Aelia Galla Placidia

Germanicus

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Geboren um das Jahr 390 in Konstantinopel, als Tochter des Kaiser Theodosius d. Gr., wuchs Aelia Galla Placidia inmitten der Zeit der Völkerwandung auf. Wie das Reich, erlitt auch Aelia im Laufe ihres Lebens große Rückschläge.
Ihren Vater, der in einer Zeit von barbarischen Invasionen, Intrigen und Usurpationen von einem Unruheherd zum anderen hetzen musste, bekam sie kaum zu Gesicht. Ihre Mutter Galla starb bereits 394 an den Folgen einer Fehlgeburt. Unverzüglich holte Theodosius seine Kinder Galla und Honorius (Arcadius blieb im Osten), der dazu ausersehen war, den westlichen Teil des Reiches zu regieren, zu sich nach Mailand, doch war die Wiedersehensfreude nur kurz, da der Kaiser am 17. Januar 395 starb. Jetzt wurde Galla der Obhut von Serena, der Frau Stilichos, des Vormunds von Honorius und wichtigsten Mannes im Staat übergeben und mit deren Töchter gemeinsam erzogen. Neben der klassischen Bildung bestimmten nun strenge christliche Grundsätze ihre Erziehung. Die Leitlinien ihrer jungen Jahre waren Frömmigkeit, Bescheidenheit und Fleiß.
Je älter sie wurde, desto mehr wurde sie in die Intrigen am Hof des Westreiches einbezogen. In diesem Zusammenhang wurde sie 405 mit Eucherius, dem Sohn Stilichos verlobt. Doch Stilicho verzettelte sich mit seinem Intrigenspiel und wurde 408 hingerichtet. Mit ihm starb auch Eucherius. Kurze Zeit später stand Alarich vor Rom. Zwar gelang es, Alarich zu besänftigen, doch sollte er noch zweimal vor der Stadt am Tiber erscheinen. Und sein dritter Zug auf Rom war es, der die Katastrophe brachte: Rom wurde geplündert. Drei Tage lang, bis die Westgoten am 27. August 410 endlich die Stadt die mit unermeßlicher Beute und zahlreichen vornehmen gefangenen verließen. Darunter auch Galla.
Jetzt lernte die junge vornehme Geisel das Wanderleben der Westgoten kennen. Zuerst versuchten sie nach Afrika überzusetzen, doch der Versuch misslang. Anschließend zogen sie, unter der Führung des neuen Königs Athavulf, nach Gallien. Und hier, genau gesagt in Narbonne, sollte 414 etwas spektakuläres passieren. Der Westgotenkönig heiratete Galla nach römischer Art, aus der jetzt die Westgotenkönigin wurde. Anschließend begab sich der Gotenzug nach Spanien, wo Aelia noch im gleichen Jahr ihrem Mann einen Sohn mit dem Namen Theodosius gebar. Doch verstarb das Kind schon bald darauf. Auch Athavulf, der unter dem Einfluss einer Gattin zu der Einsicht gekommen war, das Römische Reich nicht durch ein Gotenreich ersetzten, sondern mit Hilfe seiner Goten erneuern zu wollen (Orosius, Hist. adv. pag.,7,43,2-7), fiel kurze Zeit später (415) in Barcelona eine Privatrache zum Opfer. Die Tage Gallas als Westgotenkönigin waren damit gezählt. Der neue König Vallia lieferte sie 416 für 600.000 scheffel Getreide an die Römer aus. Am 01. Januar 417 wurde sie gezwungen, Constantius III., den neuen starken Mann an Honorius' Seite, in Ravenna zu ehelichen. Zwei Kinder gebar sie ihm (Honoria und Valentinian III.), bevor er am 02. September 421 starb. Galla, zum zweiten mal verwitwet, verließ Anfang 423 mit ihren Kindern das Westreich, nachdem sie mit ihrem Bruder in Streit geriet, und suchte Zuflucht in Konstantinopel, wo inzwischen Theodosius II. die Nachfolge seines Vaters Arcadius angetreten hatte.
