Abstammung der Nordmänner (Wikinger)

Chriss

Mitglied
Woher stammen die Nordmänner (Wikinger) ab? Wo liegt ihre Geburtsstunde?
Aus einer nicht Historisch bestätigte Quelle habe ich gelesen das die Nordmänner (Wikinger) aus Germannien abstammen (Jahreszahl ???). Ob es der Wahrheit entspricht weis ich nicht. Vieleicht könnt ihr mir helfen.
 
Die Wikinger stammen aus Dänemark, Norwegen und Schweden.

Da nicht alle Wikinger gleichzeitig geboren wurden, kann man auch keine gemeinsame Geburtsstunde angeben.

Der erste Überfall dänischer Wikinger wird um 515 erwähnt, an der Nordküste des Frankenreichs.

Weitere Informationen gibt es hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Wikinger
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Germanen

Zitat:

Die große Ähnlichkeit der germanischen Sprachen untereinander im Vergleich zu anderen indoeuropäischen Sprachen macht eine lange Phase der gemeinsamen Entwicklung dieser Sprache sehr wahrscheinlich. Die meisten Linguisten setzen heute als Zeitraum der Aufgliederung des Alteuropäischen in das (Proto-)Germanische einerseits das Italisch-Keltische andererseits die erste Hälfte des 2. Jahrtausends vor Christus an.

Auch nach der Herausbildung der germanischen Sprache bestanden Beziehungen insbesondere mit den keltischen Sprachen, was Lehnworte belegen. Zitat Ende

Trotzdem ist die Herkunft gerade der Nordgermanischen Völker Sehr schwierig zu beantworten.

Prinzipiell gliedern sich die Germanischen Völker im Anfang in drei Gruppen wobei die Übergänge höchst unklar sind und auch keine wirkliche Trennung zu den frühen Kelten vollzogen werden kann, vor allem bei den Westgermanen nicht. Daneben gibt es die Nord- und die Ostgermanische Gruppe. Archäologisch werden die Nordgermanen in die Ost- und Westnordische Gruppe aufgeteilt.

Eine klassische Deutung ist die: das sich in Norddeutschland einwandernde Stämme (diverser Herkunft) mit der einheimischen Megalithkultur vermischt hätten und das aus dieser Mischung die Germanen enstanden seien. Von dort hätten sie dann Skandinavien besiedelt, und die dort lebende Finno-Ugrische Bevölkerung verdrängt.

Dazu passt aber das Fundgut überhaupt nicht und auch andere Methoden z.B. aus der Linguistik lassen da massive Zweifel aufkommen.

Prinzipiell kann man von einem sehr großen Anteil schon ansässiger Elemente ausgehen und das sich die Norgermanen als Gruppe aus diesen von selbst heraus entwickelt haben und dies unter einer kulturellen und sprachlichen Beeinflußung von Süden her wobei die Unterscheidung Kelten – Germanen zu diesem Zeitpunkt so noch gar nicht getroffen werden kann.

Die Nordgermanen haben sich also als Volksgruppe vor Ort aus den vorhandenen Stämmen und Völkern von selbst gebildet im Rahmen der allgemeinen Veränderung und Weiterentwicklung der einheimischen Kulturen unter massiver kultureller Beeinflußung aus Norddeutschland aber ohne größere Einwanderung von dort.
 
Quintus Fabius schrieb:
... Eine klassische Deutung ist die: das sich in Norddeutschland einwandernde Stämme (diverser Herkunft) mit der einheimischen Megalithkultur vermischt hätten und das aus dieser Mischung die Germanen enstanden seien. Von dort hätten sie dann Skandinavien besiedelt, und die dort lebende Finno-Ugrische Bevölkerung verdrängt.

Dazu passt aber das Fundgut überhaupt nicht und auch andere Methoden z.B. aus der Linguistik lassen da massive Zweifel aufkommen.

