Der Rest der Welt im Altertum

Forseti

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Hey Leute,
vielleicht eine dumme Frage, aber für mich ist sie grundlegend, deswegen wollte ich sie mal kurz geklärt haben.

Was weiß man über die Menschen in Deutschland, die hier 3000 v. Chr. lebten?
Waren das damals nur Nomaden, die noch nicht sesshaft geworden waren, oder kann man da schon von Anfängen einer Zivilisation sprechen?
Wann wurden die Menschen in Europa, Russland, Amerika, Afrika sesshaft?
Wann entstand der Ackerbau und die Viehzucht, der Wohnungsbau, und ab wann lassen sich erste Städte im Rest der Welt (jetzt vorallem Deutschland) erkennen.

Wie stark prägten die Hochkulturen des Nahen Ostens die Deutsche Geschichte?
 
Was weiß man über die Menschen in Deutschland, die hier 3000 v. Chr. lebten?
Waren das damals nur Nomaden, die noch nicht sesshaft geworden waren, oder kann man da schon von Anfängen einer Zivilisation sprechen?

Nicht besonders viel. Eine schriftliche Überlieferung gibt es aus der damaligen Epoche nicht, die über Mitteleuropa zu berichten wüsste. Bleibt uns die Archäologie. Für Goseck ist. z.B. ein woodhenge welches auf 4.800 v. Chr. datiert wird, nachgewiesen.
Das erforderte schon astronomisches Wissen und deutet auf eine Ackerbaugesellschaft hin. Allerdings gilt auch die bandkeramische Kultur, die älter ist, schon als neolithische Kultur.


Wann wurden die Menschen in Europa, Russland, Amerika, Afrika sesshaft?
Das ist ganz unterschiedlich. Nomaden gibt es bis heute, wenn auch die meisten Staaten das Nomadenwesen bekämpfen.

Wann entstand der Ackerbau und die Viehzucht, der Wohnungsbau, und ab wann lassen sich erste Städte im Rest der Welt (jetzt vorallem Deutschland) erkennen.

In Deutschland sind erste oppida (das ist ein römisches Wort für Kleinstadt) in der keltischen La Tène-Kultur festmachen, ab ca. 500 v. Chr. Das waren aber sicher noch keine Städte in unserem Sinn. Die beginnen hierzulande eigentlich erst mit der Römerzeit, also um die Zeitenwende.

Wie stark prägten die Hochkulturen des Nahen Ostens die Deutsche Geschichte?
Man geht davon aus, dass der kulturelle Wandel sich schrittweise vom fruchtbaren Halbmond ausbreitete, mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/Jahr. Insofern prägten die nahöstlichen Hochkulturen die "deutsche" Geschichte nur sehr indirekt. "Deutsch" kann sich hier auch nur auf das beziehen, was damals auf dem Gebiet, welches heute Deutschland umfasst, passiert ist.
 
Die Kreisgrabenanlagen sowie die Megalithbauten zeigen zu welchen Leistungen man fähig war. Man darf mit Fug und Recht von Zivilisationen sprechen.

Erste Häuser baute man um 9000 v. Chr. in Palästina, die ersten Häuser in Deutschland tauchen mit der Bandkeramik-Kultur auf, etwa 5600 v.Chr.
Aus dieser Zeit gibt es auch die ersten befestigten Siedlungen, mit Wall und Graben, wie in Köln-Lindenthal.
Auch eines der ältesten Holzbauwerke überhaupt stammt aus dieser Zeit, der Brunnen von Erkelenz-Kückhoven.
http://www.geschichtsforum.de/membe...ven-einer-der-ltesten-holzbauten-der-welt.jpg
 
Forseti schrieb:
Wann wurden die Menschen in Europa, Russland, Amerika, Afrika sesshaft?
Das ist ganz unterschiedlich. Nomaden gibt es bis heute, wenn auch die meisten Staaten das Nomadenwesen bekämpfen.
Ganz wichtig: erst kam die Seßhaftigkeit, dann der Nomadismus, nicht umgekehrt! Was Du meinst, ist wohl eher eine Jäger-und-Sammler-Kultur. Der Nomadismus ist eine hochspezialisierte Lebensweise, die sich erst aus Errungenschaften seßhafter Kulturen entwickeln konnte und letztere auch als Austauschpartner braucht(e).
 
In Deutschland sind erste oppida (das ist ein römisches Wort für Kleinstadt) in der keltischen La Tène-Kultur festmachen, ab ca. 500 v. Chr. Das waren aber sicher noch keine Städte in unserem Sinn. Die beginnen hierzulande eigentlich erst mit der Römerzeit, also um die Zeitenwende.

