unserer Gesellschaft imanent und kann wie wir gesehen haben zur völligen Vernichtung führen. Es benötigt Israel. Alles andere ist gefährlich und grenzt an Revisionismus! Die Tatsache, dass es schon vor der Shoa ZionistInnen gab sagt nix aus. Es sollte auch erwähnt werden, dass der Zionismus vor der Shoa eine Minderheitenströmung war. Ihre Berechtigung hatte sie theoretisch vorher schon, aber mit der Shoa wurde das Recht auf einen Staat aller Welt vor Augen geführt.

Noch immer steht dafür ein Beweis aus. Dem entgegen spricht zum einen das die heutigen Gesellschaften die Juden nicht unterdrücken, in den Schulen und Unis versucht wird, Toleranz zu erziehen, viele Staaten, Dtl. vorneweg, die jüdischen Gemeinden fördern und es gegen diese und ihre Mitglieder m.W. keine nennenswerten Ausschreitungen und Diskriminationen mehr gab, seit jene schreckliche Zeit zu Ende ging.
Dies beweist, dass ein Zusammenleben mit den Menschen unserer heutigen Gesellschaft durchaus möglich war und keine Flucht erforderte.
Und in der Tat lebt noch immer eine große Zahl jüdischer Menschen in Dtl., Frankreich...

Außerdem schreit es zum Himmel, dass, auf der Argumentation basierend, die Ungerechtigkeit besteht, dass andere verfolgte Volksgruppen wie Sinti und Roma keinen Staat bekamen.

Zum letzten Post:
Die Gründungszeit der ETA stand nicht zur Debatte, sondern die Behandlung dieses Problems heute durch Spanien.
Ich finde schon, dass ein Volk, welches so behandelt wurde und in dessen Leben und Existenz dieses Geschehnis eine so große Rolle spielt (und deren Staat nach deiner Argumentation darauf basiert) gerade deswegen so viel Sensibilität wie möglich an den Tag legen sollte. Genauso wie ich denke, dass ein Volk mit der deutschen Geschichte besonders sensibel mit Dingen wie Rechtsradikalismus, Demokratie oder Menschenrechten (und vielen anderen Themen) umgehen sollte.

Ich wollte auch nicht andeuten dass du derartiges gutheißt, es sollte lediglich dazu dienen zu beweisen, wie Bewohner des Staates m.M.n. richtig mit dem Thema umgehen.
 
Ich bin der Meinung das ein Staat wie Israel wirklich nötig war. Auch wenn wir heute größtenteils in Frieden leben, gibt es doch immernoch Dummköpfe, die antisemitische Hetzparolen verbreiten und auf sie reinfallen. Wenn nur ein Prozent der Deutschen Antisemiten wären dann wären das schon immerhin 820.000. Und mit der zeit wird sich das Vergessen ausbreiten, so dass Israel wirklich als Zuflucht nötig sein könnte. Das macht eine Lösung des Palestinänser-Problems noch nötiger.
Die Shoa als rechtfertigung für irgendetwas zu missbrauchen halte ich sowieso für sehr heikel. Über den größten Massenmord der Geschichte sollte man sich informieren, aber für politische Zwecke ist dieser kein Nutzmittel.
 
Ich glaube auch nicht, dass man die Shoa für eine Rechtfertigung des Staates Israels missbrauchen sollte. Das verlangen nach einem jüdischen Staat geht ja viel weiter zurück. Der Traum zur Rückkehr in das ehemalige Staatsgebiet welches 135 n. Chr. zerstört wurde, war lange in der Religion vorhanden. Eine Rückwanderung gab es aber weniger. Es gibt Schätzungen die sagen, dass im 19. Jahrhundert ca. 12 000 Juden in Palästina lebten.

Im 19. Jahrhundert entstand eine Bewegung die den Gedanken der Assimilation verwarf und nur eine Lösung sah indem man einen jüdischen Staat gründete. Dies war vor allem auf den zunehmenden Antisemitisus zurückzu führen. Eine entscheidende Organisation wurde 1897 in Basel auf dem Zionistischen Weltkongress gegründet, die Zionistische Weltorganisation. Ihr Führer war der österreichische Journalist Theodor Herzl (schrieb das Buch "Der Judenstaat"). Er verhandelte Jahrelang mit den Grossmachten, die im Nahen Osten Einfluss hatten über die Zuteilung eines Territoriums. Der 1. Weltkrieg und die Veränderungen der Machtverhältnisse in Europa wie im Nahen Osten brachte das zionistischen Projekt voran.

