Religionen im Nahen Osten zur Zeit Jesu

Nimrud

Gesperrt
Hallo,
ich würde gerne wissen, was die Religionen im Orient zur Zeit Jesus waren.

waren die Juden nur in Israel und Judäa und Samaria oder auch im ganzen nahen Osten vertreten? Was gab es noch für Religionen?

Römische Religionen (Vielgötterglaube) war auch unter Römern verbreitet.

Ansonsten?

Wie schaute es mit Zoroastrismus, Ägyptische Religionen, Babylonisch-Assyrische Religionen?

Gab es diese auch? Was gab es noch?

Danke
 
Zur Zeit Jesus gab es einen ganzen Haufen von Kulten die aus allen Teilen des Reichs, philosophisch-religiöse Strömungen wie Neoplatonismus und das Judentum hatte im ganzen Reich seine Anähnger, jeder zehnte Einwohner des römischen Reichs war Jude+noch Leute die sich für das Judentum interessierten aber nicht übergetreten sind (Gottesfürchtige).
 
waren die Juden nur in Israel und Judäa und Samaria oder auch im ganzen nahen Osten vertreten?
Das Judentum war auch außerhalb Palästinas verbreitet, allerdings nicht als geschlossenes Gebiet. Bedeutende jüdische Gemeinden gab es in Alexandria (in Ägypten), in Kyrene und in Mesopotamien, aber auch in Rom selbst.

Was gab es noch für Religionen?
Man muss bedenken, dass sie meisten antiken Religionen nicht so exklusiv waren wie unsere heutigen monotheistischen Religionen, die für sich in Anspruch nehmen, allein wahr zu sein. (Man kann nur Christ oder Jude oder Moslem sein, aber nicht z. B. gleichzeitig Moslem und Hindu. Für andere Religionen gilt das nicht unbedingt, z. B. sind die meisten Japaner gleichzeitig Shintoisten und Buddhisten.) Es gab eine Vielzahl lokaler und überregionaler Kulte, wobei es in der Regel möglich war, verschiedenen davon anzuhängen. (Eine Ausnahme war natürlich das Judentum.) Insofern gab es auch keine geschlossenen Religionsgemeinschaften. Viele Städte des Nahen Ostens hatten eine Lokalgottheit, die sie ganz besonders verehrten, die aber - teilweise über eine Gleichsetzung mit anderen Gottheiten - auch überregional verehrt wurde. Andere ursprünglich regionale Kulte wurden geradezu universal, so z. B. der Kybelekult aus Phrygien, der auch in Griechenland und Rom zahlreiche Anhänger fand (ohne dass diese deswegen den Glauben an die sonstigen griechischen und römischen Götter aufgaben) und in Rom sogar offiziell eingeführt wurde, oder der Isiskult aus Ägypten. Insofern kam es auch zu Verschmelzungen, z. B. wurde Kybele von den Griechen mit ihrer eigenen Göttin Rhea gleichgesetzt. Klar abgrenzbare Religionen gab es also mit Ausnahme des Judentums und des Zoroastrismus kaum.
 
Klar abgrenzbare Religionen gab es also mit Ausnahme des Judentums und des Zoroastrismus kaum.
Das Judentum war keineswegs eine klar abgegrenzte Religion. Zwar gab zur Zeit Jesu jüdische Gruppierungen, die das so sahen oder haben wollten - etwa die Pharisäer, allerdings gab sehr wohl synkretische Juden, wie es auch in der biblischen Überlieferung immer und wieder beschrieben wird: Es gab nämlich Juden, die sich am antiken Göttertausch mit Ägyptern, Griechen und Syrern rege beteiligten.

Es gab jüdisch geprägte oder jüdisch inspirierte Mischkulte um Götter? wie Iao, Sabazios, Abraxas etc.
Über die Anhänger ist wenig bekannt. Ob es nun Juden waren, die auch dem Götzendienst anhingen, oder eben gebürtige Griechen, Syrer etc., als Halbkonvertiten Teile der jüdische Religion teilweise der ihren zuführten, ist im Einzelfall unklar.

