König Salomo - hat er wirklich gelebt?

Monika

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Hallo ihr Lieben,

ich habe bei ZDF Info eine Doku gesehen, die ich aber sehr und mit äußester Vorsicht genossen habe. Der Archäologe Prof. Israel Finkelstein soll angeblich die Reste des Tempelbaus aus dem 10. Jh. v. Chr. gefunden haben, aber er datierte diesen Find aus dem 9. Jh. v. chr. Demnach ist er im Zweifel, ob dieser Tempelrest (der Tempel) vom König Salomo, der schon im jugendlichen Alter zum König gekrönt wurde, stammen soll.
Er soll angeblich die Macht über Geister gehabt haben und den Bau des Tempels mit 70.000 Menschen in der heiligsten Stadt der Welt Jerusalem (galt ja mal?) voran getrieben haben.
Aber es gibt keinen archäologischen Beweis.
Doch gibt es scheinbar Wissenschaftler und Archäologen, die davon überzeugt sind, das Salomo tatsächlich gelebt haben soll. Viele Mythen ranken sich um den sagenhaften König.
Er soll ein gerechter Herrscher gewesen sein, aber andererseits soll er sich wohl mehr seinem Wohlergehen und seinen zahlreichen Frauen zugeneigt gefühlt haben.

Wie seine Gerechtigkeit ausgesehen haben soll, zeigt uns dieser Mythos:

Damals kamen zwei Dirnen und traten vor den König.
Die eine sagte: „Bitte, Herr, ich und diese Frau wohnen im gleichen Haus, und ich habe dort in ihrem Beisein geboren. Am dritten Tag nach meiner Niederkunft gebar auch diese Frau. Wir waren beisammen; kein Fremder war bei uns im Haus, nur wir beide waren dort. Nun starb der Sohn dieser Frau während der Nacht; denn sie hatte ihn im Schlaf erdrückt. Sie stand mitten in der Nacht auf, nahm mir mein Kind weg, während deine Magd schlief, und legte es an ihre Seite. Ihr totes Kind aber legte sie an meine Seite. Als ich am Morgen aufstand, um mein Kind zu stillen, war es tot. Als ich es aber am Morgen genau ansah, war es nicht mein Kind, das ich geboren hatte.“
Da rief die andere Frau: „Nein, mein Kind lebt, und dein Kind ist tot.“
Doch die erste entgegnete: „Nein, dein Kind ist tot, und mein Kind lebt.“

Venedig – Dogenpalast – Das Urteil des Königs Salomo

Man brachte es vor den König.
So stritten sie vor dem König.
Da begann der König: „Diese sagt: 'Mein Kind lebt, und dein Kind ist tot!' und jene sagt: 'Nein, dein Kind ist tot, und mein Kind lebt.'“
Und der König fuhr fort: „Holt mir ein Schwert!“
Nun entschied er: „Schneidet das lebende Kind entzwei, und gebt eine Hälfte der einen und eine Hälfte der anderen!“
Doch nun bat die Mutter des lebenden Kindes den König – es regte sich nämlich in ihr die mütterliche Liebe zu ihrem Kind: „Bitte, Herr, gebt ihr das lebende Kind, und tötet es nicht!“
Doch die andere rief: „Es soll weder mir noch dir gehören. Zerteilt es!“
Da befahl der König: „Gebt jener das lebende Kind, und tötet es nicht; denn sie ist seine Mutter.“

Was ist wirklich daran? War er nur einzig und allein eine biblische Figur oder stimmt etwa nur ein viertel oder die hälfte?? Oder garnix?

Was bitte sagt ihr dazu?

