Ursprünge des Christentums

Plinius d.J.

Mitglied
Hallo
Ich weiß nicht genau, ob dieses Thema besser zu Griechenland gestellt hätte, aber ich brauche trotzdem eure Hilfe:
kann mir jemand ein Paar Quellen (neben der Bibel, versteht sich) über Ursprung und Ausbreitung des Christentums geben?
Vielen Dank schon einmal im Vorraus.
:)
 
Vielleicht hilft Dir das weiter:

Karl Suso Frank: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, Schöningh 3. Aufl. 2002, ISBN 3-506-72601-3
Wolf-Dieter Hauschild: Lehrbuchg der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd 1, Alte Kirche und Mittelalter, Gütersloher Verlagshaus 3. Aufl. 2007, ISBN 978-3-579-00093-0
Hubert Frankemölle: Frühjudentum und Urchristentum, Kohlhammer2006, ISBN 978-3-17-19528-8
Ernst Dassmann: Kirchengeschichte I, Ausbreitung, Leben und Lehre der Kirche in den ersten drei Jahrhunderten, Kohlhammer 2. Aufl. 2000, ISBN 3-17-016792-8
MfG E.
 
Außerbiblische Quellen sind da rar. Zu erwähnen ist vor allem die "Kirchengeschichte" des Eusebius, die aber erst im 4. Jhdt. verfasst wurde.
 
Höchstens bis zur Christenverfolgung unter Nero, also die Anfangszeit des Christentums

Das sind ja gerade mal die ersten dreißig Jahre. Ich fürchte, da wird es außerhalb der Bibel doch sehr eng. Und selbst da sind die Evangelien wohl noch etwas jünger. Wenn ich das richtig sehe, kommt vielleicht noch das Markusevangelium an die Zeit heran.
 
Zumindest diejenigen Apostelbriefe, die tatsächlich von Paulus stammen, müssen logischerweise in der Zeit vor seiner Hinrichtung unter Nero entstanden sein.
 
Zumindest diejenigen Apostelbriefe, die tatsächlich von Paulus stammen, müssen logischerweise in der Zeit vor seiner Hinrichtung unter Nero entstanden sein.

Stimmt, aber da wären wir dann in der Diskussion drin: Was stammt tatsächlich von ihm?
Insgesamt bleibt es aber wohl beim Schweigen der außerbiblischen Quellen?

Vielleicht kann Plinius noch eine konkretere Frage stellen. Zum Ursprung des Christentums würde ich ja Jerusalem und Umgebung vorschlagen? (Nur ein klein wenig ironisch)
 
Zuletzt bearbeitet:
Zumindest sieben der Paulusbriefe gelten auch heute noch als echt.

Eine außerbiblische zeitgenössische Quelle über das frühe Christentum, die spätestens bis Nero entstand, gibt es meines Wissens nicht.
 
Zumindest sieben der Paulusbriefe gelten auch heute noch als echt.
Es sind nur sechs: Römer, Korinther, Galater, Phillipper, der 1. Thessalonicher und der Brief an Philemon

Bzgl. der Apokryphen gibt es die Annahme, dass das Papyrus Oxyrhynchos 840 noch vor dem Markusevangelium entstand, das könnte also knapp durchgehen. Ansonsten fällt mir auch nichts weiteres außerbiblisches ein.
 
Höchstens bis zur Christenverfolgung unter Nero, also die Anfangszeit des Christentums

Zu Neros Zeiten hat man das "Christentum" in Rom als solches nicht wahrgenommen. Wie hier schon angemerkt wurde, waren in dieser Zeit gerade ein paar Paulusbriefe im Umlauf gewesen. Diesen (und der Apg - ihr Entstehen wird von den meisten Fachgelehrten etwa um 90 nC eingeordnet) kann entnommen werden, dass es zu heftigen Auseinandersetzungen zur Frage der Gültigkeit der jüdischen Gesetze für die junge(n) Gemeinde(n) gekommen war. Als Geburtsstunde des Christentums könnte man demnach den Zeitabschnitt betrachten, zu dem sich die paulinische Theologie den judenchristlich-theologischen Positionen gegenüber durchzusetzen begann.

Eine gute Übersicht zur Quellenlage der frühen Zeit bietet Theißen/März: Der historische Jesus (2001), ISBN 3-525-52198-7.

Wie die "Anfänge des Christentums" zeitlich einzugrenzen sind, dazu sind sich auch die mit solchen Fragen beschäftigten Fachgelehrten nicht immer einig. Jedenfalls wird der Zeitraum, in dem die Texte des NTs (ca. 50-125/130) entstanden sind, mit einzubeziehen sein. E. Dassmann zB dehnt diesen Zeitraum auf die ersten drei Jahrhunderte nC aus.
 
Bzgl. der Apokryphen gibt es die Annahme, dass das Papyrus Oxyrhynchos 840 noch vor dem Markusevangelium entstand, das könnte also knapp durchgehen. Ansonsten fällt mir auch nichts weiteres außerbiblisches ein.

Ja, diese Annahme gibt es.

Es gibt aber auch Annahmen, wonach es sich "um einen Text zu einem unbekannten Evangelium synoptischen Zuschnitts handelt", dessen Alter nicht näher bestimmbar sei.