Ich würde den Beginn der Urbanisierung doch eher mit dem der Stufe Ha C/D festmachen, z.B. die Heuneburg als ein herausragendes Bsp..
 
Ganz wichtig: erst kam die Seßhaftigkeit, dann der Nomadismus, nicht umgekehrt! Was Du meinst, ist wohl eher eine Jäger-und-Sammler-Kultur. Der Nomadismus ist eine hochspezialisierte Lebensweise, die sich erst aus Errungenschaften seßhafter Kulturen entwickeln konnte und letztere auch als Austauschpartner braucht(e).

Diese Unterscheidung ist mir neu.
Also versteht man den Nomadismus als eine extremere Form der Jäger-und-Sammler Kultur?
 
Diese Unterscheidung ist mir neu.
Also versteht man den Nomadismus als eine extremere Form der Jäger-und-Sammler Kultur?
Nein. Nomadismus ist einfach etwas anderes und auch wesentlich jüngeren Datums. Außerdem hat er sich aus Landwirtschaft betreibenden Kulturen entwickelt.
Wir haben das schon in diesen beiden Threads ausführlicher behandelt:
http://www.geschichtsforum.de/f22/se-hafte-vs-umherziehende-j-gergesellschaften-28064/
und
http://www.geschichtsforum.de/f29/k...-hirtennomaden-se-hafte-wasseranrainer-28316/

Nomadismus ist immer mit Viehzucht verknüpft, Jäger und Sammler züchten kein Vieh. Beide Wirtschaftsformen sind mehr oder weniger mobil, aber ansonsten eben sehr verschieden voneinander.
 
Super, sowas habe ich mir vorgestellt.
Dass der Nomadismus und die Jäger-Sammler Kultur das Selbe ist, wurde mir im 6. Schuljahr beigebracht, aber deine Argumentation ist schlüssig. Es ist was anderes :)


Man geht davon aus, dass der kulturelle Wandel sich schrittweise vom fruchtbaren Halbmond ausbreitete, mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/Jahr. Insofern prägten die nahöstlichen Hochkulturen die "deutsche" Geschichte nur sehr indirekt. "Deutsch" kann sich hier auch nur auf das beziehen, was damals auf dem Gebiet, welches heute Deutschland umfasst, passiert ist.
Naja, ich meinte unserer heutiges Deutschlandgebiet im geographischen Sinne. Dass da noch niemand Deutsch sprach, oder überhaupt irgendetwas mit Deutschland zu tun hatte ist klar.

Ich würde den Beginn der Urbanisierung doch eher mit dem der Stufe Ha C/D festmachen, z.B. die Heuneburg als ein herausragendes Bsp..
Ha C/D? Bitte Erklärung.
 
Zur Frage der Siedlungsform im frühzeitlichen Mitteleuropa möchte ich mal die sogenannten Altsiedlungsgebiete oder Siedlungskammern als Vorgängerstadium der Urbanisierung in die Diskussion werfen.
Tante Wiki sagt dazu:
Angefangen von den ersten bäuerlichen Kulturen im 6. Jahrtausend vor Christus (vgl. Bandkeramik) bis ins Frühmittelalter bewohnten die Menschen Landschaften (Siedlungskammern), die von Urwäldern umgeben waren. Aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte im Neolithikum und in der Bronzezeit, blieben umfangreichere Rodungen auf kleine Räume beschränkt. Erst mit den ausgedehnten Rodungen des Hochmittelalters wurde der Siedlungsraum bedeutend erweitert.

Man kann also davon ausgehen,daß neben Herrschaftssitzen und Zeremonialzentren als Vorläufer urbaner Siedlungen Mitteleuropa primär aus solchen verstreuten Siedlungskammern bestand innerhalb derer wieder kleinere Dörfer oder Einzelgehöfte vorherrschten .Eine Sonderform stellte dabei das Auftreten von Feuchtboden- und Pfahlbausiedlungen in bestimmten Gebieten ,beispielsweise rund um den Bodensee dar.
 
Angefangen von den ersten bäuerlichen Kulturen im 6. Jahrtausend vor Christus (vgl. Bandkeramik) bis ins Frühmittelalter bewohnten die Menschen Landschaften (Siedlungskammern), die von Urwäldern umgeben waren. Aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte im Neolithikum und in der Bronzezeit, blieben umfangreichere Rodungen auf kleine Räume beschränkt. Erst mit den ausgedehnten Rodungen des Hochmittelalters wurde der Siedlungsraum bedeutend erweitert.

