(Nicht)Vorkommen von Götternamen in Inschriften

Haetius

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Warum tauchen die klassischen germanischen Götter fast nie auf Inschriften auf, sondern hier andere Götter wie Nehalennia, Hludana oder Danuvius?
 
weil das Schreiben von Votivinschriften eine Spezialität der Römer waren, die sie quasi mitgebracht haben oder die die Bevölkerung von ihnen übernommen hat. Beispielsweise findet man in Grossbritannien nördlich des Hadrianswalls keine Votivinschriften mehr, während sie südlich des Walls vorkommen. Aehnlich wird es hierzulande mit dem Limes gewesen sein.
 
Könnte daran liegen, dass die "klassischen Götter" bei den antiken Germanen nicht so beliebt waren, vielleicht gar nicht klassisch waren.

Interessant ist zumindest, dass in den Weiheinschriften germanische Götter mit römischen gleichgesetzt werden. Da gibt es etliche Beispiele von lateinischen Göttern mit germanischen Beinamen: Mercurius Cimbrianus, Hercules Magusanus, Mars Thincsus...
Ähnlich wie bei Tacitus und Co griffen auch die Germanen im Imperium zur Interpretatio Romana.
Der Witz ist aber nun der, dass sie das bei den Göttinnen nicht taten. Es sind aus der Antike zahlreiche Namen germanischer Göttinnen und noch mehr Matronennamen überliefert. Die werden in Inschriften wie der Literatur in ihren einheimischen Namen genannt. Da wird dann nicht von einer Venus oder Isis Batavorum geredet sondern von einer Nehalennia. Der Grund dafür bleibt mir verborgen. Vielsagend ist aber, dass das bei den galloromanischen Göttern ähnlich war. Die männlichen Götter sind mit den römischen gleichgesetzt während mit ihre Gemahlinnen ihren keltischen Namen überliefert sind.

Die wenigstens davon lassen sich sicher mit frühmittelalterlichen germanischen Göttinnen verbinden. Im Frühmittelalter ist kurioserweise genau umbegekehrt. Da tauchen plötzlich in den Schriftquellen plötzlich Wodan, Saxnot und Co auf und über die Göttinnen wird weitgehend geschwiegen.
 
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Vielsagend ist aber, dass das bei den galloromanischen Göttern ähnlich war. Die männlichen Götter sind mit den römischen gleichgesetzt während mit ihre Gemahlinnen ihren keltischen Namen überliefert sind.

Ich könnte mir vorstellen, das viele Votivinschriften durch die Römer getätigt wurden. Die Römer respektierten den Pantheon der Einheimischen, um diesem Tribut zu zollen, haben sie vermutlich einem männlichen, römischen Gott sowie einer weiblichen, einheimischen Göttin eine Votivinschrift hinterlassen. Dies vermutlich deswegen, weil bei den Einheimischen Göttinnen eher einen höheren Stellenwert hatten als Götter.

Man müsste den Fundkontext anschauen (wenn diese "gemischten Doppel" im Kontext eines römischen Tempels (Dorfs/Villa o.ä.) gefunden wurden, dann ist es allerhöchst wahrscheinlich, dass die Weihinschrift römischen Ursprungs ist).

Zudem waren Paarungen zwischen Göttern und Göttinnen, manchmal sogar ritueller Art, in den damaligen Mythologien üblich (man denke da z.B. an Zeus und seinen Liebschaften).
 
Vielleicht war bei den Germanen zunächst noch das Matriachat vorherrschend. Aber seltsam ist es schon. :grübel:
 
Vielleicht war bei den Germanen zunächst noch das Matriachat vorherrschend. Aber seltsam ist es schon. :grübel:

Du kannst ein "weibliche Ueberhang" in einem Pantheon nicht mit einem Matriarchat gleichsetzen. Religiöse Zeremonienmeister waren sowohl bei Germanen wie Kelten Männer, ob es da auch Frauen gegeben hat, ist umstritten.

Ich denke vielmehr, dass sich männliche religiöse Denker vielfach Frauen als Göttinnen vorgestellt haben - man denke an die zahlreichen Nacktbilder von Göttinnen oder die Paarungen in der Mythologie.
 
Ich versteh die Frage nicht ganz.
Meint ihr, wieso germanische Götter nie auf archäologischen Funden über die Germanen auftauchen?

