Römische Überlieferung

Chimäre

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

ich habe da mal eine Frage.

Zu den frühesten geschichtlichen Ereignissen Europas gibt es ja Überlieferungen von "Geschichtsschreibern" wie von Herodot, Plutarch, Tukydides...

Meine Frage nun: gibt es überlieferte Aufzeichnungen von römischen Historikern die Jesus Christus erwähnen. Also nicht aus rein kirchlicher Sicht, sondern eben rein geschichtlich?

Danke und viele Grüße - Michael
 
Hallo zusammen,

ich habe da mal eine Frage.

Zu den frühesten geschichtlichen Ereignissen Europas gibt es ja Überlieferungen von "Geschichtsschreibern" wie von Herodot, Plutarch, Tukydides...

Meine Frage nun: gibt es überlieferte Aufzeichnungen von römischen Historikern die Jesus Christus erwähnen. Also nicht aus rein kirchlicher Sicht, sondern eben rein geschichtlich?

Danke und viele Grüße - Michael

Unter Außerchristliche Notizen zu Jesus von Nazaret ? Wikipedia findest Du einiges an Informationen dazu. Allerdings sind das keine zeitgenössischen Berichte, sondern erst Erwähnungen römischer Autoren, die mit den frühen Christen konfrontiert waren.

Ich vermute, dass Du wissen willst, ob bereits zu Lebzeiten von Jesus die Römer von ihm Notiz genommen haben. Wenn es so etwas gab, so ist nichts überliefert worden. Zu seinen Lebzeiten war Jesus aus römischer Sicht anscheinend zu unwichtig. Die Evangelien selber sind auch erst Jahrzehnte nach seinem Tod entstanden, so dass viele biographische Daten zu Jesus unsicher sind (Geburtsdatum, Datum der Kreuzigung). Weiterhin ist Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. im Jüdischen Krieg zerstört worden. Vermutlich sind da spätestens mögliche römische (aber auch jüdische) Aufzeichnungen zum Prozeß endgültig verloren gegangen.

P. S. Warum setzt Du den Post zweimal?
http://www.geschichtsforum.de/f28/r-mische-berlieferung-zu-jesus-christus-44477/#post657122
 
Es gibt eine Stelle bei Tacitus, die aber imho zeigt, dass ihm irgendwelche Gerüchte zu Ohren gekommen sind, die er nicht so recht einordnen konnte (Tac. ann. XV, 44), ähnlich bei Sueton; beide schöpften möglicherweise aus derselben Quelle. Dann gibt es noch eine Passage bei Flavius Josephus, die aber m.E. christlich interpoliert ist. D.h. christliche Abschreiber des Textes haben innerhalb dieser Passage eine Änderung der Originalaussage vorgenommen.
 
Es gibt eine Stelle bei Tacitus, die aber imho zeigt, dass ihm irgendwelche Gerüchte zu Ohren gekommen sind, die er nicht so recht einordnen konnte (Tac. ann. XV, 44), ähnlich bei Sueton; beide schöpften möglicherweise aus derselben Quelle. Dann gibt es noch eine Passage bei Flavius Josephus, die aber m.E. christlich interpoliert ist. D.h. christliche Abschreiber des Textes haben innerhalb dieser Passage eine Änderung der Originalaussage vorgenommen.


Flavius Josephus war übrigens ein Jude, der ca. 37 n. Chr. - nach 100 n. Chr. gelebt hat, zwar kein Zeitgenosse von Christus, aber er hätte durchaus noch Leute kennenlernen können, die als Anhänger oder Gegner Jesus noch erlebt haben könnten (man beachte die Konjunktive als Ausdruck der Möglichkeit).

Zu dem von El Q. sogenannten "Testimonium Flavium" aus dem von Josephus auf Griechisch in Rom verfaßten Antiquitates Judaicae im Jahr 93 oder 94 gibt es einige lesenswerte Artikel in der Wiki:

Testimonium Flavianum ? Wikipedia

und Josephus on Jesus - Wikipedia, the free encyclopedia

Ich empfehle den zweitgenannten Artikel auf Englisch, da dieser ausführlicher ist.
 
Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Tipps und Hinweise!!
Dann gibt es also nicht wirkliche zeitgenössische Überlieferungen (kirchlich unbeeinflusst) von Jesus Christus. Anscheinend war sein Wirken für seine Nichtanhänger nicht sehr bedeutungsvoll, bzw Aufsehen erregend...

OK, ich werde erst mal den von euch genannten Quellen folgen.

Das doppelte Thema kam zustande, weil ich nicht wusste in wie fern die Foren hier miteinander verknüpft sind (anscheinend sehr gut) - tschuldigung!

Also, danke nochmals - Michael:winke:
 
Dann gibt es also nicht wirkliche zeitgenössische Überlieferungen (kirchlich unbeeinflusst) von Jesus Christus. Anscheinend war sein Wirken für seine Nichtanhänger nicht sehr bedeutungsvoll, bzw. Aufsehen erregend...

Ich wäre vorsichtiger mit einer solchen Gewichtung. Tacitus z.B. ist die wichtigste Quelle für das frühe Prinzipat, obwohl er erst 60 Jahren nach der Zeitenwende geboren wurde. Wir wissen fast nichts, was in den Provinzen geschah, außer, wenn ein Kaiser mal anwesend war oder wirklich herausragende Schlachten geschlagen wurden. Da sollte man für die Provinz Judaea und ihre Nachbarprovinzen keine schärferen Maßstäbe anlegen, als für Africa oder Moesium. Zumal die Bedeutsamkeit des Jesus von Nazareth darin liegt, ob man an ihn glaubt oder nicht. Warum sollte ein römischer Chronist über einen jüdischen Wanderprediger schreiben?
 
Zumal es eine Menge jüdischer Propheten, Befreier und Prediger im Jerusalem des ersten Jahrhunderts gab. Das Schicksal eines speziellen wurde erst interessant, als sich seine Anhängerschaft merklich in das restliche Reich verbreitete.
 
Finde bezügl. der Ausgangsfrage das, was die letzten Beiträge (#7 u. #8) gesagt haben, richtig und vollends bedenkenswert.

@Chimäre/ Michael: ein Literaturtipp:

Bruce, F. F./ Güting, E.: Außerbiblische Zeugnisse über Jesus und das frühe Christentum, 5. Aufl., Gießen 2007.

Darin werden alle außerbiblischen Quellen zu Jesus, auch die in den obigen Beiträgen schon genannten, vorgestellt und diskutiert. (Du wirst allerdings auch hierin keinen heidnischen Zeitgenossen Jesu finden, der uns etwas über Jesus überliefert hat.)
 
Finde bezügl. der Ausgangsfrage das, was die letzten Beiträge (#7 u. #8) gesagt haben, richtig und vollends bedenkenswert.

@Chimäre/ Michael: ein Literaturtipp:

Bruce, F. F./ Güting, E.: Außerbiblische Zeugnisse über Jesus und das frühe Christentum, 5. Aufl., Gießen 2007.

Darin werden alle außerbiblischen Quellen zu Jesus, auch die in den obigen Beiträgen schon genannten, vorgestellt und diskutiert. (Du wirst allerdings auch hierin keinen heidnischen Zeitgenossen Jesu finden, der uns etwas über Jesus überliefert hat.)

Danke für den Literaturtipp - Michael
 
Zumal es eine Menge jüdischer Propheten, Befreier und Prediger im Jerusalem des ersten Jahrhunderts gab. Das Schicksal eines speziellen wurde erst interessant, als sich seine Anhängerschaft merklich in das restliche Reich verbreitete.

Das größte Rätsel des Christentums ist warum sich die Gemeinde nicht aufgelöst hat, nach dem Tod des scheinbar gescheiterten Messias.

Nun kann man spekulieren was die Jünger wieder zusammen gebracht hat, Halluzinationen, Wunschdenken e.t.c.
 