LG Monika :winke:
 
Einen außerbiblischen, womöglich gar zeitnahen, Beleg für die Existenz Salomos gibt es nicht. Manche Wissenschaftler halten ihn daher tatsächlich für eine fiktive Gestalt. Auch in diesem Forum wurde schon wiederholt ausgiebig und kontrovers über die Historizität Davids und Salomos diskutiert, z. B. hier: http://www.geschichtsforum.de/f34/bev-lkerung-des-fr-hen-jerusalems-46085/

Allgemein kann man nur sagen, dass Salomos mutmaßliche Regierungszeit in eine Zeit fällt, für die es mit Quellen auch in den benachbarten Gebieten (Ägypten, Mesopotamien) wegen dortiger Wirren und Schwächephasen schlecht aussieht. Dass Salomo in keinem zeitgenössischen ägyptischen oder mesopotamischen Text erwähnt wird (was gerne als wichtiges Argument gegen ihn vorgebracht wird), ist daher meiner Meinung nach kein zwingendes Argument für seine Nicht-Existenz.

Aber auch wenn Salomo existiert haben sollte, muss und wird natürlich nicht alles stimmen, was in der Bibel über ihn steht. Z. B. gibt es auch die Ansicht, dass er nur ein kleiner Regionalfürst war, während ihm die Bibel ein Reich zuschreibt, das deutlich größer gewesen sein soll als das heutige Israel+Palästina. "Ins Licht der Geschichte", vor allem durch assyrische Quellen belegt, treten erst später die geteilten Reiche Israel und Juda. Ob sie jemals tatsächlich in einem gemeinsamen Reich unter David und Salomo, das dann geteilt wurde, vereinigt waren oder ob sie nicht vielmehr unabhängig voneinander entstanden, ist auch umstritten und kaum zu klären.

Um es kurz zu machen: Es gibt keinen Beweis für Salomos Existenz, aber auch nichts, was zwingend dagegen spricht. Ohne neue Funde wird sich die Frage seiner Existenz nicht klären lassen. Was von dem, was in der Bibel über ihn berichtet wird, stimmt (falls überhaupt etwas stimmt), ist dann natürlich ein noch schwieriger zu klärendes Problem.
 
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Einen außerbiblischen, womöglich gar zeitnahen, Beleg für die Existenz Salomos gibt es nicht. Manche Wissenschaftler halten ihn daher tatsächlich für eine fiktive Gestalt. Auch in diesem Forum wurde schon wiederholt ausgiebig und kontrovers über die Historizität Davids und Salomos diskutiert, z. B. hier: http://www.geschichtsforum.de/f34/bev-lkerung-des-fr-hen-jerusalems-46085/

Allgemein kann man nur sagen, dass Salomos mutmaßliche Regierungszeit in eine Zeit fällt, für die es mit Quellen auch in den benachbarten Gebieten (Ägypten, Mesopotamien) wegen dortiger Wirren und Schwächephasen schlecht aussieht. Dass Salomo in keinem zeitgenössischen ägyptischen oder mesopotamischen Text erwähnt wird (was gerne als wichtiges Argument gegen ihn vorgebracht wird), ist daher meiner Meinung nach kein zwingendes Argument für seine Nicht-Existenz.

Aber auch wenn Salomo existiert haben sollte, muss und wird natürlich nicht alles stimmen, was in der Bibel über ihn steht. Z. B. gibt es auch die Ansicht, dass er nur ein kleiner Regionalfürst war, während ihm die Bibel ein Reich zuschreibt, das deutlich größer gewesen sein soll als das heutige Israel+Palästina.

Vielen Dank Ravenik für deinen Text.
Das dieses Thema schon mal diskutiert wurde, habe ich dann wohl übersehen, entschuldigt bitte. Werde in Zukunft noch aufmerksamer schauen.
 
Zunächst einmal - solange nicht seine Überreste entdeckt (und auch eindeutig als seine identifiziert) werden, wird es nicht möglich sein, eindeutig zu beweisen, ob es ihn tatsächlich gegeben hat oder nicht.