Prinzipiell kann man von einem sehr großen Anteil schon ansässiger Elemente ausgehen und das sich die Norgermanen als Gruppe aus diesen von selbst heraus entwickelt haben und dies unter einer kulturellen und sprachlichen Beeinflußung von Süden her wobei die Unterscheidung Kelten – Germanen zu diesem Zeitpunkt so noch gar nicht getroffen werden kann.

Die Nordgermanen haben sich also als Volksgruppe vor Ort aus den vorhandenen Stämmen und Völkern von selbst gebildet im Rahmen der allgemeinen Veränderung und Weiterentwicklung der einheimischen Kulturen unter massiver kultureller Beeinflußung aus Norddeutschland aber ohne größere Einwanderung von dort.
Ein Blick in meinen Geschichtsatlas auf die Karte "Ausgehende Jungsteinzeit, 20. - 19. Jahrhundert v. Chr." (ausgehende Jungsteinzeit = Kupferzeit) zeigt die Ausbreitung der Großsteingräberkultur von Westen her kommend in Europa, Norddeutschland, sowie in Dänemark und an den Küsten Schwedens.

Diese Großsteingräberkultur war wohl die, im 2. Jahrtausend v. Chr. ansässige Bevölkerung. Sie betrieb Ackerbau, wohnte in Langhäusern und nutzte Grubenhäuschen, in geringer Distanz entlang der Langseiten der Häuser errichet, für Vorratshaltung, als Spinnstuben und als Werkstätten. Das alles wurde von den späteren Germanen komplett übernommen.

Dieselbe Karte zeigt aber auch die Ausbreitung der Streitaxtkultur, die von Osten her kommend ebenfalls im 2. Jahrtausend v. Chr. stattfand, sie überdeckte Deutschland (bis an den Rhein), überdeckte Dänemark, und die Küsten Schwedens, überschnitt sich dort also mit der Großsteingräberkultur.

Die Streitaxtkultur wird mit der Wanderung der indogermanischen Hirtenvölkern in Verbindung gebracht. Sie kannten Wagen, Streitaxt, Pfeil und Bogen, Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Geflügel. Sie war patriarchalisch, in Sippen organisiert. Sie kannte drei Stände: Priester, Krieger und Hirten, Auch all dies fand sich, z. T. in abgewandelter Form, bei den späteren Germanen wieder.

Nur werden die körperbaulichen Merkmale der Großsteingräber-Leute als rundschädlig, kräftig-gedrungen, beschrieben. Diese also von eher geringer Körpergrösse waren. Während die Streitaxt-Leute als langschädlig, schlank-hochgewachsen beschrieben werden.

In Norddeutschland hatte sich daraus von etwa 2.000 v. Chr. bis 1.400 v. Chr ein Körperbautyp entwickelt, der langschädlig, hochgewachsen, - und kräftig war; eben die Germanen.

Nach meiner Karte, waren die Vorraussetzungen in Dänemark, und Schweden dieselben. Das Ergebnis war, wenn meine Vorstellungen vom Erscheinungsbild eines Wikingers zutreffen, ebenfalls verblüffend ähnlich. Und, - die Wikinger sprachen eine germanische Sprache -, genau wie ihre südlichen Nachbarn.

Ob sich die Wikinger nach der Jungsteinzeit aus der ansässigen Bevölkerung entwickelt haben, oder ob sie aus eingewanderten Germanen entstanden sind, ist letzlich unerheblich, denn die ansässige Bevölkerung bestand zu diesem Zeitpunkt aus den gleichen Komponenten aus denen auch die Germanen entstanden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jürgen schrieb:
Dieselbe Karte zeigt aber auch die Ausbreitung der Streitaxtkultur, die von Osten her kommend ebenfalls im 2. Jahrtausend v. Chr. stattfand, sie überdeckte Deutschland (bis an den Rhein), überdeckte Dänemark, und die Küsten Schwedens, überschnitt sich dort also mit der Großsteingräberkultur.
Diese Karte beruht offensichtlich auf überholten Theorien.
Die Streitaxtkultur kam nicht aus Osten, sondern entstand in Mitteleuropa, und sie begann auch nicht im 2., sondern schon im frühen 3. Jahrtausend v. Chr.