Wenn dem so ist, dann ist es echt eine interessante Frage.
Denn die Runen und sogar ihr angeblich göttlicher Ursprung werden beispielsweise schon eingraviert dargestellt (Runensteine bei Uppsala beispielsweise).

Ich muss die Quelle nochmal raussuchen von meiner Facharbeit, aber ich glaube es war Adam von Bremen der sogar von einer Art Tempel mit Götterstatuen berichtet - wie historisch haltbar das nun ist will ich nicht beurteilen.
 
Ich meine mal irgendwo gelesen zu haben, daß die frühen germanischen Gottheiten überhaupt geschlechtlos waren. Die Vorstellung, Götter hätten ein Geschlecht käme somit erst in späterer Zeit.
Ich bin mir da aber nicht sicher...
:grübel:
 
Diese These ist haltlos und widerspricht der Quellenlage. Bei den eisenzeitlichen Holzidolen lassen sich klar und deutlich die beiden Geschlechter unterscheiden. Ebenso klar sind die Inschriften und die römische Literatur. Immer wird den germanischen Göttern ein eindeutiges Geschlecht zugewiesen.
Ein Matriarchat hatten die Germanen zu Zeiten des Tacitus sicher nicht. Tacitus und andere nennen Merkus, Mars und Herkules als die Hauptgötter der Germanen. Diese tauchen auch in den Weihinschriften am Rhein und als Bronzefiguren in der Germania Magna gehäuft auf. Die männlichen Götter wurden offenbar wesentlich stärker mit den römischen Götter identifiziert als die Göttinnen. Auffällig ist an der Stelle, dass alle 3 Götter in der römischen Mythologie keine mächtigen Gemahlinnen hatten. Mars und Merkur waren mehr oder weniger olympische Single und Herkules lediglich mit der unbedeutenden Hebe vermählt. Eine germanische Venus, Juno oder Minerva tauchen als Interpretatio Romana nicht in den Quellen auf. Eine "germanische" Diana kennt Burchard von Worms, allerdings erst im 11. Jahrhundert.
Der germanische Merkur hat mit dem römischen übrigens wenig gemein. So gibt in den Niederlanden eine Weiheinschrift für einen Mercurius Rex aus dem 3. Jahrhundert. Dies soll wohl bedeuten, dass dieser Merkur der Hauptgott der Germanen, was mit seiner ursprünglichen Rolle im römischen Pantheon rein gar nichts zu tun hat.
Tacitus nennt auch einige wenige männliche Götter mit germanischem Namen. Die meisten stehen im Kontext des Mannus-Abstammungsmythos. (Hier ist dann noch unklar, ob es sich um Götter, Halbgötter oder Menschen handelt. Klar ist nur, es handelt sich um berühmte mythische Ahnen.) Lediglich die Dioskuren der Naharnarvaller nennt Tacitus noch bei ihrem germanischen Namen "Alcis". Dieses Brüderpaar scheint ebenso wie Tamfana, Nerthus und Co allenfalls regionale Bedeutung gehabt zu haben, so schreibt es zumindest Tacitus.

Germanische Götternamen, tauchen übrigens sehr wohl im archäologischen Fundgut auf, allerdings erst einige Jahrhunderte später in besagten Runeninschriften. Es sind zwar nicht sehr viele, am bekanntesten wohl die Nordendorfer Fibel aus dem 5. Jahrhundert, schon mit den allseits bekannten männlichen Götternamen Wodan und Donar!
 
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Hm wobei man sich über die Quelle Tacitus ja auch strittig ist.
In Bernhard Maiers "Die Religion der Germanen" wird der These nachgegangen, Tacitus wollte durch die Darstellung der Germanen auf eine Utopie der supertollen "Wilden" hinweisen - welche zwar unzivilisiert, jedoch rein und im Einklang mit Natur waren.
 
nein ich denke Tacitus hat schon Wahres geschrieben.
Matriachat ist natürlich eine Definitionssache. Von den Kelten ist das Matriachat bekannt. Ich denke, dass die Religion der Naharnavalen und Lugier stark denen der Franken ähnelte. Auffallend ist jedenfalls, dass auch die von Tacitus beschriebenen Götter nicht mit den späteren bekannten in Einklang zu bringen sind. Auch regional scheint es starke Abweichungen zu geben. :grübel:
 
Matriachat ist natürlich eine Definitionssache. Von den Kelten ist das Matriachat bekannt.