Was die Legendenbildung betrifft, spricht das weder für noch gegen seine historische Existenz. Interessant ist hier, um welche Art von Legenden es sich handelt: Sind es Legenden, die sich eindeutig um seine Figur gebildet haben (oder bei denen er sozusagen der erste ist, von dem eine gewisse Geschichte erzählt wird) oder es sich "Wanderlegenden", also Legenden / Sagen, die unterschiedlichen fiktiven und historischen Figuren nachgesagt werden, so eben auch ihm.

Gut vorstellbar wäre, dass er zwar tatsächlich gelebt hat, aber zu seinen Lebzeiten keineswegs die "bedeutende" Rolle gespielt hat, die ihm spätere Generationen dann "zugebilligt" haben.

(Anmerkung: Als ich meine Antwort zu schreiben begonnen hatte, wurde ich durch einen längeren Anruf unterbrochen. Bitte daher um Entschuldigung, dass sich meine Antwort mit den Antworten von Ravenik überschnitten hat.)
 
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Salomon und Kalkriese - Legenden und Fakten?

Über deine Fragestellung kann man nur spekulieren. Mit wissenschaftlichen Methoden haben schon ganze Forschergenerationen versucht Aussagen der Bibel zu verifizieren - und so wird es wohl noch weiter gehen. "Dokumentationen" über diese Themen sind idr von ähnlichen Motiven beflügelt wie die Arbeit jener, welche Aussagen der Bibel zu bestätigen - oder zu widerlegen trachten.
Bekanntlich finden sich auch eine Reihe von Mythen über biblische Figuren außerhalb der biblischen Texte. Das von dir zitierte Urteil des Salomon hat jedoch Eingang in Bibel gefunden und wurde schriftlich fixiert. Du findest es in der Bibel unter 1. Könige Kapitel 3,16ff (URL zur Lutherbibel hier:)
- 1. Könige 3 (Luther 1912)
Über Bau und Einweihung des Tempels durch Salomon finden sich in 1. Könige in den Kapiteln 5 bis 9 entsprechende Texte (siehe oberen link). Zumindest im Kontext mit dem Bau des Tempels habe ich per Suchprogramm nach dem Stichwort "Geister" dort keinen Treffer bekommen.

Bedenkt man, das sich zu allen Zeiten um das Leben herausragender Personen Mythen gebildet haben (und weiterhin tun werden, auch bei aktuell lebenden Personen! Man denke dabei nur an zahlreiche "Geschehnisse", die etwa in der "Yellow Press" genüsslich durchgekaut werden), erübrigt es sich über Salomon zu spekulieren. Haben nicht selbst äthiopische Könige ihre Abstammung bis auf König Salomon zurückgeführt? Menelik I. , der sagenhaften Begründer Äthiopiens, soll ein Sohn König Salomons mit der Königin von Saba gewesen sein. Dies beispielsweise findet sich nicht in biblischen Texten, sehr wohl jedoch im Umfeld Äthiopiens...

Kurz: Ich habe den Eindruck, dass diese Fernsehsendung eher mit dem mythologischen Potential der Figur des Königs Salomon gespielt hat und das auch in der Auseinandersetzung von Archäologen mit ihren Funden eine Rolle spielt. Letztlich handelt es sich in all diesen Fällen um die Rezeptionsgeschichte einer bis heute nachwirkenden, biblischen Figur. Die Rezeptionsgeschichte hat häufig stärkere und langfristigere Auswirkungen als fiele Ereignisse selbst.

Neben Salomon lassen sich hier geschichtlich belegte Personen und Ereignisse stellen. Wird doch im Forum seit vielen Jahren ausgiebig über diverse Facetten der Personen Varus, Arminius und Germanicus diskutiert. Themenkreise, die sich besonders am archäologischen Fundplatz Kalkriese explosiv bündeln. War man sich doch vor gut 100 Jahren noch ziemlich einig, dass Arminius und die Varusschlacht die Geburtsstunde der deutschen Nation gewesen seien! Noch heute wird jedes gefundene römische Marschlager am liebsten sofort in diesen Kontext gestellt. Will man wirklich über Salomon diskutieren empfiehlt es sich m.E. dringend eine Art "Brille von Kalkriese" zu verwenden um sich nicht zu sehr zu verlaufen!
 