Jürgen schrieb:
Die Streitaxtkultur wird mit der Wanderung der indogermanischen Hirtenvölkern in Verbindung gebracht. Sie kannten Wagen, Streitaxt, Pfeil und Bogen, Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Geflügel.
Und was ist daran bemerkenswert? Das alles kannten auch schon die Kulturen vor der Streitaxtkultur.
Die Indoeuropäer kannten übrigens auch den Ackerbau mit verschiedenen Getreidearten, mit Pflug und Sichel.


Jürgen schrieb:
Sie war patriarchalisch, in Sippen organisiert.
Das ist wohl anzunehmen, schließlich trifft diese Beschreibung auf schätzungsweise 99% aller Kulturen unseres Planeten zu.


Jürgen schrieb:
Sie kannte drei Stände: Priester, Krieger und Hirten, Auch all dies fand sich, z. T. in abgewandelter Form, bei den späteren Germanen wieder.
Woher man das wissen will, daß es genau drei Stände waren, ist mir unklar. In "abgewandelter Form" finden wir diese Stände allerdings bei fast allen Kulturen, die Ackerbau und Viehzucht betreiben.


Jürgen schrieb:
In Norddeutschland hatte sich daraus von etwa 2.000 v. Chr. bis 1.400 v. Chr ein Körperbautyp entwickelt, der langschädlig, hochgewachsen, - und kräftig war; eben die Germanen.
So sah man es gern in den 1930er und 1940er Jahren. Tatsächlich gehören aber weder die Träger der Megalithkultur (Großsteingräber) noch die Germanen einem einheitlichen Körperbautyp an.


Jürgen schrieb:
Ob sich die Wikinger nach der Jungsteinzeit aus der ansässigen Bevölkerung entwickelt haben, oder ob sie aus eingewanderten Germanen entstanden sind, ist letzlich unerheblich
Da hast Du allerdings völlig recht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Jede der Aussagen kann man zu 99% auf alle Völker anwenden. Was unterschied eigentlich die Germanen von anderen Völkern? :confused: Lieber Hyokkose, woher beziehst Du Dein Wissen, für die von Dir gemachten Aussagen? :confused:
 
heinz schrieb:
Was unterschied eigentlich die Germanen von anderen Völkern? :confused:
In erster Linie die Sprache.
Vielleicht auch die Religion, doch lassen sich darüber für die älteste Zeit nur sehr vage Aussagen machen.


heinz schrieb:
Lieber Hyokkose, woher beziehst Du Dein Wissen, für die von Dir gemachten Aussagen? :confused:
Aus der einschlägigen Literatur. Ich glaube, ich habe Dir in früheren Diskussionen schon einige Titel genannt. Auf Wunsch suche ich sie gerne noch einmal heraus.
 
hyokkose schrieb:
Der erste Überfall dänischer Wikinger wird um 515 erwähnt, an der Nordküste des Frankenreichs.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikinger
Das sehe ich nicht so. "Wikinger" ist die Bezeichnung für eine bestimmte Gesellschaftskultur in Nordeuropa. Ein völlig vereinzelter räuberischer Überfall, der sich erst ca 200 Jahre später - offenbar von Norwegern - wiederholt wird, ist für mich noch kein Zeichen eines gesellschaftlichen Konsenses, der mit der Allgemeinbezeichnung "Wikinger" belegt werden könnte.
 
