König Chlodwig einen Pullover häkeln?

Tankred

Gesperrt
Hallo an alle hier,
ich habe folgendes Problem:

Ich lese gerade das Buch "Die Erben der Römer", von Rudolf Pörtner.
Und da steht nun auf Seite 139, zu diversen aus der Merowingerzeit stammenden Alemannengräbern folgendes:
"Auch an Alltagsgeräten lieferten die alemannischen Gräber was das Herz des Forschers begehrt: Töpfe, Gläser, Messer, Arbeitsäxte, HÄKELNADELN,...."

Häkelnadeln?
Das verstört mich doch sehr.
Ich bin zwar kein Experte in der Frage, aber bisher dachte ich, das gibt es erst seit ca 200 Jahren (ein Blick in die Wikipedia bestätigte mir meine Annahme).

OK, das Buch ist aus dem Jahr 1964 (meines ist eine Sonderausgabe von 1987), aber das die Alemannen noch nicht häkelten, sollte man doch auch damals schon gewusst haben - oder bin ich hier total auf dem falschen Dampfer und der Fehler liegt bei mir?

Vielleicht könnt ihr mir weiter helfen?
 
Das frage ich mich auch, also ob die Dinger bloß zufällig wie Häkelnadeln aussehen und deshalb von der Wissenschaft so bezeichnet werden.
Dann bleibt aber immer noch die Frage nach ihrem Zweck?

Bei Wikipedia steht jedenfalls, es gibt keine gehäkelten Stücke die nachweislich vor 1800 datieren.
Das alleine sagt ja aber nicht viel aus.
Denn erstens kann die Häkelkunst, falls schon in der Antike/Eisenzeit/dem Früh-MA bekannt, zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten sein und zweitens ist es auch nicht ungewöhnlich, dass sich keine Reste von "Häkelgut" über einen so langen Zeitraum hinweg erhalten haben.
 
Man muss ja keinen Pullover machen. Hast Du mal an Mützen gedacht?

Pullover werden in der Regel gestrickt, nicht gehäkelt.

Ich glaube mich entsinnen zu können, dass Stricknadeln auch im 18.Jh. aus Metall waren.
 
Das frage ich mich auch, also ob die Dinger bloß zufällig wie Häkelnadeln aussehen und deshalb von der Wissenschaft so bezeichnet werden.
Dann bleibt aber immer noch die Frage nach ihrem Zweck?

Bei Wikipedia steht jedenfalls, es gibt keine gehäkelten Stücke die nachweislich vor 1800 datieren.
Das alleine sagt ja aber nicht viel aus.
Denn erstens kann die Häkelkunst, falls schon in der Antike/Eisenzeit/dem Früh-MA bekannt, zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten sein und zweitens ist es auch nicht ungewöhnlich, dass sich keine Reste von "Häkelgut" über einen so langen Zeitraum hinweg erhalten haben.

Wenn dich das Thema sehr interessiert solltest Du vielleicht so ein "Living History" Forum aufsuchen. Die kennen sich in der Regel mit diesen handwerklichen Dingen besser aus. Eine Alternativnutzung die mir für so einen Haken einfällt ist das nähen von dickem Leder. Man sticht mit der Ahle ein Loch durch das Material, und fischt dann mit dem Haken den Faden durch. Früher gab es ja auch kleine Haken mit denen man die Knöpfe durch die Ösen gezogen hat.
 
@Bdaian
Zu Living-History:
Eigentlich beschäftige ich mich seit ca 2 Jahren genau damit auch selbst, wenn auch eher im privaten, sehr engen Kreis.
Trotzdem habe ich da bisher, auch in Foren, immer nur zu hören bekommen, dass Häkeln und Stricken absolut tabu sind, was die Darstellung von Menschen aus der Antike bis zum Hochmittelalter betrifft.
Darauf wird auch in den einzelnen Kitguides der diversen Gruppen explizit hingewiesen.
Deshalb glaube ich, dass man mir von der Seite nicht weiterhelfen wird können.
Schade, dass es keine Fotos von diesen ausgegrabenen "Häkelknadeln" im Netz gibt.
Ich konnte jedenfalls keine finden.