Dass das "Scheitern" eines religiösen Führers nicht das Ende seiner Bewegung bedeuten muss, sieht man auch am Islam: Mohammeds Schwiegersohn Ali konnte sich als Kalif nicht allgemein durchsetzen und wurde ermordet; sein Sohn fiel in einer Schlacht. Trotzdem sind Alis Anhänger, die Schiiten, heute noch höchst aktiv.

Anderes Beispiel: Der Religionsstifter Mani starb im Gefängnis, trotzdem existierte der Manichäismus noch jahrhundertelang.

Nach Jesu Tod scheinen seine Anhänger seine Lehre erst so richtig begriffen zu haben: Dass Jesus eben nicht als weltlicher Messias aufgetreten war, sondern als geistlicher Reformer. Insofern war Jesus auch nicht "gescheitert", denn seine Lehre konnte auch nach seinem Tod gelebt und verbreitet werden. "Gescheitert" wäre er nur gewesen, wenn er als Anführer gegen die Römer und den Herodes-Clan agitiert hätte.

Gerade der gewaltsame Tod eines geistlichen Führers kann auf seine Anhänger auch motivierend wirken, indem sie ihn als Märtyrertod deuten: "Unser Führer ist für seine Überzeugung gestorben. Weil er die unangenehme Wahrheit predigte, wurde er vom verkommenen Establishment getötet. Es ist unsere Pflicht dafür zu sorgen, dass sein Tod nicht umsonst war, er und seine Lehre nicht in Vergessenheit geraten und seine Gegner nicht siegen."
 
Zuletzt bearbeitet:
Das größte Rätsel des Christentums ist warum sich die Gemeinde nicht aufgelöst hat, nach dem Tod des scheinbar gescheiterten Messias.

Nun kann man spekulieren was die Jünger wieder zusammen gebracht hat, Halluzinationen, Wunschdenken e.t.c.

Wir wissen recht wenig über die anderen jüdischen Sekten in dieser Zeit und auch über das Urchristentum. Wir wissen nicht, ob die weiterexistens nach Tod des Gründers so selten war oder ob es in der Zeit nach dem Tod nicht normal war, dass sich eine solche Gruppe fortsetzte, bis sie irgendwann aufgrund von Nachwuchsmangel oder Verfolgung aufgab. Wir wissen nur, dass das Christentum die einzige jüdische Sekte war, die es geschafft hat, in großem Stil Nichtjuden zu überzeugen, das allerdings erst etwa zwei bis drei Jahrzehnte später.
 
Nun gut es gab das hellenistische Judentum welches auch Nichtjuden überzeugen konnte.

Wenn man Herr Prof. Wolffsohn glaubt sogar mit einer Aufweichung der ursprünglichen Bräuche Umstrittenes Ritual : Nicht die Beschneidung macht den Juden - Nachrichten Debatte - DIE WELT.

Du hast Recht das wir über andere Gruppierungen nichts Wissen, nur Johannes und die Austandführer sind uns bekannt. Erscheinungen der Auflösung hat es nach dem Tod offensichtlich gegeben, bis die Gemeinde neuen Mut fasste, warum sie das Tat kann nur reine Spekulation sein.
 
Dass das "Scheitern" eines religiösen Führers nicht das Ende seiner Bewegung bedeuten muss, sieht man auch am Islam: Mohammeds Schwiegersohn Ali konnte sich als Kalif nicht allgemein durchsetzen und wurde ermordet; sein Sohn fiel in einer Schlacht. Trotzdem sind Alis Anhänger, die Schiiten, heute noch höchst aktiv.

Anderes Beispiel: Der Religionsstifter Mani starb im Gefängnis, trotzdem existierte der Manichäismus noch jahrhundertelang.