Chriss schrieb:
Woher stammen die Nordmänner (Wikinger) ab? Wo liegt ihre Geburtsstunde?
Aus einer nicht Historisch bestätigte Quelle habe ich gelesen das die Nordmänner (Wikinger) aus Germannien abstammen (Jahreszahl ???). Ob es der Wahrheit entspricht weis ich nicht. Vieleicht könnt ihr mir helfen.
Lässt sich überhaupt nicht sagen.
Die Besiedlung Norwegens begann im 8. Jahrtausend vor Christus.
Eine genauere Darstellung von mir findest Du hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Norwegens#Vor_der_Zeitenwende
 
Nur werden die körperbaulichen Merkmale der Großsteingräber-Leute als rundschädlig, kräftig-gedrungen, beschrieben. Diese also von eher geringer Körpergrösse waren. Während die Streitaxt-Leute als langschädlig, schlank-hochgewachsen beschrieben werden.

und

Tatsächlich gehören aber weder die Träger der Megalithkultur (Großsteingräber) noch die Germanen einem einheitlichen Körperbautyp an.

Also ausgehend vom vorhandenen Skelletmaterial läßt sich mittels der Methoden der Biometrie folgendes dazu feststellen:

Das die Durchschnittsgröße der Angehörigen der Megalithkultur über der der Streitaxtkultur liegt. Die von Jürgen erwähnten Schädelformen kommen in beiden Kulturen in fast gleichen Anteilen vor. Wobei die Langschädeligen Typen bei beiden Kulturen im Schnitt überwiegen auch wenn es Gebiete in beiden Kulturen gibt die primär Rundschädelig geprägt sind.

Von daher ist die einzig zulässige Aussage die: daß die Leute der Megalithkultur im Durchschnitt etwas größer waren.

Was unterschied eigentlich die Germanen von anderen Völkern?
In erster Linie die Sprache.
Vielleicht auch die Religion, doch lassen sich darüber für die älteste Zeit nur sehr vage Aussagen machen.

Die Germanen sind ja auch nicht statisch geblieben in ihrer Kultur. Im Verlauf der Zeit begannen sich dann immer mehr Eigenheiten ihrer Kultur im Gegensatz zu den Kelten auszuprägen, dies aber erst im letzten Jahrhundert vor Christus. Die Germanen in dem Sinn wie man sie gemeinhin kennt „entstanden“ im Endeffekt erst als die Römer in Gallien aktiv wurden.

Im Verlauf der weiteren Zeit enstanden dann diverse Kulturelle Eigenheiten in der Sozialkultur, der Religion oder auch Schrift (Runen) die diese Kulturgruppe dann separierten.

Gerade aber in der Anfangs- und Entstehungszeit ist die Trennung von Keltischen Völkern im Westgermanischen Bereich de facto nicht möglich und der Übergang und die Trennung zwischen Nord- und Westgermanen ist ebenso nicht möglich. Meiner persönlichen Meinung nach ist es falsch, zu diesem Zeitpunkt die Skandinavischen Völker überhaupt schon als Germanen anzusprechen, bzw wenn, dann nur sprachlich. Erst zur Römerzeit begann sich daß dann in dieser Art zu formen, aber nicht durch Einwanderung sondern durch massive kulturelle Beeinflußung der sprachlich engverwandeten Germanischen Völker in Norddeutschland.
 
hyokkose schrieb:
Aus der einschlägigen Literatur. Ich glaube, ich habe Dir in früheren Diskussionen schon einige Titel genannt. Auf Wunsch suche ich sie gerne noch einmal heraus.

Lieber Hyokkose,
wir hatten schon einmal über die indogermanische Sprache und die Anatolientheorie, sowie über die Indoeuropäer geschrieben. Über den Ursprung der Germanen ist das mir nicht mehr erinnerlich. Wenn Du also so nett bist und mir entsprechende Wissenschaftler mit ihren Werken zu nennen, dann würde ich mich freuen. :)
 
heinz schrieb:
Lieber Hyokkose,
wir hatten schon einmal über die indogermanische Sprache und die Anatolientheorie, sowie über die Indoeuropäer geschrieben. Über den Ursprung der Germanen ist das mir nicht mehr erinnerlich. Wenn Du also so nett bist und mir entsprechende Wissenschaftler mit ihren Werken zu nennen, dann würde ich mich freuen. :)