Die Zionisten hatten in dieser Zeit viel für eine Einwanderung in Palästina getan. Zwischen 1882 und 1903 wurden ca. 25 000 Juden aus Osteuropa in landwirtschaftlichen Kolonien in Palästina angesiedelt. Bis 1923 wanderten dann ca. 75 000 osteuropäische Juden nach Palästina aus. In dieser Zeit 1900 bis 1923 werden Kibbuze und Moschawim gegründet. Tel Aviv wurde als erste jüdischer Stadt 1908 gegründet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Solidarnosc schrieb:
Ich bin der Meinung das ein Staat wie Israel wirklich nötig war. Auch wenn wir heute größtenteils in Frieden leben, gibt es doch immernoch Dummköpfe, die antisemitische Hetzparolen verbreiten und auf sie reinfallen. Wenn nur ein Prozent der Deutschen Antisemiten wären dann wären das schon immerhin 820.000. Und mit der zeit wird sich das Vergessen ausbreiten, so dass Israel wirklich als Zuflucht nötig sein könnte. Das macht eine Lösung des Palestinänser-Problems noch nötiger.
Die Shoa als rechtfertigung für irgendetwas zu missbrauchen halte ich sowieso für sehr heikel. Über den größten Massenmord der Geschichte sollte man sich informieren, aber für politische Zwecke ist dieser kein Nutzmittel.
Das es noch genug Deutsche, Franzosen, Belgier, Schweden, Italiener ... gibt, die derartige Vorurteile gegenüber Juden haben kann man wohl kaum bestreiten. Aber: Der Staat hat nicht nur dafür gesorgt (und zu sorgen) dass diese Zahl verschwindend klein ist, er beschützt auch die Juden, Sintis usw. vor Übergriffen. Und sollte doch etwas passieren verfolgt gerade unser Staat vehement derartige Täter, schon das Gedankengut wird nachdrücklich von Verfassugsschutz verfolgt. Worin liegt also die Notwendigkeit?
Denn es sind ja auch überall Juden zurück geblieben. Da diese nun nicht mal mehr eine große Gemeinde um sich haben wären sie doch jetzt stärker gefährdet, nach der Logik hinter der "Notwendigkeit".
Und es gibt nicht gerade eine große Sicherheit dort, wo jetzt der Staat besteht. Ephraim Kishon schrieb einmal "Es ist ein Land, dessen Einwohner in ständiger Lebensgefahr schweben, was sie aber weniger aufregt als das Radio, das in der Nachbarwohnung zu laut angedreht ist." Im Gegenteil, in der dortigen Welt stieg damit ihre Beliebtheit rein gar nicht.

Allerdings räume ich ein, dass ich keine Ahnung über den Status der Juden im Osten nach dem 2. Wk habe.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Dies beweist, dass ein Zusammenleben mit den Menschen unserer heutigen Gesellschaft durchaus möglich war und keine Flucht erforderte.
Und in der Tat lebt noch immer eine große Zahl jüdischer Menschen in Dtl., Frankreich...

Im ersten Satz stimmen schon mal nicht die Tempi. Aber das nur so nebenbei. Ich weiß ja nicht wie und wo du lebst, aber ich kann es durchaus nachvollziehen, wenn man nicht in dem Land leben will, das soeben die gesamte Familie ausgelöscht hat.
Trotzdem sind einige geblieben. Ein großer Teil allerdings der heutigen deutschen Juden ist nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von dort eingewandert.


Tib. Gabinius schrieb:
Ich finde schon, dass ein Volk, welches so behandelt wurde und in dessen Leben und Existenz dieses Geschehnis eine so große Rolle spielt (und deren Staat nach deiner Argumentation darauf basiert) gerade deswegen so viel Sensibilität wie möglich an den Tag legen sollte.

Und ich finde schon, dass ein Volk, das über Jahrhunderte in Kriege in Europa involviert war (verschuldet oder unverschuldet) und in dessen Existenz diese Geschehnisse eine große Rolle spielen (napoleonische Kriege, 30jähriger Krieg, 1. Weltkrieg) gerade deswegen so viel Sensibilität wie möglich an den Tag legen sollte und nicht mit dem 2. Weltkrieg den nächsten Vernichtungsfeldzug beginnen und parallel dazu 6 Millionen Menschen in Vernichtungslagern umbringen.
 
Sei es wie es sei, ich glaube aber auch nicht, dass Juden heute in Westeuropa noch ueber die Masen bewust diskriminiert werden, nicht mehr als andere Rendgruppen auch. Und der unterschwellige Antisemitismus duerfte nicht weiter verbreitet sein als Vorurteile gegen Tuerken und andere Auslaender, Sinti und Roma oder Homosexuelle oder sonstwen.

Was also als Argument fuer die Gruendung des Staates Israel nach dem 2. WK noch gelten konnte, gilt heute nicht mehr.

Daneben habe ich auch ein praktisches Probelm: Ich wuerde schaetzen das immer noch mehr Juden ausserhalb Israels leben, als in Israel. Das Land ist aber jetzt schon uebervoll. Wenn es tatsaechlich einmal als Heimstaette fuer alle Juden dienen muesste, ginge das doch praktisch gar nicht. Es sei denn man vertreibt weitere Palaestinenser. Aber das nur nebenbei.
 
manganite schrieb:
Was also als Argument fuer die Gruendung des Staates Israel nach dem 2. WK noch gelten konnte, gilt heute nicht mehr.


Nur so ein kurzer Einwurf: Die meisten arabischen Staaten haben ihre Juden vertrieben. Die sind auch nach Israel. Es dient(e) daher nicht unbedingt immer der Heimstatt westeuropäischer Juden.
 