Als Geisterbeschwörer tritt Salomo in der islamisch-orientalischen Mythologie auf. In den Geschichten aus 1001 Nacht wird öfters thematisiert, dass z. B. ein Geist von ihm gebannt wurde und seither sein Dasein als Flaschengeist fristen musste.
 
Interessant, das wusste ich noch nicht. Es rundet den mythologischen Rahmen um Salomon buchstäblich ins "Märchenhafte" ab. Danke!
 
Es muss auch bedacht werden, wie das Reich ausgesehen hat: In einer Zeit, in der Ägypten und Assyrien zu schwach waren, um im fraglichen Gebiet die Kontrolle auszuüben kam es zu Vorrangkämpfen in Kanaan. Hinzu kamen Einwanderer wie die Philister. Die Machtbereiche waren traditionell relativ klein. In dieser Zeit kam es zu mehreren, teilweise ethnisch bestimmten Zusammenschlüssen. Auch die Israeliten wurden veranlasst sich zusammenzuschließen. Allerdings waren Juda und das restliche Gebiet sehr heterogen. Es gab auch noch fremde Ethnien, die zwischen den Stämmen siedelten. So stellt es die Bibel dar, und so passt es in die Gegend und in die Zeit.

Nun sollen die ersten Könige, insbesondere David (der ebenfalls nicht existiert haben muss), die Fremden im Gebiet der Israelis besiegt und die Stämme vereint haben. Um keinen zu bevorzugen, soll er mit Jerusalem eine Stadt der Jebusiter, nicht der Israeliten zur Hauptstadt gemacht haben. Auch solche Kompromisse sind nicht unglaubwürdig. Noch heute ist - wohl auch nach biblischem Vorbild - die Hauptstadt der USA ein Gebiet, dass nicht zu einem der Bundesstaaten gehört.

Die Bibel berichtet auch davon, dass aus den Kämpfen um die Vormachtstellung in Kanaan Israel zeitweise als Sieger hervorging. Schon in der Bibel wird deutlich, dass es sich nicht um eine wirkliche Großmacht handelte, sondern lediglich um einen Staat, der seine Nachbarn im Griff hatte. Ein kleiner Teil wurde wohl regelrecht unterworfen, aber die meisten banden die Könige durch Verträge an sich. Diese Verträge forderten Tribute und Heeresfolge, ließen aber wohl die Inneren Einrichtungen unangetastet, solange das fragliche Gemeinwesen nicht aufbegehrte. Im Alten Orient war es üblich, dass diese Verträge von Generation zu Generation erneuert werden mussten. Daher war das neue Gebilde instabil. Und diese Instabilität wurde noch dadurch vergrößert, dass zwischen Juda und den anderen Stämmen Israels große Gegensätze bestanden.

Nach der Bibel konnte schon Salomon nicht mehr alle Nachbarvölker zu Unterwerfungsverträgen zwingen und unter seinen Söhnen zerbrach der Zusammenhalt von Israel und Juda. Ebenso ist aus der Bibel zu erkennen, dass Ägypten zu seiner Zeit begann die Fühler wieder Richtung Israel auszustrecken.

Die Bibel beschreibt also eine kurze Phase der jüdischen Vorherrschaft in Kanaan, wie sie zu anderen Zeiten andere Völker innehatten.

Betrachten wir dies genauer, werden folgende Etappen deutlich:
1-Unter Saul schließen sich die Israeliten zusammen, um den Angriffen standhalten zu können. Es gibt aber noch gewaltige Führungsprobleme.
2-David gelingt es eine Militärmacht aufzubauen, da er diese Probleme skrupellos beseitigt. (Im Grunde genommen usurpiert mit ihm ein philistischer Stadtfürst jüdischer Herkunft die Macht, was die Bibel geschickt verschleiert.)
3-Salomo soll dann das ganze geordnet haben.