Davon ist mir überhaupt nichts bekannt.
Unterfüttere deine Behauptung doch mal mit Belegen.
Ansonsten war El mal wieder schneller :yes:.

nein ich denke Tacitus hat schon Wahres geschrieben.
Nun ob nun wahr oder unwahr wird für uns schwierig nachzuvollziehen sein.
Man muss aber bedenken wer die Adressaten seiner Schriften waren und welche weiteren Ziele er mit seinen Schriften verfolgte.
Tacitus hat sehr stark mit dem Bild des edlem Wilden gearbeitet um dem in seinen Augen doch recht dekatenten Rom einen Spiegel vor zu halten.
Außerdem hatte er seinen Informationen zumeist aus 3 Hand, er hat also viele Dinge die er beschreibt gar nicht selbst gesehen.

Etwas anders sieht es da bei Ammianus Marcellinus aus.

LG
DerGeist
 
Matriarchat bedeutet ja nicht einfach die Umkehr des Patriarchats. Es handelt sich vielmehr um eine besondere Gesellschaftsform. Die wichtigsten Merkmale könnt ihr bei Wikipedia finden:
Matriarchat – Wikipedia
Mosuo – Wikipedia
.: Abenteuer, Tuareg, die blauen Menschen der Sahara, Algerien, nördliches Afrika, Afrika
Ein wichtiges Merkmal ist unter anderem, dass die Abstammungslinie über die Mutter definiert wird. Der biologische Vater ist oft gar nicht bekannt oder besitzt kaum eine Bedeutung. So berühmte Kriegervölker wie Tuareg und Irokesen werden noch heute zu den matriarchalen Völkern gezählt. Bei den Kelten sind matriachale Strukturen überliefert.
kelten_gesellschaft
Ich hab auch diesbezüglich einen Bericht eines antiken Autoren gelesen, der beschreibt, wie die keltischen Frauen mit mehreren Männern zusammenleben und die Kinder aufziehen. Leider konnte ich die Quelle nicht mehr finden.

Weltanschaulich besteht ein Bezug zur Großen Mutter als Urgöttin, welche die Wiedergeburt garantiert und die Ernährung sichert.
Möglicherweise ist das Matriarchat die Urform der Menschen, bis sie vom Patriarchat abgelöst wurde, wobei sich die religiösen Überlieferungen und Kulte länger gehalten haben dürften.

Nun ob nun wahr oder unwahr wird für uns schwierig nachzuvollziehen sein.
Man muss aber bedenken wer die Adressaten seiner Schriften waren und welche weiteren Ziele er mit seinen Schriften verfolgte.
Tacitus hat sehr stark mit dem Bild des edlem Wilden gearbeitet um dem in seinen Augen doch recht dekatenten Rom einen Spiegel vor zu halten.
Außerdem hatte er seinen Informationen zumeist aus 3 Hand, er hat also viele Dinge die er beschreibt gar nicht selbst gesehen.
Ja aber warum sollte Tacitus Götternamen und Überlieferungen erfinden? Es mag ein bestimmtes Bild der Germanen gezeichnet worden sein. Die Fakten wie Namen und spezielle Begriffe dürften aber einigermaßen stimmen. ich sehe hier ein besonderes Glaubwürdigkeitsproblem nicht. Tacitus hat ja auch nicht nur die Germania geschrieben. Dass sein Geschichtswerk hinsichtlich seiner Richtigkeit groß angezweifelt wurde, ist mir nicht bekannt.
 
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Matriarchat bedeutet ja nicht einfach die Umkehr des Patriarchats. Es handelt sich vielmehr um eine besondere Gesellschaftsform. Die wichtigsten Merkmale könnt ihr bei Wikipedia finden:
Matriarchat – Wikipedia
Mosuo – Wikipedia
.: Abenteuer, Tuareg, die blauen Menschen der Sahara, Algerien, nördliches Afrika, Afrika
Ein wichtiges Merkmal ist unter anderem, dass die Abstammungslinie über die Mutter definiert wird.

