Sinn des Opferns

Skald

Mitglied
Finalgo schrieb:

Hmm, Zum einen sollte das in einem neuen thread geschehen. Zum anderen weiß ich nicht genau, was du damit meinst. Aber ich werde es merken, wenn Du loslegst.
Zum Dritten zweifle ich, ob es (außer Trivialitäten) darüber allgemeingültiges zu sagen gibt, also ob Opfer bei den Kelten und den Norwegern die gleiche Bedeutung haben, also die gleiche Intention dahintersteht.
Auch ob Opfer und Opfer das gleiche sind, ob man also die in den See geworfenen zerstörten Waffen nach gewonnener Schlacht mit dem Opferfest von Uppsala oder Trøndelag gleichsetzen kann.
Ich denke mal, da Du das vorgeschlagen hast, bist Du firm drin, während ich mich mit dieser Frage noch nicht so intensiv auseinandergesetzt habe.
Da hast Du also die Vorhand. Mal sehen, was bei rumkommt - lerne gerne dazu.

Die Götter waren für Ein "gutes Jahr" zuständig und benötigten dafür Kraft. Diese erhielten sie über Opfer.

So, ich führe unseren Gedankenaustausch hier mal fort. Du hast geschrieben, dass Opfer würde die Götter stärken. Ich sah es eher als freundschaftlichen Vertrag zwischen Göttern und Menschen und habe schon ein bisschen angedeutet, in welche Richtung meine Argumentation zielte.

Beim germanischen Opfermahl wurde das Tier meist verzehrt, nur die ungenießbaren Teile und der Schädel wurde den Göttern als Gabe dargebracht. Unterstellst du diesen Leuten tatsächlich die Dummheit der Annahme, diese Opfer würden Götter stärken? Die Äpfel ewiger Jugend besitzen, magische Kräfte ihr Eigen nennen usw?

Nunja, dass ist sicher Auslegungssache, aber ich halte die Germanen nicht für so naiv.

Weiterhin möchte ich folgendes aufführen:
In der Hávámal steht über das Opfern der bekannte Satz "Die Gabe will stets Vergeltung". Nach meiner Interpretation deutet das nicht auf eine Stärkung oder Besänftigung der Götter. Das nordische "gildi" (Vergeltung) kann nämlich auch Opfer heißen, genau wie das althochdeutsche "gilt".
Da wurde es wohl eher wie bei den Römern gehalten, deren bekannte Formulierung "do ut des", hier einfach umgekehrt wurde: Zuerst die Gabe der Asen, dann "Vergeltung" (hier nicht im negativen Sinne wie heute gebräuchlich), d.h. in der germanischen Ritualtradition steht das Dankopfer im Vordergrund (obwohl man den Hávamál-Satz natürlich auch umgekehrt verstehen kann, aber da "gildi" eben auch ein Wort für "Opfer" ist, könnte die genannte Reihenfolge die "normale" bzw. wichtigste gewesen sein). Hängt natürlich auch davon ab, wieviel Bedeutung man dem eddischen Hávámal in der Wikingerzeit eingesteht, ich halte zumindest die Opfermentalität für orginal heidnisch.

Das widerspricht zugleich der Deutung des Opfers als Stärkung der Götter, die man logischerweise im Vorhinein durchführen müsste, damit sie stark genug sind, das Erwartete zu bewirken. Ich halte das nicht für richtig. Üppige Opfermähle kann man nur abhalten, wenn es der Sippe gut geht...also als Dank für die Götter. Außerdem: Sind die Götter wirklich darauf angewiesen, dass ich sie mit einem Schluck Met dope? Die ganze Stärkungs-Theorie riecht ein bisschen nach Vorurteil gegen die "dummen Heiden", die angeblich sowas glaubten/glauben. Für mich klingt das fast fast ein bisschen atheistisch, so im Sinne von: ich habe mir meine Götter erschaffen und muß sie dann stärken. Götterstärkung klingt für mich nach Mummenschanz und Irrationalität. Wenn es die germanischen Götter gibt, dann muß ich sie nicht stärken, denn sie haben mich ja erschaffen, sozusagen.
Vielleicht ist der Begriff der Stärkung auch psychologisch zu sehen, also das Stärken der Bilder in mir, die ich von den Göttern habe, was dann wiederum zu einer größeren Präsenz dieser Gottesbilder in mir führt und ggf. Auswirkungen auf mein Handeln und meine Einstellungen hat.
Aber auch dieser Erklärungsansatz geht offenbar nicht davon aus, daß die Götter exitente Größen sind. Sowas glaubte damals aber sicher kein Wikinger.

