Frage von Martin :
Ich habe immer wieder wiedersprüchliche Informationen darüber erhalten, wie weit die keltische Besiedlung in Nordhessen reichte.
Oft wird davon gesprochen das die Linie auf Höhe von Marburg - Gießen lag.
Ich habe aber auch schon gelesen das die Altenburg bei Niedenstein (Oppidium) von Kelten, oder von einer keltisch -
germanischen Mischbevölkerung bewohnt wurde.
Wie weit sind die Kelten also nach Norden vorgestossen ?
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Antwort von Heinz :
Ich würde sagen bis Oberhessen und dem Vogelsberg.
Die germ. Landnahme darf man sich nicht so vorstellen, dass die keltische Bevölkerung vertrieben wurde, sondern es geschah durch Einsickern der Germanen.
Es gab zwar keltische Fluchtburgen, wie der Altkönig im Taunus, aber die Auseinandersetzungen war nicht nur feindlich.
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Antwort von Maxherbert :
guten tag liebe freunde, guten tag martin,
die von dir gestellte frage ist in der form so nicht zu beantworten.
so viele bücher unterschiedlichster wertigkeit du auch lesen magst, wirst du immer verschiedene aussagen erhalten.
dies muß nicht immer daran liegen, daß einzelne autoren unrecht haben, sondern daran, daß die aussagen aus verschiedensten blickrichtungen erfolgten.
zu berücksichtigen ist dabei jeweils die regionale situation, die zeitspezifische einordnung und natürlich auch das archäologische fundmaterial auf deren grundlage solche einschätzungen getroffen wurden.
vorweg sollten wir uns verabschieden vom tradionellen keltenbild als ein festumrissenes volk mit einem einheitlichen kulturbegriff, ausgehend von einem festgelegten urpunkt mit statischen grenzen.
bei den kelten handelte es sich um ein völker- und stämmegemisch verschiedenster gruppen. ihre gemeinsamkeit bestand lediglich in bestimmten von uns festgelegten kulturbegriffen, ihrer in verschiedenen mundarten ausgeprägten keltischen sprache, gemeinsame götter (es gab aber auch einzelne stammesgötter) und die gemeinsame art der allgemeinen lebensführung. einzelne keltische stämme haben sich gegenseitig heftig bekriegt.
um auf die geographische ausbreitung keltischer stämme zurückzukommen müssen wir natürlich ebenfalls die genaue zeitliche abfolge berücksichtigen. wir haben es hier ja ganz grob gesagt mit einem zeitraum von ca 800 jahren zu tun in dem es ja erhebliche völkerbewegungen und machtverschiebungen im zu besprechenden raum gegeben hat.
natürlich gab es zu allen zeiten ein variierendes kerngebiet in dem keltische gruppen siedelten. darüber hinaus gab es aber auch stets individuelle stammeswanderungen größerer oder auch kleinerer gruppen welche weit über das angestammte siedlungsgebiet hinausgingen. so gibt es auch in norddeutschland, wie bis hin zu den westfriesischen inseln, archäologische funfplätze an denen sich spuren keltischer bewohner nachweisen lassen. darüber hinaus gibt es auch diverse kritisch einzuordnende punkte,bei denen wissenschaftlich
noch nicht klar eingegrenzt werden kann ob es sich um keltische kulturzeiger oder um reine handelsobjekte
handelt.
der letzte bereich deiner frage ist natürlich geprägt durch die vorab schon angedeuteten völkerwanderungen. ist solch eine ziehende gemeinschaft dann erstmals wieder seßhaft geworden ist es im verlaufe nachfolgender jahrzehnte zur vermischung der volksgruppen gekommen. hierbei muß die neue ansiedlung nicht immer auf kriegerischem wege erfolgt sein.
einzelne stämme lernten voneinader und es erfogte eine kulturelle befruchtung. an anderen stellen wurden vorsiedler oder hinzuziehende von der jeweiligen anderen gruppe vollständig assimiliert, daß schon nach wenigen jahrzehnten von der anderen gruppe keinerlei kulturelle spuren mehr vorhanden waren. dieses vorgang spielte sich zwischen germanen und kelten (und auch anderen völkern)an diversen orten zu verschiedenen zeiten ab.
