Mainslawen

ulamm

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Die drei westlichsten Orte in Süddeutschland (und überhaupt), deren Namen auf frühmittelalterliche slawische Besiedlung hindeuten, sind meines Erachtens Windisch-Bockenfeld und Böhmweiler, beide im Gemeindegebiet der Stadt Schrozberg, und Segnitz am Main, Teil der Verwaltungsgemeinschaft des am gegenüberliegenden Mainufer gelegenen Marktbreit.

Kennt jemand westlichere Orte mit slawischer Vergangenheit?
Gibt es für den einen oder anderen derartigen Namen andere Erklärungen?

Ich meine jetzt nicht Namen, die auf zugewanderte Herrschaften zurückgehen, wie Kaunitz bei Paderborn. Die zweite Hälfte des Namens Bomlitz im Landkreis Soltau-Fallingbostel in Niedersachsen soll aus dem Niederdeutschen kommen.

Gruß
UL
 
Die slawische Besiedlung im frühen Mittelalter strömte bis in dieses Gebiet. Hier bildeten sie anders als jenseits der Elbe aber keine freien Stämme, sondern standen stets unter fränkischer Oberherrschaft, allerdings meist in eigenen Siedlungen mit lokalem Cheffe. Karl der Große ließ dort schon Slawenkirchen bauen. Ähnliches passierte in der Steiermark und im heutigen Wendland.
Quelle: Hermann (1985): Die Slawen in Deutschland; p.10 und 38
 
Mit "andere Erklärungen" hatte ich gemeint, dass "Böhm-" ja auch mal von "Baum" oder dgl. kommen kann, "Wind…" tatsächlich von "Wind", und dass -nitz, -litz, -itz usw. lateinischer, keltischer oder deutscher Herkunft sein können.
Gruß
UL
 
Inwieweit Wendisch-Windisch mit Slawen zu tun hat, wurde schon mal diskutiert. http://www.geschichtsforum.de/f35/fremdbezeichnung-wenden-winden-f-r-slawen-10958/

Überschlägig betrachtet dürfte das da noch westlicher liegen als deine Beispiele. Boxberg - Stadtteil - Windischbuch
Aber, siehe oben.

Das ist doch kein Widerspruch. Man hat doch auch einzelne slawische Familien oder Kleingruppen ganz sicher noch weiter westlich angesiedelt bzw. ansiedeln lassen. Solange diese fromme Christen wurden, fleissig ackerten und brav ihren Zins zahlten - kein Problem. "Abstammung und Rasse" bedeuteten damals nichts und die Germanisierung dürfte fix und gründlich verlaufen sein.
 
Eigil berichtet in der Vita des Sturmi, dass dieser in der Nähe des heutigen Fulda Slawen begegnet sein soll, die den Mönch verspotteten. Allerdings wird anhand der Textstelle nicht klar, ob es sich dabei um Reisende oder dort lebende Personen handelte.
 
So ähnlich ist übrigens die Namensherkunft von Asfeld an der Aisne, benannt nach Alsfeld an der Leine.

Aber zurück zu den Wenden: Die Finnen nennen Russland "Veniä". Das klingt doch auch irgendwie nach "Wenden". Und es könnte darauf deuten, dass jene Bezeichnung doch nicht durch Übertragung antiker Bezeichnungen auf ganz neue Völker entstanden ist, sondern man umgekehrt passende Bezeichnungen aus der gesprochenen Sprache beim Schreiben antiken Vorbildern angeglichen hat.

Dass die antiken Venedoi eigentlich gar nicht den Wenden = Slawen entsprechen sollen, halte ich für eher wisschschaftsgeschichtlich denn geschichtswissenschaftlich begründet: Nach der Ausbreitung der Goten sollte die ganze Germania Magna deutschgewesen sein. Darum durften die Völker, die nach dem Abzug der Goten dort lebten nicht aus den Völkern entstanden sein, die vor der Unterwerfung des Landes durch die Goten dort gelebt hatten. Im 19. Jahrhundert hatten deutsche Uiversitäten ja allerbesten Ruf in Europa – und gerade in den Geisteswissenschaften sollte man zu seiner Promotion keine Thesen vertreten, die denen des Doktorvaters widersprechen.
UL
 
Mir begegnen Slawen jeden Morgen bei Hornbach in Frankfurt am Main in der Hanauer Landstrasse, und das sind keine Durchreisenden. Aber sind das Mainslawen?:nono:
 