Da solltest Du den Artikel doch noch mal lesen, denn der Unterscheidet sehr deutlich zwischen Matriarchat und Matrilinearität.

Bei den Kelten sind matriachale Strukturen überliefert.
kelten_gesellschaft
Dieser Text, den du uns da verlinkst, ist doch ein wenig plump. Keine Quellen, der Autor spricht immer von "seiner Meinung" kann sie aber nicht belegen.

Aus dem Link schrieb:
Ein gesellschaftlich so hoch entwickeltes Volk wie die Kelten hatte es nicht nötig, eine Führungsform zu wählen, welche rein männlich oder weiblich geprägt war. Vielmehr scheint es mir wahrscheinlich (und so habe ich es auch von meinen Lehrern bestätigt bekommen), daß die Kelten das Wissen um das "Duale Prinzip" besessen haben und dieses auch lebten. Rein patriarchalisch oder matriarchalisch geprägte Gesellschaftssysteme zeugen nicht gerade von einer hohen gesellschaftlichen Intelligenz.

Vergleich wir das mal mit den Römern. Führungsform: Rein männlich. Gesellschaftlich nicht hoch entwickelt?
Schauen wir ein wenig weiter:

Aus dem Link schrieb:
So weiß man aus Beschreibungen der Römer z.B., dass (1) Frauen zum Teil auch auf das Schlachtfeld zogen (was die römischen Legionen sehr irritierte). (2) Es gab Seherinnen, weise Frauen und Heilerinnen, Priesterinnen und sogar Keltenfürstinnen (3) (eines der bekanntesten Beispiele ist hier wohl die Keltenfürstin aus Vix / 6.Jahrhunder v.n.Z.).

1. Hier wird gerne Cäsar kolportiert, mal sollen es die Germanen, mal die Kelten gewesen sein, aber: Bei Cäsar steht es nicht. Der Verfasser Deines Links verwendet vorsichtshalber gar keine Quelle, sondern bleibt schwammig ("Beschreibungen der Römer").
2. Erstens Quelle?! Zweitens: Priesterinnen gab es auch bei den Römern. Es gab sogar Veranstaltungen, bei denen Männer nicht zugelassen waren, wie etwa die Bona Dea-Mysterien. Nichtsdestowenigertrotz war die römische Gesellschaft zutiefst patriarchalisch organisiert, so sehr, dass der Pater familias die Macht über Leben und Tod seiner Familie hatte und Frauen nicht einmal mit Eigennamen belegt wurden sondern den Gentilnamen trugen. Die Existenz von Priesterinnen etc. ist also kein Beleg für eine matriarchale oder duale Gesellschaft.
3. Über die Dame von Vix ist nicht sicheres bekannt. Es ist ein reich ausgestattetes Frauengrab, was etwas über ihre Familie aussagt, nichts aber über ihren politischen Einfluss. Man vergleiche das Taj Mahal: Spricht dieses Mausoleum für ein Matriarchat?!

Ja aber warum sollte Tacitus Götternamen und Überlieferungen erfinden? Es mag ein bestimmtes Bild der Germanen gezeichnet worden sein. Die Fakten wie Namen und spezielle Begriffe dürften aber einigermaßen stimmen. ich sehe hier ein besonderes Glaubwürdigkeitsproblem nicht. Tacitus hat ja auch nicht nur die Germania geschrieben. Dass sein Geschichtswerk hinsichtlich seiner Richtigkeit groß angezweifelt wurde, ist mir nicht bekannt.

Zu Tacitus ist in diesem Forum mehr als genug geschrieben worden. Tacitus' Geschichtswerke und seine Ethnographie Germania müssen auch nach ihrer causa scribendi untersucht werden. Die Geschichtswerke sind so aufgebaut, dass sie gewisse Fakten herausheben und andere verschleiern, insbesondere zeigen sie aber eine prosenatorische und antikaiserliche Haltung. Die Germania ist voller Widersprüche. Hier geht es um den unverdorbenen "edlen Wilden" als Spiegel der römischen Gesellschaft.
 
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Ein wichtiges Merkmal ist unter anderem, dass die Abstammungslinie über die Mutter definiert wird.