@Brissotin
Stimmt, Pullover werden wohl eher gestrickt als gehäkelt ;)
 
Ich kann mich an eine Darstellerin erinnern, die mal eine Mütze oder sowas in Nadelbindung machte. Hoffentlich habe ich mir das jetzt richtig gemerkt. Frag mich aber nicht, was das ist. Der anvisierte Zeitschnitt war jedenfalls Frühmittelalter/Spätantike.
Leider ist das nicht so sehr meine Zeit und gerade zum Stricken/Häkeln kenne mich nicht kaum bzw. garnicht aus.
Als Anlaufstelle würde mir jetzt die Betreiberin von www.marquise.de einfallen. Sie stellt jedenfalls auch eine Bajuwarin dar und kennt sich mit allerhand Handarbeitstechniken aus. Vielleicht fragst Du da mal an.

Welche Foren hast Du denn schon deswegen bemüht?
 
Bei Wikipedia steht jedenfalls, es gibt keine gehäkelten Stücke die nachweislich vor 1800 datieren.

Das bedeutet aber nicht unbedingt, das es vorher nicht mglw. solche Stücke gab.
Gerade organisches erhält sich nur in Ausnahmefällen, schau doch mal ob du weitere solches Stücke aus den Reihengräbern findest.
 
Ich hätte jetzt als Erstes an Sammlungen antiker Textilien als Anlaufstelle gedacht. Die Mitarbeiter dort haben zumeist einen ganz guten Überblick.
Eine sicherlich herausragende Sammlung (mit Textilrestaurierung bzw. -konservierung) der ganz, ganz alten Stücke ist die Abegg-Stiftung in Riggisberg: ABEGG-STIFTUNG
 
Man muss ja keinen Pullover machen. Hast Du mal an Mützen gedacht?

Pullover werden in der Regel gestrickt, nicht gehäkelt.

Ich glaube mich entsinnen zu können, dass Stricknadeln auch im 18.Jh. aus Metall waren.
Oder an „Beinlinge“, wenn schon keine Socken gestrickt wurden?
Du hast zwar Recht, dass Pullover in der Regel gestrickt werden, allerdings ist Häkeln sehr viel einfacher als stricken. Und dass es solch einfache Technik noch nicht allzu lange geben soll, will mir nicht so recht einleuchten.

Mit Strick- und Häkelnadeln aus Metall habe ich noch in der Schule gelernt. Ich habe aber auch noch aus Großmutters Zeiten welche aus Holz; Metall war da nicht unbedingt üblich. Und solche sind eben auch vergänglicher als Metallnadeln.

Das Wort „Masche“, das wir ja alle auch mit stricken und häkeln in Verbindung bringen, gibt es jedenfalls schon seit dem 9. Jh. = Masche ? Wiktionary
Es wurden Netze geknüpft, es gab Kettenhemden und da soll niemand auf die Idee gekommen sein, mal entspr. Techniken auszuprobieren, um mit Wollfäden was Wärmendes herzustellen ohne Webrahmen?

Eine Alternativnutzung die mir für so einen Haken einfällt ist das nähen von dickem Leder. Man sticht mit der Ahle ein Loch durch das Material, und fischt dann mit dem Haken den Faden durch. Früher gab es ja auch kleine Haken mit denen man die Knöpfe durch die Ösen gezogen hat.
Das halte ich für wenig wahrscheinlich. So was lässt sich aus Erfahrung viel besser mit einer Nadel nähen.
 
@Brissotin:
Im Mittelalterforum wurde z.B. darüber diskutiert, aber mit dem gleichen Ergebnis wie dem was in der Wikipedia dazu steht.
Ich werd mal an die ABEGG-Stiftung eine E-Mail schreiben und sie fragen
ob sie von diesen ausgebuddelten "Häkelnadeln" schon mal etwas gehört haben.
Kostet ja nichts :)
 
Gibt es bei Pörtner kein Literaturverzeichnis in dem man nach der Herkunft der Angabe schauen könnte?
 
