Warum ist das Christentum eine monogame Religion?

Die Monogamie ist im "westlichen" Kulturkreis so verankert, daß sie uns als einfach selbstverständlich erscheint. Bei näherer Überlegung scheint sie mir gleichwohl erklärungsbedürftig. Das Judentum, aus dem das Christentum hervorgegangen ist, kannte die Polygamie durchaus, im alten Testament haben mitunter die ehrwürdigsten Personen mehrere Frauen. Im ganzen Orient war - meines Wissens nach - die Polygamie üblich und zulässig. Im Neuen Testament gibt es - glaube ich - kein explizites Verbot der Polygamie.
Warum ist das Christentum von diesem Brauch abgewichen? :S
Gab es evt. im frühen Christentum Polygamie?:grübel:
Ich weiß es nicht.:winke:
 
Mal abgesehen vom christlichen Verständniss. Ich hätte mal meine Frau erleben sollen, wenn ich mit noch einer zuhause aufgetaucht wäre.
Oder noch viel schlimmer, mich, wenn sie noch einen anderen gehabt hätte.
Polygamie funktioniert hier nicht.
Wenn ich schon darüber nachdenke, kommt in mir die Eifersucht hoch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ohne darüber tiefgreifende Erkenntnisse zu besitzen, würde ich vermuten, daß in der griechisch-römischen Welt zu der Zeit, als das Christentum entstand, die Monogamie das vorherrschende Ideal war.

Wahrscheinlich gilt das auch schon im Judentum des 1. nachchristlichen Jahrhunderts. Die im Alten Testament erwähnte Polygamie wird ja auch im Judentum seit langer Zeit nicht mehr praktiziert.


Im Neuen Testament gibt es - glaube ich - kein explizites Verbot der Polygamie.

Immerhin wird im 1. Timotheusbrief und im Titusbrief darauf hingewiesen, daß "Amtsträger" christlicher Gemeinden nur einmal verheiratet sein dürfen.
 
Daran könnte man die - ich weiß - theologische Frage anschließen, ob die Mormonen überhaupt als Christen zu bezeichnen sind - trotz ihres eigenen Namens Kirche Jesu Christi und der Hl. der letzten Tage. Sie berufen sich zwar auf JC, aber die Hauptquelle ihrer Religion ist ja ein außerhalb ihrer Religionsgemeinschaft nicht anerkanntes Buch. Aber dies würde zu weit führen, nicht nur vom Thema, sondern auch von der Geschichte weg.
 
Über die Monogamie im jüdischen Kulturkreis scheint keine direkte Stelle zu berichten.
Es gab aber gewisse Eheregelungen:
a.) Ehe unter Blutsverwandten war nicht möglich.
b.) Eine nichtjüdische Frau durfte nicht geheiratet werden (Endogamie).
c.) Levirat: Der Schwager musste die Ehefrau seines verstorbenen Bruders heiraten, falls diese noch keine männliche Nachkommen hatten. Der erste Sohn erhielt dann den Namen des verstorbenen Vaters. Was war aber, wenn der lebende Bruder schon verheiratet war?:grübel:
Die Formen b.) und c.) spielten für die Christen keine weitere Rolle, höchstens vielleicht in den Anfängen der judenchristlichen Zeit.

MfG
Hardie
 
Es war durchaus nicht meine Absicht, ein Plädoyer für die Polygamie zu halten (das würde auch meine Frau nicht erlauben=) ). Mir scheint es lediglich erklärungsbedürftig, daß die Polygamie, die im Orient und Judentum doch wohl normal war, im Christentum völlig verschwunden ist.
 
hyokkose schrieb:
Ohne darüber tiefgreifende Erkenntnisse zu besitzen, würde ich vermuten, daß in der griechisch-römischen Welt zu der Zeit, als das Christentum entstand, die Monogamie das vorherrschende Ideal war.