(siehe Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen, Bd I, S.81)
 
Als Geburtsstunde des Christentums könnte man demnach den Zeitabschnitt betrachten, zu dem sich die paulinische Theologie den judenchristlich-theologischen Positionen gegenüber durchzusetzen begann.
Damit sprichst Du aber den Judenchristen das Christentum ab. Warum? Man könnte jetzt natürlich lange darüber diskutieren, was einen "Christen" ausmacht, aber das Bekenntnis zu Christus und alle anderen wesentlichen Elemente des Christentums waren auch bei den Judenchristen eindeutig vorhanden. Dass sie am mosaischen Gesetz festhalten wollten, schadet doch nicht.
 
Damit sprichst Du aber den Judenchristen das Christentum ab.
Ich glaube nicht, dass ich das getan habe.

Mit welchem Selbstverständnis die Jesusanhänger der Gemeinde in Jerusalem Christen gewesen waren, ist wohl eine Frage, die nur spekulativ zu beantworten ist. Der Kreis um Jakobus hat jedenfalls die jüdisch strukturierte Theologie und Lebenshaltung als unverzichtbar angesehen und an den Gesetzen der Tora festgehalten. Ob sich diese älteste judenchristliche Gemeinde nun als Erneuerer des Judentums oder – in welchem Sinne auch immer - als christliche Gemeinschaft verstanden hat, will ich nicht beurteilen.

Man könnte jetzt natürlich lange darüber diskutieren, was einen "Christen" ausmacht, aber das Bekenntnis zu Christus und alle anderen wesentlichen Elemente des Christentums waren auch bei den Judenchristen eindeutig vorhanden.
Vor allem waren Elemente des Judentums und - wenn sie gesetzestreu lebten - auch eine gewisse Sympathie von pharisäischer Seite vorhanden. (siehe Apg 15,5)

Das Bekenntnis zu Christus war auch bei vielen gnostisch-synkretistisch orientierten Gemeinden der christlichen Frühzeit auszumachen. Auch diesen spreche ich "ihr" Christentum nicht ab. Die Kirche aber hatte sich schon sehr früh von den theologischen Positionen, wie sie von Gnostikern aber auch von judenchristlichen Gemeinden vertreten wurden, gelöst und sie als häretisch angesehen. (siehe beispielsweise zu den judenchristl. Ebioniten: Iren. haer. I, 26, 2)

Dass sie am mosaischen Gesetz festhalten wollten, schadet doch nicht.
Natürlich hat das nicht geschadet. Aber die Theologie, die maßgeblich und damit für die Kirche der eigentliche Grundstein gewesen war, wurde in den (zum Teil pseudepigraphischen) paulinischen Texten aufbereitet.
 
Wieso betrachtest Du dann erst "den Zeitabschnitt (...), zu dem sich die paulinische Theologie den judenchristlich-theologischen Positionen gegenüber durchzusetzen begann" als Geburtsstunde des Christentums?
Ich wiederhole gerne:

Weil sich die christlichen Kirchen, wie man sie heute antrifft, auf der Basis paulinisch-theologischer Konzepte entwickelt haben.

Die judenchristlichen Gemeinschaften haben sich in eine andere Richtung entwickelt:
Jene Gemeinschaften, die sich zwar zu Christus (als den in der Tora verheißenen Messias) bekannten, dennoch aber an den jüdischen Messiasvorstellungen, an jüdischen Gebräuchen und am Gesetz festhielten, wandten sich gleichermaßen von Kirche und Synagoge ab.

"Da sie sowohl Juden als auch Christen sein wollen, sind sie weder Juden noch Christen" (Hieronymus, Ep. 112,13).

Die Polemik Hegesipps gegen Judenchristen (bei Eusebius HE IV 22,4-6) ist, was den Inhalt des Vortrags anbelangt, zwar unhistorisch, illustriert aber die geringe Wertschätzung (bis offene Ablehnung) der frühen Kirche den judenchristlichen Gemeinden gegenüber. Die judenchristliche Gemeinde hatte in Jerusalem nur bis 66 nC Bestand. Nach ihrer Übersiedlung nach Pella (siehe Eusebius HE III 5) verlor sie auch den Rang, den sie in der frühesten Christentumsgeschichte innehatte.

Die Entwicklung der unterschiedlichen christologischen Positionen lässt sich gut an den Quellen zu den judenchristlichen Ebioniten festmachen. Für die Ebioniten war Jesus ein einfacher Mensch (siehe bei Kerinth), sie hielten am Gesetz und an der Bescheidung fest, beides war für sie unabdingbare Voraussetzung zur Erlösung. Paulus galt ihnen als Verräter. Sie benutzen ein entsprechend adaptiertes "Matthäusevangelium" (siehe Irenäus, Adv. Haer. I 26,2) und die Grundschriften der Pseudoclementinen.

Kerinth wird in den "Epistula Apostolorum" "Pseudoapostel" (Übers. K. Berger "Feind unseres Herrn Jesus Christus") genannt, für ihn war Jesus ein natürlicher Mensch, ausgezeichnet durch Klugheit, Weisheit und Gerechtigkeit. Bei der Taufe sei Christus in Gestalt einer Taube auf Jesus herabgekommen, er habe dann den "unbekannten Vater" verkündet und Wunder vollbracht. Nur Jesus habe am Kreuz gelitten und sei gestorben, denn der Christus habe ihn vor seinem Tode verlassen (Adv. haer. I,26,1).

Die Christologie des Judenchristentums war offenbar zu dieser Zeit schon zu einem guten Teil gnostisch und doketisch beeinflusst und mit jener der frühen Kirche (aber auch mit den Christologien der heutigen Kirchen) nicht vereinbar.

Ich hoffe, ich habe meine Position zur aufgeworfenen Frage ausreichend erläutert. Den Anspruch, dass man meine Ansichten zur Sache teilen müsse, erhebe ich nicht.
 
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