Mich würde indessen interessieren, aus welchem Umfeld die "Götter-Stärken" These entstammt. Bei neuheidnischen Bewegungen wird so eine Ansicht meist von ariosophisch angehauchten "Alt-Heiden" vertreten. Daher meine Frage. Das soll kein Angriff sein!

LG

Skald:winke:
 
Strophe 144 der Hávamál:
veiztu, hvé blóta skal?
veiztu, hvé senda skal?
veiztu, hvé sóa skal?

Weißt du, wie man opfern soll?
Weißt Du, wie man senden soll?
weißt Du wie man ein Schlachtopfer richten soll?

Das Wort "blót" für Opfer hat nichts mit "Blut" zu tun. Die wahrscheinlichste Grundbedeutung des Verbs blóta ist "stärken" oder "mit magischer Kraft füllen".

Saxo Grammaticus schildert die Absetzung und Vertreibung Odins, wegen sexueller Verfehlungen durch die anderen Götter. Sie fürchteten, dass die Menschen ihnen den Kult verweigerten. "Die Vernichtung stand ihnen vor Augen, die Furcht im Herzen, und man hätte glauben können, dass auf aller Haupt die Schuld eines Einzigen falle." Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 114.jpg ? Wikisource. Das passt zwar nicht genau, aber die Furcht vor Vernichtung lässt den Umkehrschluss zu, dass sie auf den Kult angewiesen waren, also keineswegs so souverain waren, wie du sie darstellst.
Im übrigen ist die Edda (wie auch Saxo) mit Vorsicht zu verwenden: Es handelt sich um die Dichtung Intellektueller für Intellektuelle am Königshof, und nicht um die Volksfrömmigkeit und die Ansichten auf dem Lande.

Aber die Etymologie gibt eher Hinweise auf die ursprüngliche Sicht.

Nix mit Neuheidentum, da kenne ich mich nicht aus.

Weiteres morgen :schlafen:
 
Braucht nicht jeder Gott,egal welcher,Opfer ud Gebete
wenn kein Mensch mehr an sie denkt sind sie aus dem Sinn und nicht mehr exisstent quasi tot
 
Hey finalgo, :winke:

Ich habe auch gelernt, dass 'blót' nichts mit Blut zu tun hat. Allerdings wurde uns was Anderes erzählt als dir. Es hängt meiner Meinung nach vielmehr mit althochdeutsch "blouzan" und "ploazzan" zusammen und ist wohl eng mit "blotna" nass werden (deutsch: platschen) verbunden, bezugnehmend auf Trankopfer.
Wie schließlich blót jedes Opfer bezeichnete, wurde auch blóta für jede Opferhandlung verwendet, wobei man nicht sagte, dass man den Göttern opferte (godum gjöf), sondern man blotete die Götter mit Gaben (god gjöfum). Das lässt natürlich viele an ein "magisches" Stärken denken, geht halt aber vielmehr auf die allgemeine Bedeutung von blótan zurück, die schon das gotische "blotan" hatte: verehren.

LG

Skald
 
Hey finalgo, :winke:

Ich habe auch gelernt, dass 'blót' nichts mit Blut zu tun hat. Allerdings wurde uns was Anderes erzählt als dir. Es hängt meiner Meinung nach vielmehr mit althochdeutsch "blouzan" und "ploazzan" zusammen und ist wohl eng mit "blotna" nass werden (deutsch: platschen) verbunden, bezugnehmend auf Trankopfer.
Wie schließlich blót jedes Opfer bezeichnete, wurde auch blóta für jede Opferhandlung verwendet, wobei man nicht sagte, dass man den Göttern opferte (godum gjöf), sondern man blotete die Götter mit Gaben (god gjöfum). Das lässt natürlich viele an ein "magisches" Stärken denken, geht halt aber vielmehr auf die allgemeine Bedeutung von blótan zurück, die schon das gotische "blotan" hatte: verehren.
Ich zitiere mal Jan de Vries, Altnordisches Etymologisches Wörterbuch zu blót: Etymalogie umstritten. ... Loewenthal, Arkiv for nordisk filologie 35, 1919, S. 213 geht aus von der bed. "stark machen" und zwar aus idg. *bhlad. erw. zu *bhel "geschwollen sein" (vgl. bolginn)".
Zu blotna heißt es: "weich werden, nachgeben." siehe auch blautr.
Bei blautr heißt es: "weich, schwach, furchtsam. ... altengl. bleat 'elend' , afries. 'blat = arm, mittelniederdeutsch blot, Mittelhochdeutsch bloz = bloß, nackt. - schwer zu trennen von einem andern Wort blautr 'durchnässt'. Altnordisch nicht belegt. Neuisl blautur. - Orkneiisch 'blooter' = feuchte masse, schwedisches Lappisch 'lauthas, lakta' feucht, Norwegisches Lappisch 'lavtas' = 'nass'.
Auch Johan Fritzner, Ordbog over det gamle norske Sprog, der viele Fundstellen zitiert, zitiert nur für 'blautr' = 'weich' und 'schwach ängstlich' Fundstellen in altnordischen Texten, nicht für 'nass'. Diese Bedeutung hat er nicht.
Das gleiche gilt für Alexander Jóhannesson, Altisl. Etym. Wörterbuch. Auch er kennt für blautr nur die Bedeutung weich, zaghaft usw, nicht aber 'nass'.

Ich habe schon öfter festgestellt, dass gleichaussehende Wörter, einmal mit und einmal ohne Akzent auf dem Vokal etymologisch nicht verwandt sind.
Wenn dieses Wort in deiner Bedeutung im altnordischen nicht belegt ist, dürfte es als Deutungselement ausscheiden.
 
Braucht nicht jeder Gott,egal welcher,Opfer ud Gebete
wenn kein Mensch mehr an sie denkt sind sie aus dem Sinn und nicht mehr exisstent quasi tot
Für die menschengemachten Götter gilt das: Sie wurden von ihnen gemacht und exisitieren nur, solange man an sie denkt. Für den Christengott gilt das nicht. Den interessiert nicht, was die Menschen denken, schon deshalb, weil er schon da war, bevor es Menschen gab.
Präsenz: "Der Mensch denkt, Gott lenkt."
Imperfekt: "Der Mensch dachte, Gott lachte".
 
Braucht nicht jeder Gott,egal welcher,Opfer ud Gebete / wenn kein Mensch mehr an sie denkt sind sie aus dem Sinn und nicht mehr exisstent quasi tot
Für die menschengemachten Götter gilt das: Sie wurden von ihnen gemacht und exisitieren nur, solange man an sie denkt. Für den Christengott gilt das nicht. Den interessiert nicht, was die Menschen denken, schon deshalb, weil er schon da war, bevor es Menschen gab.
Die Einteilung der Religionen bzw. des Götterglaubens in solche, die menschengemacht sind, und solche, die das nicht sind, ist natürlich ein (glaubens-)forenfüllendes Thema; das gilt auch für die These, den Christengott interessiere nicht, was die Menschen denken.

Mich würde indessen interessieren, aus welchem Umfeld die "Götter-Stärken" These entstammt
Der Opferbegriff als solcher ist sehr vielschichtig: eine rituelle Handlung, die dazu dient, "unsichtbare Kräfte zu beeinflussen, mit ihnen in Kontakt, ja in Kommunion zu treten, ihr Werk zu beflügeln, ihnen Genugtuung zu bieten, sie zu ehren oder ihre schädlichen Einflüsse zu neutralisieren" (RGG, Bd. 4, S. 1637). Man kann folgende Hauptzwecke des Opfers unterscheiden (ebd.), die in der Praxis ineinanderfließen:

