Grundlagen für Karthagos Reichtum

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amicus

Gast
Mein Avatar zeigt ja bekanntermaßen einen der bedeutendsten Söhne der Stadt Karthago. Ich möchte an dieser Stelle ein wenig über Karthago was schreiben.


Karthago war eine bedeutende, blühende Handelsmetropole mit einer gut funktionierenden Wirtschaft, einer Verfassung, die sogar von Polybios gelobt wurde und natürlich eine Verwaltung. Karthago gehörte bis zu seiner Vernichtung im Jahre 146 v.Chr. durch die Römer zu den bedeutendsten Städten der Antike. Die Frage, die mich interessiert ist, was war die Grundlage für Karthagos Reichtum und die daraus resultierende Machtstellung im westlichen Mittelmeer.


Zum einem war es ganz sicher der Handel:

Plinius meinte schon, das die Karthager die Handelsgeschäfte wohl erfunden hätten. Es gab in den besseren Zeiten Verträge, die u.a. auch die Handelsbeziehungen, mit den Römern, oder auch mit den Etruskern regelten. Man kann davon ausgehen das weitere Verträge mit anderen Städten existiert haben. So lebten dann beispielsweise Karthager in zahlreichen Städten Griechenlands, um dort ihre wirtschaftlichen Interessen zu vertreten.

Karthago exportierte, wie jüngst im ZDF zu sehen war, wohl hochwertige Eisenprodukte wie Waffen oder Schiffsausrüstungen. Die Karthager kannten ein mehrstufiges Verfahren zur Herstellung von erstklassigen Eisen. Dieses Wissen war nach der Zerstörung Karthagos durch die Römer für die nächsten 2000 Jahre verschüttet. Des Weiteren exportierten sie Schmuck,Salben, Keramikwaren und Gefäße.

Importiert wurden beispielsweise Metalle, Papyrus, Öl, Wein, Fische, Glasfläschchen, Amulette und Kleinfiguren. Außerdem Sklaven, Elefanten, Elfenbein, Felle, Hörner. Häufig wurden diese Produkte (Sklaven sind natürlich nicht gemeint) weiterverarbeitet und dann wieder verkauft.

Karthago importierte und exportiere außerdem Gold aus dem Senegal, Zinne aus Britannien und Erze aus Iberien.


Die Kolonien:

Sardinien und das östliche Sizilien dienten Karthago in erster Linie als Getreidelieferant. Dieses Getreide war zum Beispiel für Griechenland wichtig, welches selbst nicht über genügend Getreide verfügte. Auch die Römer haben später die Bedeutung dieser Inseln erkannt.

Die Lage:

Die geographische Lage Karthagos war sehr günstig. Sie lag zwischen dem westlichen und östlichen Mittelmeer, was den Handel über See zu den Städten Griechenlands genauso wie zu denen der Iberer ermöglichte. Im Hinterland der Stadt gab es anbaufähiges Gebiet für landwirtschaftliche Produkte. Händler aus Zypern, Griechenland, Frankreich oder Italien mussten die enge Passage zwischen Sizilien und Karthago passieren. Es ist gut möglich, das die Karthager diese Passage zeitweise gesperrt haben, um ihre eigenen Handelsinteressen zu befördern.

Habe ich irgendetwas vergessen so bitte ich um entsprechende Ergänzungen. Danke. :winke:

(Als Quelle diente mir Werner Huss, Die Karthager, München 1990)
 
Der weitreichende Handel war somit die Basis des Reichtums und damit des Aufstieg zur Großmacht der Antike, Ausgangspunkt und Einflußfaktor für alle politischen Aktivitäten der Stadt.

Ist dieser Reichtum und damit die Handelstätigkeit auch der Grund dafür, dass der Sprung vom Stadtstaat (mit Bündnissystemen und Kolonien) zu einem festen Staatswesen nicht vollzogen wurde?
 
Karthagos politische Bestrebungen gingen nur in eine einzige Richtung. Die Sicherung der Seeherrschaft über das westliche Mittelmeer. Hintergrundgedanke war selbstverständlich die Beförderung und Sicherung des eigenen Handels. Der Handel stand im Mittelpunkt des politischen Handelns. Karthago war selbst auf dem Zenit seiner Macht nie eine imperialistische Macht wie beispielsweise Rom. Es gab, so weit mir bekannt ist, keinerlei Bestrebungen Karthagos ein wie auch immer geartetes Reichs- oder Staatswesen zu begründen.
 
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Was war denn mit den Besitzungen in Spanien?
Auf die trifft doch wohl eher die Bezeichnung Kolonie zu.
 