Im Neuen Testmant wird das "Problem" der "falsche Juden" angesprochen, ebenso ist von "Israels verlorenen Schafen" die Rede.
Ebenso gibt es diverse historische Berichte - u. a. Tacitus und Flavius Josephus - in denen von einer missionarischen Tätigkeit des Judentums die Rede, wobei die Beschneidung den vollständigen Übertritt in die Gemeinschaft bedeutet.

Die Lage war komplex. Die Frage, wer jetzt Jude ist und ob nun nun vollwertig oder halbwertig war zur Zeit Jesu Gegenstand reger Dispute, die in die Entwicklung des Christentum stark einwirkte; man denke nur an die Unterscheidung von Judenchristen und Heidenchristen und den Streit um ihre Gleichwertigkeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Konflikte zeigen eben sehr schön, dass sich die Juden sehr wohl gegen andere Religionen abzugrenzen versuchten und daher gegen diejenigen Glaubensbrüder polemisierten, die es mit der Abgrenzung nicht so genau nahmen. Bei anderen Religionen gab es das in der Form nicht. Zwar wurde auch bei Römern und Griechen manchmal gegen fremde Kulte polemisiert, weil sie z. B. barbarisch oder schändlich seien, aber nicht weil es ein Verrat an den eigenen Göttern sei, auch ihnen zu huldigen.
Das Judentum, wie es zur Zeit Jesu gelehrt und in Tora und Septuaginta dargestellt wurde, war eindeutig ein Eingottglaube. Dass manche, die sich prinzipiell zum Judentum bekannten, es damit nicht so genau nahmen, ändert daran ebenso wenig wie es am Charakter des Christentums ändert, wenn manche Schäfchen nebenbei auch noch der Astrologie oder sonstiger Esoterik anhängen.
 
Diese Konflikte zeigen eben sehr schön, dass sich die Juden sehr wohl gegen andere Religionen abzugrenzen versuchten und daher gegen diejenigen Glaubensbrüder polemisierten, die es mit der Abgrenzung nicht so genau nahmen.

Ebenso gibt es doch antike heidnische Polemik, die den Juden Aberglaube, Menschenverachtung und Absonderung vorwirft. Das deutet doch auch darauf hin, dass sich die jüdische Religion viel weniger mit synkretistischen und religiös-assimilierenden Tendenzen vertrug als zeitgenössische heidnische Religionen.
 
Hallo,
ich würde gerne wissen, was die Religionen im Orient zur Zeit Jesus waren.

Die Religionen im Orient zur Zeit Christi waren vielfältig. Weit verbreitete Kulte waren:

- der Serapis- und Isiskult in Ägypten;

- in Syrien der Adoniskult und der Kult des Sol Invictus von Emesa;

- in Persien bzw. im Partherreich die Religion des Zarathustra (Zoroastrismus);

- der Kult der Großen Mutter in Phrygien (Magna Mater von Pessinus) sowie der Attiskult;

- der im ganzen Römischen Reich verbreite Mithraskult;

- der Kult des Jupiter Dolochenus, ein Soldatengott, der seinen Ursprung in der Stadt Doliche am Oberlauf des Euphrats hatte, wo sich auch eine Kultstätte des Baal befand.


Das Judentum war keineswegs eine klar abgegrenzte Religion.

Der Versuch der Abgrenzung ist allerdings unübersehbar, insbesondere gegenüber dem Hellenismus. Welche Schwierigkeiten das mit sich brachte, zeigt das Judentum in Alexandria, das seine Weltanschauung in griechischer Sprache unter Beteiligung der griechischen Philosophie formulierte und die hebräische Bibel ins Griechische übersetzte (die Septuaginta).

Der Untergang des hellenistischen Judentums ist eine Folge des aufkommenden Christentums sowie des Widerstands der orthodoxen Schriftgelehrten. Letztlich gelang also dem Judentum die Abgrenzung der jüdischen Religion von den benachbarten Religionen anderer Völker.
 