  • Tauschbeziehung: "Die Grundformel des Opfers lautet: 'do, ut des' oder 'do, ut possis dare' (ich gebe, damit du gibst oder geben kannst). Im Opfer soll also das Numen quasi vertraglich gebunden werden, damit es im Sinne des Opfernden zurückwirkt oder zurückwirken kann" (Körber in: Wörterbuch des Christentums, S. 913).
  • Stärkung: Die Numina müssen mächtig genug sein, um den "Ansprüchen" der Opfernden zu genügen. Deshalb opfert man machthaltige Stoffe, deren Substanz stärkend/machtsteigernd wirkt.
  • Stiftung einer Gemeinschaft: Indem z. B. eine Opferspeise gemeinsam verzehrt wird, schaffen bzw. stärken die Teilnehmer die Verbindung unter- und miteinander und mit dem Numen.
Der Stärkungsgedanke ist dann besonders aktuell, wenn konkurrierende Numina existieren, von denen unter man Umständen nach Situation/Bedarf mal dieses, mal jenes untersützt. Er verliert an Bedeutung, wenn das Numen - in den Offenbarungsreligionen: Jahwe, Gott, Allah - als allmächtig vorgestellt wird. Aber noch der alttestamentarische "Brauch der Auslegung der Schaubrote im Tempel und ... der Zubereitung der Opfer analog zu menschlichen Mahlzeiten" spiegelt "die Ansicht, daß der Gottheit Nahrung zugeführt werden muß" (RGG, S. 1643).

Auch der Charakter der Tauschbeziehung verändert sich etwa dann, wenn z. B. Gottes Wege/Pläne als "unergründlich" bezeichnet werden, eine direkte Gegenleistung also prinzipiell nicht erwartet werden darf.
 
Für die menschengemachten Götter gilt das: Sie wurden von ihnen gemacht und exisitieren nur, solange man an sie denkt. Für den Christengott gilt das nicht. Den interessiert nicht, was die Menschen denken, schon deshalb, weil er schon da war, bevor es Menschen gab.
ob der Christengott menschgemacht ist oder nicht ist Glaubenssache,jeder Mensch hat da seine eigene Meinung,wissen tun wir es letztendlich nicht sonst wäre es ja kein Glauben mehr
 
Die Einteilung der Religionen bzw. des Götterglaubens in solche, die menschengemacht sind, und solche, die das nicht sind, ist natürlich ein (glaubens-)forenfüllendes Thema; das gilt auch für die These, den Christengott interessiere nicht, was die Menschen denken.
Dies war keine ontologische Aussage über das wahre Wesen eines oder der Götter, sondern eine Aussage über das, was Menschen über sie behaupten. Es ist ja nicht auszuschließen, dass auch der Christengott menschengemacht ist. Dagegen wird von den Göttern, um die es hier geht, die Abhängigkeit von menschlichem Denken ja gar nicht angezweifelt.

Der Opferbegriff als solcher ist sehr vielschichtig: eine rituelle Handlung, die dazu dient, "unsichtbare Kräfte zu beeinflussen, mit ihnen in Kontakt, ja in Kommunion zu treten, ihr Werk zu beflügeln, ihnen Genugtuung zu bieten, sie zu ehren oder ihre schädlichen Einflüsse zu neutralisieren" (RGG, Bd. 4, S. 1637). Man kann folgende Hauptzwecke des Opfers unterscheiden (ebd.), die in der Praxis ineinanderfließen:

  • Tauschbeziehung: "Die Grundformel des Opfers lautet: 'do, ut des' oder 'do, ut possis dare' (ich gebe, damit du gibst oder geben kannst). Im Opfer soll also das Numen quasi vertraglich gebunden werden, damit es im Sinne des Opfernden zurückwirkt oder zurückwirken kann" (Körber in: Wörterbuch des Christentums, S. 913).
  • Stärkung: Die Numina müssen mächtig genug sein, um den "Ansprüchen" der Opfernden zu genügen. Deshalb opfert man machthaltige Stoffe, deren Substanz stärkend/machtsteigernd wirkt.
  • Stiftung einer Gemeinschaft: Indem z. B. eine Opferspeise gemeinsam verzehrt wird, schaffen bzw. stärken die Teilnehmer die Verbindung unter- und miteinander und mit dem Numen.
Ist bekannt. Hier geht es aber darum, welcher Opferbegriff in vorschriftlicher Zeit bei den Menschen in Skandinavien im Vordergrund stand. Und da ist das Wort "blót" für Opfer und seine Etymologie ein wichtiges Indiz.
Der Stärkungsgedanke ist dann besonders aktuell, wenn konkurrierende Numina existieren, von denen unter man Umständen nach Situation/Bedarf mal dieses, mal jenes untersützt. Er verliert an Bedeutung, wenn das Numen - in den Offenbarungsreligionen: Jahwe, Gott, Allah - als allmächtig vorgestellt wird.
Das wiederum deckt sich nicht mit der Beobachtung und ist auch nicht plausibel. Wenn Numina "Fettdampf und Gebet" für ihre Fortexistenz benötigen, dann spielt der Konkurrenzgedanke keine Rolle. Wenn ein Gott für die Fruchtbarkeit zuständig ist, dann ist dessen Stärkung für eine gute Ernte im folgenden Jahr unabhängig von anderen Göttern erforderlich.

