Bestattung bei den Germanen

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Gast
Frage von Kay :

Ich suche für den Religionsunterricht in der Schule Informationen über die Bestattungsriten bei den Germanen, da ich auf anderen Internet Seiten noch nicht viel herausfinden konnte dachte ich man könnte mir hier noch helfen.
bitte um Antwort Kay

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Antwort von Hyokkose :

Da die Germanen nie ein einheitliches Volk mit einheitlichen Riten gebildet haben, ist es schwierig, die unterschiedlichen Bestattungsgebräuche auf einen Nenner zu bringen:

In der Frühzeit herrschten Feuerbestattungen vor. Sehr häufig waren Urnengräber, wobei die verbrannten Überreste des Toten in einen Topf oder einen anderen Behälter eingesammelt und in einer kleinen Grube begraben wurden. Oder die ganzen Überreste des Scheiterhaufens wurden samt Grabbeigaben mit Erde bedeckt (Brandgrubengrab). Oder Urne und restliche Grabausstattung wurden getrennt aufbewahrt (Brandschüttzungsgrab).

In Südskandinavien war aber auch die Körperbestattung schon im 1. vorchristlichen Jahrhundert sehr verbreitet, die sich später auch bei anderen germanischen Völkern durchsetzte.
Bei einigen Völkern findet man Grabhügel, in Skandinavien häufig Steinhaufen. Dort gab es später auch Steinkonstruktionen in Schifform und auch Gräber mit echten Schiffen.

Gräber sind meistens in ausgedehnten Gräberfeldern zu finden. Es gab Gräberfelder, die aus Einzelgräbern bestanden, aber auch Gräberfelder, in denen alle Überreste eine von Erde überdeckte Schicht bilden. Zur Zeit der Völkerwanderung waren Reihengräber am weitesten verbreitet: die Gräber sind in langen Reihen angeordnet.

Als Grabbeigaben findet man Gefäße und Schmuck, seltener auch Werkzeuge und Waffen. Auch Tierknochen sind anzutreffen. Reich ausgestattete Gräber enthalten auch schon mal Luxuswaren griechischer, römischer oder etruskischer Herkunft. (Malcolm Todd, Die Germanen, Stuttgart 2000)

Tacitus (dessen Aussagen nicht auf alle germanischen Völker verallgemeinert werden sollten) schreibt:
"Bei den Leichenbegängnissen gibt es kein Gepränge; nur darauf halten sie, dass die Leiber ausgezeichneter Männer mit bestimmten Holzsorten verbrannt werden. Den Scheiterhaufen bedecken sie weder mit Gewändern noch mit Wohlgerüchen; jedem wird seine Rüstung, manchen auch ihr Pferd ins Feuer mitgegeben. Das Grab baut sich aus Rasen auf. Denkmäler zu Ehren der Verstorbenen hoch und mühsam aufzutürmen verwerfen sie als für diese drückend . Wehklagen und Tränen legen sie rasch wieder ab, Schmerz und Betrübnis nur langsam. Für Frauen gilt das Trauern als angebracht, für Männer das Gedenken."
(http://www.gottwein.de/Lat/tac/Germ16.htm)


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Dankeschön von Mercy :

Danke, hast Du profund erläutert. "Linkmässig" überlagert da der Schrott [vulgo Blödsinn und Schwachsinn] jegliche seriöse Information.

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Frage von Wthurner :

Hallo Mercy, soweit ich den link verstanden habe, sei dies eine Übersetzung von Tacitus ins Deutsche.
Meinst Du diese Übersetzung im link ist nicht korrekt?

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Antwort von Mercy :

Das ist einer wenigen unter vielen "faulen Eiern". Nur ohne die Erläuterungen von Hyokkose ist das ein wenig dürftig.

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Dankeschön von Kay :

Hallo Hyokkose,
möchte mich kurz und knapp bei dir bedanken und sagen, dass es mir wahrscheinlich sehr weiterhelfen wird!Ich kann es gut gebrauchen!
MfG Kay
P.S.: (An Mercy) Falls das 'faule Ei' auf mich bezogen sein sollte: Es gibt nun mal auch nicht so intellektuell gebildete (oder auch eingebildete) Menschen, die sich keinerlei Hilfe annehmen, wie dir, sondern auch solche die sich gerne helfen lassen und auch gerne helfen.

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Antwort von Hyokkose :

Gern geschehen!
Einen Tipfehler muß ich noch korrigieren: Es muß natürlich "Brandschüttungsgrab" heißen und nicht "Brandschüttzungsgrab".

Mit den "faulen Eiern" hat Mercy das Internet gemeint. Wenn man dort mit den Begriffen "Germanen" und "Bestattungsriten" googelt, stößt man tatsächlich vorwiegend auf Sektenquatsch und Eiermatsch.
Außerdem zählt Mercy zu den netten Menschen, die sich gerne helfen lassen und auch gerne helfen - einen höflich fragenden Gast würde er nie im Leben als "faules Ei" titulieren.

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Beitrag von Kay :

Danke für die kleine Nebenbei-Information ;-)
Dazu muss ich ihm dann auch noch recht geben, weil man im Internet nicht wirklich viel findet und wenn dann auch nur zum Thema Mythologie.
Vielen Dank für die reichlichen Infos!
 
Hyokkose schrieb:
In Südskandinavien war aber auch die Körperbestattung schon im ersten vorchristlichen Jahrhundert sehr verbreitet, die sich später auch bei anderen germanischen Völkern durchsetzte.
Bereits in der Altsteinzeit wurden Tote durch Ausstattung mit Beigaben aller Art vorbereitet und so begraben. Die Hinterbliebenen der Brandbestattung haben offenbar an ein Fortleben auch des verbrannten Toten geglaubt. Durch die Bekehrung fand die Feuerbestattung im Abendland ein vorläufiges Ende, da sie mit dem Glaubenssatz von der Auferstehung des Fleisches nicht vereinbar erschien.
 
Durch die Bekehrung fand die Feuerbestattung im Abendland ein vorläufiges Ende, da sie mit dem Glaubenssatz von der Auferstehung des Fleisches nicht vereinbar erschien.

Das ist zu pauschal gesagt. Es gibt auch genügend Beispiele von Körperbestattungen bei heidnischen Germanen, wie zum Beispiel die in Nord-Süd ausgerichteten Körpergräber in Alamannien, die im 4. Jahrhundert aufkamen. Auch die Reihengräberfelder des 5. Jh. deuten, vor allem in der Ostalb durch die reiche Waffen- und Schmuckbeigabe, Pferdebestattungen und reiche Trank- und Speisebeigaben, auf eine heidnische Bevölkerung hin.
 
Mich beschäftigt da gerade eine Frage: Lassen sich - z. B. bei den vorchristlichen nordischen Stämmen - Unterschiede bei der Art der Bestattung ausmachen, zwischen Menschen, die eines natürlichen Todes starben und solchen, die im Kampf ihr Leben ließen? Gibt es darüber überhaupt Forschungsergebnisse?
:grübel:
 
Leider nicht soweit ich weis, wer auch immer einen Literaturtipp bitte poste, aber keine Wikiquellen oder sowas, sondern wissenschaftliche Quellen.
@Barbarossa
Das ist ein ganz spannendes Thema.
 
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