Mit "andere Erklärungen" hatte ich gemeint, dass "Böhm-" ja auch mal von "Baum" oder dgl. kommen kann, "Wind…" tatsächlich von "Wind", und dass -nitz, -litz, -itz usw. lateinischer, keltischer oder deutscher Herkunft sein können.
Gruß
UL

Ich selber komme aus Burgtreswitz....(eindeutig slawisch)...siehe auch www. moosbach.de....
Aber drei KM weiter gibt es die Ortschaft Böhmischbruck.....ok, liegt an der Pfreimd (der Name stammt aus dem Indogermanischen)....über welche seit alters her eine Brücke führt. Der Ort wurde um 1250 erstmals erwähnt.
Ich gehe hier mal fest davon aus das es übersetzt heißt "Brücke bei den Böhmen"...vor allem schrieb man im Mittelalter den Namen...wie auch heute noch gesprochen "Beimischbruck" aus.
Mit "Beim" bezeichnen wir bei uns die Bewohner der Tschechei, des weiteren logisch die bei uns wohnenden Sudetendeutschen...aber auch der Baum heißt bei uns in der Mehrzahl "Beim"..

Nur mal so...

P.S....Böhmischbruck ? Wikipedia
Freiwillige Feuerwehr Bhmischbruck
 
Aber zurück zu den Wenden: Die Finnen nennen Russland "Veniä". Das klingt doch auch irgendwie nach "Wenden". Und es könnte darauf deuten, dass jene Bezeichnung doch nicht durch Übertragung antiker Bezeichnungen auf ganz neue Völker entstanden ist, sondern man umgekehrt passende Bezeichnungen aus der gesprochenen Sprache beim Schreiben antiken Vorbildern angeglichen hat.

Der Name "Wenden" – z.B. überliefert im Landschaftsnamen "Wendland" als ehemaliges Siedlungsgebiet der Dravänopolaben an der unteren Elbe und zahlreichen Ortsnamen wie Wendhausen, Windsassen und bis heute Eigenbezeichnung der Sorben in der Lausitz – geht auf den Namen der antiken Veneter zurück. Sie werden z.B. bei Tacitus als Nachbarn der Germanen genannt.

Ortsnamen wie Wendheim, Windheim usw. entstanden daher auch in Gegenden, wo Slawen niemals vorkamen, wie im Elsass, in Bayern und Westfalen. Als Zeugnis für slawische Aussiedler im Rahmen fränkischer Grundherrschaft gibt es aber solche Orts- und Personennamen bis weit nach Westen. Mit den Venetern zusammenhängende "Wenden" gab es, wie Quellen des 13./14. Jh. und die Ortsnamen bezeugen, auch östlich der Weichsel, in Semgallen und in Livland.

Bereits Jordanes gebrauchte Mitte des 6. Jh. "Wenden" als Synonym für die Slawen. Der fränkische Chronist Fredegar bezeichnete diese im Zusammenhang mit den Ereignissen um Samo als "Sclavos coinomento Winedos". Andere überlieferte Namensformen, dabei stets auf Slawen bezogen, sind Hwinidi, Guinidi, Winidones, Winethen, Wendene sowie auch Wandali. Konkrete und dauernde Anwendung auf eine slawische Bevölkerung fand das Ethonym zuerst in der Windischen Mark im Zusammenhang mit den Slowenen und bei den Main- und Regnitzwenden, deren Siedeltätigkeit im nordöstlichen Bayern sich in einer großen Zahl von Ortsnamen vom Typ "-winden, Windisch" widerspiegelt.

Dagegen ist die Anfügung "Wendisch-" – oft parallel mit "Deutsch-" ein Ergebnis der Zuwanderung deutscher Siedler östlich von Elbe und Saale im Verlauf des hochmittelalterlichen Landesausbaus.
 
Dagegen ist die Anfügung "Wendisch-" – oft parallel mit "Deutsch-" ein Ergebnis der Zuwanderung deutscher Siedler östlich von Elbe und Saale im Verlauf des hochmittelalterlichen Landesausbaus.

hierzu im heutige Sachsen:
Digitales Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen - Bora, Deutschen-
Digitales Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen - Bora, Wendisch-
ob speziell dieser "doppelte" Ortsname aufs Hochmittelalter zurückgeht weiß ich nicht

zu bemerken ist, dass etliche Ortsnamen an der Elbe deutlich älter sind; z.B. Pirna und Dresden sind Ortsnamen, die aufs slawische zurückgehen

interessant auch unweit des roten Mains verschiedene slawische Ortsnamen
 
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