Aber noch der alttestamentarische "Brauch der Auslegung der Schaubrote im Tempel und ... der Zubereitung der Opfer analog zu menschlichen Mahlzeiten" spiegelt "die Ansicht, daß der Gottheit Nahrung zugeführt werden muß"
Und das widerlegt die Erforderlichkeit der Konkurrenzsituation, und zwar auch dann, wenn man für die Zeit des Entstehens der Sitte mit den Schaubroten keinen Monotheismus sondern nur eine Monolatrie annimmt. Dass man JHWH deshalb Schaubrote vorlegt, damit er sich gegen Baal durchsetzen könne, wird wohl nicht ernsthaft vertreten.
 
Ich verabschiede mich jetzt leider aus der Diskussion, da es hier jetzt gerade verstärkt um Glaubensfragen geht, und da kann ich nicht objektiv sein. Zum Thema: Wahrscheinlich gab es dann ein Nebenher von "blót" und "gilt", dass wird aus dem Fränkischen Taufgelöbnis deutlich, dass sowohl das blót als auch das gilt verbietet.

Trotzdem erscheint mir die Vorstellung der Götterstärkung reichlich absurd und unlogisch. Kann nicht ein Stärken der Kultgemeinschaft gemeint sein?
 
Ich verabschiede mich jetzt leider aus der Diskussion, da es hier jetzt gerade verstärkt um Glaubensfragen geht, und da kann ich nicht objektiv sein. Zum Thema: Wahrscheinlich gab es dann ein Nebenher von "blót" und "gilt", dass wird aus dem Fränkischen Taufgelöbnis deutlich, dass sowohl das blót als auch das gilt verbietet.

Trotzdem erscheint mir die Vorstellung der Götterstärkung reichlich absurd und unlogisch. Kann nicht ein Stärken der Kultgemeinschaft gemeint sein?
Na, es ging nicht um Glaubensfragen, sondern um den Zweck der Opfers. Da Opfer den Göttern dargebracht werden, können religionshistorische Erörterungen nicht ausbleiben - das hat aber doch mit dem eigenen Glauben nichts zu tun.
"Gilt" ist aber kein Wort des alten Norrøn.

Bei dem Urteil "Absurd" muss man Vorsichtig sein.
Wenn Du mal von Maurice Godelier, "Das Rätsel der Gabe, Geld, Geschenke, heilige Objekte" liest, ein ethnologisches Buch über die Gabe bei rezenten "Urvölkern" (Sumatra, Borneo, Indianer), da bist du platt, was für "absurde" Vorstellungen mit der Gabe verbunden sind.
Man denkt immer, je älter, desto einfacher, schlichter, logisch geradeauser:D und das Komplzierte um drei Ecken rum sei spätere Entwicklung, dabei weiß man von der Sprache, dass es umgekehrt ist: Je älter, desto vertrackter.
 