Nach Jesu Tod scheinen seine Anhänger seine Lehre erst so richtig begriffen zu haben: Dass Jesus eben nicht als weltlicher Messias aufgetreten war, sondern als geistlicher Reformer. Insofern war Jesus auch nicht "gescheitert", denn seine Lehre konnte auch nach seinem Tod gelebt und verbreitet werden. "Gescheitert" wäre er nur gewesen, wenn er als Anführer gegen die Römer und den Herodes-Clan agitiert hätte.

Gerade der gewaltsame Tod eines geistlichen Führers kann auf seine Anhänger auch motivierend wirken, indem sie ihn als Märtyrertod deuten: "Unser Führer ist für seine Überzeugung gestorben. Weil er die unangenehme Wahrheit predigte, wurde er vom verkommenen Establishment getötet. Es ist unsere Pflicht dafür zu sorgen, dass sein Tod nicht umsonst war, er und seine Lehre nicht in Vergessenheit geraten und seine Gegner nicht siegen."

Auf der einen Seite begrüße ich diesen hochgradig objektiven und sachlichen Erklärungsversuch ausdrücklich.
Auf der anderen Seite ist doch gerade der Witz, dass die Jünger Jesu ausgerechnet nicht in erster Linie durch den "Märtyrertod" ihres Chefs motiviert worden sind, sondern laut den Evangelien unmittelbar nach dem Tod erst einmal vollkommen demotiviert und desillusioniert waren. Erst durch ihren Glauben, dass Jesus wieder von den Toten auferstanden sei, entfalteten die Nachfolger Jesu jene Kraft, die maßgeblich zur Ausbreitung des Christentums beitrug. Die Auferstehung Jesu war keine Nebensächlichkeit der christlichen Verkündigung, sondern das A und das O. Die frühesten Christen sorgten mit ihrer Verkündigung selbst dafür, dass das Christentum mit dem Glauben an den Auferstandenen steht und fällt.
Wenn ich die neutestamentl. Schriften lese, gelange ich persönlich zu der Einschätzung, dass ihre Verfasser von einer Auferstehung Jesu (einer leiblichen, nicht einer symbolhaften) vollends überzeugt waren, dass sie ihren Hörern und Lesern nicht nur wider besseres Wissen eine Auferstehung Jesu vorgaukelten, sondern dass sie tatsächlich daran glaubten. Hätten die Jünger Jesu und die nachfolgenden Christen-Generationen ihre Mitmenschen nicht von der Auferstehung Jesu überzeugen können, hätten sie kaum solchen missionarischen Erfolg verbuchen können.
Und in diesem Sinne finde ich den Hinweis von Zocki55 ausgesprochen gut, dass es eine große Frage bleibt, was die Jünger Jesu, wenn sie von der Auferstehung Jesu sprachen, erlebt haben mögen, damit sie motiviert genug waren, ihren Glauben anderen zu predigen, ungeachtet der Gefahren für Leib und Leben. Dahinter muss doch eine ziemlich große Überzeugung gesteckt haben, dass ihr Herr tatsächlich auferstanden ist. Wie ist diese Überzeugung zustande gekommen? Ich halte Zocki's Formulierung, dass dies "das Rätsel des Christentums" ist, also in gewisser Weise für sehr berechtigt.
 
Dass Jesu Anhänger von seiner Auferstehung und seinen Lehren überzeugt waren, davon kann man wohl ausgehen. Andernfalls wäre nicht erklärlich, wieso sie an ihm festhielten und sogar noch missionierten. Die Zeiten, in denen man als Kleriker Privilegien und Pfründe genießen konnte, kamen schließlich erst viel später. Jesu Jünger hatten von ihrem Glauben nichts als Anfeindungen, Ausgrenzungen, Verfolgungen und mitunter sogar den Tod. Das nimmt man nicht ohne echte Überzeugung in Kauf.

Jesus verfügte anscheinend über enormes Charisma. Dass charismatische Führungsgestalten ihre Anhänger zum Äußersten anspornen können, sah und sieht man zu allen Zeiten. Und da er eben kein weltlicher, sondern ein geistlicher Führer war, war seine Lehre auch nicht durch seinen Tod widerlegt worden. Man konnte weiterhin an ihre Richtigkeit glauben.
 
