Räter und Etrusker

Q

Quintus Fabius

Gast
Laut dem Buch von Helmut Rix das viele Beispiele nennt und Beweise anführt, ist es eigentlich schon recht klar, daß das Etruskische und das Rätische miteinander verwandt sind.

Ich persönlich folge hier der Argumentation und Beweisführung des Etruskologen Rix dessen Ausführungen ich als ausreichenden Beweis sehe.

Natürlich ist mir bekannt, daß immer noch darüber diskutiert wird, aber ich halte die Argumente von Herrn Rix für absolut überzeugend.

Das geht weit über die Ähnlichkeit der Wörter hinaus, vor allem die Grammatik ist wirklich gleich.

Die Gegenseite argumentiert nun, daß die geringe Zahl von Schriftfunden des Rätischen keine vollständige Konstruktion der Grammatik des Rätischen zuläßt. Das stimmt durchaus. Aber in den Teilen die bekannt sind, ist das Rätische dem Etruskischen schon sehr ähnlich.

Und das interessante ist, daß diese Ähnlichkeit schon in der Antike von Antiken Autoren festgestellt worden ist, Plinius hat schon geschrieben, daß die Räter eine Abart des Etruskischen sprächen und er kannte beide Sprache noch aus eigener Anschauung. Livius schreibt sogar, daß die Räter Nachfahren der Etrusker wären und es gibt sogar noch weitere Antike Autoren die das gleiche behaupten.

Angesichts der Überlieferung der Antike in der klar steht, daß die Räter mit den Etruskern die Sprache teilten und den Funden ist es meine Meinung, daß die Verwandschaft des Rätischen mit dem Etruskischen sehr wahrscheinlich ist.

Das Gegenargument der Gegner dieser Theorie ist dann, daß die Räter einfach durch die Etrusker massiv kulturell beeinfluß worden sind und daher die Rätische Sprache von der Etruskischen Sprache ebenfalls stark beeinflußt worden sei. In der Zeit als die Kelten Norditalien eroberten seien viele Etrusker aus der Po Ebene in das Gebiet der Räter geflohen und hätten sich dort mit diesen darüber hinaus vermischt. Das ist auch sicher richtig, aber die Inschriften die älter sind als der Einfall in Norditalien zeigen die gleiche Verwandschaft.

Bis man mehr rätische Inschriften gefunden hat, läßt sich leider kein endgültiger Beweis für die Verwandschaft finden, aber es ist schon sehr wahrscheinlich, so sehr wahrscheinlich das ich es als Tatsache betrachte.

Die ganze Diskussion geht aber ja weit über die Frage der Sprachverwandschaft hinaus, den Parteien in dieser Diskussion geht es ja um die Frage der Abstammung der Etrusker und eine Verwandschaft mit den Rätern würde hier viele Theorien zum Einsturz bringen, sie würde auf eine Herkunft der Etrusker aus der Region hin deuten und die Einwanderungsthese negieren. Deshalb wird die Sprachverwandschaft nicht nur aus den tatsächlich vorliegenden Sprachdokumenten geleugnet sondern auch aus den bisher zur Frage der Herkunft der Etrusker aufgestellten Hypothesen.

Interessant finde ich, daß die Gegner der Sprachverwandschaft des Etruskischen mit dem Rätischen zugleich die Verwandschaft des Etruskischen mit dem Lemnischen anerkennen. Es gibt ebenso wenig Lemnische Inschriften wie Rätische oder besser es gibt sogar weniger wen man genau ist. Dennoch wird die Verwandschaft des Lemnischen mit dem Etruskischen nicht bestritten. Der Grund ist einfach, daß dieser Fund zu der Einwanderungsthese passt und daher ins Bild passt. Eine Verwandschaft mit dem Rätischen macht aus dem Lemnischen wieder eine Anomalie die nicht ins Bild passt und wirft mehr Fragen auf.

Es geht also bei der Diskussion oft um mehr als nur um die Sprache selbst.
 
Dein Schlussatz sagt es eigentlich: Hat denn die Archäologie an Funden von Gebrauchsgegenständen, Erzeugnissen, kulturellen Hinterlassenschaft
( Malereien), Bestattungskultur, Götterglauben usw, keine sonstigen Bezüge herstellen können ?
das fragt sich jeanne, salu
 
Die ganze Diskussion geht aber ja weit über die Frage der Sprachverwandschaft hinaus, den Parteien in dieser Diskussion geht es ja um die Frage der Abstammung der Etrusker und eine Verwandschaft mit den Rätern würde hier viele Theorien zum Einsturz bringen, sie würde auf eine Herkunft der Etrusker aus der Region hin deuten und die Einwanderungsthese negieren.