Leopold Bloom schrieb:
Im ersten Satz stimmen schon mal nicht die Tempi. Aber das nur so nebenbei.
Entweder hast du Probleme dass ich den Konjunktiv benutze, oder die Zeitform paßt dir nicht...Warum die beständigen Angriffe auf meinen Stil? Könntest du bitte weniger persönlich bleiben? Auch im folgenden... Ansonsten stimmt die zeitliche Abstimmung vollkommen und geschah ganz bewußt.

Leopold Bloom schrieb:
Ich weiß ja nicht wie und wo du lebst, aber ich kann es durchaus nachvollziehen, wenn man nicht in dem Land leben will, das soeben die gesamte Familie ausgelöscht hat.
Trotzdem sind einige geblieben. Ein großer Teil allerdings der heutigen deutschen Juden ist nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von dort eingewandert.
Dies mag auf die Deutschen Juden zutreffen, aber warum sind diese dann nicht zu ihren bereits in anderen Staaten etablierten Verwandten gegangen? Oder ins benachbarte Ausland? Und wie stehts mit dem großen Teil der Juden in "Nichtdeutschen" Staaten, die auswanderten?





Leopold Bloom schrieb:
Und ich finde schon, dass ein Volk, das über Jahrhunderte in Kriege in Europa involviert war (verschuldet oder unverschuldet) und in dessen Existenz diese Geschehnisse eine große Rolle spielen (napoleonische Kriege, 30jähriger Krieg, 1. Weltkrieg) gerade deswegen so viel Sensibilität wie möglich an den Tag legen sollte und nicht mit dem 2. Weltkrieg den nächsten Vernichtungsfeldzug beginnen und parallel dazu 6 Millionen Menschen in Vernichtungslagern umbringen.
Über die Schuld des dt. Volkes am 2. Wk und andere Fehler der Vergangenheit sprachen wir hier zwar nicht, aber es ist immer ein schlechtes Argument wenn man in einer Diskussion um ein kritisches Thema mit dem Finger auf ein anderes Volk zeigt und ruft "Aber die haben auch Scheiße gebaut". Es gehört gerade gar nicht hier her.
Ansonsten hast du natürlich völlig, gerade die Deutschen hätten es besser wissen müssen, als schon wieder einen Krieg vom Zaun zu brechen, und jeder Mensch, egal ob Deutsch oder Südafrikaner, ob Rot oder Gelb sollte es besser wissen als Menschen zu ermorden oder gar ganze Völker auzulöschen.

Leopold Bloom schrieb:
Nur so ein kurzer Einwurf: Die meisten arabischen Staaten haben ihre Juden vertrieben. Die sind auch nach Israel. Es dient(e) daher nicht unbedingt immer der Heimstatt westeuropäischer Juden.
Wann setzte diese Vertreibung diesem Satz folgend ein? Nach der Gründung Israels logischerweise. Könnte dies dann nicht miteinander zusammen hängen? Und bevor du daraus eine potentielle Rechtfertigung drehst: Nein, ich heiße es nicht gut, dass dies geschehen ist und finde es auch nicht gerecht. Nur würde ich dies dann nicht als gutes Argument FÜR eine Gründung Israels ansehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
manganite schrieb:
Sei es wie es sei, ich glaube aber auch nicht, dass Juden heute in Westeuropa noch ueber die Masen bewust diskriminiert werden, nicht mehr als andere Rendgruppen auch. Und der unterschwellige Antisemitismus duerfte nicht weiter verbreitet sein als Vorurteile gegen Tuerken und andere Auslaender, Sinti und Roma oder Homosexuelle oder sonstwen.

Was also als Argument fuer die Gruendung des Staates Israel nach dem 2. WK noch gelten konnte, gilt heute nicht mehr.

Daneben habe ich auch ein praktisches Probelm: Ich wuerde schaetzen das immer noch mehr Juden ausserhalb Israels leben, als in Israel. Das Land ist aber jetzt schon uebervoll. Wenn es tatsaechlich einmal als Heimstaette fuer alle Juden dienen muesste, ginge das doch praktisch gar nicht. Es sei denn man vertreibt weitere Palaestinenser. Aber das nur nebenbei.

Ja aber wenn unterschwelliger Hass explodiert. Die Folgen sind bekannt. Ihc glaube nicht, dass vor 1933 die Mehrheit der Deutschen keine wirklichen Antisemiten waren und nur ein verschwindend kleiner Anteil von ihnen knallharte Antisemiten. Aber wenn Antisemitismus von oben gepredigt wird, dann fühlen sich selbst die kleinsten Antisemiten bestätigt. Dann gibt es noch die Oppurtunisten die ja soweiso alles mitmachen ganz lapidar gesagt. Ein weiterer grund ist immernoch des Mentale. Viele Juden hatten einfach die Sehnsucht nach einem Staat in dem sie nicht verfolgt werden und die Meherheit stellen. Das dieses Selbstewusstsein auf dem Rücken der Palestinänser ausgelebt wird ist natürlich eine Ungerechtigkeit. Aber wenn man sich das Gründungsjahr 1948 ansieht, dann kann man verstehen, dass für die Juden jurz nach der Shoa, ihre Interessen vorrang hatten.
 
