Niederdeutsch

balticbirdy

Ehemaliges Mitglied
Es ist inzwischen ja anerkannt, dass Niederdeutsch eine selbstständige Sprache ist. Hat die sog. 2. Lautverschiebung im Frühmittelalter verpasst und ist daher dichter am Englischen oder Nordischen. Daher verstehe ich auf dänischen Schiffen manches, was ich eigentlich nicht hören sollte. Eigentlich könnte ich laut EU verlangen, meine Steuererklärung oder meinen Strafprozess in „Platt“ zu bekommen. Vielleicht findet sich mal ein „Michael Kohlhaas“, der aus Gag darauf besteht und prozessiert. Medieninteresse wäre ihm sicher... Nein, darum geht es mir aber nicht. Ich bin mit Niederdeutsch als Zweitsprache aufgewachsen und das in Wismar. Kinder, die nicht richtig Hochdeutsch konnten, galten in den 1960ern als geschädigt.
Auf der Werft gab es regelrecht 2 Fraktionen.
Ich habe auch registriert, dass sich noch in den 1980ern auf Hiddensee, wo ich mehrere Jahre wohnte, Kinder in der Buddelkiste auf Platt gestritten haben, während die Väter beim Saufen waren. Die Berliner Szene, die sich dort schon zu DDR-Zeiten etablierte, hatte es deshalb verdammt schwer – ich hatte als „Fremder“ nie Probleme, weil ich Platt kann.
Vieles wird inzwischen, das merke ich bei mir persönlich, durch Englisch schwer verwässert.
Meine Frage, so in die Runde gestreut: Wo wird Niederdeutsch noch lebendig, also von jungen Leuten, jenseits von Folklore gesprochen? Ich fürchte nirgendwo...
 
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Nicht unbedingt in Dtld. Eher in methodistischen oder baptistischen Gruppierrungen in Lateinamerika, den USA oder Osteuropa bzw. ehemaligen Teilrepubliken der SU (Kasakhstan z.B.).
Ob nun Niederdeutsch eine eigenständige Sprache ist? Nunja, wenn man sich die Benrather Linie östlich des Rhein anschaut, würde man das wohl bejahen. Westlich des Rhein spaltet sie sich aber in den Rheinischen Fächer auf, hier hat wirklich jede Unterscheidung zwischen Nieder- und Oberdeutsch ihre eigene Isoglosse (die Benrather Linie ist ein Zusammenfall der wichtigsten Isoglossen, die das Niederdeutsche vom Oberdeutschen trennt).
Auf dem NDR gibt es eine Fernsehsendung, die ich wirklich gerne sehe, obwohl ich Platt nur in der Theorie kann: De Welt Op Platt.
 
In den Niederlanden ist die Sprache vielleicht noch lebendig.:pfeif:
Der wesentliche Unterschied zum Niederdeutschen in Deutschland ist der fehlende Einfluß der hochdeutschen Standardsprache. Erst die allmähliche Angleichung der niederdeutschen Dialekte an die Standardsprache, hat im Verlauf des 20. Jahrhundert dazu geführt, dass niederländische und niederdeutsche Dialekte überhaupt unterschieden werden können.

Gleichzeitig gleichen sich die Dialekte im Osten der Niederlande der auf dem holländischen Dialekt aufbauenden Standardsprache an.

Diese benachbarten Umgangssprachen werden sich immer unähnlicher die Dialekte verschwinden allmählich.
 
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Das sehe ich auch als überaus bedauerliche Entwicklung.
Bei uns in den PH´s bekommen Dialektsprecher Zusatzstunden aufgebrummt.
Manche Profs sind einfach dümmer als die Polente erlaubt....

Gegen diese Nivellierungsversuche hilft nur eine gerüttelt Maß Selbstbewusstsein.
Und hin und wieder exzessive Verwendung.


In der Süddeutschen vom Wochenende ist ein Bericht über die Dialekte, ich kam leider noch nicht zum lesen.
 