Das ist vereinfacht, dennoch lässt dieses Schema den Verdacht aufkommen, dass die Juden später nur noch wussten, dass sie einmal die Vorherrschaft in Kanaan besaßen, während über die tatsächlichen Ereignisse nur sehr, sehr wenige Erzählungen bekannt waren. Daraus strickte man dann wohl die Geschichte nach den Fragen: Wie wurden die Stämme vereint? Wie wurden sie zu einer Macht? Wie entstanden die uns bekannten Einrichtungen? Das presste man dann in die Biographien dreier Könige.

Allerdings gab es Aufzeichnungen über die Geschichte neben der Bibel. Leider sind sie verloren. Daher kann es auch sein, dass mehr überliefert war, als uns bekannt ist.

Zumindest einige Überlieferungen müssen sogar stimmen: Die Anlage königlicher Infrastruktur in Jerusalem. Sonst hätte es sie später nicht gegeben. Davids Räuberleben ist auch nichts, was man erfindet, um die Geschichte des eigenen Volkes zu beschreiben. Anderes sind aber geläufige Bilder der Literatur, die man nicht wörtlich nehmen sollte. Die Geschichte um Batseba zum Beispiel.

Damit ist aber auch sicher, dass -im Sinne der Altertumswissenschaften- der biblische Bericht weder reiner Mythos, noch Geschichtsschreibung ist. Nur gibt es leider zu wenig Quellen, um dies genauer aufzudröseln. Was wieder zu sehr vielen Vermutungen, unhaltbaren Behauptungen und Verschwörungstheorien führt.
 
Damit ist aber auch sicher, dass - im Sinne der Altertumswissenschaften - der biblische Bericht weder reiner Mythos, noch Geschichtsschreibung ist.

Die Könige- und Richterbücher wollen aber genau das sein: Geschichtsschreibung. Naja, eigentlich Geschichtsdeutung für die exilierte jüdische Oberschicht einige Jahrhunderte nach den beschriebenen historischen Ereignissen. Sie bieten also in erster Linie ein jüdisches historisches Selbst-Verständnis, zu dem die Geschichte - ob echt oder nur vermeintlich - herangezogen wird.
 
Man muss noch einen weiteren Aspekt berücksichtigen: Die Geschichte wird hinsichtlich des Glaubens und des Wirkens Gottes dargestellt.

Und ob der Beginn dieser Geschichtsschreibung erst in die Zeit der Babylonischen Gefangenschaft fällt, ist noch lange nicht bewiesen. Die Form der ersten Bücher der Bibel, wie wir sie kennen stammt wohl sicher aus noch späterer Zeit. Aber es gibt doch Hinweise auf Versuche der Festschreibung von Geschichte in älterer Zeit, z.B. hinsichtlich Jeremias. Im Exil wären dann verschiedene Traditionen unter neuen Vorzeichen zusammengeführt worden, da ja sicher viele Themen obsolet geworden sind.

Ich verweise ja gerne auf Richard Friedman, Wer schrieb die Bibel?, da er auch die Gegenposition zu seiner Theorie darstellt und eben nicht für Fachleute schreibt. Doch ein wichtiges Argument fehlt bei ihm: Wenn es gezielt für die Eliten im Exil geschaffen wäre, wäre es ein reines Kunstprodukt. Das ist es aber nicht. Darum muss man von älterer Tradition ausgehen.

Damit kann man aber auch nicht sagen, dass die Geschichte erst im Exil Jahrhunderte nach den Ereignissen entstand, wie häufig -auch hier im Forum - argumentiert wurde. Ich habe bewusst 'entstand' geschrieben, denn so wird argumentiert.