Ich muss den vorigen Beitrag meinerseits korrigieren es sollte heißen: Ich glaube nicht, das vor 1933 die Mehrheit der Deutschen wirkliche Antisemiten waren und nur ein verschwindent kleiner Anteil waren knallharte Antisemiten.
Ich möchte alle aus diesem Irrtum resultierenden Missverständnise entschuldigen.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Entweder hast du Probleme dass ich den Konjunktiv benutze, oder die Zeitform paßt dir nicht...Warum die beständigen Angriffe auf meinen Stil? Könntest du bitte weniger persönlich bleiben? Auch im folgenden... Ansonsten stimmt die zeitliche Abstimmung vollkommen und geschah ganz bewußt.

Sehr gerne erkläre ich, was ich gemeint habe. Es ging mir um diesen Satz von dir (ich habe kursiv dazu Anmerkungen von mir hinzugefügt, die vielleicht etwas besser erklären, was ich gemeint habe):

"Dies beweist, dass ein Zusammenleben mit den Menschen unserer heutigen(Präsens) Gesellschaft durchaus möglich war und keine Flucht erforderte(Perfekt)."




Tib. Gabinius schrieb:
Dies mag auf die Deutschen Juden zutreffen, aber warum sind diese dann nicht zu ihren bereits in anderen Staaten etablierten Verwandten gegangen? Oder ins benachbarte Ausland? Und wie stehts mit dem großen Teil der Juden in "Nichtdeutschen" Staaten, die auswanderten?


Von der Shoa war ein großer Teil der europäischen Juden betroffen. Und beileibe gab es Antisemitismus, Verfolgung und Pogrome nicht nur im Deutschen Reich oder dem Machtbereich der Nazis. Auch in anderen Ländern (beispielsweise in Polen/ Kielce 1946 (?)) kam es ebenfalls zu Verbrechen an Juden. Ebenso haben nicht nur deutsche Nazis am Holocaust teilgenommen sondern auch lettische, ukrainische oder polnische Verbände etc....
Des Weiteren: Hat ein Jude aus Bialystok zwingend Verwandte in London? Ein "Zionist" könnte deinen Satz so interpretieren, als dass du an der Existenz bzw. der Gründung Israels zweifelst (denn wenn alle zu Verwandten gegangen wären, hätte man den Staat ja nicht gründen müssen).



Tib. Gabinius schrieb:
Wann setzte diese Vertreibung diesem Satz folgend ein? Nach der Gründung Israels logischerweise. Könnte dies dann nicht miteinander zusammen hängen? Und bevor du daraus eine potentielle Rechtfertigung drehst: Nein, ich heiße es nicht gut, dass dies geschehen ist und finde es auch nicht gerecht. Nur würde ich dies dann nicht als gutes Argument FÜR eine Gründung Israels ansehen.


Es ging auch nicht darum, die Gründung Israels durch dieses spezifische Argument zu unterfüttern sondern die notwendige Existenz des Staates. Oder um es mit Sartre zu sagen: Solange auch nur ein Jude um sein Leben fürchten muss, wird kein Mensch in Sicherheit leben können.....
 
Leopold Bloom schrieb:
Sehr gerne erkläre ich, was ich gemeint habe. Es ging mir um diesen Satz von dir (ich habe kursiv dazu Anmerkungen von mir hinzugefügt, die vielleicht etwas besser erklären, was ich gemeint habe):

"Dies beweist, dass ein Zusammenleben mit den Menschen unserer heutigen(Präsens) Gesellschaft durchaus möglich war und keine Flucht erforderte(Perfekt)."

Unsere heutige Gesellschaft besteht schon eine Weile (mal von einigen Entwicklungen abgesehn). Dies ist daher ein durchaus gültiger Zusammenhang. Ich verstehe deine Fehlersuche somit immer noch nicht.





Leopold Bloom schrieb:
Von der Shoa war ein großer Teil der europäischen Juden betroffen. Und beileibe gab es Antisemitismus, Verfolgung und Pogrome nicht nur im Deutschen Reich oder dem Machtbereich der Nazis. Auch in anderen Ländern (beispielsweise in Polen/ Kielce 1946 (?)) kam es ebenfalls zu Verbrechen an Juden. Ebenso haben nicht nur deutsche Nazis am Holocaust teilgenommen sondern auch lettische, ukrainische oder polnische Verbände etc....
Des Weiteren: Hat ein Jude aus Bialystok zwingend Verwandte in London? Ein "Zionist" könnte deinen Satz so interpretieren, als dass du an der Existenz bzw. der Gründung Israels zweifelst (denn wenn alle zu Verwandten gegangen wären, hätte man den Staat ja nicht gründen müssen).
Und beileibe gab es nach dem 2. Wk mehr Staaten, in denen dies nicht stattfand als die Gegenbeispiele...
Von zwingend habe ich nicht gesprochen und nun reicht es mir auch mit dem "man könnte in deine Sätze hineininterpretieren". Ich könnte auch so manches in dene Sätze bringen oder aus dem Zusammenhang reißen... ist allerdings einer sachlichen und produktiven Diskussion nicht förderlich...
Auch verstehe ich nicht, wo du nun wieder ein "Jeder Jude hatte Verwandte im Ausland" herausgelesen hast. Ich sagte "Warum gingen sie nicht ins Ausland zu ihren etablierten Verwandten ODER ...." Und dazu stritt ich ja schon die Notwendigkeit dieser Auswanderung ab.