Lieber Heinz,
auch über den Ursprung der Germanen haben wir schon hier und da diskutiert. Aus einer älteren Diskussion zitiere ich einen Beitrag, in dem ich zu der seinerzeit auch von Rudolf Pörtner vertretenen, längst überholten These mit Literaturangaben geäußert habe:

Backup vom alten Forum schrieb:
Antwort von hyokkose :

Anmerkungen zu:
Rudolf Pörtner, Bevor die Römer kamen, Düsseldorf-Wien 1961 (Lizenzausgabe Moewig, Rastatt 1982)

Pörtner vertritt die These, die Germanen seien eine "Vermischung" von Megalithbauern und Streitaxthirten. Zunächst wollen wir schauen, wie die Grundlagen seiner These aussehen:

1. "Megalithbauern": "In den Mythen orientalischer Wanderhirten wurzelnd, hat die bis tief in die Bronzezeit fortwirkende Megalithkultur gerade in Schleswig-Holstein und Niedersachsen Züge angenommen, die auf ein selbstbewußtes, charaktervolles und tüchtiges Bauernvolk hinweisen. Selbst skeptische Forscher sind der Ansicht, daß dieses Bauernvolk sich in seiner rassischen Grundsubstanz bis heute erhalten hat." (S. 240/41)

Hier scheint sich sich Pörtner auf die Ansichten von Fachgelehrten zu stützen (leider nennt er keine Namen!), saugt sich also jedenfalls nichts aus dem Finger.

Also ist zu fragen: Läßt sich die Ansicht halten, daß es eine rassische Grundsubstanz der Megalithiker gegeben hat? Zu dieser Frage konsultiere ich den dicken Band "Studien zur Megalithik - Forschungsstand und ethnoarchäologische Perspektiven" (Hrsg. Karl W. Breinhauer) Mannheim/Weißbach 1999, wo es auf S. 266 heißt: "Eine genetisch homogene Fortpflanzungsgemeinschaft der Megalithiker hat es niemals gegeben. Vielmehr zeigen die Menschen, die in sog. Megalithgräbern bestattet wurden, in ihren Skelettmerkmalen einerseits kleinräumige Unterschiede und ordnen sich andererseits in weiträumige diachrone Trends ein."

Das ist nun zwar keine großartige These. Da es zwischen heutigen durchschnittlichen Iren, Portugiesen und Norddeutschen Unterschiede im Aussehen gibt, dürfte niemand von der Tatsache überrascht sein, daß auch schon die Megalithiker der norddeutschen Tiefebene halt etwas anders aussahen als die Megalithiker in Irland und die in Portugal.
Der Punkt ist aber: Kultur und Körpermerkmale waren noch nie deckungsgleich. Ein genetisch definierbares Megalithiker-"Volk" gab es nicht.

2. "Streitaxthirten": Hier operiert Pörtner nicht mit abgesicherten Ergebnissen, sondern mit lauter Mutmaßungen: "Wahrscheinlich in der Kalmückensteppe, in der Ostukraine und in der Gegend von Moskau zu Hause" - "mit hervorragenden Steinäxten bewaffnet und vermutlich beritten" - "Obwohl sie sicherlich nicht das immer noch gesuchte indogermanische Urvolk waren, gehörten sie höchstwahrscheinlich der indogermanischen Völkerfamilie an. Das Rassenbild des 'nordischen ' Heidjers dürfte nicht zuletzt ein Erbteil dieser schnurkeramischen Zuwanderung sein. Auch für Süddeutschland wurden sie zu einem Blutspender..." (S. 277)

Aus diesem Konglomerat aus "wahrscheinlich", "vermutlich", "höchstwahrscheinlich" und "dürfte" destilliert Pörtner dann anscheinend den von Heinz im Pfad "Wer war das kleine Volk" zitierten Satz, wo er die "indogermanischen Streitaxtkrieger" die Eigenschaften "der hohe Wuchs, die langen Glieder, die hellen Augen, der schmale Schädel mit dem charakteristischen Hinterhaupt und wahrscheinlich auch das rotblonde Haar" assoziiert. (S. 439)

Wie Pörtner zu diesen Assoziationen kommt, ist mir nicht ganz klar. Die Annahme liegt aber nahe, daß er sich von nazizeitlichen Vorstellungen über das "Indogermanentum" nicht ganz frei gemacht hat.