Das nennt man Matrilinear:
Matrilinearität (adj.: matrilinear, seltener: matrilineal), oder uterine Deszendenz, Mutterfolge, bezeichnet in der Ethnologie, Anthropologie und Biologie ein System, das die verwandtschaftlichen Verhältnisse und die sonstigen Rechtsverhältnisse, etwa in Bezug auf das Erbrecht, nur über die Abstammung von der Mutter bildet. Der Gegensatz zu der Matrilinearität ist die Patrilinearität.
WIKI

Matrilinear ist nicht gleich Matriarchat.
Ansonsten war EL schon wieder schneller und hat das wichtigste gesagt.:weinen:Oh menno.
 
Wie der Bestandteil "...archat" von archós = der Anführer zeigt, handelt es sich um die Bezeichnung einer Herrschaftsform.
Ein Matriarchat liegt also vor, wenn Frauen öffentlich das Sagen haben.
Dass männliche Anführer unter Umständen unter dem Pantoffel ihrer Frau stehen und öffentlich vertreten, was ihnen ihre Frau zu Hause eingeimpft hat, macht noch kein Matriarchat aus.

Matrilinearität hat damit also nichts zu tun. Ebensowenig "weise Frauen" oder Seherinnen, die das Schicksal ihres Volkes durch ihre Sprüche beeinflussten. Denn das beruhte auf ihrer persönlichen Autorität und ihre Sprüche waren Vorschläge, Ratschläge und Weisungen, die der Annahme durch die öffentlichen Führer bedurften.

Dass Frauen in die Schlacht zogen, ist auch anderweitig überliefert.
Von der Dänin Alwild wird berichtet, dass sie Männerkleidung anzog und zu einem wilden Wiking wurde (Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 314.jpg – Wikisource). Saxo Grammaticus meint sogar, dass dies bei den Dänen häufig anzutreffen gewesen sei (Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 316.jpg – Wikisource). Er ging bei dieser Schilderung offenbar davon aus, dass dies bei den Lesern nicht auf ungläubiges Kopfschütteln stoßen würde. Also Kampfmaiden waren offenbar eine allgemein akzeptierte Erscheinung. Aber daraus wird kein Matriarchat. Vielmehr unterstanden sie einem männlichen Anführer (Kampfmaiden des Arko z. B.).

Frauen übten ihre Macht im Hintergrund aus, insbesondere Mütter über ihre Söhne. Dass sie als öffentliche Funktionsträgerinnen selbst über Krieg und Frieden verbindlich entschieden hätten oder wirksame "völkerrechtliche" Verträge mit anderen Stämmen geschlossen hätten, ist mir als Stammes- oder Volkstradition nicht bekannt. Es gab nur hin und wieder mal eine Ausnahme - aber nicht etwa in Urzeiten, sondern z.B. bei Margarethe I., die die Kalmarer Union schmiedete, oder Katharina der Großen. Aber auch das ist kein Matriarchat als durchgängige Herrschaftsform eines Volkes.
 
Der biologische Vater ist oft gar nicht bekannt oder besitzt kaum eine Bedeutung. So berühmte Kriegervölker wie Tuareg und Irokesen werden noch heute zu den matriarchalen Völkern gezählt.

Wie bereits die Mitdiskutanten hier erwähnten, solltest du dich um eine Trennung der Begriffe matriarchal, matrilinear, matrilokal etc bemühen.


Zu den Haudenosaunee (Irokesen) ist Folgendes zu sagen: die Gesellschaftsordnung der Haudenosaunee war und ist nicht matriarchal, wohl aber matrilinear und matrilokal. Dh daß der Ehemann nach der Heirat zu seiner Frau und deren Clan zog. Die Haudenosaunee lebten traditionell nach Clans aufgeteilt in Langhäusern; jeder Clan bewohnte ein oder mehrere Langhäuser. Die Erbfolge lief über die mütterliche Linie, von der Mutter auf die Töchter oder auf die nächsten weiblichen Verwandten. Auch die Clanzugehörigkeit wird in der mütterlichen Linie weitergegeben; dies betrifft und betraf sowohl Töchter wie Söhne. Im Fall einer Scheidung verließ der Mann das Langhaus und kehrte in das seiner Mutter, also seines Clans, zurück.