eine vermischung zwischen kelten und römern kann natürlich erst auftreten nachdem es erste kontakte zwischen diesen völkern gegeben hatte. dies nachden die keltischen stämme bereits 400 jahre die vorherrschende kraft in mitteleuropa darstellten. ihr späteres nahezu vollständiges verschwinden auf dem festland ist natürlich ein schwerwiegender hinweis auf die vollständige vermischung mit anderen völkern. dazu gehörten sicherlich auch die römer.
um dieses nochmals deutlich zu machen, um eine beurteilung einzelner siedlungsgebiete, völkerbewegungen und deren weiteres schicksal deutlich zu machen, ist stets die frage "zu welcher zeit, an welchem spezifischem ort?" unabdingbar.
deinen hinweis auf die altenburg bei niedenstein kann ich allerdings nur mit einem nachdenklichen stirnrunzeln kommentieren.
die altenburg bei niedenstein, gilt als von einem chattischen stamm aus neolithischen anfängen heraus erbaut. bei den chatten handelt es sich um einen germanischen stamm. später wurde die kleine anlage von den römern ausgebaut.
möglicherweise hast du da etwas verwechselt und meinst die altburg bei bundenbach, hierbei handelt es sich um ein keltisches oppidum, eine keltensiedlung
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Frage von Heinz :
Lieber Max,
da Du Dich so gut bei den Chatten auskennst und ich gebürtiger Kasseläner bin, fogende Fragen mit der Bitte um Antwort:
Die Chatten haben 9n.Chr. an der schlacht im Teuteburger Wald mit teilgenommen. Tacitus beschreibt sie als eines der diszipliniertesten Germanenstämme, die auch im Unglück nicht klein beigeben, wie viele andere germ. Stämme.
1. haben sich die Chatten vielleicht auch die Cherusker mit vorgerm. Völkern vermischt und mit welchen?
2. Fast 250 Jahre sind sie gegen den Limes angerannt, zuletzt mit den Alemannen zusammen.
Man hörte ab 212 n.Chr. nichts mehr von ihnen. Haben sie sich den Franken angeschlossen oder sind von denen aufgesogen worden?
3. Stammen die Bewohner Nordhessens von den Chatten ab, da diese an keiner Völkerwanderung teilgenommen haben?
Für die Beantwortung dieser drei Fragen wäre ich Dir sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz
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Beitrag von Maxherbert :
guten morgen lieber heinz,
leider kenne ich mich in germanischer geschichte nicht so
gut aus. bestimmt kann aber noch ein anderes mitgied dieses forums meine bemerkungen vervollständigen.
zu 1) bei den chatten handelt es sich um einen spätgermanischen stamm, welcher aus anderen stämmen hervorgegangen ist. diese vereinigung liegt selbst nach neuesten forschungen vollständig im dunkel der geschichte.
als gesichert darf man ihr hervortreten aus verschiedenen eisenzeitlichen gruppen annehemen.
germanen sind archäologisch ab 500 v. chr. nachweisbar.
die klimatisch kulturfördernden bedingungen waren in prähistorischer zeit im raume wetzlar z.b. besonders günstig. daher war diese region bereits zur würmeiszeit um 50.000 v.chr. besiedelt. um das jahr 8.000 vor chr. herum siedelten sich zusätzlich wandernde bauernvölker vom balkan in dieser region an. diese hier nun völlig neuen kulturformen führten zu einem ungeheuren wirtschaftlichen aufschwung und ebenso zu einer schnell wachsenden einwohnerzahl.
das heutige hessen bildete eine pufferzone zwischen den weiter im norden liegenden megalithkulturen und den südlich ansässigen völkern alpiner prägung. von beiden seiten erfolgte nun in verschiedenen abschnitten ein mehr oder weniger großer bevölkerungsaustausch.
in den folgenden jahrhunderten folgten einwanderer der schnurkeramik, streitaxtleute und nicht zuletzt auch urindogermanen aus dem kaukasus. nachweisbar sind hier wanderbewegungen um 3.000 und 1200 v.chr.
über die hier nun entstehende keltische kultur habe ich schon an anderer stelle berichtet, aber es schließen sich jetzt folgerichtig die hallstatt-kultur und die la- tene-kultur an.
in ungarn, oberpannonien wurde ein grabstein gefunden für den chattischen reiter "priseus, sohn des flanellus".