Leopold Bloom schrieb:
Es ging auch nicht darum, die Gründung Israels durch dieses spezifische Argument zu unterfüttern sondern die notwendige Existenz des Staates. Oder um es mit Sartre zu sagen: Solange auch nur ein Jude um sein Leben fürchten muss, wird kein Mensch in Sicherheit leben können.....
Erscheint mir nicht logisch. Israel wurde gegründet und so wurden wesentlich mehr aktive Feinde "erweckt", eine größere Bedrohung für das Leben dieser Juden begründet, neue Kriege gegen die Israelis und somit vornehmlich Juden ausgerufen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Tib. Gabinius schrieb:
Unsere heutige Gesellschaft besteht schon eine Weile (mal von einigen Entwicklungen abgesehn). Dies ist daher ein durchaus gültiger Zusammenhang. Ich verstehe deine Fehlersuche somit immer noch nicht.



Aber du wirst nicht bestreiten wollen, dass es eine andere Gesellschaft ist, als die unmittelbar nach dem Krieg, oder? Und das war der Hauptzeitpunkt der jüdischen Auswanderung.....



Tib. Gabinius schrieb:
Und beileibe gab es nach dem 2. Wk mehr Staaten, in denen dies nicht stattfand als die Gegenbeispiele...
Von zwingend habe ich nicht gesprochen und nun reicht es mir auch mit dem "man könnte in deine Sätze hineininterpretieren". Ich könnte auch so manches in dene Sätze bringen oder aus dem Zusammenhang reißen... ist allerdings einer sachlichen und produktiven Diskussion nicht förderlich...
Auch verstehe ich nicht, wo du nun wieder ein "Jeder Jude hatte Verwandte im Ausland" herausgelesen hast. Ich sagte "Warum gingen sie nicht ins Ausland zu ihren etablierten Verwandten ODER ...." Und dazu stritt ich ja schon die Notwendigkeit dieser Auswanderung ab.


Es ging ja nicht um Notwendigkeit sondern viel eher um Verständnis dafür. Und zum hineininterpretieren: Wüsste ich nicht genau, dass du es so wie du es teilweise schreibst, nicht wirklich meinst, wäre ich dich schon ganz anders angegangen.


Tib. Gabinius schrieb:
Erscheint mir nicht logisch. Israel wurde gegründet und so wurden wesentlich mehr aktive Feinde "erweckt", eine größere Bedrohung für das Leben dieser Juden begründet, neue Kriege gegen die Israelis und somit vornehmlich Juden ausgerufen...


Ist damit Israel eine Gefahr für die Juden? Deine Logik erscheint mir nicht als solche nachvollziehbar. Das klingt so, als wäre Israel die Wurzel allen Übels. Balfour? Kein Wort. Arabischer Überfall nach der Unabhängigkeit? Dito.....Etc...
 
Meine allerletzten Worte an dich, da es mich ermüdet in jeder Diskussion mit dir bewußt interpretiert zu werden und jedes Wort auf der Goldwaage wiederzufinden oder das Themengebiet zu verlassen...
1. Nach dem Krieg gab es in dem Sinne wohl kaum noch eine Gesellschaft. Das, was im Trümmerhaufen Dtl. vorhanden war bekam aber durch seine Sieger, vor allem die Amerikaner und Russen eine eindeutige Entwicklung vorgegeben, die unvermeidlich war. Dies wird wirklich jeder gesehn haben. Verständlich bleibt das Bemühen der Opfer trotzdem dieses Land ihres Märtyriums zu verlassens, eine Begründung dadurch für den israelischen Staat finde ich trotzdem nicht.
2. Um Verständnis ging es in dem Sinne, die Gleichung Shoa = Begründung für Israel. Andere wie auch ich haben mittlerweile mehrfach begründet, dass es mehrere andere Optionen gab, die einfacher, wesentlicher aufwendig und wesentlich ungefährlicher gewesen wären, sowie niemand vor den Kopf gestoßen hätten.
3. Wenn du auch nur ein einziges mal auf deine Interpretation eindeutiger Worte verzichten würdest käme es gar nicht zu solchen Sinnverdrehungen wie im letzten Abschnitt. Es ist unbestreitbar, dass durch die Gründung des Staates Israel plötzlich eine aktive Anti-jüdische Bewegung größeren Ausmaßes in Gang gesetzt wurde, welche bis heute anhält. Auch wenn man keineswegs bestreiten kann, dass es Judenhasser auch schon vorher in dieser Region gab, begab man sich mit der Gründung israels auf ein neues Level.
Und das man den Schrecken der Verfolgung in Europa entflieht um in Kriegen um sein Überleben zu kämpfen, dies nenne ich auch nicht gerade friedlich und glückseelig. Das Zitat von Kishon ein paar Postings weiter oben spricht ebenfalls Bände (übrigens, Kishon ist ein Jude, das Zitat stammt aus dem Buch "Pardon, wir haben gewonnen").