Auch hierzu ist ein Blick in ein neueres Standardwerk hilfreich: Walter Pohl, Die Germanen (Enzyklopädie deutscher Geschichte Band 57), München 2000:
"Die großen Hoffnungen, die auf der Suche nach einer nordischen Rasse bis 1945 in die physische Anthropologie gesetzt wurden, haben sich nicht erfüllt. Heute ist die Forschung so gut wie einig darüber, daß die zeitgenössischen Vorstellungen von gemeinsamer Abstammung ein Mythos sind und alle historischen Völker durch Vermischung entstanden sind. Die Definition rassischer Typen durch Schädelmessung hält sich immer noch als Forschungsrichtung, wird aber nur mehr von einer Minderheit von Forschern innerhalb wie außerhalb der Disziplin als wissenschaftliche Methode akzeptiert. [...] Doch sowohl die Anthropologie als auch neuerdings die DNA-Forschung können nur mit statistischen Methoden Gruppen bilden, wobei die als signifikant angenommenen Abweichungen nur wenige Merkmale betreffen und oft im Grenzbereich des Meßbaren bleiben." (S. 8)

Das ist nichts anderes, als was ich immer wieder betont habe: Durch Körpermerkmale lassen sich keine Völker definieren. Erst wenn durch andere Kriterien ein Volk definiert ist, kann man nachträglich Körpermerkmale statistisch erfassen und zusammenrechnen. Dabei werden sich natürlich immer irgendwelche statistisch meßbaren Unterschiede ergeben.

Weiter heißt es zur Forschungsgeschichte: "Schon O. Montelius [...] und andere hatten aus der Kontinuität der archäologischen Kultur in Skandinavien und Norddeutschland seit dem Neolithikum auf kontinuierliche Existenz und nordische Herkunft der Germanen geschlossen. G. Kossinna meinte, Germanen habe es schon seit Anfang des 3. Jahrtausends v. Chr., also lange vor der 1. Lautverschiebung gegeben. Dahinter stand auch die Vorstellung von rassischer Kontinuität [ein 'hochgewachsenes Volk mit langen Schädeln' ...]. Diese Auffassung wurde in H. Reinerths dreibändiger, ganz der nationalsozialistischen Ideologie unterworfener 'Vorgeschichte der deutschen Stämme' von 1940 popularisiert. Neue Grabungsergebnisse führten in den zwanziger Jahren dazu, daß man sich die Entstehung der Germanen meist als Verschmelzung der neolithischen Megalithkultur mit der Einzelgrabkultur bzw. der Schnurkeramik- oder Streitaxtkultur erklärte, aus der eine einheitliche nordische Bronzezeitkultur entstand. Diese Vorstellung hielt sich nach 1945 noch lange in Handbüchern [...]." (S. 48)

Damit ist wohl hinlänglich erklärt, woher Pörtner seine These von den Germanen als Mischung aus Megalithikern und Streitaxtleuten hat.
(http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=497)
 
Müssen die denn überhaupt irgendwo hergekommen sein?
Ich meine, seit dem Ende der letzten Eiszeit lebten in Mittel- und Nordeuropa bereits Menschen. Das war lange vor der Megalitkultur und den Streitaxtleuten und den Schnur- und sonstigen Keramikern. Wie kommt man darauf, dass die hätten von irgendwo herkommen müssen?:confused:
Gut, bei einer großen geschlossenen Landmasse wie Eurasien kann es ja Wanderbewegungen gegeben haben. Aber bis zu den Lofoten an der damaligen Eisgrenze? Das müssen doch Leute gewesen sein, die seit eh und je auf der Jagd nach Wild gewesen sind, das sich in der Tundra tummelt, und nicht Leute irgendwo aus dem Südosten Eurasiens.
Oder sehe ich da was falsch?
 
fingalo schrieb:
Müssen die denn überhaupt irgendwo hergekommen sein?
[...]
Oder sehe ich da was falsch?