Im wald von finsterhof bei wetzlar finden sich bronzezeitliche hügelgräber. das hessische landesmuseum in kassel zeigt bronzezeitliche hügelgräberkultur aus der fulda bei bergshausen. weitere artefakte aus unterbimbach und molzbach. grabungsfunde aus dem brandgräberfeld bei vollmershausen.
das oberhessische museum in gießen stellt eine wunderschöne reihe von tonobjecten und gefäßen aus der bronzeit im hessischen raum.
zur frage 2
es ist sicherlich bekannt daß aus dieser zeit keine schrifliche aufzeichnungen der germanen selbst existieren.
heinz hat bereits darüber berichtet, was tacitus über die chatten schreibt. erwähnenswert ist noch, daß ihre heerzüge schanzten wie die römischen legionen und stets ein nachtlager errichteten. sehr ungewöhnlich für einen germanischen stamm. geführt wurden die chatten von stammesgebundenen einzelfürsten, könige waren ihnen unbekannt.
eine der ersten bemerkungen über die chatten finden wir bei den römern als drusus im jahre 1v. chr. einen militärstützpunkt auf chattischem gebiet errichten läßt. chatten und römer waren über viele jahrhunderte befreundet. im gießener becken siedelte ein chattischer teilstamm, welcher einen friedensvertrag mit den römern abgeschlosssen hatte.
ein teil der swebischen quaden hat sicher erst nach den chatten das hessische gebiet mit besiedelt. der römer agrippa, statthalter um 38 v. chr. verwies den stamm der "uber" nach zusammenstößen mit den sweben auf das linke rheinufer. das nun unbesiedelte land zwischen der lahn, dem rheingau und der wetterau wurde den chatten zugewiesen.
nach der nun währenden friedenszeit vollzog sich ein grundsätzlicher meinungsumschwung bei den chatten. sie wandten sich zusammen mit anderen stämmen gegen die fortschreitende expansionspolitik der römer.
die jahre der chattischen römerkämpfe um den limes setzte ich ebenso wie die vorgänge um die varusschlacht mal als bekannt voraus.
gleichzeitig zu diesen ereignissen bildete sich von 100 bis 300 nach christus langsam das frankenvolk heraus. wesentliche teile gingen aus den ehemaligen rhein-weser-germanen hervor. hierzu gehören natürlich auch die cherusker, mit den die chatten freundschaftlich verbunden waren.
im 1 jahrhundert na chr. werden unter den ersten fränkischen königen vier chattenhäuptlinge genannt, ucromenus, catumerus, gandestrius und arpus. diese übersetzungen gelten zur zeit aber als nicht gesichert da es möglicherweise namensüberschneidungen gibt.
um das jahr 392 werden in fränkischen berichten, chattische stämme als bündnispartner in kriegszeiten erwähnt. Im jahre 465 werden bei einer aufzählung fränkischer völker, die chatten noch als fränkischer stamm erwähnt.
hierbei handelt es sich bereits um neue chattische stammformen, die alten formen existierten bereits nicht mehr.
oft wird darüber berichtet, daß die chatten an den völkerwanderungen nicht teilgenommen hätten. dies ist nach jüngsten forschungsarbeiten nur teilweise richtig. ein großer teil der stämme hat sich dem zunehmenden bevölkerungsdruck durch teilnahme entzogen. aber ein ebenso großer teil blieb ebenso bodenständisch wie schon die bevölkerung aus keltischer zeit.
letzmalig werden chatten dann erwähnt in einem sendschreiben des papstes gregor aus dem jahre 738 in dem er chattisch - fränkische kleinstämme aufzählt.
zu frage 3
aus dem vorhergesagten ergibt sich, daß die eingesessene bevölkerung hessens zu einem ganz wesentlichen teil aus chattischen stämmen her abstämmig ist.
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Dankeschön von Heinz :
Vielen Dank Max,
es ist fantastisch was Du alles geschrieben hast. Mit Frage 2 und 3 scheint alles klar zu sein.
Über den Ursprung der Chatten liegt anscheinend noch dunkel.
Aber ich sehe schon ein gutes Stück klarer.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz
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Antwort von Paulche :
Hallo Heinz,
es wird immer wieder berichtet, das die Chatten aus den heutigen Niedelanden nach Hessen eingewandert sind. Wichtig waren den Germanen die Kultverbände.