Nun gut es gab das hellenistische Judentum welches auch Nichtjuden überzeugen konnte.

Wenn man Herr Prof. Wolffsohn glaubt sogar mit einer Aufweichung der ursprünglichen Bräuche Umstrittenes Ritual : Nicht die Beschneidung macht den Juden - Nachrichten Debatte - DIE WELT.

Du hast Recht das wir über andere Gruppierungen nichts Wissen, nur Johannes und die Austandführer sind uns bekannt. Erscheinungen der Auflösung hat es nach dem Tod offensichtlich gegeben, bis die Gemeinde neuen Mut fasste, warum sie das Tat kann nur reine Spekulation sein.

Woran machst du das "offensichtlich" fest? Ich sehe hier kaum Belege für. Der Wortlaut der Evangelien und der sonstigen biblischen Texte ist in dieser Hinsicht kaum aussagekräftig, da es sich um einen Wunderbericht handelt, bei dem die Botschaft des Wunders vor tatsächlichen Begebenheiten steht und wir haben keinerlei andere Quellen aus dieser Zeit, die sich mit der Gemeinde auseinander setzten.
 
Jesus verfügte anscheinend über enormes Charisma. Dass charismatische Führungsgestalten ihre Anhänger zum Äußersten anspornen können, sah und sieht man zu allen Zeiten. Und da er eben kein weltlicher, sondern ein geistlicher Führer war, war seine Lehre auch nicht durch seinen Tod widerlegt worden. Man konnte weiterhin an ihre Richtigkeit glauben.

Deine Argumentation ist ohne Frage rund. Sie war für mich aber neu, weil ja sonst immer auf das "Auferstehungserlebnis" der Jünger als Voraussetzung für den Elan der ersten Christen-Generation hingewiesen wird. Du hast ja eindrücklich gezeigt, dass ein Fortleben und Erstarken der jungen Glaubensgemeinschaft auch ohne solch ein "Auferstehungserlebnis" möglich und denkbar gewesen wäre (Stichwort Charisma der Führungspersönlichkeit oder Stichwort geistliche Lehrwahrheit, an deren Gültigkeit ganz unabhängig vom weltlichen "Schicksal" der Führungspersönlichkeit geglaubt werden konnte). Diesen Gedanken habe ich bisher noch nicht gekannt, aber er erscheint mir wert, gedacht zu werden.
Allerdings stehe ich dann an einem anderen Punkte, wie der Ochs vorm Berge: Warum hat die junge Glaubensgemeinschaft dann derart auf die Auferstehung Jesu als Beglaubigung für die Wahrheit des christl. Glaubens gepocht? Oder interpretiere ich da zu viel in die neutestamentlichen Schriften hinein? Eigentlich nicht, oder?

Zumindest in meinem Kopf ist damit das von Zocki angesprochene "Rätsel" bezügl. der Entstehung des Christentums noch nicht ganz gelöst, obwohl er sich redlich anstrengt und sogar schon qualmt (Mist! Es gibt für alles Smileys, nur nicht für einen rauchenden Kopf.)
 
Woran machst du das "offensichtlich" fest? Ich sehe hier kaum Belege für. Der Wortlaut der Evangelien und der sonstigen biblischen Texte ist in dieser Hinsicht kaum aussagekräftig, da es sich um einen Wunderbericht handelt, bei dem die Botschaft des Wunders vor tatsächlichen Begebenheiten steht und wir haben keinerlei andere Quellen aus dieser Zeit, die sich mit der Gemeinde auseinander setzten.

Nun gut, Wunderbericht ist nicht gleich Wunderbericht. Ohne Jungfrauengeburt würde das christliche Glaubenssystem funktionieren, ohne Auferstehung wohl kaum, grade am Anfang.

Ich halte die Auflöseerscheinungen die Berichtet werden das die Aposteln sich von ihrem Messias abwenden e.t.c., für durchaus realistisch. Warum dann die Gemeinde wieder zu sich fand ist eine andere Frage.
 