Diese Hypothese einer Einwanderung der Etrusker aus Kleinasien teilen heute ohnehin nur noch wenige. Die meisten gehen von einer autochthonen Kultur aus, die sich in Italien seit etwa 1000 v. Chr. entwickelt hat. Sie führen dafür ins Feld, dass die eisenzeitliche Villanovakultur Ober- und Mittelitaliens seit 1000 v. Chr. ohne Bruch in die etruskische Kultur übergeht.

Einige vermuten, dass die Etrusker keine ethnisch geschlossene Einheit gewesen sind, sondern im wesentlichen aus vorindogermanisch italisch-indigenen Elementen bestanden.

Eine andere Fraktion nimmt an, dass möglicherweise eine ganz kleiner Schub von Menschen aus dem östlichen Raum des Mittelmeers nach Italien eingewandert sein könnte und dort die aristokratische Oberschicht der Etrusker gebildet hätte.
 
Ich persönlich folge hier der Argumentation und Beweisführung des Etruskologen Rix dessen Ausführungen ich als ausreichenden Beweis sehe.
[...]
Bis man mehr rätische Inschriften gefunden hat, läßt sich leider kein endgültiger Beweis für die Verwandschaft finden, aber es ist schon sehr wahrscheinlich, so sehr wahrscheinlich das ich es als Tatsache betrachte.

Und ich lege eben Wert auf die Unterscheidung zwischen Hypothese und Tatsache und folge hier ebenfalls Helmut Rix, der in seinem Büchlein "Rätisch und Etruskisch" (Innsbruck 1998) ausdrücklich von einer Hypothese spricht.

Das geht weit über die Ähnlichkeit der Wörter hinaus, vor allem die Grammatik ist wirklich gleich.

So viele Wörter sind es ja nun wirklich nicht, und bei der Grammatik handelt es sich um die Deutung einiger weniger Silben - Deutungen, die ihrerseits noch hypothetisch sind. Wie schlecht es mit dem Wortschatz aussieht (die meisten kürzeren Inschriften enthalten größtenteils Namen), schreibt Rix selbst:

Rix schrieb:
Das Vokabular der längeren rätischen Weihinschriften ist von dem der entsprechenden etruskischen Texte ganz verschieden. Von den etwa 70 für das Rätische identifizierbaren Personennamen hat nur ein einziger eine etruskische Entsprechung [...]

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Quintus Fabius schrieb:
Und das interessante ist, daß diese Ähnlichkeit schon in der Antike von Antiken Autoren festgestellt worden ist, Plinius hat schon geschrieben, daß die Räter eine Abart des Etruskischen sprächen und er kannte beide Sprache noch aus eigener Anschauung. Livius schreibt sogar, daß die Räter Nachfahren der Etrusker wären und es gibt sogar noch weitere Antike Autoren die das gleiche behaupten. [...]
Angesichts der Überlieferung der Antike in der klar steht, daß die Räter mit den Etruskern die Sprache teilten


So klar ist das keineswegs. Welcher antike Autor beherrschte denn sowohl die rätische wie auch die etruskische Sprache und konnte darüber eine kompetente Auskunft geben? Wenn Livius schreibt, die Räter hätten von ihrem angeblich etruskischen Ursprung "nichts mehr außer dem Klang der Sprache, und nicht einmal diesen unverdorben" beibehalten ("... ne quid ex antiquo praeter sonum linguae nec eum incorruptum retinerent", dann heißt das nicht viel mehr, als daß eben der Klang die zeitgenössischen Lateiner ans Etruskische erinnerte, allerdings an ein "verdorbenes" Etruskisch.
Wen würde der Klang der vietnamesischen Sprache nicht an das Chinesische erinnern? Und doch ist das Vietnamesische nicht mit dem Chinesischen verwandt...


Interessant finde ich, daß die Gegner der Sprachverwandschaft des Etruskischen mit dem Rätischen zugleich die Verwandschaft des Etruskischen mit dem Lemnischen anerkennen.


Ich bin ja keineswegs ein Gegner der Hypothese der etruskisch-rätischen Sprachverwandtschaft. Allerdings scheinen die etruskischen Anklänge, nicht nur einzelner Wörter, sondern kombinierter Ausdrücke, bei der einen längeren lemnischen Inschrift wesentlich deutlicher zu sein als bei all den vielen rätischen Inschriften zusammen.

Siehe hier:
The Lemnos Stele

Der Grund ist einfach, daß dieser Fund zu der Einwanderungsthese passt und daher ins Bild passt.

Was mich betrifft, bist Du da im Irrtum. Ich stehe allen Einwanderungsthesen grundsätzlich skeptisch gegenüber.

* * *

Noch ein Link zum Forschungs- und Diskussionsstand des Jahres 1998 (die in demselben Jahr veröffentlichte Arbeit von Helmut Rix ist dort leider noch nicht berücksichtigt):
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