Im griechisch-römischen Raum sicher, aber das vorpaulinische Christentum war eben gerade nicht griechisch-römisch, diesem eher entgegengesetzt.

hyokkose schrieb:
Wahrscheinlich gilt das auch schon im Judentum des 1. nachchristlichen Jahrhunderts. Die im Alten Testament erwähnte Polygamie wird ja auch im Judentum seit langer Zeit nicht mehr praktiziert.

Ich habe mal gelesen - weiß leider nicht mehr wo - daß im Judentum die Polygamie erst im Mittelalter förmlich untersagt worden ist.

hyokkose schrieb:
Immerhin wird im 1. Timotheusbrief und im Titusbrief darauf hingewiesen, daß "Amtsträger" christlicher Gemeinden nur einmal verheiratet sein dürfen.
Das ist sicher wichtig, gilt aber doch nur für Amtsträger.
 
Die Mormonen haben sich ja zur Rechtfertigung der Polygamie gerade auf das Alte Testament berufen.
Aber sie sind natürlich erheblich später aufgetreten.
 
Ich meine irgendwo mal gelesen zu haben, dass der "Levirat" auch noch heute in Europa vorkommt (ich glaube auf dem Balkan). Nur ist es nicht unbedingt eine religiöse Pflicht, sondern eine soziale Gepflogenheit, die hauptsächlich wirtschaftliche Gründe hat (das Erbe zusammenhalten).
 
Mark Mallokent schrieb:
Hyokkose schrieb:
Ohne darüber tiefgreifende Erkenntnisse zu besitzen, würde ich vermuten, daß in der griechisch-römischen Welt zu der Zeit, als das Christentum entstand, die Monogamie das vorherrschende Ideal war.
Im griechisch-römischen Raum sicher, aber das vorpaulinische Christentum war eben gerade nicht griechisch-römisch, diesem eher entgegengesetzt.
Auch ich verfüge nicht um ausreichend tiefgreifende Erkenntnisse (und habe gerade keinen Zugang zu meinem Bücherschrank): aber ist es nicht so, dass das Judentum seit Alexander dem Großen tiefgreifend hellenisiert worden war, ja jüdische Gelehrte die Schriften ins Griechische übertrugen, um sie den Glaubensgenossen außerhalb Judäas/Palästinas zugänglich zu machen? Ist nicht in diesem Klima und unter dieser Beeinflussung das Christentum entstanden (wenn auch unter Aramäisch-Sprechern?)?
 
Mark Mallokent schrieb:
Im griechisch-römischen Raum sicher, aber das vorpaulinische Christentum war eben gerade nicht griechisch-römisch, diesem eher entgegengesetzt.

Ich weiß nicht, welche Quellen Dir zum "vorpaulinischen Christentum", das es so ja wohl nur wenige Jahre gegeben haben kann, bekannt sind. Meines Wissens stammen die ältesten christlichen Texte von Paulus, und die sind - wie alle anderen frühchristlichen Texte - nicht auf Aramäisch, sondern auf griechisch verfaßt.

Oder mit anderen Worten: Wenn wir von "Christentum" sprechen, meinen wir damit eine Religion, die im griechisch-römischen Raum aus jüdischen Wurzeln entstanden ist.
 
El Quijote schrieb:
... aber ist es nicht so, dass das Judentum seit Alexander dem Großen tiefgreifend hellenisiert worden war, ja jüdische Gelehrte die Schriften ins Griechische übertrugen, um sie den Glaubensgenossen außerhalb Judäas/Palästinas zugänglich zu machen? Ist nicht in diesem Klima und unter dieser Beeinflussung das Christentum entstanden (wenn auch unter Aramäisch-Sprechern?)?

Ist es nicht eigentlich so, dass der Talmud als Fortführung der Thora mit ihrem gesetzgeberischen Charakter auch nicht weiterhin in hebräisch gehalten wurde und für die Juden in dr Diaspora wesentlichen Einfluss hatte?

MfG
Hardie
 
Zitat: "Im griechisch-römischen Raum sicher, aber das vorpaulinische Christentum war eben gerade nicht griechisch-römisch, diesem eher entgegengesetzt."

