Kurzeinführung in die Ḥadīṯwissenschaften

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El Quijote

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Eine wichtige Quelle für die Muslime, sowohl für sunnitische, wie für šīʿitische, ist die Sunna ('Gewohnheit, Brauch'), die Sammlung der Ḥadīṯen (Arab Sg. ḥadīṯ; Pl. aḥādīṯ)

Ḥadīṯen sind i.d.R. wie folgt aufgebaut: Zunächst gibt es eine Überlieferungskette (isnād) nach welcher der Schreiber Rechtfertigung darüber ablegt, wie er an den Ḥadīṯ gekommen ist, welches seine Quellen und die seiner Quellen waren. I.d.R. geht jeder Ḥadīṯ auf einen Prophetengenossen zurück, also jemanden, der irgendwann einmal im engeren Umfeld Muḥammads sich aufgehalten hat und Zeugnis einer Antwort Muḥammads auf eine an ihn gestellte Frage oder einer Handlung in einer bestimmten Situation ablegen kann. Häufig nehmen dabei die Überlieferungsketten mehr Raum ein, als die Ḥadīṯe selbst. Teilweise – insbesondere im Maġrib, werden Isnād bis heute weitergeführt. Da gleichzeitig eine möglichst kurze Überlieferungskette erwünscht ist, schickt(e) man Jungen im möglichst jungen Alter zu möglichst alten Überlieferern, anders sind manche bis in die Gegenwart geführte Isnād nicht zur erklären, wonach je ca. 80 Jahre zwischen zwei Überlieferern liegen (also ein jeweils etwa zehnjähriger Junge hätte demnach einen Ḥadīṯ gehört und dann jeweils mit etwa 90 Jahren an einen etwa zehnjährigen Jungen weitergegeben, der wiederum mit etwa 90 Jahren... uswusf.).

Es sind viele zehntausende Ḥadīṯen auf uns gekommen, teilweise auch widersprüchliche Überlieferungen. Das ist den Muslimen bereits im Mittelalter aufgefallen und da die Ḥadīṯen nun mal auch die wichtigsten Grundlagen islamischen Rechts waren, war es wichtig, richtige ("gesunde") von unrichtigen Ḥadīṯen zu trennen. Daher haben sich bereits im Mittelalter die "Ḥadīṯwissenschaften" gebildet, deren Ergebnisse auch von westlichen Islamwissenschaftlern als plausibel anerkannt werden. Die Ḥadīṯwissenschaften haben die Ḥadīṯen versucht zu systematisieren, um so einen objektiven Kriterienapparat zu schaffen, wonach zu bestimmen ist, ob eine Ḥadīṯe glaubwürdig oder eben nicht ist. Dazu wurde verschiedene Glaubwürdigkeitskategorien geschaffen. Die Glaubwürdigkeit liegt einerseits in der verbürgten Glaubwürdigkeit des eigentlichen Zeugen am Beginn der Überlieferungskette, andererseits aber auch an dem Kompilator, der die Sammlung zusammenstellte und den verschiedenen Überlieferungen, so dass auch Widersprüche z.T. geklärt werden können.

Die moderne Islamwissenschaft hat, schon aufgrund der unüberschaubaren Fülle der Ḥadīṯen, sich noch nicht an ein vergleichbares Werk einer systematischen Katalogisierung und Beurteilung der Ḥadīṯen herangewagt.
 
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Zunächst gibt es eine Überlieferungskette (isnād) nach welcher der Schreiber Rechtfertigung darüber ablegt, wie er an den Ḥadīṯ gekommen ist, welches seine Quellen und die seiner Quellen waren. I.d.R. geht jeder Ḥadīṯ auf einen Prophetengenossen zurück, also jemanden, der irgendwann einmal im engeren Umfeld Muḥammads sich aufgehalten hat und Zeugnis einer Antwort Muḥammads auf eine an ihn gestellte Frage oder einer Handlung in einer bestimmten Situation ablegen kann. Häufig nehmen dabei die Überlieferungsketten mehr Raum ein, als die Ḥadīṯe selbst.

Es scheint so, als seien die Isnād erst ab dem 2. muslimischen Jhdt. überliefert worden.
 
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