knallfrosch

Neues Mitglied
Eroberungen gab es im Laufe der Geschichte viele, aber die meisten Eroberer konnten ihre eroberten Gebiete irgendwann nicht mehr halten. Die durch die islamische Expansion eroberten Gebiete sind allerdings bis heute weitgehend erhalten geblieben.

Wie konnten die damaligen Araber in so kurzer Zeit so große Landstriche erobern? Abgesehen davon, dass das Römische Reich zu der Zeit schon am Auseinanderfallen war, würden mir dazu spontan folgende Erklärungsmöglichkeiten einfallen:

1. "Unterdrücker-These": Die Araber waren zahlenmäßig und militärisch der Bevölkerung in den eroberten Gebieten so stark überlegen, dass jegliche Aufstände brutal niedergeschlagen werden konnten.
2. "Pragmatiker-These": Die Bevölkerung hatte keine Motivation sich gegen sie zu erheben, weil sich ihr Alltag durch die arabische Herrschaft kaum änderte. Die Akzeptanz der neuen Herrscher fiel den Eroberten nicht schwer.
 
Wie konnten die damaligen Araber in so kurzer Zeit so große Landstriche erobern? Abgesehen davon, dass das Römische Reich zu der Zeit schon am Auseinanderfallen war.

Wie du schon gesagt hast, besaßen die Heere der Araber eine große Durchschlagskraft, was sie in mehreren gewonnen Schlachten gegen byzantinische Truppen bewiesen. Hinzu kommt aber noch ein anderer wesentlicher Faktor: Die Araber kämpften für ein religiöses Ideal - den Islam - der ihnen im Koran das Wohlwollen Allahs zusicherte, wenn sie Krieg gegen Ungläubige führen würden.

Hinzu kommt, dass viele Völker und Stämme unter byzantinischer Herrschaft nicht gerade glücklich waren, da sie - wie sich zeitgenössischen Quellen entnehmen lässt - oftmals von Steuereintreibern bis aufs Blut ausgepresst wurden. Die muslimischen Araber wurden daher vielfach sogar als Befreier vom byzantinischen Steuerjoch gesehen und wenn eine Region erst fest in arabischer Hand war, behandelten die Araber die christliche Bevölkerung meist sehr tolerant. Sie durften ihren Glauben weiter ungehindert ausüben und mussten lediglich eine Kopfsteuer zahlen, die unter der vormaligen byzantinischen Besteuerung lag.

All diese Faktoren wirkten zusammen und so ist es zu erklären, dass die ohnehin brüchige byzantinische Herrschaft in Vorderasien und Nordafrika innerhalb weniger Jahrzehnte zusammenbrach und von Arabern übernommen wurden. Erstaunlicherweise breitete sich auch die arabische Sprache rasch aus und die Ägypter vollzogen z.B. in relativ kurzer Zeit einen kompletten Sprachwechsel.
 
"Relativ kurze Zeit" ist relativ. In Ägypten blieb noch einige Jahrhunderte lang das Koptische die Sprache eines Großteils der einheimischen Bevölkerung.
Ansonsten Zustimmung.

1. "Unterdrücker-These": Die Araber waren zahlenmäßig und militärisch der Bevölkerung in den eroberten Gebieten so stark überlegen, dass jegliche Aufstände brutal niedergeschlagen werden konnten.
Nein, sie bildeten nur eine dünne Oberschicht, und obendrein kam es bald auch zu gewaltsamen Konflikten unter den Eroberern (Omajaden gegen Anhänger Alis, Omajaden gegen Abbasiden, dazu Gegenkalifen etc.)
 
Die durch die islamische Expansion eroberten Gebiete sind allerdings bis heute weitgehend erhalten geblieben.
Was verstehst du unter "weitgehend"? Spanien, Unteritalien, die Mittelmeerinseln und das Riesengebiet zwischen Kaukasus und Wolga, einst von den Arabern erobert, gingen für den Islam wieder verloren.
 
Was verstehst du unter "weitgehend"? Spanien, Unteritalien, die Mittelmeerinseln und das Riesengebiet zwischen Kaukasus und Wolga, einst von den Arabern erobert, gingen für den Islam wieder verloren.

Hier ist wohl zuerst die arabische Expansion des 7./8. Jh. gemeint, die von Atlantik bis zum Indus reichte. Und diese gewaltige Landmasse - abzüglich Spanien, Sizilien und anderer eher kleiner Gebiete - hat der Islam in der Tat bis heute behauptet. Spätere Eroberungen wie z.B. die der Goldenen Horde, die Südrussland im 13. Jh. eroberte und erst später muslimisch wurde, gingen dem Islam wieder verloren. Andere Gebiete wie das Reich der Großmoguln in Indien gingen hingegen teilweise (!) zum Islam über, d.h. die Eroberer und ihre Nachkommen blieben muslimisch, während der größte Teil der hinduistischen Bevölkerung beim angestammten Glauben blieb.
 
