Frage: Unterschiede lateinischer und orthodoxer Christen (537)

Plasticage

Neues Mitglied
Joho,

da ich vor nicht allzu langer Zeit mit dem Thema Moscheenbau in Deutschland konfrontiert wurde, stellt sich für mich folgende Frage:
Wie sehr unterscheiden sich die lateinischen von den orthodoxen Christen zum Zeitpunkt des Baus der Hagia Sophia?
Der Zusammenhang ergibt sich aus der Argumentation, eine Mosche sei nunmal nicht wirklich was fürs europäische Auge und dem Gegenargument, diese bilde lediglich die Hagia Sophia ab, den repräsentativsten Bau christlicher Vorstellungen des frühen Mittelalters. (in ihrer heutigen Form wurde die HS 537 neu erbaut)
Damit dieses Argument belastbar bleibt, müsste ich wissen, ob sich die lateinischen Christen damals schon so sehr von den orthodoxen unterschieden.

Bin schon auf die Antworten gespannt. ;-)

Danke im Voraus und Gruß
 
Kann ich also davon ausgehen, dass zum Zeitpunkt der Erbauung der HS ein "rein" lateinsch, christlicher Background vorlag?
So hab ich deine halbkryptische Nachricht verstanden. :winke:
 
Ja. Was ist denn Kryptisches daran das Baudatum der Hagia Sophia mit der Entwicklung des morgenländischen Schismas zu vergleichen und entsprechenden Wiki-Artikel zu lesen? :grübel: Naja, egal. Wenn du es detaillierter brauchst: Axel Bayer: "Spaltung der Christenheit".
 
@Plasticage

Ich bin kein Kirchenhistoriker; im 6.Jh. liegt der "Bilderstreit" und auch das abendländische Schisma noch in weiter Ferne.

Wenn Du das ""rein" lateinsch" weglässt, sondern nur von "christlichem Background" sprichst, liegst Du m.E. nicht schief; denn Dein "lateinisch" antizipiert bereits die Trennung der Westkirche von der Ostkirche, die es im 6. Jh. einfach noch nicht gab.

Ich denke, das wäre auch belastbar, es sei denn Du bewegst Dich im theologisch ritengeschichtlichen Umfeld, dann müßtest Du allerdings sehr tief in die Kirchengeschichte einsteigen.

M.
 
Vielen Dank für die Antworten! ;-)

@Lili: Es ging eben um dieses prozessuale Auseinanderdriften der Religionen und Kulturen. Dieses lässt sich leider, wie du breits gesagt hast, nicht allein an den beiden Schismata erklären. Eine Einschätzung deinerseits (wie sie Melchior vorgenommen hat) hätte meine Frage eher beantwortet als ein Verweis auf Wikipedia.
Das soll lediglich die Formulierung "halbkryptisch" erklären und ist nicht als Kritik zu verstehen. :winke:
 
In dieser Zeit gibt es noch keine Trennung.

Was man daran sieht das der Patriarch von Konstantinopel mehr oder weniger Freiwillig Gebiete am Balkan an das Patriarchat von Rom übergeben hat.
 
da ich vor nicht allzu langer Zeit mit dem Thema Moscheenbau in Deutschland konfrontiert wurde, stellt sich für mich folgende Frage:
Wie sehr unterscheiden sich die lateinischen von den orthodoxen Christen zum Zeitpunkt des Baus der Hagia Sophia?
Der Zusammenhang ergibt sich aus der Argumentation, eine Mosche sei nunmal nicht wirklich was fürs europäische Auge und dem Gegenargument, diese bilde lediglich die Hagia Sophia ab, den repräsentativsten Bau christlicher Vorstellungen des frühen Mittelalters. (in ihrer heutigen Form wurde die HS 537 neu erbaut)
Damit dieses Argument belastbar bleibt, müsste ich wissen, ob sich die lateinischen Christen damals schon so sehr von den orthodoxen unterschieden.