Habe gestern die Oberstrickerin in meinem Umkreis gefragt, und sie meinte auch, dass ihr etwas Gehäkeltes aus der Zeit noch nicht untergekommen ist. Sie erwähnte auch nur Nadelbindung als Technik aus der Zeit. Maschen hat man da, wenn ich mich richtig erinnere, auch.

Eine genaue Datierung des ersten bekannten gehäkelten Stückes kannte sie aber auch nicht. Aber ich selbst halte dazu auch mal die Augen offen.

Es wurden Netze geknüpft, es gab Kettenhemden und da soll niemand auf die Idee gekommen sein, mal entspr. Techniken auszuprobieren, um mit Wollfäden was Wärmendes herzustellen ohne Webrahmen?
Das Dumme ist, dass dies ein Totschlageargument ist, was nicht viel hilft. So versuchen einige irgendwelche unbelegten Techniken zu erklären, wenn sie als Reenactors auf einer Veranstaltung angesprochen werden: Warum sollen die so blöd gewesen sein und noch nicht darauf gekommen sein?
Das ist immer das Problem mit Erfindungen und gerade Textilien. Das Zeug ist sehr vergänglich. Andererseits beweist das nichts, macht sogar eine Existenz einer bestimmten Technik nicht unbedingt wahrscheinlicher. Es ist wie mit der Mode: Warum haben die Sakkos denn Revers? Man kann dann die Entwicklung des Kleidungsstückes erzählen, aber warum dies oder jenes passiert ist, scheint mir oft schwierig zu erklären, wenn man nicht eben anfangen will zu fantasieren.
Es gab ja damals viele Techniken. Wenn ich mir anschaue, was in der Zeit für Muster zur Verzierung hergestellt wurden. Man denke an Brettchenweberei etc.. Vielleicht legte man alles Know-How in solche Techniken.
 
Gibt es bei Pörtner kein Literaturverzeichnis in dem man nach der Herkunft der Angabe schauen könnte?
Ich hoffe, Tankred hat nichts dagegen, wenn ich dazu antworte, vielleicht kennt jemand eins von den Büchern.
In "Die Erben Roms" geht der Satz nach Nennung der Häkelnadeln weiter mit "und Webeschwerter, Silberlöffel und Bronzewaagen, Handschuhe und Ledersandalen, ja selbst eine Art Lockenwickler glaubt Veeck entdeckt zu haben."

Daher nenne ich jetzt hier die Literatur von Walter Veeck aus den Jahren 1924 und 1931 dazu:
Der Alemannenfriedhof von Oberflacht
Die Alemannen in Württemberg
Hundert Jahre völkerwanderungszeitliche archäologische Forschung in Württemberg (in Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Rottweiler Geschichts- und Altertumsvereins)

Vielleicht gibt es darin eine Abbildung.
 
Ich darf diesen Thread noch mal kurz aufwärmen, da ich ein interessantes PDF zu dem Thema gefunden habe.
Zwar gehts da nichts ums Häkeln, sondern ums Stricken, aber nun gut, ist ja auch egal ;)

Rete Amicorum - Kurze Geschichte des Strickens

Da steht beispielsweise folgendes:
Die Anfänge des Strickens lassen sich nicht mit Sicherheit zurückverfolgen. Semitische und anderer kleinasiatische Stämme kannten bereits um 1900 v.Chr. eine Art Stricksocke. Wahrscheinlich ist die Technik des Strickens eine Weiterentwicklung aus dem Verknoten bzw. Verschlingen von endlichen Fäden zu einer Netzarbeit (Filet).

Das ist durchaus interessant und entspricht dem was auch hier schon vermutet wurde: Mittels Maschenbildung Textilien herzustellen, dürfte älter sein, als allgemein angenommen.
 
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