Hallo!
Ich schreibe eine Klausur über Bonifatius. Hierzu haben wir acht Thesen bekommen. Sieben Thesen konnte ich ausarbeiten, bei einer bräuchte ich Hilfe, da fehlt mir der Überblick über das Gesamtgeschehen und ich wäre euch wirklich dankbar, wenn ihr mir helfen würdet.
Bonifatius hat die Kirche gleichgeschaltet.
Zu Gleichschaltung finde ich immer nur etwas aus der Nazi-Zeit. Ist damit gemeint, dass Bonifatius die Kirchen an Rom angliedern wollte? Aber was soll man dazu zwei Stunden lang schreiben?
Außerdem soll ich mir noch selbst eine These zum Missionsverständnis von Bonifatius überlegen. Ich weiß aber noch nicht mal, was sein Missionsverständnis war? Ich habe zwei Zitate gefunden, in denen steht, warum er missioniert hat. Aber was schreibe ich da zwei Stunden über sein "Missionsverständnis"?
Als Literatur habe ich bis jetzt
Bonifatius : Missionar und Reformer (Padberg) und
Bonifatius - Apostel der Deutschen (Felten) gelesen.
Ich habe hier einen Thread über Bonifatius gefunden. Danke für die tollen und ausführlichen Beiträge dort, die haben mir bei vielen Fragen weitergeholfen!
Liebe Grüße
Paulina
Ich finde den Begriff "Gleichschaltung" für Bonifatius nicht ganz zutreffend. Bonifatius war im Prinzip ein Kirchenreformer. Er war starr und durchaus auch hitzköpfig. Seine Kritik richtete sich zum einen gegen die Verweltlichung der Kirche, zum anderen gegen das Nebeneinander von heidlichen und christlichen Praktiken, die wissenschaftlich als "Synkretismus" bezeichnet wurde. Bonifatius besuchte Rom im Alter von 35 Jahren und ereiferte sich darüber, dass die Wahrsagerei auch so nahe am Sitz des Heiligen Stuhls betrieben wurde.
Eine innige Gegnerschaft hatte Bonifatius mit den linksrheinischen Bischöfen in Mainz und Köln, die sich allzu weltlich verhielten. Sie missachteten den Zölibat, bildeten in ihren Bistümern dynastische Strukturen auf, und vor allem - dies kritisierte er mit am schärfsten - griffen sie zu den Waffen, gingen zur Jagd und unternahmen sogar Kriegszüge. Das entscheidende war, dass Bonifatius Gehör beim Hausmeier des Ostfrankenreiches, Karlmann, fand, der sehr fromm war und schließlich (mehr oder weniger) freiwillig zurücktrat und ins Kloster ging.
Karlmann ließ 742 das "Concilium Germanicum" als Synode zusammentreten, und die Beschlüsse waren sicher von Bonifatius Denken geprägt und beeinflussten die frühmittelalterliche Kirche in Deutschland nachhaltig. Rechts des Rheins konnte Bonifatius in den folgenden Jahren relativ nach einigen Vorstellungen die Kirche neu organisieren und gestalten, wobei nicht alle seiner Gründungen Erfolg hatten wie etwa das Bistum Büraburg, das nur für wenige Jahre existierte.
Links des Rheins bekam Bonifatius aber seine Grenzen aufgezeigt. Er wurde zwar noch Bischof von Mainz, wurde aber nie zum Erzbischof erhoben, womit er noch einflussreicher geworden wäre. Vielleicht spielt dabei auch eine Rolle, das sein Förderer Karlmann sich aus der Politik zurückgezogen hatte. So kann man nicht davon sprechen, dass Bonifatius die Kirche im Frankenreich gleich geschaltet hätte, zumal sie in dieser frühen Epoche noch stark abhängig von den Herrschern war.
Was die Mission des Bonifatius betrifft, so habe ich eine (vielleicht ganz) eigene Meinung dazu. Hier ist vor allem zu beobachten, dass er hauptsächlich in Gebieten rechts des Rheins tätig war, die schon zum Frankenreich gehörten, aber zu diesem Zeitpunkt nicht in enger Abhängigkeit waren (wie Thüringen). Überall dort gab es bereits Christen, doch waren die Religionspraktiken höchst heterogen. Eine der ersten Begegnungen Bonifatius im rechtshreinischen Raum war mit den Brüdern Dettic und Deorulf, die dem Namen nach Christen waren, aber gleichzeitig "schändliche Götzenbilder" verehrten. Der Bonifatius-Biograf Eigil teilt die Bevölkerung Hessen in drei Gruppen: Heiden, Christen mit gutem Glauben, und eine zweite Gruppe von Christen, die alle möglichen als "heidnisch" betrachteten Dinge ausüben, z.B. die Wahrsagerei. Eines der Ziele von Bonifatius war vor allem, diese heidnischen Bräuche verschwinden zu lassen. Dies hatte durchaus auch neue Züge, den Bonifatius gab sich nicht damit zufrieden, dass regionale Herrscherfamilien und ihre Untertanen pro forma Christen wurden und vielleicht auch Besitz spendeten, aber sich die Bräuche nicht veränderten. Vielmehr sollte jeder Christ glaubenstreu werden. Hier könnte man eher den Bezug zur "Gleichschaltung" ziehen, allerdings noch nicht zur Zeit des Bonifatius. Es war Karl der Große, der 782 die Verordnung "Capitulatio de partibus Saxoniae" erließ, in der drakonische Strafen für die Ausübung heidnischer Bräuche erlassen wurde und das jeden Sachsen unter Androhung der Todesstrafe zur Taufe zwang.