Sie sollen zum fränkischen Stammesbund gehört und sich an der Schlacht im Teuteburger Wald beteiligt haben.
Sie sind spätestens nach der Niederlage der Kelten in Mittelhessen kurz vor Chr. gegen die Römer nach Mittelhessen vorgedrungen.
Interessant wäre es zu erfahren, ob es dort Nachfolgeschlachten gab. Sind die 2000 Römer die im heutigen Waldgirmes bei Wetzlar stationiert waren abgezogen worden o. haben die Chatten sie in einer regionalen Schlacht besiegt u. vertrieben, bezw. wurden sie in der Teuteburger Schlacht eingesetzt u. nicht ersetzt?
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Antwort von Heinz :
Lieber Paulche,
meiner Ansicht nach haben sich die Chatten, mit den schon vorhandenen Kelten vermischt. An der Schlacht im Teuteburger Wald/Kalkriese haben sie zweifellos teilgenommen. Anschlie9end wurden alle römischen Besatzungen rechts des Rheines über den Rhein zurückgeführt.
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Antwort von Hyokkose :
Lieber Paulche,
eine Frage: Wer behauptet denn, daß die Chatten "aus den heutigen Niedelanden nach Hessen eingewandert sind"?
Und eine Richtigstellung:
Zur Zeit der Varus-Schlacht gab es keinen fränkischen Stammesbund. Die Franken tauchen erst 250 Jahre später auf. Und die Chatten schlossen sich noch viel später den Franken an. Du darfst nicht die Jahrhunderte durcheinanderbringen.
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Anmerkung von Hyokkose :
Da neuerdings hier nicht mehr diskutiert werden soll, möchte ich die Antwort auf meine Frage lieber doch nicht mehr wissen.
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Antwort von Heinz :
Lieber Hyokkose,
ich habe den Admin. bereits zweimal per E-mail angeschrieben. Er sagte mir eine Aktivierung des Diskussionsforum für heute und zwar erst dann wenn die Mitglieder sich vorgestellt hätten,zu. Bis zum Augenblick ist nichts erfolgt.
Ich habe immer wieder wiedersprüchliche Informationen darüber erhalten, wie weit die keltische Besiedlung in Nordhessen reichte.
Oft wird davon gesprochen das die Linie auf Höhe von Marburg - Gießen lag.
Ich habe aber auch schon gelesen das die Altenburg bei Niedenstein (Oppidium) von Kelten, oder von einer keltisch -
germanischen Mischbevölkerung bewohnt wurde.
Wie weit sind die Kelten also nach Norden vorgestossen ?
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Antwort von Heinz :
Ich würde sagen bis Oberhessen und dem Vogelsberg.
Die germ. Landnahme darf man sich nicht so vorstellen, dass die keltische Bevölkerung vertrieben wurde, sondern es geschah durch Einsickern der Germanen.
Es gab zwar keltische Fluchtburgen, wie der Altkönig im Taunus, aber die Auseinandersetzungen war nicht nur feindlich.
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Antwort von Maxherbert :
guten tag liebe freunde, guten tag martin,
die von dir gestellte frage ist in der form so nicht zu beantworten.
so viele bücher unterschiedlichster wertigkeit du auch lesen magst, wirst du immer verschiedene aussagen erhalten.
dies muß nicht immer daran liegen, daß einzelne autoren unrecht haben, sondern daran, daß die aussagen aus verschiedensten blickrichtungen erfolgten.
zu berücksichtigen ist dabei jeweils die regionale situation, die zeitspezifische einordnung und natürlich auch das archäologische fundmaterial auf deren grundlage solche einschätzungen getroffen wurden.
vorweg sollten wir uns verabschieden vom tradionellen keltenbild als ein festumrissenes volk mit einem einheitlichen kulturbegriff, ausgehend von einem festgelegten urpunkt mit statischen grenzen.
bei den kelten handelte es sich um ein völker- und stämmegemisch verschiedenster gruppen. ihre gemeinsamkeit bestand lediglich in bestimmten von uns festgelegten kulturbegriffen, ihrer in verschiedenen mundarten ausgeprägten keltischen sprache, gemeinsame götter (es gab aber auch einzelne stammesgötter) und die gemeinsame art der allgemeinen lebensführung. einzelne keltische stämme haben sich gegenseitig heftig bekriegt.