- der im ganzen Römischen Reich verbreite Mithraskult;

- der Kult des Jupiter Dolochenus, ein Soldatengott, der seinen Ursprung in der Stadt Doliche am Oberlauf des Euphrats hatte, wo sich auch eine Kultstätte des Baal befand.
Der Mithraskult verbreitete sich allerdings erst ab dem späten 1. Jhdt. n. Chr. reichsweit, der Kult des Iupiter Dolichenus erst im 2. Jhdt.
 
Wie schaut es denn mit diesen Göttern aus:

Baal Kult von den Phönziern
Ashur - Zentraler Gott der Assyrer
Marduk - Babylonischer Gott
Ahura Mazda - Perser

und weitere.



EDIT:

Hier was interessantes gefunden:

http://en.wikipedia.org/wiki/Mesopotamian_religion


It is known that the god Ashur was still worshipped in Assyria as late as the 4th Century AD and it is rumoured that Ashurism was still practiced by tiny indigenous Assyrian minorities in northern Assyria (around Harran) until the 10th Century AD.
Mesopotamian religion was polytheistic, worshipping over 2100 different deities,[3] many of which were associated with a specific city or state within Mesopotamia such as Sumer, Akkad, Assyria, Assur, Nineveh, Ur, Uruk, Mari and Babylon. Some of the most significant of these deities were Anu, Ea, Enlil, Ishtar (Astarte), Ashur, Shamash, Shulmanu, Tammuz, Adad/Hadad, Sin (Nanna), Dagan, Ninurta, Nisroch, Nergal, Tiamat, Bel and Marduk.
 
Wie schaut es denn mit diesen Göttern aus:

Baal Kult von den Phönziern
Ashur - Zentraler Gott der Assyrer
Marduk - Babylonischer Gott
Ahura Mazda - Perser

In Phönizien war der Baal-Kult weit verbreitet. Baal galt als höchste Gottheit, obwohl alle Stadtstaaten einen eigenen Szadtgott hatten, der aber stets Baal als Vorsilbe trug. Daneben gab es weitere wichtige Gottheiten wie die weibliche Astarte oder der Vegetationsgott Adonis. Allerdings verschwinden die phönizischen Stadtstaaten nach ihrer Eroberung durch Alexander den Großen im 4. Jh. v. Chr. aus der Geschichte und ob zur Zeitenwende noch ein nennenswerter Baalkult existierte, kann ich nicht beantworten. Auf jeden Fall gab es einen verbreiteten Adoniskult in Syrien sowie die Götterdreiheit von Heliopolis bzw. Baalbeck: Baal-Hadad (Donnergott, später mit Jupiter gleichgesetzt), Atargatis (Venus) und "jugendlicher Gott" (Hermes/Mercurius/Adonis).

Mesopotamien stand seit dem 6. Jh. nacheinander unter der Herrschaft der Meder, der Perser, der griechischen Seleukiden und ab dem 2. Jh. v. Chr. unter dem Regiment der iranischen Parther. Ob also zur Zeitenwende alte Götter wie Marduk, Enlil, Ischtar und andere noch existierten, kann ich nicht sagen. In deinem Link lese ich, dass der Gott Assur noch bis ins 4. Jh. n. Chr. verehrt wurde und so kann man vielleicht vermuten, dass auch andere babylonische Gottheiten noch bis in die Zeiten Christi überlebten.

In Persien stand der Schöpfergott Ahura Mazda im Mittelpunkt, dessen Prophet Zarathustra war (Religion des Zoroastrismus). Daneben waren Mithra (in Indien als vedischer Gott Mitra bekannt) und Anahita wichtige persischen Gottheiten und zwar bis in die Zeit der Spätantike und ins Sassanidenreich. Allerdings vermischen sich in späterer Zeit zunehmend Elemente des Ahura Mazda mit Zügen des Mithra.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf jeden Fall gab es einen verbreiteten Adoniskult in Syrien sowie die Götterdreiheit von Heliopolis bzw. Baalbeck: Baal-Hadad (Donnergott, später mit Jupiter gleichgesetzt), Atargatis (Venus) und "jugendlicher Gott" (Hermes/Mercurius/Adonis).