Sieh es doch einmal so: Wie langweilig würde uns doch die Vorgeschichte vorkommen, wenn wir unserer Phantasie nicht erlauben würden, streitaxtschwingende Eroberervölker durch die Lande ziehen zu lassen...
 
hyokkose schrieb:
Sieh es doch einmal so: Wie langweilig würde uns doch die Vorgeschichte vorkommen, wenn wir unserer Phantasie nicht erlauben würden, streitaxtschwingende Eroberervölker durch die Lande ziehen zu lassen...
Das war eine erschöpfende Auskunft:D
 
hyokkose schrieb:
Lieber Heinz,
auch über den Ursprung der Germanen haben wir schon hier und da diskutiert. Aus einer älteren Diskussion zitiere ich einen Beitrag, in dem ich zu der seinerzeit auch von Rudolf Pörtner vertretenen, längst überholten These mit Literaturangaben geäußert habe:
(http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=497)

Lieber Hyokkose, vielen Dank für die Auskunft. :) Ich werde die von Dir angegebenn Wissenschaftler und Werke einmal googeln. Mal sehen, was da rauskommt.
 
Die wichtigsten Eckpunkte zur Entstehung der Germanen hat hyokkose schon geliefert, wobei er weit in der Vorgeschichte zurückgegangen ist. Vielleicht sollte man aber auch den Zeitpunkt betrachten, wo die "Nordmänner" fassbar werden, d.h. die Zeit des frühen Mittelalters.

Das Zeitalter der Wikinger oder "Nordmänner" begann, als die Skandinavier erstmals Westeuropa angriffen. Von sehr frühen Plünderungszügen berichtet etwa Gregor von Tours, wobei er einen dänischen Angriff auf das Frankenreich zu Beginn des 6. Jh. beschreibt. Neu war indessen, dass die Skandinavier gegen 800 infolge technischer und politischer Entwicklungen (z.B. Wikingerschiffe) in der Lage waren, ihre Aktionen auf dem Kontinent und den Britischen Inseln so stark auszudehnen, dass sie einer ganzen Periode europäischer Geschichte ihren Namen gaben.

Unter "Nordmänner" oder "Normannen" im eigentlichen Sinn (auch als "Männer des Nordwinds" gedeutet) versteht man lediglich die Dänen und Norweger, die nach West- und Südeuropa übergriffen, wo z.B. die spätere Normandie nach ihnen benannt ist.

Die schwedischen Wikinger heißen im allgemeinen Waräger. Sie breiteten sich seit dem 8. Jh. über Russland aus, trieben Handel mit den slawischen Stämmen und errangen in Nowgorod und Kiew eine beherrschende Stellung.

Konstituiert haben sich diese Nordgermanen - wie auch andere Germanenstämme - meines Wissens etwa im 5. Jh. v. Chr., doch da lasse ich mich gern von hyokkose eines Besseren belehren.

Maßgebend für ihr Ausgreifen seit etwa 800 n. Chr. waren wohl klimatische Veränderungen, Übervölkerung der kleinen skandinavischen Siedlungsinseln sowie gesellschaftliche Ursachen wie z.B. das am ältesten Sohn haftende Erbrecht, das Jungmannen zu Beutezügen und Eroberungen trieb.
 
Dieter schrieb:
Die wichtigsten Eckpunkte zur Entstehung der Germanen hat hyokkose schon geliefert, wobei er weit in der Vorgeschichte zurückgegangen ist. Vielleicht sollte man aber auch den Zeitpunkt betrachten, wo die "Nordmänner" fassbar werden, d.h. die Zeit des frühen Mittelalters.
Da blendest Du kurzerhand die gesamte Archäologie aus, deren Funde ein paar Tausend Jahre weiter zurückreichen.

