Zwei Karl III. im Frankenreich?

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Hallo,

wie kann es sein, daß zwei französische (westfränkische) Könige namens Karl III. gab, nämlich Karl III. den Dicken (885-888) und Karl III. den Einfältigen (893/98-929)?
 
Karl der Dicke, ab 881 auch Kaiser, war westfränkischer, also "deutscher" (man beachte die Anführungszeichen) König.
 
Hallo,

wie kann es sein, daß zwei französische (westfränkische) Könige namens Karl III. gab, nämlich Karl III. den Dicken (885-888) und Karl III. den Einfältigen (893/98-929)?

Das liegt vor allem daran, daß sich die Ordnungszahl Karls des Dicken (Charles le Gros) auf sein Kaisertum zurückführt. Er war der III. Kaiser namens Karl. Als König von Westfranken (Frankreich) aber trägt er keinerlei Ordnungszahl, was wohl deutlich machen soll das er vor allem als Ostfranke betrachtet wurde und nur deshalb als westfränkischer König anerkannt wurde, weil er nach dem Tod Karlmanns der einzige mündige Karolinger war. Karlmanns Halbbruder war noch nicht Regierungsfähig und in Anbetracht der Gefahr (Wikingerangriffe) wollte man einen handlungsfähigen König haben. Jedoch hatte Karl der Dicke, übrigens in beiden Teilen des Reiches, versagt. Und nachdem man ihn in Westfranken 888 abgesetzt hatte brach man die Königslinie indem man dort mit dem Robertiner (die späteren Kapetinger) Odo erstmals einen Nichtkarolinger auf den Thron setzte.
Nach Odos Tod wurde aber mit Karl III. "dem Einfälltigen" (Charles III. le Simple) wieder ein westfränkischer Karolinger als König anerkannt.

Edit: Es gab übrigens auch keinen "II." ostfränkischen (deutschen) Karl.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

das war damals irgendwie etwas undurchsichtig. Ich habe soeben auch versucht, das mal nachzuschauen, aber ich konnte nicht wirklich Licht ins Dunkel bringen.

Ich habe nur gefunden, dass Karl der Dicke im Jahre 881 vom Papst als Karl III. zum Kaiser gekrönt worden ist.

Aber im Jahre 887 wurde Karl der Dicke abgesetzt, allerdings kann ich nicht ersehen, ob als Kaiser, als König des Westfrankenlandes oder überhaupt.

Ober er fähig oder unfähig war, darüber habe ich jetzt so auf die Schnelle nichts gefunden.....
 
Ich fand bei Schieffer folgendes:

"Keiner der Beteiligten konnte ahnen, dass dies [der Empfang der Kaiserkrone aus der Hand Papst Johannes VIII.] im Rückblick den Auftakt zur langen imperialen Tradition Ostfranken-Deutschlands bilden würde."
Weitere Infos: keiner der vier herrschenden Karolinger hatte 881 legitime Nachkommen: zwei waren noch unverheiratet, Karl III. war seit 20 Jahren in kinderloser Ehe mit Richgard verheiratet, Ludwig der Jüngere hatte seine Söhne überlebt. Nachdem zwei der vier regierenden Karolinger das zeitlcihe gesegnet hatten, adoptierte der ostfränkische Karl III. den westfränkischen König Karlmann, der 27 Jahre jünger war und das Gesamtreich erben sollte. Der starb dann aber Ende 884 dummerweise vor Karl III., der dann stattdessen das westfränkische Reich erbte. 887 war Karl III. dann aus Krankheitsgründen nicht mehr fähig die Herrschaft zu führen. Er adoptierte noch einen Enkel Ludwigs II., der matrilinear Karolinger war, aber der Bastard Arnulf von Kärnten (der letzte karolingische Herrscher des ostfränkischen Reiches) kam mit Heeresmacht, um seine Ansprüche geltend zu machen. Zwischen dem 17.11.887 (letzte Urkunde Karls) und dem 27.11.887 (erste Urkunde Arnulfs) war dann der Regierungswechsel, Karl zog sich auf Krongüter in Schwaben zurück, wo er keine zwei Monate später starb (13.1.888). In Westfranken kam gleichzeitig Karl der Einfältige an die Macht.