Galla und ihre Kinder waren noch nicht lange im neuen Rom, als die Nachricht eintraf, dass Honorius am 27. August 423 verstorben sei. Galla drängte unverzüglich zurück in den Westen, doch weigerte sich Theodosius, deren Stellung als Augusta, die sie 421 erhalten hatte, und die Thronanwarschaft ihres Sohnes anzuerkennen. Erst im Herbst 424, nachdem sich ein Hofbeamter mit dem Namen Johannes (Ende 423) hatte zum Kaiser ausrufen lassen, schickte er die Placidia mit ihren Kindern samt Heeresmacht zur Wahrung des legitimen Kaisertums nach Italien. Ravenna wurde eingenommen, Johannes hingerichtet, und endlich am 23. Oktober 425 Valentinian III. (sechsjährig) zum Augustus erhoben. Die wahre Macht im Westen lag jetzt jedoch bei Galla, die nun zwölf Jahre lang die Geschicke des Westreiches leiten sollte. Eine ihrer ersten Aufgaben war es, sich mit Aetius zu arrangieren, der für Johannes Hunnensöldner angeworben hatte. Anschließend erließ sie (426), um der Autorität des Rechtes Geltung zu verschaffen, das sog. Zitiergesetz, in dem festgeschrieben wurde, welche Schriften röm. Juristen vor Gericht größere Autorität zukomme (Cod. Theo. 1,4,3).
Drei Jahre später gab sie dann ihre berühmte Erklärung ab, die besagte, dass der Kaiser durch die Gesetze gebunden sei und seine Autorität von der des Rechtes abhinge (Cod. Ius. 1,14,1).
Trotz ihrer weisen und umsichtigen Handlungen benötigte sie eine starke Hand, um den außenpolitischen Zusammenfall des Westreiches zu verhindern: Sie fand sie in ihren Heermeistern. Zuerst Bonifatius, dann Felix und endlich Aetius, der beste Feldherr seiner Zeit, vielleicht sogar der gesamten Völkerwanderung. Obwohl Galla und Aetius das gemeinsame Ziel hatte, Rom in der Zeit der barbarischen Eroberungen am Leben zu erhalten, herrschte zwischen den beiden große Missgunst. 437 schließlich trat Galla zurück, um ihrem Sohn die Regierungsgechäfte zu übergeben. Wie sich jedoch in der Folge zeigen sollte, war Valentinianus der Aufgabe auch nicht nur halb so gut gewachsen wie seine Mutter, deren Einfluss er sich immer mehr zu entzog.
Auch in Rom fand Galla keinen ruhigen Lebensabend. Ihre Tochter Honoria hatte auf schändliche Weise das Jugenfreulichkeitsgelübde gebrochen, und wurde mit einem Senator zwangsverheiratet. Dieser Zwangsehe versuchte sie zu entfliehen, indem sie dem gefährlichsten Gegener des Westreiches, dem Hunnenkönig Attila, einen Brief schrieb. Angeblich bat sie ihn in diesem, sie zur Frau zu nehmen. Als Unterpfand schickte sie ihm einen ihrer Ringe. Doch auch hier setzte sich die enttäuschte Mutter für ihre Tochter ein, indem sie Valentinian bat, sie nicht Hinzurichten. Es sollte der letzte große Rückschlag im Leben einer Frau sein, deren kurze Glücksmomente im Leben durch groß Rückschläge zunichte gemacht wurden. Galla starb am 27. November 450 in Rom und musste zum Glück nicht mehr mit Ansehen, wie alles, wofür sie gekämpft hatte, verloren ging. Nach ihrer Beisetzung in Rom, wurde sie später nach Ravenna in das nach ihr benannte Mausoleum überführt.
 
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