Einige Siebenbürger Sachsen sprechen eine dem Salzgitteraner platt SEHR ähnliche Sprache.(Perfekt heirsch as in Ambergo)
 
Wenn man hier in SH Platt hören will, dann muss man schon in den ländlichen Bereich, am besten in die Seemarschen. Dort kommt es unter den Alten noch vor.
Ich selbst muss mich anstrengen, wenn ich es sprechen will. Manche Worte sind mir ganz entfallen. Meine Großeltern sprachen fast nur platt, meine Eltern schon kaum noch.
Jetzt weiß ich nicht wirklich, ob ich es schade finde, dass ich kein Plattdüütsch rede sondern nur Slang. Einerseits erinnert mich Platt an meine Großeltern und es hat für mich etwas sehr heimeliges, andererseits bin ich beruflich in Deutschland oft unterwegs. Vor drei Wochen war ich z.B. im Vogtland. Da habe ich meinen "Geschäftspartner" nur mühsam verstanden, da er stramm seinen Dialekt durchzog und wohl sonst auch noch zwei Kartoffeln im Mund hatte. Das war sehr hinderlich, vor allem anstrengend für mich. Dösbaddel! Da hätte ich in Hamburg Billstedt einen bildungsresistenten Jugendlichen mit Migrationshintergrund sicher besser verstanden. Ich habe mich einfach nur geärgert.
 
Vor drei Wochen war ich z.B. im Vogtland. Da habe ich meinen "Geschäftspartner" nur mühsam verstanden, da er stramm seinen Dialekt durchzog und wohl sonst auch noch zwei Kartoffeln im Mund hatte. Das war sehr hinderlich, vor allem anstrengend für mich. Dösbaddel! Da hätte ich in Hamburg Billstedt einen bildungsresistenten Jugendlichen mit Migrationshintergrund sicher besser verstanden. Ich habe mich einfach nur geärgert.
Tja, wenn de Platt gekonnt hättest, hätteste ihm auf Platt antworten können, da hätt' er dumm geguckt. :D
 
Auf NDR1 Radio Niedersachsen gibt es auch noch Sendungen auf Platt, wie z. B. "Dat kannst mi glööven", "Hör mal'n beten to" oder "Spiekermann sin Sünndagssnack", außerdem abends hin und wieder plattdeutsche Hörspiele.

Obwohl ich selbst aus der angeblichen Hochburg reinsten Hochdeutsches stamme :pfeif:, habe ich in den Ferien früher bei meinen Großeltern nur plattdeutsch gehört. D. h., mit mir sprachen sie hochdeutsch, aber untereinander eben platt und das ist mir im Ohr geblieben. Verstehen kann ich es deshalb gut, mit dem sprechen ... na ja... so lala...

Ein Ex-Kollege ist vor einigen Jahren Richtung Ostseeküste (SH) gezogen; seine Tochter hatte dort in der Schule Plattdeutsch-Unterricht (auf freiwilliger Basis).

Also ist Platt noch längst nicht dem Untergang geweiht...

@Rurik: ich hätte dem Dösbaddel an Deiner Stelle trotzdem in "Slang-Platt" gekontert. Woher sollte der denn wissen, dass Du kein reines Platt kannst?
 
Eigentlich könnte ich laut EU verlangen, meine Steuererklärung oder meinen Strafprozess in „Platt“ zu bekommen. Vielleicht findet sich mal ein „Michael Kohlhaas“, der aus Gag darauf besteht und prozessiert.

in mecklenburg vorpommern kannst du schon seit ein paar jahren anträge, behördliche schriftstücke ect. in plattdeutsch ausfüllen. selbst vor gericht wird dir ein übersätzer fürs hoch bzw. niederdeusche gestellt.
das kommt daher, das in m-v das plattdeutsch vor vor ein paar jahren, als minderheiten sprache anerkannt wurde.
 
Plattdeutsch in Deutschland

Hallo Forianer,


ich habe eine kleine Auseinandersetzung mit einem Freund, darüber, wo überall - im heutigen Deutschland - Platt gesprochen wurde. Mein Freund sagt, dass in ganz Deutschland, auch im Süden, platt gesprochen wurde. Ich glaube wiederum, dass überall, außer in Süddeutschland platt gesprochen wurde. Habt ihr zuverlässige Quellen, oder einfach nur stark vertretene Standpunkte?