So, das ist jetzt die Zusammenfassung des Querlesens vom achten Kapitel des Buches Die Karolinger von Rudolf Schieffer gewesen.
 
...
In Westfranken kam gleichzeitig Karl der Einfältige an die Macht.

So einfach war es für den anderen Karl III., also dem einfältigen, aber nicht.
Denn nachdem Karl "der Dicke" abgesetzt wurde, erkannten die westfränkischen Großen Graf Odo von Paris als ihren König an. Dieser war der mächtigste Mann Westfrankens und verteidigte Paris gegen die Wikinger und schlug diese auch 888. Doch Odo gelang es ebenfalls nicht sich gegen die Macht der Vasallen behaupten. Diese versuchten Odo zu schwächen indem sie Karl "den Einfältigen" ins Spiel brachten. Dieser wurde 893 zum König erhoben doch erst nach Odos Tod 898 fand er allgemeine Anerkennung.
 
Karl III. der Dicke wurde 887 lediglich im Ostfränkischen Reich abgesetzt, im Westfränkischen blieb er bis zu seinem Tod 888 König.

In der frz. Königsliste müßte man dann wohl so schreiben:

[...]
Karl (III.) der Dicke 885-888
Odo 888-893/98
Karl III. der Einfältige 893/98-929
[...]

Es ist wahr, im Ostfränkischen Reich gab es keinen Karl II. Demnach war Karl IV. als deutscher König erst Dritter seines Namens (nach Karl dem Großen und Karl dem Dicken).
Ähnlich Ludwig der Bayer, als Kaiser der Vierte, als König eigtl. Ludwig V. (nach Ludwig IV. dem Kind).
 
Es ist wahr, im Ostfränkischen Reich gab es keinen Karl II. Demnach war Karl IV. als deutscher König erst Dritter seines Namens (nach Karl dem Großen und Karl dem Dicken).
Ähnlich Ludwig der Bayer, als Kaiser der Vierte, als König eigtl. Ludwig V. (nach Ludwig IV. dem Kind).

Das stimmt so nicht, denn es gab noch einen Karl II., der 838-877 König war und nach der Teilung 843 den Westteil des Frankenreiches bekam, aber von 838-843 noch König des Gesamtreiches war.
karl_2_der_kahle_frankenkoenig_+_877
 
Das stimmt so nicht, denn es gab noch einen Karl II., der 838-877 König war und nach der Teilung 843 den Westteil des Frankenreiches bekam, aber von 838-843 noch König des Gesamtreiches war.
karl_2_der_kahle_frankenkoenig_+_877

Karl "der Kahle" hielt rechtsrheinische Gebiete vor der Reichsteilung von Verdun 843. Zudem kann man auch von ihm nicht als einen Gesamtherrscher sprechen da er es noch mit den aquitanischen Königen Pippin I. (814-838) und Pippin II. (838 852) zu tun hatte. Und da war immernoch sein älterer Bruder Kaiser Lothar I., der übrigens auch nicht in den Königslisten Ostfrankens geführt wird (er war von 814-817 Unterkönig in Bayern).
 
Übrigens habe ich mal irgendwo gelesen, daß die historische Zählweise so war, daß nur die Kaiser eine Nummer bekamen und somit gezählt wurden - die Könige nicht.
 
Übrigens habe ich mal irgendwo gelesen, daß die historische Zählweise so war, daß nur die Kaiser eine Nummer bekamen und somit gezählt wurden - die Könige nicht.

Darüber grüble ich auch schon den ganzen Tag. Denn...
Gast schrieb:
Ähnlich Ludwig der Bayer, als Kaiser der Vierte, als König eigtl. Ludwig V, (nach Ludwig IV. dem Kind).

...ich meine das die Ostfrankenkönige der Karolinger in der Regel ohne jede Ordnungszahl genannt wurden. Also Ludwig "der Deutsche", Ludwig "der Jüngere" und Ludwig "das Kind".
Lediglich Karl "der Dicke" trug eine (III.) wegen seines Kaisertums. Erst ab dem Konradiner Konrad I. wurden die Könige wieder mit Ordnungszahl geführt.
 
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