Interessant und anschaulich ist da der Bericht ibn Fadlans.
Wenn ihre Schiffe im Hafen ankommen, geht jedermann an Land und nimmt Brot, Fleisch, Lauch, Milch und Bier mit. Dann geht er zu einem Holzpfahl mit dem Gesicht wie das eines Mannes. Um ihn herum sind kleinere Figuren, und dahinter stecken hohe Holzpfähle im Boden. Er geht also zu der großen Figur, wirft sich auf den Boden und sagt: „Oh Herr, ich komme von weither mit so vielen Sklavenmädchen und so vielen Pelzen“ (dann zählt er die eingekauften Waren auf), „und nun komme ich mit diesem opfer zu Dir.“ (Hier legt er die mitgebrachten Sachen vor den Holzpfahl) „Ich wünsche, dass Du mir einen an Dinaren und Dirhams reichen Kaufmann sendest, der von mir nach Wunsch kauft und mit mir nicht feilscht.“
Auch wenn die heidnische Opferhandlung von Faldan überzeichnet sein mag, so zeugt sich doch von einer eiher geschäftlichen Verbindung des Kaufmanns mit seinem Holzidol. So eine Art Geben und Nehmen.:grübel:
Das stimmt so ziemlich mit dem von Skald zitieren Havamal-Spruch "Die Gabe will stets Vergeltung".
Was Trank- und Speiseopfer betrifft, so steht ihr meiner Meinung nach die Idee des gemeinsamen Opfermahles im Vordergrund, ähnlich wie bei den mediterranen Polytheismen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für die menschengemachten Götter gilt das: Sie wurden von ihnen gemacht und exisitieren nur, solange man an sie denkt. Für den Christengott gilt das nicht. Den interessiert nicht, was die Menschen denken, schon deshalb, weil er schon da war, bevor es Menschen gab.
Präsenz: "Der Mensch denkt, Gott lenkt."
Imperfekt: "Der Mensch dachte, Gott lachte".

Du meinst sicher die Transzendenz des christlichen Gottes.
Den Ausdruck "menschengemacht" finde ich in diesem Zusammenhang allerdings eher unpassend, da dem Gläubigen des jeweiligen Kultes die/der eigene(n) Gott/Götter nicht menschengemacht vorkommen.
 
Dies war keine ontologische Aussage über das wahre Wesen eines oder der Götter...
Danke für die Klarstellung, auch an Gaius Marius.

Hier geht es aber darum, welcher Opferbegriff in vorschriftlicher Zeit bei den Menschen in Skandinavien im Vordergrund stand. ... Und da ist das Wort "blót" für Opfer und seine Etymologie ein wichtiges Indiz.
Mir ging es - siehe das dort vorangestellte Zitat - um Skalds Frage, "aus welchem Umfeld die 'Götter-Stärken' These entstammt". Dass blót "stark machen" bedeutet, beantwortet die Frage ja noch nicht (vollständig).

Das [die Aktualität des Stärkungsgedankens] wiederum deckt sich nicht mit der Beobachtung und ist auch nicht plausibel. Wenn Numina "Fettdampf und Gebet" für ihre Fortexistenz benötigen, dann spielt der Konkurrenzgedanke keine Rolle. Wenn ein Gott für die Fruchtbarkeit zuständig ist, dann ist dessen Stärkung für eine gute Ernte im folgenden Jahr unabhängig von anderen Göttern erforderlich.
Welche Beobachtung?
Von "Fortexistenz" habe ich nichts geschrieben, insoweit verstehe ich den Satz nicht.
Dem folgenden Wenn-Satz kann ich zustimmen. Die Aufgabenverteilung ist aber nicht so eindeutig: Man kann, je nach Bestückung des Götter-Himmels, Freya oder Thor opfern, Freyr oder Njordr usw. Ich halte es für möglich, dass es regionale Unterschiede gab in der Frage, welchem Gott zu welchem Zwecke geopfert wurde. Gibt es Gegenbeweise dazu?

Und das [der Schaubrote-Brauch] widerlegt die Erforderlichkeit der Konkurrenzsituation
Von "Erforderlichkeit" habe ich auch nichts geschrieben und verstehe deshalb auch diesen Satz nicht.

Die Erwägungen zum Urteil "Absurd" unterschreibe ich gern.
 
Interessant und anschaulich ist da der Bericht ibn Fadlans.
Auch wenn die heidnische Opferhandlung von Faldan überzeichnet sein mag, so zeugt sich doch von einer eiher geschäftlichen Verbindung des Kaufmanns mit seinem Holzidol. So eine Art Geben und Nehmen.:grübel:
Das stimmt so ziemlich mit dem von Skald zitieren Havamal-Spruch "Die Gabe will stets Vergeltung".
Was Trank- und Speiseopfer betrifft, so steht ihr meiner Meinung nach die Idee des gemeinsamen Opfermahles im Vordergrund, ähnlich wie bei den mediterranen Polytheismen.
Nun, das ist eine Schilderung aus dem Gebiet der Wolga. Das ist nicht besonders repräsentativ für Norwegen. Bald darauf waren die Rus völlig slavisiert. Also da können schon ganz andere Einflüsse maßgeblich sein.
 