Deine Argumentation ist ohne Frage rund. Sie war für mich aber neu, weil ja sonst immer auf das "Auferstehungserlebnis" der Jünger als Voraussetzung für den Elan der ersten Christen-Generation hingewiesen wird. Du hast ja eindrücklich gezeigt, dass ein Fortleben und Erstarken der jungen Glaubensgemeinschaft auch ohne solch ein "Auferstehungserlebnis" möglich und denkbar gewesen wäre (Stichwort Charisma der Führungspersönlichkeit oder Stichwort geistliche Lehrwahrheit, an deren Gültigkeit ganz unabhängig vom weltlichen "Schicksal" der Führungspersönlichkeit geglaubt werden konnte). Diesen Gedanken habe ich bisher noch nicht gekannt, aber er erscheint mir wert, gedacht zu werden.
Allerdings stehe ich dann an einem anderen Punkte, wie der Ochs vorm Berge: Warum hat die junge Glaubensgemeinschaft dann derart auf die Auferstehung Jesu als Beglaubigung für die Wahrheit des christl. Glaubens gepocht? Oder interpretiere ich da zu viel in die neutestamentlichen Schriften hinein? Eigentlich nicht, oder?
Die Auferstehung nach dem Tod (sowohl Jesu eigene als auch die der anderen Menschen) war ja ein zentraler Teil von Jesu Lehre: "Glaubt und tut Gutes, dann erhaltet ihr euren Lohn im Jenseits." (Grundsätzlich war sie nichts Neues, schon die Pharisäer lehrten die Auferstehung.) Wissenschaftlich nachprüfen konnten Jesu Jünger nach seinem Tod natürlich nicht, ob er jetzt tatsächlich auferstanden war, aber wenn sie von seiner Lehre überzeugt waren (wovon ich ausgehe), mussten sie natürlich auch davon ausgehen, dass er tatsächlich auferstanden war. Dieser Glaube war einerseits sicherlich für die Eigenmotivation wichtig: "Unser Meister ist gar nicht tot, sondern er ist auferstanden. Er hat uns nicht verlassen bzw. er wurde uns nicht endgültig genommen, sondern ist weiterhin bei uns, auch wenn wir ihn nicht mehr sehen können." Andererseits war diese Überzeugung auch ein wichtiges Argument für die Missionierung, um klarzustellen, dass Jesus eben nicht gescheitert war. Die christlichen Missionare betonten dann ja auch stets, dass Jesus seinen Tod vorhergesehen und in Kauf genommen habe, weil er für sein Heilswirken zum Wohle aller Menschen notwendig gewesen sei, danach aber auferstanden sei. So konnte Jesus vom schwachen Opfer, das auf Betreiben von Teilen des jüdischen Establishments wie ein Verbrecher hingerichtet wurde, zum heldenhaften selbstbestimmten Märtyrer, der zum Wohle der Menschheit freiwillig seine Leiden auf sich nahm, uminterpretiert werden.
Zusammenfassung: Weil Jesus so charismatisch war und seine Anhänger davon überzeugen konnte, dass er (wie alle Menschen) nach dem Tode auferstehen würde, war sein Tod auch kein "Scheitern", sondern nur ein Übergangsprozess. Daher widersprach sein Tod am Kreuz seiner Lehre und seinem Wirken nicht nur nicht, sondern fügte sich sogar harmonisch in sie ein.
(Anmerkung: Laut den Evangelien hat Jesus seinen Tod vorausgesehen und auch seinen Jüngern vorausverkündet. Das kann man nun glauben oder auch nicht, aber auch wenn man nicht daran glauben will, dass Jesus prophetische Kräfte hatte, ist es dennoch plausibel, dass er - in anbetracht der Anfeindungen, denen er ausgesetzt war - mit einem gewaltsamen Tod rechnete und seine Jünger darauf vorzubereiten versuchte.)
 
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