Ich hoffe ihr könnt mir helfen,
Bartimäus


PS Unter "Süddeutschland" verstehe ich Bayern, Baden-Württemberg.
 
Die sogenannte hochdeutsche Lautverschiebung, welche das Hochdeutsche von der restlichen Germania trennte hat in etwa um 500 n. Chr. eingesetzt, man vermutet in Kärnten, und ist dann nach Norden "gewandert". Die Grenze (korrekt Isoglosse) zwischen dem Mitteldeutschen (Ober- und Mitteldeutsch bilden die Hauptvarietäten des "Hochdeutschen") und dem Niederdeutschen ist die Benrather Linie, die von Düsseldorf-Benrath nach Osten verläuft, mit einer ganz leichten Tendenz nach Norden. Westlich des Rheins fächert sie sich auf, daher der Ausdruck Rheinischer Fächer.
 
Die sogenannte hochdeutsche Lautverschiebung, welche das Hochdeutsche von der restlichen Germania trennte hat in etwa um 500 n. Chr. eingesetzt, man vermutet in Kärnten, und ist dann nach Norden "gewandert". Die Grenze (korrekt Isoglosse) zwischen dem Mitteldeutschen (Ober- und Mitteldeutsch bilden die Hauptvarietäten des "Hochdeutschen") und dem Niederdeutschen ist die Benrather Linie, die von Düsseldorf-Benrath nach Osten verläuft, mit einer ganz leichten Tendenz nach Norden. Westlich des Rheins fächert sie sich auf, daher der Ausdruck Rheinischer Fächer.


Vielleicht noch der Hinweis, dass die Sprecher des Moselfränkischen ihren Dialekt ebenfalls Platt nennen.

 
Sehen wir doch mal den traurigen Tatsachen ins Auge. Daran ändert ein bisschen Folklore nix. Niederdeutsch ist de facto tot. Benutzt wird es im Alltag bestenfalls von alten Leuten untereinander. In den 1970er Jahren gab es unter den "Werftlöwen" in Wismar noch 2 Fraktionen. Auf Hiddensee habe ich es noch in den 1980ern erlebt, wie Kleinkinder sich in der Buddelkiste sich in dieser Sprache (Ja, es ist eine eigenständige Sprache und nicht nur ein Dialekt.) angarrten. Persönlich kann ich Platt, nutze es aber höchstens beim Skatkloppen. Hilfreich ist es als Brücke zum Verständnis des Dänischen, aber auch wenn es um Englisch geht.
 
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In sehr vielen Gegenden wird die eigene Mundart als "Platt" bezeichnet.
Die Einteilung in Niederdeutsch/Mitteldeutsch und Hochdeutsch ist eine akademische.
Und der Übergang vom Mitteldeutschen zum Niederdeutschen z.B. ist fließend.
Also, ihr habt beide recht, denn die Hessen z.B. sprechen alle "Platt", die einen ostfälischen Dialekt, die anderen Hessisch, die Unterhaltung läuft auf Schriftdeutsch ( oder was auch immer die jeweilige Seite dafür hält;-) )
Denn beide sprechen eine in Grammatik, Vokabular und Lautbildung unterschiedlich Sprache
 
Die Einteilung in Niederdeutsch/Mitteldeutsch und Hochdeutsch ist eine akademische.
Sehe ich nicht so, auch wenn in Norddeutschland heute im Grunde ein mit Plattrelikten durchsetztes Hochdeutsch gesprochen wird. Beharrlicher ist die Aussprache. Meine in der Lausitz leider fern von mir aufgewachsene Tochter sagte als 12jährige zu mir: "Du redest wie Otto..." (Waalkes).
Jeder erkennt daran die Herkunft des anderen. Im Slang der Ostpreußen hielt sich die Aussprache der Ureinwohner, der baltischen Pruzzen, bis in unsere Zeit.
 
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die Hessen z.B. sprechen alle "Platt", die einen ostfälischen Dialekt, die anderen Hessisch,

Hessisch ist sicher kein "Platt". Und die Hessen, die tatsächlich ein ostfälisches Idiom sprechen, müssen schon aus dem extremen Norden des Bundeslandes kommen, da wo es zwischen NRW und Thüringen eingeklemmt an Niedersachsen stößt.
 
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