Die wievielte Auswanderer-Generation war es denn, die Ibn-Fadlan da besuchte? Den wollte ich nämlich auch gerade bemühen, da ich finde, dass wir nicht rein über das etymologische an den Kern des germanischen Opfers vordringen.

Ich halte eine religionsverwandschaftliche Beziehung zu den Wikingern jedenfalls für naheliegend.

Einen Aspekt würde ich auch noch anbringen: Das große Opfer als Repräsentation, als Symbol für die Macht eines Fürsten oder Königs. Wenn ich viel opfere und anschließend ein gewaltiges Mahl für das Volk ausrichte, kann ich mir deren Loyalität und Respekt sicher sein.
 
Danke für die Klarstellung, auch an Gaius Marius.
Ich dachte, das wäre in diesem Forum klar. Aber ich gebe zu, eine unglückliche Formulierung. Besser: von Menschen abhängig, immanent.

Welche Beobachtung?
Dass eine Konkurrenzsituation nicht erforderlich ist.
Von "Fortexistenz" habe ich nichts geschrieben, insoweit verstehe ich den Satz nicht.
Wenn die Götter, wie Saxo schildert, von den Opfern (und dem Menschengedenken) abhängig sind, dann hängt ihre Fortexistenz von diesen Faktoren ab.
Dem folgenden Wenn-Satz kann ich zustimmen. Die Aufgabenverteilung ist aber nicht so eindeutig: Man kann, je nach Bestückung des Götter-Himmels, Freya oder Thor opfern, Freyr oder Njordr usw. Ich halte es für möglich, dass es regionale Unterschiede gab in der Frage, welchem Gott zu welchem Zwecke geopfert wurde. Gibt es Gegenbeweise dazu?
Schon deshalb nicht, weil wir überhaupt keine Kartographie des Götterglaubens haben. Wir wissen nur, dass es regional unterschiedliche Opferbräuche gab. Und das auch nur aus nachschriftlicher Zeit. Aus der frühen vorschriftlichen Zeit, also der Zeit, als man das Wort "blót" bildete, wissen wir außer dessen Etymologie überhaupt nichts.
Für die Zeit am Ende der vorschriftlichen Zeit wissen wir über Verbindungen zum Kontinent. Dort kam man mit Römern in Berührung. Manche dienten in römischen Heeren. Skandinavier stellten Grabsteine mit römischen Bezeichnungen ihrer Götter auf. Da sind sicherlich strukturelle Einflüsse anzunehmen, zumal das Stärken der Götter, damit sie in der Lage sind, ein gutes Jahr zu bringen, und das "do ut des" ja nicht so weit auseinanderliegen - beides ist auf dasselbe Ziel gerichtet.

Von "Erforderlichkeit" habe ich auch nichts geschrieben und verstehe deshalb auch diesen Satz nicht.
Na gut, nicht zwingend erforderlich, aber doch bevorzugt eine Konkurrenzsituation. Im Begriff "Konkurrenz", den Du ja zitierend ins Spiel gebracht hast, steckt ja ein gewisser Antagonismus zwischen den Göttern, der sich auf das menschliche Schicksal auswirkt, wie in der Ilias. Und sowas kenne ich aus Skandinavien nicht.
 
Die wievielte Auswanderer-Generation war es denn, die Ibn-Fadlan da besuchte? Den wollte ich nämlich auch gerade bemühen, da ich finde, dass wir nicht rein über das etymologische an den Kern des germanischen Opfers vordringen.
Ich weiß nicht, ob das bekannt ist.
Aber ich wehre mich dagegen, Lücken in der Kenntnis vom Glauben der Bauern in Trøndelag mit Dem Glauben von warägischen Händlern a der Wolga aufzufüllen.

Ich halte eine religionsverwandschaftliche Beziehung zu den Wikingern jedenfalls für naheliegend.
und ich überhaupt nicht.

Einen Aspekt würde ich auch noch anbringen: Das große Opfer als Repräsentation, als Symbol für die Macht eines Fürsten oder Königs. Wenn ich viel opfere und anschließend ein gewaltiges Mahl für das Volk ausrichte, kann ich mir deren Loyalität und Respekt sicher sein.
Das ist ganz sicher so gewesen.
 