Es gibt in den frühen Schriften allerdings schon Hinweise, dass sich die frühen Christengemeinden sehr heterogen zusammengesetzt haben:
Apg 6,1: "Als in jenen Tagen die Zahl der Jünger anwuchs, kam es zu Beschwerden der Hellenisten über die Hebräer, weil bei der täglichen Versorgung ihre Witwen zurückgesetzt wurden."

Es gibt vielleicht noch einen Hinweis, dass das frühe Christentum monogam ausgerichtet war. Wenn, dann konnten sich mehrere Frauen meist nur die wohlhabenderen Schichten leisten, das Christentum rekrutierte sich aber meistenteils aus den niederen Schichten, erst in späteren Zeiten wenden sich auch höherstehende Personen dieser neuen Glaubensrichtung zu.

MfG
Hardie
 
Biologisch wäre die Polygynie zwar sinnvoll, um möglichst viele Nachkommen zu produzieren, allerdings sieht das Christentum davon ab, eheliche Liebe und Fruchtbarkeit gegeneinander auszuspielen.
Im Schöpfungsbericht wird schon deutlich, daß eine Frau zu einem Mann gehört: Bein von meinem Bein, Fleisch von meinem Fleisch.
weiter heißt es: Darum verläßt der Mann Vater und Mutter und hängt seinem Weibe an und die zwei werden ein Leib. Das wird später bei Matthäus wiederholt. Wie kann man in einer polygamen Gemeinschaft noch von einem Leib sprechen?

Hier noch ein interessanter Link zum MA: http://www.flu.cas.cz/cms/borgolte.htm

Soweit erstmal.

Gruß
Kassia
 
Hardie schrieb:
Es gibt vielleicht noch einen Hinweis, dass das frühe Christentum monogam ausgerichtet war. Wenn, dann konnten sich mehrere Frauen meist nur die wohlhabenderen Schichten leisten, das Christentum rekrutierte sich aber meistenteils aus den niederen Schichten, erst in späteren Zeiten wenden sich auch höherstehende Personen dieser neuen Glaubensrichtung zu.

MfG
Hardie
Das scheint mir ein sehr wichtiger Punkt zu sein. Das frühe Christentum war sicher eine ausgesprochene Unterschichtenreligion. Als es dann sozial aufstieg, war es bereits helenisiert.
 
http://www.judengasse.de/dhtml/T007.htm

Dieser Link scheint ganz interessant, indem die Polygamie noch bis ins hohe MIttelalter durchgeführt worden zu sein scheint:

"
Obwohl die Bibel die Polygamie (Vielweiberei) kennt, wurde im Judentum schon früh die Einehe praktiziert. Diese ist spätestens seit den Erlassen des R. Gerschom aus Worms auf der Rabbinerkonferenz um 1040 die einzig geltende Norm.

eine Sache, die nicht reell war, brauchte man ja kaum in einer Konferenz zu besprechen.

MfG
Hardie
 
Im alten Testament hatten aber die meisten, die Polygamie betrieben haben, eine Einleuchtung/Befehl von Gott. Meistens war dies der Fall, wenn die Frau eines Stammesführers unfruchtbar oder einfach zu alt war. So wurde die Führungsperson für den Stamm gesichert.
 
pippigro schrieb:
Im alten Testament hatten aber die meisten, die Polygamie betrieben haben, eine Einleuchtung/Befehl von Gott. Meistens war dies der Fall, wenn die Frau eines Stammesführers unfruchtbar oder einfach zu alt war. So wurde die Führungsperson für den Stamm gesichert.

Kannst Du da auch ein Beispiel nennen? Mir fällt keines ein. Wenn ich die ersten Kapitel des Alten Testaments so durchblättere, stoße ich zwar auf einige Polygamisten (Lamech, Abraham, Jakob, Esau), aber keiner davon hatte einen Befehl von Gott oder dergleichen.
 
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