Die Trias von Baalbek scheint keinem alten Kult zu entstammen. Ob die Götter Jupiter, Venus und Merkur vor dem 2 Jh. n. Chr. als Trias gefaßt waren, ist höchst unwahrscheinlich, daß sie eine Weiterführung einer alten aramäischen/phönizischen Trias um Hadad, Atargatis und Adonis oder auch Melquart sind, ist noch unwahrscheinlicher. Möglich ist allerdings, daß aramische Glaubenselemente noch in römischer Zeit bei Teilen der "indigenen" bevölkerung vorhanden waren und dann an die römischen Gottheiten angehängt wurden.
 
Die Trias von Baalbek scheint keinem alten Kult zu entstammen. .

Vermutlich nicht. Vorklassische Kulte sind zumindest nicht nachgewiesen, obwohl die Siedlung Baalbek seit dem 8. Jahrtausend v. Chr. ununterbrochen besiedelt war.

Die Eingangsfrage lautete, welche Religionen zur Zeit Christi in Vorderasien verbreitet waren. Am Tempel von Baalbek, der im 1. Jh. n. Chr. erbaut wurde, lässt sich ablesen, dass dazu Jupiter Heliopolitan zählte, auch wenn sich sein Kult möglicherweise erst ab der Zeitenwende in dieser Region verbreitete. Zur Göttertrias Jupiter/Merkur/Venus in Baalbek kam es erst seit dem 2. Jh. n. Chr., wobei die Zuweisungen der Tempel zu Venus und Merkur umstritten sind.

Was Gleichsetzungen mit alten semitischen Gottheiten angeht, so mag die Vermutung zutreffen, dass die ansässige Bevölkerung überlieferte Götternamen wie Hadad oder Atargatis den römischen Gottheiten in Baalbek beilegte.

Die englische Wiki sagt dazu:

Baalbek, also known as Baalbeck (Arabic: بعلبك‎ / ALA-LC: Baʻalbak, Lebanese pronunciation: [ˈbʕalbak]) is a town in the Beqaa Valley of Lebanon situated east of the Litani River. Known as Heliopolis (Greek: Ἡλιούπολις) during the period of Roman rule, it was one of the largest sanctuaries in the empire and contains some of the best preserved Roman ruins in Lebanon. The gods worshiped at the temple, the triad of Jupiter, Venus and Bacchus, were grafted onto the indigenous deities of Hadad, Atargatis and a young male god of fertility. Local influences are seen in the planning and layout of the temples, which vary from the classic Roman design.
Baalbek - Wikipedia, the free encyclopedia

Einen äußerst interessanten Aufsatz zu neuen Forschungen in Baalbek liefert das Deutsche Archäologische Institut:Stadtforschung in Baalbek (Libanon) | Deutsches Archäologisches Institut
 
Zur Göttertrias Jupiter/Merkur/Venus in Baalbek kam es erst seit dem 2. Jh. n. Chr., wobei die Zuweisungen der Tempel zu Venus und Merkur umstritten sind.

Die Zuweisung des Merkurtempels ist ziemlich sicher, da sprechen die Münzbilder eine eindeutige Sprache. Die Vermutung eines Venustempels ist ein Problem, ich hätte aber mittlerweile auch keine Bedenken, den sogenannten Bacchustempel als Venustempel anzusehen.

Weihungen an Jupiter Heliopolitanus sind übrigens nicht nur im Orient, sondern auch an vielen anderen Stellen im römischen Reich bekannt. Das kam ja bereits oben zur Sprache, daß sich Kulte in der Antike überlagtern, ohne daß es dabei zu religiösen Kollisionen kam.
 
Zurück
Oben