Ha, wir sind uns zu 50 % einig.:yes:

Aber ich wehre mich dagegen, Lücken in der Kenntnis vom Glauben der Bauern in Trøndelag mit Dem Glauben von warägischen Händlern a der Wolga aufzufüllen.

Das ist dein gutes Recht!:)
Ich versuche halt über Querverweise Rückschlüsse zu ziehen. Natürlich ist das Interpretation, aber ich finde die Verbindung zwischen Warägern und Norwegern nachvollziehbarer, als z.B. die zwischen Kelten und Norwegern.
 
Ha, wir sind uns zu 50 % einig.:yes:
Wenn wir uns auf die Überlieferung beziehen.



Das ist dein gutes Recht!:)
Ich versuche halt über Querverweise Rückschlüsse zu ziehen. Natürlich ist das Interpretation, aber ich finde die Verbindung zwischen Warägern und Norwegern nachvollziehbarer, als z.B. die zwischen Kelten und Norwegern.
Da würde ich bezogen auf den Kult sagen: 5 ist eine gradere Zahl als 7.:winke:

Dass Händlern das Austauschprinzip nahe liegt, ist ja wohl trivial.

Als "blót" für das Opfer gewählt wurde, spielte der Handel nur eine untergeordnete Rolle., so von Bauernhof zu Fischerdorf und zurück. Fellboote und Einbäume. Nicht, dass es keinen Handel gegeben hätte. Es gibt Anzeichen für weite Verbindungen über Land nach Osten ab 2000 v. Chr.: Asbest aus Finnland (Asbestkeramik in Norwegen 800 v. Chr), russischer Flint aus Oronez am Nordkap. Aber von einer Händlerkaste mit eigener Do-ut-des-Gedankenwelt ist man noch weit entfernt.

Die Landbevölkerung ist nicht konservativ, sie ist erzkonservativ was ihre Ansichten darüber sind, was das Wachstum auf dem Felde fördert.

Die frühesten Anzeichen für Religion finden sich aus der Zeit um 2000 v. Chr. (was nicht ausschließt, dass es schon früher religiöse Vorstellungen gegeben hat.). Aber damals dürfte die Vorstellung entstanden sein, wozu man opfert.

Man geht momentan davon aus, dass die damaligen Menschen die Erscheinungen um sie herum nicht als separate Einheiten betrachteten, sondern von einem inneren mystischen Zusammenhang von allem ausgingen. Ähnliches war miteinander verwandt. Das galt auch zwischen Menschen und dem jagdbaren Wild. So musste die Jagd mit religiösen Zeremonien vorbereitet werden. Man deutet die Felszeichnungen mit jagdbarem Wild in diesem Zusammenhang. Dafür sprechen Linien in den Umrissen jagdbarer Tiere, die sich auch in entsprechenden Zeichnungen heute lebender Jägerkulturen finden.

Ein bemerkenswertes religiöses Element ist die Rundreise des Nerthus-Wagens durch die Gebiete ihrer Verehrung, die die Fruchtbarkeit des Landes sicherstellen soll. Auch das darf nicht über das Gebiet des Vorkommens extrapoliert werden. Aber die Geisteswelt dieser Menschen liegt doch weit weg vom Händler des Ibn Falin.
Bei der Frage, ob die erhängten Moorleichen Odin oder der Fruchtbarkeitsgottheit geweiht waren, ist auch noch die anonyme Historia Norvegiae heranzuziehen. Dort wird über den Ynglinga-König Domald berichtet, dass er als Opfer für die Göttin Ceres aufgehängt wurde, als die Ernten schlecht wurden. Ceres ist die lateinische Entsprechung zu einer nicht näher identifizierbaren Fruchtbarkeitsgöttin in Schweden. Aber welcher Gedanke dahinter stand, Besänftigung oder do-ut-des, wir wissen es nicht. Wie dem auch sei, es geschah schon zu späterer Zeit.
Jedenfalls sind die ursprünglichen Fruchtbarkeitskulte in der Regel direkter, wie die Selbstkastration und das Vergraben der Hoden bei südlichen Kulturen.
Insbesondere ergibt sich aus den Brakteaten, dass die schamanistische Seite wohl im Vordergrund stand. In das "Do ut des"-Denken lässt sich der phallische Bautastein nur schwer einordnen.
Ich ordne es eher der Zivilisation der Kriegerkaste der Wikingerzeit zu.
 
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