Daß der biologische Vater nicht (immer) bekannt gewesen sei oder kaum Bedeutung besaß, kann ich für die Haudenosaunee nach meiner Kenntnis nicht bestätigen. Ebenfalls ist mir nicht bekannt, daß in ethnologischen Veröffentlichungen diese Ethnie als matriarchal erwähnt würde. Die Frauen der Clans waren nicht ohne politische Macht, so zb bestimmten im traditionellen System der Haudenosaunee die Clanmütter den oder die Häuptlinge, die in den Rat entsandt wurden. Sofern diese Vertreter dort gegen die Interessen des Clans handelten, wurden sie von den Clanmüttern verwarnt bzw abgesetzt. Die Clanmütter organisierten außerdem den Alltag, wie zb die Feldarbeit, die den Frauen oblag.


Nebenbei würde ich gerne wissen, worauf du die Eingruppierung der Haudenosaunee als „Kriegervolk“ stützt. Wie ich gerade aufgezeigt habe, bestanden die Haudenosaunee nicht nur aus Männern, sondern sehr wohl auch aus Frauen und Kindern.

 
Ist es das? Ich höre immer nur von Heerführern und Fürsten, nie von Frauen. Ausnahme ist Boudicca, deren Machtanspruch sich aber auf das Erbe ihres verstorbenen Mannes stützte.

Einfacher Grund: "Die Kelten" leben nicht im Matriarchat; zumindest nicht die Kelten, von denen es historische Quellen gibt. Zwar war die Stellung der Frau weniger eingeschränkt als bei Griechen und Römern, aber es waren eindeutig patriarchale Verhältnisse, die uns in Gallien oder Britannien des 1. Jh. v./n. Chr. entgegentreten. Wenn Frauen politische Macht in den Händen hielten, dann als Erbe ihres Mannes wie Boudicca.

In manchen keltischen Sagen scheinen sich aber Reste matriarchaler (oder meinethalben auch matrilinearer) Vorstellungen erhalten zu haben; ich denke bspw an das walisisch-keltische Mabinogion, in dem manche Hinweise auf eine weibliche Erbfolge sehen wollen.
 
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Wie der Bestandteil "...archat" von archós = der Anführer zeigt, handelt es sich um die Bezeichnung einer Herrschaftsform.
Ein Matriarchat liegt also vor, wenn Frauen öffentlich das Sagen haben.
sehe ich nicht so. siehe hier auch der Satz bei Wikipedia:
Für Vertreterinnen der Frauenbewegung, insbesondere des differentialistischen Zweiges, bedeutet das Matriarchat im besonderen eine Zeit der Ur- und Frühgeschichte, in der die Frauen kulturschöpferisch und prägend gewesen sind, aber nicht geherrscht haben. Es besteht demgegenüber heute bei Historikern wie bei Feministinnen Einigkeit darüber, dass es Gesellschaften mit Frauenherrschaft – im Sinne eines umgedrehten Patriarchats – nicht gegeben hat.

Matrilinear ist nicht gleich Matriarchat.
ja aber eines der wichtigsten Merkmale, siehe auch hier Wikipedia
Es hat meiner Ansicht nach auch eine große Bedeutung für die Gesellschaft, da der von den Männern in Kriegen oder anderweitig erworbene Mehrwert, wie Reichtümer oder Grund und Boden nicht einfach vererbt wurde, sondern wohl meistens in der Gemeinschaft verteilt wurde.

Wie bereits die Mitdiskutanten hier erwähnten, solltest du dich um eine Trennung der Begriffe matriarchal, matrilinear, matrilokal etc bemühen.
Nein, denn eine eindeutige Definition und Abgrenzung gibt es nicht. sie verschwimmen miteinander. So wie Du die Irokesen beschreibst, ist das für mich ein Matriarchat. Sie werden auch als matriarchales Volk bei Wikipedia genannt. Aber es ist halt auch Ansichtssache, wie man Matriarchat definiert.

Kriegervolk habe ich geschrieben, da ich vor allem an die Biberkriege gedacht habe Biberkriege – Wikipedia

Dieser Text, den du uns da verlinkst, ist doch ein wenig plump. Keine Quellen, der Autor spricht immer von "seiner Meinung" kann sie aber nicht belegen.

ich weiß, hab aber wie gesagt, die Originalquelle nicht gefunden. Vielleicht können Keltenkenner ja helfen.)) :grübel:
 
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