um auf die geographische ausbreitung keltischer stämme zurückzukommen müssen wir natürlich ebenfalls die genaue zeitliche abfolge berücksichtigen. wir haben es hier ja ganz grob gesagt mit einem zeitraum von ca 800 jahren zu tun in dem es ja erhebliche völkerbewegungen und machtverschiebungen im zu besprechenden raum gegeben hat.
natürlich gab es zu allen zeiten ein variierendes kerngebiet in dem keltische gruppen siedelten. darüber hinaus gab es aber auch stets individuelle stammeswanderungen größerer oder auch kleinerer gruppen welche weit über das angestammte siedlungsgebiet hinausgingen. so gibt es auch in norddeutschland, wie bis hin zu den westfriesischen inseln, archäologische funfplätze an denen sich spuren keltischer bewohner nachweisen lassen. darüber hinaus gibt es auch diverse kritisch einzuordnende punkte,bei denen wissenschaftlich
noch nicht klar eingegrenzt werden kann ob es sich um keltische kulturzeiger oder um reine handelsobjekte
handelt.
der letzte bereich deiner frage ist natürlich geprägt durch die vorab schon angedeuteten völkerwanderungen. ist solch eine ziehende gemeinschaft dann erstmals wieder seßhaft geworden ist es im verlaufe nachfolgender jahrzehnte zur vermischung der volksgruppen gekommen. hierbei muß die neue ansiedlung nicht immer auf kriegerischem wege erfolgt sein.
einzelne stämme lernten voneinader und es erfogte eine kulturelle befruchtung. an anderen stellen wurden vorsiedler oder hinzuziehende von der jeweiligen anderen gruppe vollständig assimiliert, daß schon nach wenigen jahrzehnten von der anderen gruppe keinerlei kulturelle spuren mehr vorhanden waren. dieses vorgang spielte sich zwischen germanen und kelten (und auch anderen völkern)an diversen orten zu verschiedenen zeiten ab.
eine vermischung zwischen kelten und römern kann natürlich erst auftreten nachdem es erste kontakte zwischen diesen völkern gegeben hatte. dies nachden die keltischen stämme bereits 400 jahre die vorherrschende kraft in mitteleuropa darstellten. ihr späteres nahezu vollständiges verschwinden auf dem festland ist natürlich ein schwerwiegender hinweis auf die vollständige vermischung mit anderen völkern. dazu gehörten sicherlich auch die römer.
um dieses nochmals deutlich zu machen, um eine beurteilung einzelner siedlungsgebiete, völkerbewegungen und deren weiteres schicksal deutlich zu machen, ist stets die frage "zu welcher zeit, an welchem spezifischem ort?" unabdingbar.
deinen hinweis auf die altenburg bei niedenstein kann ich allerdings nur mit einem nachdenklichen stirnrunzeln kommentieren.
die altenburg bei niedenstein, gilt als von einem chattischen stamm aus neolithischen anfängen heraus erbaut. bei den chatten handelt es sich um einen germanischen stamm. später wurde die kleine anlage von den römern ausgebaut.
möglicherweise hast du da etwas verwechselt und meinst die altburg bei bundenbach, hierbei handelt es sich um ein keltisches oppidum, eine keltensiedlung
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Frage von Heinz :
Lieber Max,
da Du Dich so gut bei den Chatten auskennst und ich gebürtiger Kasseläner bin, fogende Fragen mit der Bitte um Antwort:
Die Chatten haben 9n.Chr. an der schlacht im Teuteburger Wald mit teilgenommen. Tacitus beschreibt sie als eines der diszipliniertesten Germanenstämme, die auch im Unglück nicht klein beigeben, wie viele andere germ. Stämme.
1. haben sich die Chatten vielleicht auch die Cherusker mit vorgerm. Völkern vermischt und mit welchen?
2. Fast 250 Jahre sind sie gegen den Limes angerannt, zuletzt mit den Alemannen zusammen.
Man hörte ab 212 n.Chr. nichts mehr von ihnen. Haben sie sich den Franken angeschlossen oder sind von denen aufgesogen worden?