Natürlich ist das Selbstverständnis jener Exilierten ein weiterer Schleier, der sicher nicht immer zu durchschauen ist.
 
Wenn es gezielt für die Eliten im Exil geschaffen wäre, wäre es ein reines Kunstprodukt. Das ist es aber nicht. Darum muss man von älterer Tradition ausgehen.

Das ist nicht unbedingt ein Widerspruch. Jede Zeit interpretiert Geschichte bzw. geschichtliche Sachverhalte neu. Es scheint auch so, dass es ein teleologisches Grundverständnis von Geschichte gibt, welches Geschichte immer als den Weg zum jetzigen Zustand/das Jetzt als Ergebnis der Geschichte versteht und historische Brüche ignoriert oder mit dem Geschichtsverständnis harmonisiert.
 
ich habe bei ZDF Info eine Doku gesehen, die ich aber sehr und mit äußester Vorsicht genossen habe. Der Archäologe Prof. Israel Finkelstein soll angeblich die Reste des Tempelbaus aus dem 10. Jh. v. Chr. gefunden haben, aber er datierte diesen Find aus dem 9. Jh. v. chr. Demnach ist er im Zweifel, ob dieser Tempelrest (der Tempel) vom König Salomo, der schon im jugendlichen Alter zum König gekrönt wurde, stammen soll.

Darf man denn neuerdings auf dem Jerusalemer Tempelberg archäologische Grabungen durchführen? Oder ging es in der Doku eventuell um andere Bauwerke die auch König Salomo zugeschrieben wurden?

Da gibt es doch z.B. diese berühmten Pferdeställe die eine amerikanische Expedition (bereits vor WK II) in Megiddo ausgegraben hatte und diese Bauwerke in die Zeit König Salomos datierte. Nach neueren Forschungsergebnissen (u.a. auch von Prof. Finkelstein) werden diese Ställe aber der Omridendynastie, die im Nordreiches Israel im 9. Jh. v. Chr. herrschte, zugeordnet.
 
Allerdings gab es Aufzeichnungen über die Geschichte neben der Bibel. Leider sind sie verloren. Daher kann es auch sein, dass mehr überliefert war, als uns bekannt ist.
Der Verfasser der Bücher der Könige beruft sich wiederholt auf die "Chronik der Könige von Israel" bzw. die "Chronik der Könige von Juda", was auch immer es damit auf sich haben möge. (Ich würde mir darunter gerne irgendwelche offiziellen Königs- oder Priesterannalen vorstellen, bin aber vielleicht zu optimistisch.) Falls sie keine literarische Fiktion sind, würde die Erwähnung zumindest belegen, dass es zur Entstehungszeit bereits ältere Aufzeichnungen gab.

Irgendwelche muss es gegeben haben, da die Königsbücher durchaus auch Ereignisse erwähnen, die auch außerbiblisch belegt sind, sodass der oder die Verfasser sie nicht erst selbst erfunden haben können. Manches (vor allem über die Kontakte zu Assyrien und den Babyloniern) könnten sie theoretisch wohl im babylonischen Exil aus dortigen Aufzeichnungen entnommen haben, anderes (wie den Feldzug Scheschonks nach Palästina oder die auch von der Mescha-Stele bekannten Ereignisse) wohl eher nicht.

Davids Räuberleben ist auch nichts, was man erfindet, um die Geschichte des eigenen Volkes zu beschreiben. Anderes sind aber geläufige Bilder der Literatur, die man nicht wörtlich nehmen sollte. Die Geschichte um Batseba zum Beispiel.
Dem David scheinen nachträglich auch ursprünglich fremde Taten angedichtet worden zu sein wie die Tötung Goliaths, von der es an anderer Stelle (2 Sam 21,19) noch heißt, sie sei durch einen gewissen Elhanan erfolgt, was wohl eher die ursprüngliche Version gewesen sein wird.
 