Wie du nun aber aus diesen Fakten den Schluß ziehst, ich würde diese Probleme mit allem Schlechten gleichsetzen...Ein Vergleich wie die Mondlandung und die Kolonisierung der Milchstrasse...

Wie gesagt, mir langts einfach. Deine persönlichen Probleme mit mir, die du ja angeblich nicht hast verhindern eine sachliche Diskussion auf der Basis gegenseitiger Anerkennung und des Respektes.
Jemand der sich so leicht über eine mutmaßliche Unterstellung aufregt sollte wirklich sensibler mit den Worten anderer umgehen.
Willkommen auf meiner ignore Liste.
 
Lieber Tib. Gab,

ich weiß nun ehrlich nicht, weshalb du so emotional reagierst. Ich hatte lediglich Fragen gestellt und versucht zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen. Aber vielleicht ist die von dir gewählte Lösung die beste.

Trotzdem möchte ich noch etwas zum Sachverhalt sagen:


Um Verständnis ging es in dem Sinne, die Gleichung Shoa = Begründung für Israel. Andere wie auch ich haben mittlerweile mehrfach begründet, dass es mehrere andere Optionen gab, die einfacher, wesentlicher aufwendig und wesentlich ungefährlicher gewesen wären, sowie niemand vor den Kopf gestoßen hätten.

Ehrlich gesagt, habe ich bisher keine gelesen. An dieser Stelle sei auch nochmal an ursis Beitrag hingewiesen, der gänzlich und umfassend über den Zionismus ausklärt. Dem kann ich mich nur bedingungslos anschließen.



Es ist unbestreitbar, dass durch die Gründung des Staates Israel plötzlich eine aktive Anti-jüdische Bewegung größeren Ausmaßes in Gang gesetzt wurde, welche bis heute anhält. Auch wenn man keineswegs bestreiten kann, dass es Judenhasser auch schon vorher in dieser Region gab, begab man sich mit der Gründung israels auf ein neues Level.

Tut mir leid, es ist auch unbestreitbar, dass unmittelbar nach der Gründung durch den UNO-Beschluß ein arabischer Angriffskrieg begann. Es ist auch nicht bestreitbar, dass die Balfourdeklaration seitens der Araber negiert wurde...
 
Nur einmal ein kleiner Einwurf, den ich mit Vorsicht einbringen möchte:

Ist es nicht leider so, dass ein Deutscher, der den Staat Israel kritisiert, sehr schnell als Antisemit abgestempelt wird?

In einer Dokumentation sagte eine jüdische Frau aus Israel, dass Israel selbst schnell versuchte durch Erinnerung an die Shoa jedweder Kritik vorzubeugen.

Auch wird oft übersehen, dass es viele Juden gibt, die den Weg Israels überhaupt nicht gut finden.

In einem Bericht einer jüdischen Autorin habe ich heute gelesen, dass die Zionistische Bewegung mit dem Ergebnis der Staatsgründung ohne den Holocaust nur Theorie geblieben wäre und gleichzeitig schrieb sie, dass damals die nach Israel emigrierten Juden fälschlicherweise die Augen vor der Realität verschlossen hatten und mit der Entschuldigung des Holocausts die Leiden der und das Unrecht gegen die Palästinenser übersahen.
 
Rafael schrieb:
Ist es nicht leider so, dass ein Deutscher, der den Staat Israel kritisiert, sehr schnell als Antisemit abgestempelt wird?

Wenn es in Form der Möllemannschen "Kritik" getan wird auch sehr zurecht. Ehrlich gesagt stelle ich mir da oft die Frage WER und WARUM kritisiert. Mich stört dann die Einseitigkeit der vorgetragenen Kritik und auch die Vehemenz auf dem Nahostkonflikt rumzureiten. Ein Mitglied des Forums hat das mal ziemlich treffend beschrieben, als ein guter Teil hierzulande vermeintlich besser die Verhältnisse im Nahen Osten kennt als die hier.

Vermeintliche Gut- und Bessermenschen verkürzen das zuweilen dann auf die Formel Holocaust=Israel=Palästina-Nahostproblematik.


Rafael schrieb:
In einem Bericht einer jüdischen Autorin habe ich heute gelesen, dass die Zionistische Bewegung mit dem Ergebnis der Staatsgründung ohne den Holocaust nur Theorie geblieben wäre und gleichzeitig schrieb sie, dass damals die nach Israel emigrierten Juden fälschlicherweise die Augen vor der Realität verschlossen hatten und mit der Entschuldigung des Holocausts die Leiden der und das Unrecht gegen die Palästinenser übersahen.