3. Stammen die Bewohner Nordhessens von den Chatten ab, da diese an keiner Völkerwanderung teilgenommen haben?
Für die Beantwortung dieser drei Fragen wäre ich Dir sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz
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Beitrag von Maxherbert :
guten morgen lieber heinz,
leider kenne ich mich in germanischer geschichte nicht so
gut aus. bestimmt kann aber noch ein anderes mitgied dieses forums meine bemerkungen vervollständigen.
zu 1) bei den chatten handelt es sich um einen spätgermanischen stamm, welcher aus anderen stämmen hervorgegangen ist. diese vereinigung liegt selbst nach neuesten forschungen vollständig im dunkel der geschichte.
als gesichert darf man ihr hervortreten aus verschiedenen eisenzeitlichen gruppen annehemen.
germanen sind archäologisch ab 500 v. chr. nachweisbar.
die klimatisch kulturfördernden bedingungen waren in prähistorischer zeit im raume wetzlar z.b. besonders günstig. daher war diese region bereits zur würmeiszeit um 50.000 v.chr. besiedelt. um das jahr 8.000 vor chr. herum siedelten sich zusätzlich wandernde bauernvölker vom balkan in dieser region an. diese hier nun völlig neuen kulturformen führten zu einem ungeheuren wirtschaftlichen aufschwung und ebenso zu einer schnell wachsenden einwohnerzahl.
das heutige hessen bildete eine pufferzone zwischen den weiter im norden liegenden megalithkulturen und den südlich ansässigen völkern alpiner prägung. von beiden seiten erfolgte nun in verschiedenen abschnitten ein mehr oder weniger großer bevölkerungsaustausch.
in den folgenden jahrhunderten folgten einwanderer der schnurkeramik, streitaxtleute und nicht zuletzt auch urindogermanen aus dem kaukasus. nachweisbar sind hier wanderbewegungen um 3.000 und 1200 v.chr.
über die hier nun entstehende keltische kultur habe ich schon an anderer stelle berichtet, aber es schließen sich jetzt folgerichtig die hallstatt-kultur und die la- tene-kultur an.
in ungarn, oberpannonien wurde ein grabstein gefunden für den chattischen reiter "priseus, sohn des flanellus".
Im wald von finsterhof bei wetzlar finden sich bronzezeitliche hügelgräber. das hessische landesmuseum in kassel zeigt bronzezeitliche hügelgräberkultur aus der fulda bei bergshausen. weitere artefakte aus unterbimbach und molzbach. grabungsfunde aus dem brandgräberfeld bei vollmershausen.
das oberhessische museum in gießen stellt eine wunderschöne reihe von tonobjecten und gefäßen aus der bronzeit im hessischen raum.
zur frage 2
es ist sicherlich bekannt daß aus dieser zeit keine schrifliche aufzeichnungen der germanen selbst existieren.
heinz hat bereits darüber berichtet, was tacitus über die chatten schreibt. erwähnenswert ist noch, daß ihre heerzüge schanzten wie die römischen legionen und stets ein nachtlager errichteten. sehr ungewöhnlich für einen germanischen stamm. geführt wurden die chatten von stammesgebundenen einzelfürsten, könige waren ihnen unbekannt.
eine der ersten bemerkungen über die chatten finden wir bei den römern als drusus im jahre 1v. chr. einen militärstützpunkt auf chattischem gebiet errichten läßt. chatten und römer waren über viele jahrhunderte befreundet. im gießener becken siedelte ein chattischer teilstamm, welcher einen friedensvertrag mit den römern abgeschlosssen hatte.
ein teil der swebischen quaden hat sicher erst nach den chatten das hessische gebiet mit besiedelt. der römer agrippa, statthalter um 38 v. chr. verwies den stamm der "uber" nach zusammenstößen mit den sweben auf das linke rheinufer. das nun unbesiedelte land zwischen der lahn, dem rheingau und der wetterau wurde den chatten zugewiesen.
nach der nun währenden friedenszeit vollzog sich ein grundsätzlicher meinungsumschwung bei den chatten. sie wandten sich zusammen mit anderen stämmen gegen die fortschreitende expansionspolitik der römer.
die jahre der chattischen römerkämpfe um den limes setzte ich ebenso wie die vorgänge um die varusschlacht mal als bekannt voraus.