Dieter schrieb:
... Konstituiert haben sich diese Nordgermanen - wie auch andere Germanenstämme - meines Wissens etwa im 5. Jh. v. Chr., doch da lasse ich mich gern von hyokkose eines Besseren belehren.
Nein, das war viel später. "Konstituiert" soll doch wohl ein gewisses Zusammengehörigkeitsbewusstsein haißen. Davon ist vor dem 8. Jh. (frühestens 7. Jh.) nicht auszugehen. Da ist noch die Großfamilie unter einem Großbauern die beherrschende Gesellschaftsform. In der Völkerwanderungszeit war Norwegen in 8 - 9 Herrschaftsgebiete aufgeteilt.

Dieter schrieb:
Maßgebend für ihr Ausgreifen seit etwa 800 n. Chr. waren wohl klimatische Veränderungen, Übervölkerung der kleinen skandinavischen Siedlungsinseln sowie gesellschaftliche Ursachen wie z.B. das am ältesten Sohn haftende Erbrecht, das Jungmannen zu Beutezügen und Eroberungen trieb.
Die Ursachen sind unklar. Denn die beschriebenen Zustände gab es schon wesentlich länger!
 
Ich habe die ursprüngliche Frage etwas anders interpretiert. Sie zielt meines Erachtens eher auf die kulturellen und gesellschaftlichen Verhältnisse kurz vor der Entstehung dessen, was wir als "Wikinger" bezeichnen. Daher bin ich mit meinen Ausführungen auch nicht einige tausend Jahre zurückgegangen, denn dann sollten wir einen neuen Pfad zur "Entstehung der Germanen" anlegen.

Dass die Beutezüge der Wikinger nicht monokausal zu erklären sind, sondern ein ganzes Bündel von Ursachen haben, wurde bereits von mir gesagt. Im wesentlichen sind es aber nur die oben aufgeführten - Klima, Familienstruktur, Erbrecht - die genannt werden. Weitere sind mir nicht bekannt.

Zur eingeforderten Archäologie ist zu sagen, dass sich zunächst viele regionale Unterschiede ergeben, bedingt durch die geografische Ausdehnung mit stark wechselnden natürlichen Gegebenheiten. Ergraben wurde eine große Anzahl unterschiedlicher Siedlungen, viele davon mit fester Struktur und einer vermutlich systematischen Anlage.

Ausgrabungen von Dörfern erfolgten besonders in Dänemark und Schonen wie z.B. das Dorf Vorbasse in Jütland, das man vollständig freigelegt hat. Man findet eingehegte Höfe mit großem freistehenden Haupthaus sowie mit verschiedenen Wirtschaftsgebäuden und Grubenhäusern versehen. Sie wurden im 8. Jh. planmäßig um eine gemeinsame Straße platziert. In Norwegen und Schweden wurden Einzelhöfe ausgegraben, unter anderem der Häuptlingssitz Borg auf den Lofoten.

Frühstädtische Anlagen hat man überall in Skandinavien untersucht und dabei gut erhaltene Funde zutage gefördert. Die ältesten und wichtigsten dieser Anlagen waren Ribe und Haithabu (Hedeby) sowie Birka in Ostschweden. Alle diese Siedlungen waren internationale Handelsplätze mit vielfältigem handwerklichen Gewerbe. Dabei stand Ribe besonders mit dem Rheingebiet, Hedeby mit dem Ostseeraum, mit Westeuropa und Norwege, Birka mit dem Ostbaltikum und Osteuropa in Verbindung.

Weitere Details zur Kultur, zu Bestattungen und zum Handel würden vom eigentlichen Thema fortführen.

Wie schon oben gesagt, gelten als Motive für den Aufbruch der Wikinger Abenteuerlust, Unzufriedenheit mit den heimischen Verhältnissen und Übervölkerung.
 
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