Spätere Eroberungen wie z.B. die der Goldenen Horde, die Südrussland im 13. Jh. eroberte und erst später muslimisch wurde, gingen dem Islam wieder verloren.
Und das auch nur teilweise, einige dort lebende ethnische Minderheiten, vor allem die Tataren, sind bis heute islamischen Glaubens. Auch die meisten Völker des Nordkaukasus sind mehrheitlich islamisch.
 
Und das auch nur teilweise, einige dort lebende ethnische Minderheiten, vor allem die Tataren, sind bis heute islamischen Glaubens. Auch die meisten Völker des Nordkaukasus sind mehrheitlich islamisch.
Es geht um die arabische Expansion im 7./8. Jh., wenn ich es richtig verstanden habe, die wirklich bis an die Wolga ausgriff (Itil an der Wolga erobert; Chasarenreich zerschlagen). Die kaukasischen Völker wie Tschetschenen, aber auch die Tataren nahmen den Islam erst viel, viel später an. Das Kalifat war da längst Geschichte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es geht um die arabische Expansion im 7./8. Jh., wenn ich es richtig verstanden habe, die wirklich bis an die Wolga ausgriff (Itil an der Wolga erobert; Chasarenreich zerschlagen). Die kaukasischen Völker wie Tschetschenen, aber auch die Tataren nahmen den Islam erst viel, viel später an. Das Kalifat war da längst Geschichte.

Die arabische Expansion stieß im Kaukasusgebiet bis Iberien (heutiges Georgien), Armenien und Arran vor, Im äußersten Nordosten wurde der Chorasan erobert, ferner unter den Omaijaden ein Gebietsstreifen entlang des Oxus (Choresm) sowie Chorasan zwischen Buchara, Samarkand und Chokand. Mit Sindh im Osten war am Indus dioe Grenze der Expansion erreicht.
 
Es geht um die arabische Expansion im 7./8. Jh., wenn ich es richtig verstanden habe, die wirklich bis an die Wolga ausgriff (Itil an der Wolga erobert; Chasarenreich zerschlagen). Die kaukasischen Völker wie Tschetschenen, aber auch die Tataren nahmen den Islam erst viel, viel später an. Das Kalifat war da längst Geschichte.
Das Chasarenreich wurde nicht von den Arabern zerschlagen, sondern von den Magyaren, den Petschenegen und Kiew geschwächt und schließlich erobert. Auch Itil wurde von Kiew erobert. Das alles war aber erst im 10. Jhdt.
 
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Sassanidenreich, mit dem immerhin eine alte antike Hochkultur durch den Islam gewonnen wurde, und wie sich dieser dort trotz anscheinend langanhaltendem Widerstand durchgesetzt hat, obwohl hier die arabische Sprache, immerhin die des Koran, sich nicht durchsetzte.
 
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Sassanidenreich, mit dem immerhin eine alte antike Hochkultur durch den Islam gewonnen wurde, und wie sich dieser dort trotz anscheinend langanhaltendem Widerstand durchgesetzt hat, obwohl hier die arabische Sprache, immerhin die des Koran, sich nicht durchsetzte.

Als die Araber das Sassanidenreich von 637-650 n. Chr. erobert hatten, waren sie auf die Regierung eines so riesigen Teritoriums selbstverständlich nicht vorbereitet. Daher ließen sie den vorgefundenen Verwaltungsapparat fortbestehen und mit ihm die geschulten Beamten in den verschiedenen Zweigen der Verwaltung. Diese persische Beamtenschicht verfügte über große Sachkenntnis und Erfahrung und konnte den Muslimen nützliche Dienste leisten.

Somit gingen aus ihren Reihen zahlreiche Würdenträger, Staatsmänner und Literaten hervor, die neben dem Persischen auch das Arabische exzellent beherrschten. Diese Beamtenschaft war es, die die alten iranischen Traditionen lebendig erhielt, ihre eigene Geisteswelt mit dem neuen muslimischen Glauben verband und einen wichtigen persischen Beitrag zur universalen islamischen Kultur leistete.

Obwohl im Zuge einer Islamisierung der Verwaltung Ende des 7. Jh. das Persische durch das Arabische als Knzleisprache ersetzt wurde, bestand Persisch als Umgangssprache fort und konnte sich - anders als in Vorderasien und Nordafrika - gegenüber dem Arabischen als Volkssprache behaupten. Das zeigt eine starke persische Identität und Selbstbehauptung, wobei mir bis heute nicht restlos klar ist, warum die Ägypter ihre seit über 3000 Jahren gesprochene Sprache zugunsten des Arabischen aufgaben. Zwar dauerte dieser Prozess etwa 200-300 Jahre, doch war schließlich der Sprachwechsel der Ägypter zum Arabischen vollzogen.
 