Wenn ich mich recht entsinne, wurde die Hagia Sophia während der langen Regierungszeit von Kaiser Justinian gebaut, krachte mal ein und wurde wieder errichtet.
In dieser Zeit, dem 6. Jh., gab es noch keine Trennung in Ost- und Westkirche (orthodox - katholisch).
Allerdings gab es eine ziemliche Rivalität zwischen dem Patriarchen (Oberbischof salopp gesagt) von Konstantinopel/Byzanz und dem Bischof von Rom (vereinfacht gesagt in der Westkirche peu a peu im frühen Mittelalter als Oberbischof bis hin zum Papst akzeptiert). Der eine saß direkt beim oströmischen Kaiser, der andere saß auf dem "Stuhl Petri". Der eine salbte und weihte bei der Inthronisation den jeweiligen oströmischen Kaiser, dem anderen war das ein Dorn im Auge (weshalb man in Rom großen Wert darauf legte, auch mal wieder einen Kaiser zu krönen...)
Gelegentlich mischte sich als Dritter im Streit um den Chefbischofssitz der Christenheit der Patriarch von Alexandria mit ein. Zudem gab es mannigfaltige Querelen über interne theologische Streitigkeiten (u.a. das Arianerproblem u.v.a)
Die Trennung in Ost- und Westkirche erfolgte erst deutlich später.
Die Umfunktionierung der Hagia Sophia in eine Moschee erfolgte erst über 800 Jahre nach ihrer Errichtung.
 
Joho,

da ich vor nicht allzu langer Zeit mit dem Thema Moscheenbau in Deutschland konfrontiert wurde, stellt sich für mich folgende Frage:
Wie sehr unterscheiden sich die lateinischen von den orthodoxen Christen zum Zeitpunkt des Baus der Hagia Sophia?
Der Zusammenhang ergibt sich aus der Argumentation, eine Mosche sei nunmal nicht wirklich was fürs europäische Auge und dem Gegenargument, diese bilde lediglich die Hagia Sophia ab, den repräsentativsten Bau christlicher Vorstellungen des frühen Mittelalters. (in ihrer heutigen Form wurde die HS 537 neu erbaut)
Damit dieses Argument belastbar bleibt, müsste ich wissen, ob sich die lateinischen Christen damals schon so sehr von den orthodoxen unterschieden.

Bin schon auf die Antworten gespannt. ;-)

Danke im Voraus und Gruß


Du gehst also von der tagespolitischen Frage des Moscheebaus aus:

da diese Moscheen zumeist im osmanischen Stil gebaut werden (z. B. Duisburg und Köln) und damit stilistisch von der Hagia Sophia beeinflußt werden, ist Deine Meinung, daß diese "Hagia Sophia-Repliken" en miniature für Europa ein Fremdkörper sein. Dann stellt sich für Dich die Überlegung, ob die Hagia Sophia schon bei ihrem Bau als christliche Kirche ein für Europa fremder Bau sei. Fremd wäre er, wenn die Christen Konstantinopels bereis damals von den lateinischen Christen "so sehr" unterschieden hätten.

In diesen Gedankengängen werden religiöse, architektonische und nationale (bzw. kontinentale) Überlegungen zusammengepackt. Ich versuche im folgenden diese Überlegungen zu entpacken:


Architektur und Religion:

Weder das Christentum (gleichwelcher Richtung) noch das Islam sind auf eine bestimmte Bauform angewiesen. In der Praxis muß ja gewährleistet sein, daß ein großer Raum für die Versammlung der Gläubigen zur Verfügung steht. Im Christentum ist dies überwiegend eine von der römischen Basilikaform abgeleitet (lange, hohe Halle, die auf einen exponierten Abschnitt zuläuft, mit Turm). Siehe Basilika ? Wikipedia Diese Basilikaform war in der Antike auch als Gerichts- bzw. Markthalle in Gebrauch. Die Hagia Sophia als christliche Kirche aus dem 6 Jhrdt. ist in ihrer Bauform eine Kuppel einem Unterbau. Vergleichbares gibt es auch in Rom mit dem Pantheon (http://de.wikipedia.org/wiki/Pantheon_(Rom)).
Im Islam gibt es eine Reihe von architektonischen Formen:
Moschee ? Wikipedia