Da würde mich die Quelle interessieren (bzw. wer das geschrieben hat). Das sehe ich gänzlich anders. Eine Gründung eines israelischen Staates war "geradezu unausweichlich". Es ist ja nicht so, dass es einen Exodus gen Palästina erst nach dem 2. Weltkrieg gegeben hätte. Das war vielleicht zahlenmäßig der größte, allerdings gab es auch zuvor schon verschiedene Einwanderungswellen. Einwanderung fand bereits zuvor statt (ebenso lebten auch durchgängig Juden im "Heiligen Land" und das über Jahrtausende).
Aber etwas detaillierter weshalb es über kurz oder lang vermutlich auch ohne Holocaust zu einer Staatsgründung gekommen wäre:
Bereits in den 20er und 30er-Jahren kam es zu antijüdischen Pogromen in Palästina. Hieraus entstand dann der jüdische Widerstand aus Irgun, Sternbande, Makkabäern etc. Mit dem Auslaufen des Palästina-Mandats seitens der Briten lief das bereits damals auf eine Teilung des Landes hinaus (bzw. einige arabische Nachbarn hätten sich allzu gern auch selbst bedient).
 
Rafael schrieb:
Ist es nicht leider so, dass ein Deutscher, der den Staat Israel kritisiert, sehr schnell als Antisemit abgestempelt wird?

Man darf schon, aber man muß sehr gründlich auf seine Wortwahl achten und sich auf nachweisbare Fakten beschränken, so daß man sich nicht unbegründete Hetze vorwerfen lassen darf. Im Zweifelsfall: Besser den Mund halten.

Ich bin in einem anderen Zusammenhang schon einmal auf den Unterschied von BRD- zu DDR-Nachrichten im Fernsehen eingegangen. Ich habe es so in Erinnerung, daß im Westen (scheinbar) grundsätzlich der Staat Israel gegen den palästinensischen Terror in Schutz genommen und jedes Gegenmittel gerechtfertigt wurde. Im Gegensatz zu den DDR-Nachrichten, wo die Palästinenser in der Regel als Freiheitskämpfer verteidigt wurden. Da kam der Ost-West-Gegensatz mit Unterstützung der Satellitenstaaten/Bundesgenossen offen durch.

Heute haben sich die Nachrichten und die Stimmung in Europa etwas "abgeschliffen". Man versucht jedes Unrecht objektiv zu sehen, was natürlich auf manchen Seiten für Verstimmung sorgt, da kaum noch unkritische Zustimmung bei ungerechtem Vorgehen kommt.
 
Hallo zusammen,

ich möchte jetzt versuchen zu euren Antworten Stellung zu nehmen und meinen Standpunkt aufzuklären oder zu untermauern:

Sicherlich sollte es keine Kritik a la Möllemann sein. Aber ich habe oftmals das Gefühl, dass auch fundierte Kritik, die auch objektiv ausgesprochen wird, sehr kritisch gesehen wird.
In der Sendung, die wir heute im Unterricht bezüglich Palästinas gesehen haben, haben die Gäste, sowohl Juden als auch Araber geäußert, dass sich Deutschland und die Deutschen schwer tun Kritik gegen Israel auszuüben.

"WER und WARUM" wird kritisiert?
Wenn ich es mir Jahre lang erlaubt habe, über die palästinensischen Selbstmordattentäter, die viele Menschen in den Tod reißen, den Kopf heftigst zu schütteln, dann sollte es mir auch jetzt, wo ich besser informiert bin, erlaubt sein, darüber den Kopf zu schütteln, dass israelische Bulldozer über die palästinensischen Häuser rollen und dass Steine werfende Kinder mit Maschinengewehren umgeschossen werden.

Ich finde es ist sehr schwierig objektive Informationen über die Geschehenisse im Nahen Osten zu kriegen, doch dennoch diskutieren wir hier darüber und ich maße mir auch nicht an, dass ich viel vom Nahen Osten weiß. Auch war ich leider nie dort gewesen.
Ich habe aber das Gefühl, dass ich heute mehr weiß, als vor einigen Wochen. Ich habe mal einen Vortrag "Goliath gegen Faris" eines Palästinensers gehört. Es war sehr tendenziell und der Mann sagte auch vorher, dass er aus seiner Sicht berichten wird. Auch wenn ich nicht alles gut fand, so muss ich sagen, habe ich gelernt, dass es zwei Seiten gibt. Aber wieso sehen wir soviel über das israelische Leid im Fernsehen und so wenig über die Palästinenser?
Ich bin der Meinung, wenn man sich ein Urteil erlauben möchte, sollte man beide Parteien sehen und nicht nur eine.

Auch wenn es nur eine gewagte These ist, so denke ich, dass ein Politiker, der nicht a la Möllemann Israel kritisiert, aber kritisiert, schnell als Antisemit bezichtigt wird.

XXX äußert antisemitische Vorstellungen?

So etwa würde es wohl wenigstens in der Presse stehen, auch wenn es nur in der BILD wäre, so wäre es katastrophal, vor allem da die Bild ein großes Publikum erreicht.

Mit einer verklemmten Einstellung aber zu dieser Thematik helfen wir niemandem. Weder Deutschland noch der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und sonst wo.

Sicherlich war nicht der Holocaust der Hauptgrund, weshalb die Juden nach Palästina zogen und ein großer Teil kommt nicht aus Deutschland oder Ganzeuropa, doch weiß ich nicht, ob es anders gekommen wäre, wenn es den Holocaust nicht gäbe.
Würde die UN der damaligen Zeit den Zionisten solch lukrative "Angebote" machen, wenn der zweite Weltkrieg nicht gewesen wäre?