Vielleicht hing die Selbstbehauptung des Persischen auch damit zusammen, dass in Persien schon relativ bald (ab dem frühen 9. Jhdt.) regionale Dynastien (Tahiriden, Ziyariden, Saffariden, Samaniden) aufkamen, auch wenn sie nominell weiterhin der Zentralgewalt unterstanden.
 
Vielleicht hing die Selbstbehauptung des Persischen auch damit zusammen, dass in Persien schon relativ bald (ab dem frühen 9. Jhdt.) regionale Dynastien (Tahiriden, Ziyariden, Saffariden, Samaniden) aufkamen, auch wenn sie nominell weiterhin der Zentralgewalt unterstanden.

Allerdimgs endete bereits im Jahr 1055 mit den Buyiden die letzte iranische Dynastie für viele Jahrhunderte. Es folgten lauter turkstämmige Dynastien, bis 1925 mit den Pahlewis wieder eine iranische Dynastie die Regierung übernahm. Eine Ausnahme bildete lediglich die iranische Zand-Dynastie, die im Südiran von 1750 bis 1794 regierte.
 
Obwohl im Zuge einer Islamisierung der Verwaltung Ende des 7. Jh. das Persische durch das Arabische als Knzleisprache ersetzt wurde, bestand Persisch als Umgangssprache fort und konnte sich - anders als in Vorderasien und Nordafrika - gegenüber dem Arabischen als Volkssprache behaupten. Das zeigt eine starke persische Identität und Selbstbehauptung, wobei mir bis heute nicht restlos klar ist, warum die Ägypter ihre seit über 3000 Jahren gesprochene Sprache zugunsten des Arabischen aufgaben. Zwar dauerte dieser Prozess etwa 200-300 Jahre, doch war schließlich der Sprachwechsel der Ägypter zum Arabischen vollzogen.

Zu Ägypten wäre anzumerken, dass es hier im Gegensatz zu Persien zu einer massiven arabischen Einwanderung kam, sodass arabische bzw. arabisierte Ägypter nach einiger Zeit die Bevölkerungsmehrheit stellten.
 
Ob die arabische Einwanderung wirklich so massiv war? Sie war stärker als in andere Gebiete, aber war sie auch von so großer Relevanz? Ägypten hatte in der Antike bereits ca. 7 Mio. Einwohner. Wie viele Araber auch immer eingewandert sein mögen, zahlenmäßig können sie nur einen kleinen Bruchteil verglichen mit der alteingesessenen Bevölkerung gestellt haben. Ich habe zwar keine Zahlen vorliegen, aber sonderlich bevölkerungsreich wird die arabische Halbinsel nicht gewesen sein, und Araber wurden auch andernorts in ihrem neuen Reich gebraucht.
 
Ich habe zwar keine Zahlen vorliegen, aber sonderlich bevölkerungsreich wird die arabische Halbinsel nicht gewesen sein,

Das ist eigentlich das erstaunliche an der islamischen Expansion. In sämtlichen Maghreb-Staaten kam es in der Folge zu Konflikten zwischen einheimischen Berbern und zugewanderten Araberstämmen. So klein können die Berberstämme ebenfalls nicht gewesen sein, mussten aber bald um die Mehrheit in ihren Gebieten ringen. Ebenso in Ägypten, auch wenn hier die einheimische Bevölkerung sicherlich zahlreicher war.
Dennoch verbreiteten sich etwa die Banu Hilal über ganz Nordafrika.
Fragt sich wirklich, wo die alle herkamen.
 
Die Banu Hilal wüteten aber erst im 11. Jhdt., nachdem sie schon längere Zeit in Ägypten verbracht hatten, bis sie von den Fatimiden weitergeschickt wurden. In Ägypten werden sie wohl etliche arabisierte Ägypter in sich aufgenommen haben.
 
Ob die arabische Einwanderung wirklich so massiv war? Sie war stärker als in andere Gebiete, aber war sie auch von so großer Relevanz?

Der Sprachwechsel der Ägypter vom Altägyptischen zum Arabischen muss immerhin einen Grund gehabt haben. Der kann u.a. in einer stärkeren arabischen Durchdringung des Landes liegen, sicher aber auch in einer weniger starken ägyptischen Identität.

Man muss bedenken, dass Ägypten rund 300 Jahre giechisch-hellenistischer Herrschaft unterstand, danach rund 700 Jahre römischer bzw. byzantinischer. Das bedeutet ein rundes Jahrtausend (!) Fremdherrschaft, die sicher nur noch Reste einer altägyptischen Identität vermuten lässt.

Ganz anders die Situation im persischen Sassanidenreich, wo seit den Parthern und Sassaniden unzweifelhaft ein Staat mit persischer Kontinuität und einer iranischsprachigen Bevölkerung existierte.
 
Zurück
Oben