Ein Beispiel für die Säulenhalle ist die Moschee von Mekka (File:Inside view -Masjidul Haram, Makkah.JPG - Wikimedia Commons), die Moschee von Córdoba Mezquita de Córdoba ? Wikipedia. Letztere ist übrigens später in eine Kirche umgewandelt worden. Gleiches ist übrigens in Sevilla passiert. Von der alten Moschee ist allerdings nur noch das Minarett übrig, das als Turm der heutigen Kathedrale dient. Ein anderes Beispiel für eine ehemalige Kirche, die heute als Moschee dient, ist die Pascha-Moschee (einst St. Nicolaos-Kathedrale) in Famagusta in Zypern.
Datei:St. Nikolaos Mustafa- Pascha-Moschee C.jpg ? Wikipedia

Die Bauform des Kuppelbaus ist primär eine architektonische Form des türkischen Islam. Auch in Istanbul gibt es große Moscheen (Sultan-Ahmed-Moschee ? Wikipedia, Süleymaniye-Moschee ? Wikipedia), die an der Hagia Sophia architektonisch orientiert sind. Die Minarette an der Hagia Sophia sind erst nach der Umwandlung in eine Moschee gebaut worden.


Religion und Nation

Weder das Christentum noch der Islam sind an sich an eine bestimmte Nation oder Kulturkreis gebunden. Es sind beide Verkündigungsreligionen, die allen Menschen offensteht. Es sind primär historische Gründe, daß z. B. in Europa oder Amerika das Christentum vorherrscht oder in der Türkei, Nordafrika, Naher Osten der Islam. Die Frage, ob man hier lebenden Muslimen ihre Moscheen (in welcher Bauform auch immer) zugestehen will, ergibt sich aus unserem Grundgesetz, welches Religionsfreiheit zusichert.


Nation und Architektur

auch hier gilt: der Kuppelbau einer Moschee ist nichts neues oder fremdes für Europa. Seit der Antike werden Kuppeln gebaut, sei es in Kirchen oder weltlichen Gebäuden.



Soweit zu den historischen Hintergründen.
 
Vollkommen richtig. Ausserdem könnte man noch ergänzen, dass es im Laufe der Geschichte auch Wandlungen in der Gestaltung der Kirchenräume gab so wie auch Sondertypen.

Kirchen mit einem zentralen Grundriss und einem "griechischen Kreuz" als Grundform gab es schon bei den Westgoten in Spanien:

( San Pedro de la Nave - Wikipedia, the free encyclopedia)

und später wieder in Italien im Barock. Bramantes erster Entwurf für den Petersdom hatte eine Kuppel über ein gleicharmigen Kreuz:

( File:SaintPierre4.JPG - Wikipedia, the free encyclopedia )

So wie auch Sangallos Kirche von San Biagio in Montepulciano :

(Archivo:SBiagio von SO2- s.jpg - Wikipedia, la enciclopedia libre)

und einige Andere.

Sonderkirchen als Zentralbau und oft als Kuppelbauten gab es zu verschiedenen Zeiten in Form der "Baptisterien" so z.B. in Pisa:

File:Baptisterium Pisa IMG 5299.JPG - Wikimedia Commons,

oder Florenz: File:Baptisteriumganz.jpg - Wikipedia

Im 19 Jahrhundert wurde sowieso im Zuge des Historismus mit allen möglichen alten Vorbildern herumexperimentiert:

File:Berlin, Kreuzberg, Zossener Strasse, Kirche zum Heiligen Kreuz.jpg - Wikimedia Commons
 
Zuletzt bearbeitet:
Du gehst also von der tagespolitischen Frage des Moscheebaus aus:

...ist Deine Meinung, daß diese "Hagia Sophia-Repliken" en miniature für Europa ein Fremdkörper sein.

Genau das Gegenteil ist der Fall.
Aus diesem Grund ging es mir darum zu erfahren, ob die Hagia Sophia, als ein "Vorbild" für spätere Moscheen (hiermit meine ich sicherlich nicht alle, aber eben ein Gros), ihren Ursprung in einer europäisch, christlichen Kultur hat.

Diese Frage wurde beantwortet.
Danke schön! :yes:
 
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