gleichzeitig zu diesen ereignissen bildete sich von 100 bis 300 nach christus langsam das frankenvolk heraus. wesentliche teile gingen aus den ehemaligen rhein-weser-germanen hervor. hierzu gehören natürlich auch die cherusker, mit den die chatten freundschaftlich verbunden waren.
im 1 jahrhundert na chr. werden unter den ersten fränkischen königen vier chattenhäuptlinge genannt, ucromenus, catumerus, gandestrius und arpus. diese übersetzungen gelten zur zeit aber als nicht gesichert da es möglicherweise namensüberschneidungen gibt.
um das jahr 392 werden in fränkischen berichten, chattische stämme als bündnispartner in kriegszeiten erwähnt. Im jahre 465 werden bei einer aufzählung fränkischer völker, die chatten noch als fränkischer stamm erwähnt.
hierbei handelt es sich bereits um neue chattische stammformen, die alten formen existierten bereits nicht mehr.
oft wird darüber berichtet, daß die chatten an den völkerwanderungen nicht teilgenommen hätten. dies ist nach jüngsten forschungsarbeiten nur teilweise richtig. ein großer teil der stämme hat sich dem zunehmenden bevölkerungsdruck durch teilnahme entzogen. aber ein ebenso großer teil blieb ebenso bodenständisch wie schon die bevölkerung aus keltischer zeit.
letzmalig werden chatten dann erwähnt in einem sendschreiben des papstes gregor aus dem jahre 738 in dem er chattisch - fränkische kleinstämme aufzählt.
zu frage 3
aus dem vorhergesagten ergibt sich, daß die eingesessene bevölkerung hessens zu einem ganz wesentlichen teil aus chattischen stämmen her abstämmig ist.
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Dankeschön von Heinz :
Vielen Dank Max,
es ist fantastisch was Du alles geschrieben hast. Mit Frage 2 und 3 scheint alles klar zu sein.
Über den Ursprung der Chatten liegt anscheinend noch dunkel.
Aber ich sehe schon ein gutes Stück klarer.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz
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Antwort von Paulche :
Hallo Heinz,
es wird immer wieder berichtet, das die Chatten aus den heutigen Niedelanden nach Hessen eingewandert sind. Wichtig waren den Germanen die Kultverbände.
Sie sollen zum fränkischen Stammesbund gehört und sich an der Schlacht im Teuteburger Wald beteiligt haben.
Sie sind spätestens nach der Niederlage der Kelten in Mittelhessen kurz vor Chr. gegen die Römer nach Mittelhessen vorgedrungen.
Interessant wäre es zu erfahren, ob es dort Nachfolgeschlachten gab. Sind die 2000 Römer die im heutigen Waldgirmes bei Wetzlar stationiert waren abgezogen worden o. haben die Chatten sie in einer regionalen Schlacht besiegt u. vertrieben, bezw. wurden sie in der Teuteburger Schlacht eingesetzt u. nicht ersetzt?
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Antwort von Heinz :
Lieber Paulche,
meiner Ansicht nach haben sich die Chatten, mit den schon vorhandenen Kelten vermischt. An der Schlacht im Teuteburger Wald/Kalkriese haben sie zweifellos teilgenommen. Anschlie9end wurden alle römischen Besatzungen rechts des Rheines über den Rhein zurückgeführt.
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Antwort von Hyokkose :
Lieber Paulche,
eine Frage: Wer behauptet denn, daß die Chatten "aus den heutigen Niedelanden nach Hessen eingewandert sind"?
Und eine Richtigstellung:
Zur Zeit der Varus-Schlacht gab es keinen fränkischen Stammesbund. Die Franken tauchen erst 250 Jahre später auf. Und die Chatten schlossen sich noch viel später den Franken an. Du darfst nicht die Jahrhunderte durcheinanderbringen.
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Anmerkung von Hyokkose :
Da neuerdings hier nicht mehr diskutiert werden soll, möchte ich die Antwort auf meine Frage lieber doch nicht mehr wissen.
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Antwort von Heinz :
Lieber Hyokkose,
ich habe den Admin. bereits zweimal per E-mail angeschrieben. Er sagte mir eine Aktivierung des Diskussionsforum für heute und zwar erst dann wenn die Mitglieder sich vorgestellt hätten,zu. Bis zum Augenblick ist nichts erfolgt.