Das ganze ist zwar tendenziell richtig aber:
1. Bereits während des "Klimaoptimums" in der älteren Eisenzeit (Hallstatt Stufe C - Frühlatènezeit) werden auch Bereiche in den Mittelgebirgen besiedelt, die z.T. auch erst wieder im Mittelalter besiedelt werden.
2. Bei verschiedenen der sog. "Fürstensitze" der Frühlatènezeit (flt) wurden Archäobotansiche Untersuchungen vorgenommen. Als Ergebniss sei hier mal der Glauberg und sein Umfeld herangezogen.
Das Umfeld des Glauberges war zu dieser Zeit im großen Maße entwaldet, d.h. in der Nähe von Zentralorten wird kaum noch Urwälder angetroffen haben. Das gleiche gilt m.E. auch für die anderen frühkeltischen Fürstensitze.
Noch deutlicher wird die Entwaldung während der Spätlatènephase , vor allem der Bau der Oppida und ihrer Befestigungen verschlangen Ummengen an Bau und Brennholz.

Man muss das ganze doch ein wenig ausdifferenzieren, das Bild das es bis zur Hochmittelalterlichen Rodung in unseren Breiten ständig um dichte Urwälder gehandelt hatt, ist so wie WIKI das schreibt, nicht korrekt.
 
Forseti;452572. schrieb:
Was weiß man über die Menschen in Deutschland, die hier 3000 v. Chr. lebten?

Um 3000 v. Chr. herrschte in Mitteleuropa die Jungsteinzeit (Neolithikum), d.h. die Menschen waren sesshaft, betrieben Ackerbau und Viehzucht und bauten bereits eine Reihe von Nutzpflanzen an. Die Jungsteinzeit setzte in Zentraleuropa etwa 5500 v. Chr. ein und wird mit einem Fachbegriff auch als Bandkeramik oder Linienbandkeramische Kultur bezeichnet. Der Name rührt von bänderartigen Ornamenten wie Spiral- oder Mäandermotiven her, mit denen die Tongefäße verziert waren.

Der bandkeramischen Kultur, die im 4. Jahrtausend v. Chr. endete, folgten in Mitteleuropa weitere neolithische Kulturen wie z.B. die Megalithkultur in Südskandinavien, Norddeutschland und an der Atlantikküste, oder die Michelsberger und Trichterbecherkultur in bestimmten anderen Regionen. Es würde zu weit führen, hier noch die Vielzahl regional unterschiedlicher neolithischer Kulturen in Mitteleuropa aufzuführen.

Die Jungsteinzeit ist in Mitteleuropa durch zahlreiche Funde gut dokumentiert. An Getreide pflanzten die Bauern Emmer, Einkorn, Weizen, Gerste und Hirse an, als Hülsenfrüchte kamen Erbsen Bohnen und Linsen hinzu. Zahlreiche Knochenreste ergaben, dass die Bauern als Haustiere Rind, Schwein, Schaf, Ziege und Hund hielten. Daneben ging man auch auf die Jagd, was Reste vom Ur, Wisent, Reh und Bär beweisen.

An Geräten fanden die Archäologen neben geschliffenen und durchbohrten Steinbeilen andere Steingeräte wie Klingen, Schaber, Spitzen und anderes. Ferner Knochendolche, Pfeile, Speere, Hacken, hölzerne Spaten, Grabstöcke, Tongefäße, Handmühlen mit Reibsteinen, Spinnwirteln, Handwebstühle und anderes.

Die Bestattungskultur war sehr unterschiedlich. Man findet Einzel- und Kollektivbestattungen, Brandbestattungen und auch Körperbestattungen. Zur Zeit der Megalithkultur, die zur erfragten Zeit 3000 v. Chr. in Norddeutschland herrschte, wurden die Menschen in Megalith- bzw. Großsteingräbern, den bekannten "Hünengräbern", kollektiv bestattet. Es ist allerdings denkbar, dass in den Megalithgräbern nur hochgestellte Bauernsippen Platz fanden, während die einfache Bevölkerung in schlichten Erdgräbern - als Hocker mit angezogenen Beinen oder aber gestreckt - vorlieb nehmen musste.
 
Man muss das ganze doch ein wenig ausdifferenzieren, das Bild das es bis zur Hochmittelalterlichen Rodung in unseren Breiten ständig um dichte Urwälder gehandelt hatt, ist so wie WIKI das schreibt, nicht korrekt.
Das kann ich nur unterstreichen. Alt-Germanien war keineswegs endloses Wald- und Sumpfland, auch wenn die Römer es so sahen. Immerhin konnten sie mit Reiterei im Landesinneren operieren, wie sollte das ansonsten gehen? Es muss schon immer viel Offenland gegeben haben, die Pollenanalysen und die Verbreitung von vielen Tierarten beweisen es.
 
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