Hethiter im Fernsehen

Pope

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Habe letzte Woche die Sendereihe "Versunkene Metropolen" im ZDF gesehen.

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Obwohl die Sendung eigentlich ganz gut war und die Technik eine gelungene Rekonstruktion der Stadt zeigte, blieben viele interessante Sachverhalte unerwähnt. Schlimmer noch, es wurde behauptet, dass Loyalität zur Einhaltung der göttlichen Ordnung oberstes Prinzip gewesen sei, dem sich keiner zu widersetzen traute.

Soweit ich weiss, war das Großreich der Hethiter kein starres, absolutistisches Gebilde, sondern ein Bundesstaat unter hethitischer Vorherrschaft. Und nach jedem Thronwechsel musste der neue Herrscher erstmal die Provinzen mit militärischer Machtdemonstration zum erneuten Treueeid zwingen. Zudem gab es mehrere Phasen in der hethitischen Geschichte, da war vor lauter Thronfolgekämpfen sogar der Reichsbestand in Gefahr.

Ich verstehe daher nicht ganz, wie man zu solchen pauschalen Schlüssen kommen kann, dass diese Menschen sich gottesfürchtig ihrem Schicksal fügten. Zumindest in den politischen Rängen half man dem Schicksal doch sehr tatkräftig nach.

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Schlimmer noch, es wurde behauptet, dass Loyalität zur Einhaltung der göttlichen Ordnung oberstes Prinzip gewesen sei, dem sich keiner zu widersetzen traute.
Soweit ich weiss, war das Großreich der Hethiter kein starres, absolutistisches Gebilde, sondern ein Bundesstaat unter hethitischer Vorherrschaft.

Meines Wissens war das Reich der Hethiter keineswegs ein "Bundesstaat", sondern ein durchaus absolutistisches Gebilde. Allerdings gab es abseits des Kerngebiets einige Länder, die halbautonom geblieben waren, da die Kraft der Zentralregierung nicht zur völligen Unterwerfung ausreichte. Solch ein Gebilde war z.B. das Land Wilusa im äußersten Westen Kleinasiens, in dem die Stadt Wilion/Ilion/Troja vermutet wird.

Natürlich gab es Schwächephasen, die das Reich der Hethiter im Lauf seiner etwa 700 Jahre durchlebte, doch muss deshalb das Prinzip einer obersten göttlichen Ordnung mit Identität stiftender Funktion nicht falsch sein. Wir wissen ja von der autochthonen kleinasiatischen Bevölkerung, dass Religion und religiöse Riten bei ihr einen außerordentlich hohen Stellenwewrt hatten - und immerhin übernahmen die Hethiter von der kleinasiatischen Vorbevölkerung der Hattier alle Götter und damit auch religiöse Rituale. Also: Die Aussage dieser ZDF-Sendung, die ich auch gesehen habe, muss nicht falsch sein.

Was ich als bedenklich empfand, waren die Gründe, die für das Ende des hethitischen Staates genannt wurden. Allein Missernten, Entvölkerung oder Bürgerkrieg können es nicht gewesen sein, da sind viele Forscher anderer Meinung. Ein zentraler Grund ist für viele das Einbrechen der Seevölker um 1200 v. Chr., die nachweislich durch Kleinasien sowie über Kreta und Zypern nach Palästina ("Philister") und ins ägyptische Nildelta zogen, wo sie die große See- und Landschlacht im Jahr 1177 v. Chr. gegen Ramses III. verloren. - Davon war jedoch in diesem Beitrag keinerlei Rede!
 
Hallo Dieter!

Wenn ich das Buch "Die Hethiter" (zu faul zum Googlen) recht in Erinnerung habe, dann war es doch so, dass

1. die Hethiter von ihren Vasallen lediglich Treue, Tribut, militärische Unterstützung und das Primat der hethitischen Außenpolitik verlangten, und

2. die Thronwirren auffällig oft die Innenpolitik bestimmten.

Das Buch war kein Werk von Fachspezialisten. Dennoch wundert mich, dass das ZDF zu einer anderen Schlussfolgerung kam.

Zum Thema "Seevölker": Ich kann mir vorstellen, dass das ZDF dieses Fass erst garnicht aufmachen wollten. Kann man verstehen. Andere Dinge kamen mir aber auch etwas zu kurz, muss ich sagen. Z.B. die umstrittene Herkunft, oder ihre Rolle bei der Verbreitung der Eisentechnologie und des Pferdes als Kriegswaffe.

Alles in Allem, keine schlechte Reportage, aber m.E. zu knapp gehalten. Schade.
 
Alles in Allem, keine schlechte Reportage, aber m.E. zu knapp gehalten. Schade.

Ja, da gebe ich dir Recht, aber bei Sedungen, die lediglich 45 Minuten dauern, kann man fairerweise keine erschöpfende Berichterstattung erwarten. Die Sache mit der Eisentechnologie, für die die Hethiter berühmt sind, hätte allerdings nicht vergessen werden dürfen!
 
Hallo Dieter, ein netter neuer "Seevölker" Strang und eine Diskussion über die Ursachen des Untergangs des Reiches wäre doch nett. Machst du ihn auf?
 
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