Ich entschuldige mich für eine Meinung, die vielleicht blauäugig ist, doch ich bin ein junger Kerl, der sich Gedanken zu diesem Thema macht und versucht von mehreren Seiten die Geschehnisse zu beleuchten.
Für Kritik, wie sie oben geschildert wurde, bin ich dankbar. Ob sie mich immer überzeugt ist eine andere Sache. :)

Zum Schluss:
Also denke ich schon, dass die Shoah einen großen Stellenwert hat, wenn es um die Staatsgründung geht und wenn man die Palästinenserfrage betrachtet.

Die Autorin zum vorherigen Beitrag, werde ich in der Schule erfragen und dann vielleicht zitieren können, damit man auch sieht, ob ich nicht irgendwo Verständisfehler habe.

Euer Rafael
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Leo, lieber Tib. Gab,


Die aktuellen Beiträge haben mich zum ersten mal auf die hier stattfindende Diskussion aufmerksam werden lassen.

Auf der einen Seite bin ich begeistert über den Faktenreichtum des Streitgesprächs und viele Details die mir bis dato weitesgehend unbekannt waren. Andererseits kann ich nicht nachvollziehen, warum zwei der Meinungsführer dieses Forum, die über ausgeprägte Kenntnisse in vielen historischen Epochen verfügen und noch dazu sprachliche Gewandtheit unter Beweis stellen, eine lebhafte und interessante Diskussion in eine persönliche Fehde (Schlammschlacht wäre wohl angebrachter) ausarten lassen.

Gerade eine Thematik wie das Existenzrecht Israels erfordert von den Partizipanten der Diskussion eine Bereitschaft zur Sachlichkeit und toleranten Einstellung zu -der eigenen Position möglicherweise diametral gegenüberstehenden- Argumenten der Gegenseite. Die Problematik bei der Auseinandertzung mit Israel liegt m.E. nicht in der Entwicklung kritischer Thesen, welche den gesellschaftlichen Konsens auf sachlicher Ebene infrage stellen und in einem demokratisch strukturierten Staatswesen eine Bereicherung darstellen.

Kritisch sehe ich hingegen eine Durchdringung der Problematik durch emotionale und wenig zielführende Elemente. Explizit möchte ich euch von dem Vorwurf einer unhistorischen Perspektive auf inhaltlicher Ebene freisprechen (wie sie etwa eine Verknüpfung oder ein Vergleich von Holocaust und Israelischer Besatzungspolitik), die hier definitv nicht vorliegt.

Im Rahmen eurer argumentativen Ausführungen bewegt ihr euch jedoch partiell auf einer Ebene, die der Thematik in keinster Weise angemessen ist und die u. U. blind macht für sinnvolle Bemerkungen der Gegenseite.

Diese Anregung ist nur am Rande auf euch bezogen, (da ihr den historischen Hintergrund für eine umfassende Beurteilung zweifellos besitzt) sondern ist eine generelle Forderung zum schrittweisen Verlassen ideologischer Schützengräben bei der Rezeption historischer Ereignisse und Hinwendung zu einer pragmatischen -d.h. ideologiefreien- Interpretation der Geschichte.

...Zurück zur ursprünglichen Fragestellung
Ist eine Diskussion darüber, ob das Existenzrecht Israels historisch zu rechtfertigen ist von Bedeutung für den aktuellen politischen Prozess?

Sicherlich kann darüber diskutiert werden ob, die Gründung des Staates Israel 1948 eine faire politische Entscheidung gewesen ist und inwiefern sie die Juden gegenüber anderen Minderheiten (hier wurden Sinti und Roma angesprochen) bevorteilte. Die Existenz Israels ist jedoch eine politische und historische Realität, für die sich eine Vielzahl von Gründen finden und die in ihrer Gesamtheit sicherlich gerechtfertigt war.

Da die historische Wissenschaft aus meiner Sicht auch ein wichtiges Element des politischen Prozesses darstellt und selbst als Politkum bezeichnet werden kann, ist es wichtig, dass sie aktuelle Versöhnungstendenzen, die sich zwischen Deutschland und Israel abzeichnen nicht durch ideologisch bedingte Thesen behindert bzw. die Historie im politischen Prozess zu instrumentalisieren sucht.

Dies ist kein Plädoyer für eine Geschichtsforschung, die der Politik als Erfüllungsgehilfe dient (ein anderes Beispiel als der Nahostkonflikt wäre etwa der Völkermord an den Armeniern), sondern eine Forderung nach einer Auseinandersetzung mit der Historie, die aktuelle politische Prozesse in ihre Analysen aufnimmt und mögliche poitische Implikationen bedenkt.
Die Gefahr einer politischen Istrumentalisierung historischer Erkenntnisse durch Radikale besteht bei allen Argumenten. Gerade deshalb sollte historische Forschung auf differenzierte Betrachtung und Ausgleich bedacht sein, die einer Inanspruchnahme ihrer Erkenntnisse erschwert.
 
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