Ich erinnere mich dunkel das die Karthager das farblose Glas erfanden. Dies dürfte ein weiteres gewinnbringendes Handelsgut gewesen sein.
Persönlich glaube ich das gerade dieser Reichtum den Wechsel von Stadtstaat zu "Imperium" eingeleitet hat. Wo Reichtum ist da ist auch Macht. Und wo diese zu finden sind können Waffen nicht weit sein. Und von da an nur noch ein kleiner Schritt bis zur Ausdehnung der Interessenspähre. Sei es durch Waffengewalt (also Eroberung) über Diplomatie (Drohung, Schutzgarantie) oder Handel (und damit Beeinflussung. Es ist doch so wenn der Handel/ Wohlstand eine gewisse Größe erreicht hat will man nichts mehr riskieren und denkt über einen Schutz nach).
Zudem war der Boden dort sehr fruchtbar und ermöglichte mehrere Ernten. Dazu kam noch ein ausgeklügeltesbewässerungs- und Anbausystem. Da ist es kein Wunder das ein römischer Schriftsteller ein karthagisches Buch über Landwirtschaft übersetzte und dieses Wissen es fortan im römischen Gebiet angewandt wurde. Den Namen des Schriftstellers habe ich leider vergessen.
Hallo Amicus, die Aussage Karthago war nur an der Sicherung und Ausweitung des Seehandels interessiert kann so nicht stimmen. Karthago führte auf innenpolitischer Ebene einen permanenten Kampf zwischen der Landpartei (halt den zuerstangekommenen) und der Seepartei (welche die Kolonisierung und den Seehandel vorantrieben). Dieser permanente Zickzackkurs über die Ziele Sicherung und Ausweitung des eigenen Gebietes in Nordafrika und Unterwerfung der Lybier und Numider gegen die Sicherung und Ausweitung der Kolonien in "Übersee" führte zu einer Schwächung des Staates und in gewisser Weise zu seinem Untergang. Die besten Beispiele dürften wohl die Gründungen, besser Eroberungen in Hispania gewesen sein welche durch die Seepartei finanziert und alleine durch die Familie Barkas geführt wurde. Nicht umsonst wurde eine Stadt "Barcelona" von ihnen gegründet und nach ihnen benannt. Der zweite mögliche Beweis (wenn man ihn gelten lässt) ist der Befehl des karthagischen Senats an Hannibal (welcher unmittelbar vor der Überquerung der Alpen stand) er solle einen Teil seines Heeres (ich glaube es waren 7.000 Mann) auflösen und nach Hause schicken oder er bekäme keine Unterstützung.
 
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Der Verfasser des "De agri cultura" war ein gewisser Mago (und wenn sich noch jemand darüber beklagt, dass die Römer nur 17 Namen hatten, bei den Karthagern scheinen es noch weniger gewesen zu sein, und das ohne rtichtige Familiennamen).

Wir können nach dem jetzigen Stand nicht sicher sagen, wie genau die "karthagischen Kolonien" aussahen. Aus Spanien, Sizilien und Libyen ist bekannt, dass die lokalen Völker als durchaus autonome Größen mit in das System eingebunden waren - dementsprechend auch die immer größeren Ansprüche der Libyer auf karthagisches Gebiet, was u. a. zum 3. punischen Krieg führte. Für eine regelrechte "Koloniebildung" im Sinne der Ersetzung und Verdrängung lokaler Bevölkerung durch eigene Siedler (wie es bei den Römern praktiziert wurde) fehlten den Karthagern schlicht die Leute: sie haben nie andere Stämme "in sich aufgenommen" wie die Römer, und scheinen auch keine Lust auf ethnische Vermischung gehabt zu haben wie z. B. die hellenistischen Griechen.

Die gescheiterte politische Aufholjagd der Barkiden ist eine der größten Tragödien der Antike, hing doch das Schicksal der ganzen Stadt (und Kultur) davon ab. Ich bin mir nicht sicher, ob "Barcelona" wirklich diesen Wortstamm hat; meistens waren die Karthager sehr fantasielos, was ihre Gründungen anbelangte.
 
Was war denn mit den Besitzungen in Spanien?
Auf die trifft doch wohl eher die Bezeichnung Kolonie zu.
@Secundus

Ich habe ja schon in meinem

http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=247518&postcount=1

Beitrag, geschrieben, das Karthago über Kolonien verfügte. Spanien war nach der Niederlage des 1. Römischen/Punischen Krieg eine Notwendigkeit, um allein schon die enormen Reparationen an die Römer zu zahlen. Auch glaube ich schon, das die kathagische Vorherrschaft sich doch sehr von der der Römer später in Spanien unterschieden hat.
 
. Aus Spanien, Sizilien und Libyen ist bekannt, dass die lokalen Völker als durchaus autonome Größen mit in das System eingebunden waren


Hasdrubal hatte in Spanien eben nicht auf Gewalt und Terror gesetzt, wie es die Römer praktizierten, sondern er bemühte sich beispielsweise um freundschaftliche Beziehungen zu den Iberen. Hasdrubal wurdes sogar von den mit ihm verbündeten iberischen Stämmen zum Oberbefehslhaber gewählt.
(Quelle: Hannibal, Darmstadt 2003)
 
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Naja vielleicht lag es einfach nur daran das Hasdrubal kurzerhand die Kinder der Stammesführer als Geiseln nahm. Sonst hätten gerade diese Völker nicht so schnell eingewilligt Teile ihres Landes und ihrer Herrschaft, inklusive Oberbefehl abzugeben. Immerhin brechen mit dem eintreffen der Römer während des 2. punischen Krieges überall prorömische Aufstände auf. Das zeugt nicht unbedingt von Freundschaft. Ich denke die Karthager haben sich dort genauso mies benommen wie in Lybien. Kein Wunder das dort während des Söldnerkrieges fast alle Städte zu den Aufständischen übergingen.
 
@Faultier

Das Thema dieses Threads ist die Grundlage des Reichstums der antiken Metropole Karthago. Das Verhalten und Auftreten der Karthager in deren Kolonien nicht. Du kannst dafür ja einen separaten Strang aufmachen.:winke:
 
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