Auch die Namen sind so eine Sache. 'David' braucht kein Eigenname zu sein. Es kann auch die Bezeichnung für den Feldherrn zu sein, die dann zur Bezeichnung Davids benutzt wurde. Ein modernes Beispiel wäre der Eiserne Kanzler, nur dass bei David ein Eigenname entstanden ist. Das ist natürlich hoch umstritten.

Aber es würde zu so viel Fragen führen, denen man bei Befürwortung der Vermutung, nachgehen könnte:
Wird David irgendwo unter seinem Eigennamen erwähnt, ist er also irgendwie verdoppelt worden?
Oder hat man hier nach dem in Post #9 genannten Schema einen König hinzugewonnen, dessen Taten auf Saul, Salomon und evt. Joab aufzuteilen sind?
Oder sind mehrere Personen zusammengefasst?

Auch für Salomon gibt es eine solche Theorie. Ich komme nur gerade nicht darauf, was der Name bedeutet.

Man muss aber immer im Auge behalten, dass das nur eine Spekulation ist, auf die man keine weitreichenden Schlüsse aufbauen kann. Aber man sollte es wohl zumindest als mögliche Betrachtungsweise im Hinterkopf behalten.
 
Finkelstein vertritt die These, das es mit der Eroberung Israels durch die Assyrer zu einer Migration insbesondere auch der israelischen Eliten nach Juda kam.
Um eine gemeinsame Identität dieser Migranten und der einheimischen judäischen Bevölkerung zu schaffen, entstand in Juda in den darauffolgenden Jahren dann die Legende vom vereinigten jüdischen Großreich unter David und Salomo.
Das muss natürlich nicht heißen, das diese beiden Könige reine Erfindungen sind. Falls sie wirklich existierten, haben sie aber vermutlich nur über ein recht überschaubares Gebiet rund um Jerusalem geherrscht.
 
Darf man denn neuerdings auf dem Jerusalemer Tempelberg archäologische Grabungen durchführen?
Böses Politikum in Jerusalem.

Auch die Namen sind so eine Sache. 'David' braucht kein Eigenname zu sein. Es kann auch die Bezeichnung für den Feldherrn zu sein, die dann zur Bezeichnung Davids benutzt wurde.

Vom hebraistischen Standpunkt her gibt es da meines Wissens eigentlich nichts in dieser Richtung. Normalerweise sind hebräische Namen sprechende Namen. Das ist bei David - meines Wissens - explizit nicht der Fall, der Name nimmt also durchaus eine Sonderstellung ein.
 
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Vom hebraistischen Standpunkt her gibt es da meines Wissens eigentlich nichts in dieser Richtung. Normalerweise sind hebräische Namen sprechende Namen. Das ist bei David - meines Wissens - explizit nicht der Fall, der Name nimmt also durchaus eine Sonderstellung ein.
Die Radikale des Namens Dawid - דוד - können anders vokalisiert auch Dod gelesen werden: Onkel.
 
Finkelstein vertritt die These, das es mit der Eroberung Israels durch die Assyrer zu einer Migration insbesondere auch der israelischen Eliten nach Juda kam.
Um eine gemeinsame Identität dieser Migranten und der einheimischen judäischen Bevölkerung zu schaffen, entstand in Juda in den darauffolgenden Jahren dann die Legende vom vereinigten jüdischen Großreich unter David und Salomo.
Das kommt mir etwas zu konstruiert vor. Gerade die Eliten werden doch am ehesten einigermaßen Ahnung von der Geschichte ihrer Reiche gehabt haben. Wieso sollten sie plötzlich an ein einstiges gemeinsames Reich glauben, von dem sie nie zuvor gehört haben?

Außerdem soll David dem Stamm Juda entstammt sein. Die "gemeinsame Identität" hätte sich also darauf beschränkt, dass die Vorfahren der Eliten aus dem Norden einst Untertanen des Südens waren.
 
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