Auswirkungen des Friedens von Karlowitz

Brissotin

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Salut!

Ich befürchte, dass ich nur auf die Schnelle den Thread nicht finden konnte, aber ich frage mal dennoch hier.

Hat jemand eine Karte zur Hand, die er vielleicht verlinken oder hier direkt darstellen kann, auf welcher recht deutlich die Gebietsgewinne Polens aus dem Frieden von Karlowitz vom Januar 1699 eingezeichnet sind?

Weiß jemand, ob man den Sieg über die Türken auch dem polnischen König August II. anrechnete? Er hatte ja selber im Türkenkrieg "gedient" und zeitweilig einen wichtigen Posten inne, ehe er sich um den polnischen Thron "kümmerte". Weiß jemand, ob ihm dieser Kampf gegen die Türken auch in Polen als guter Leumund diente? Immerhin war der Krieg gegen die Türken auch eine zentrale Frage polnischer Außenpolitik.

Kennt sich jemand zu der Kriegsführung Polens gegen die Osmanen nach 1683 aus? Was unternahm August II. zwischen seiner Königswahl und dem Frieden von Karlowitz gegen die Osmanen?
 
Hallo Brissotin,

gehe ich recht in der Annahme, dass Du folgende Seite, Kroatien in Personalunion mit Ungarn ? Wikipedia ,
respektive die darin enthaltenen Landkarten bereits kennst, und sie deine Frage nicht beantworten?
Du meinst diese Karte: Complete Map of Europe, Year 1700 ?

Hier sehe ich nicht so hundertprozentig wie denn die Eroberungen genau lagen.
Die Karte zum Vergleich dazu, zeigt Europa um 1600 und kann ja als Vergleichsobjekt schlecht den genauen Werdegang des Zugewinns für Polen veranschaulichen. Im 17.Jh. werden sich doch wahrscheinlich die Grenzen noch mehrfach verändert haben. Oder nicht?
 
Danke, Caro1 und lynxx für die Links. :yes:

@ lynxx Tja alles eine Frage der Prioritäten.;)

Wie ich auf all die Fragen kam? In den Büchern über August II. oder die sächsische Armee vor ihm bzw. zu seiner Zeit, werden die Feldzüge Friedrich August I. in seiner Zeit zwischen der Erlangung des Kurhuts und der Königswahl beiläufig erwähnt. Über die Außenpolitik gegenüber den Osmanen dann in der kurzen Zeit zwischen der Krönung am 15. September 1697 und dem Frieden von Karlowitz steht da aber nichts (d.h. bei Czok z.B.).
Immerhin habe ich jetzt die Schlacht bei Podhajce von 1698 gefunden, worin die Polen, nun schon unter August II., nochmals erfolgreich waren.
 
Allerdings kenne ich einen historischen Kartographen bzw. eine Seite mit seinen alten Karten zu Böhmen.
Hast Du daran Interesse? Ich würde sie hier dann posten. Hat ja auch direkt/indirekt mit dem Frieden von Karlowitz zu tun. :friends:
 
Allerdings kenne ich einen historischen Kartographen bzw. eine Seite mit seinen alten Karten zu Böhmen.
Hast Du daran Interesse? Ich würde sie hier dann posten. Hat ja auch direkt/indirekt mit dem Frieden von Karlowitz zu tun.
Nee, das klingt nicht direkt nach den Eroberungen oder Rückeroberungen der Polen. Aber danke für das Angebot.:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Polnisch-türkischer Krieg dauerte seit 1683 bis 1699, also 16 Jahren. August II wurde König Polens ernst in 1697, also in 12. Jahr des Krieges. Dieser Krieg war für Polen eine ganz eigene Sache - der Krieg gegen den "ewigen Gegner" von Rzeczpospolita (Polen), die doch der Beschutzer der christlichen Welt seit den Jahrhunderten ist. Obwohl man die polnisch-türkischen Relationen bis XVI Jhdt klar als die freundlichen nennen kann. Der Sieg in 1683 (Wien) hat eine lange Serie der folgenden Aktivitäten Polens gegen Türkei angefangen. Noch in 1683 haben die Polen bei Parkany gewonnen. In 1684 hat Sobieski Feldzug nach Moldowa organisiert, wo er aber bei Jazłowiec beschlagt wurde. Moldowa war damals der Besitz von Turkey, aber das Polen hat dieses Land immer für seine integrale Provinz gehalten.
1685 - hetman Stanisław Jabłonowski greift turkischen Bereich heutiges Rumäniens an (die Schlachte bei Bojan und "Trajans Wall"; der teilweise Erfolg der Polen) . 1686 - der zweite Feldzug nach Moldowa - Schlacht bei Jassa (rum. Iaşi). 1687 - Prinz Jakub Sobieski (Konigs Sohn) leitet die Belagerung von Festung Kamieniec Podolski (Ukraine). Die Truppen von hetman Jabłonowski greifen die Türken in der Ukraine an (Schlacht bei Smotritch).
1689 - Jan III Sobieski sendet seine husaria, um die Tataren in der Ukraine endlich zu vernichten (erfolgreich...). 1690 - der dritte Feldzug gegen Moldova, ohne Erfolg aber auch keine Niederlage. Und in 1691 gab es der letzte Feldzug gegen Moldowa. Das war auch die letzte Militär-Operation unter der persönlichen Leitung von König Jan III Sobieski. Die Polen haben zuerst die Tataren bei Sereruta in die Flucht geschlagen. Dann haben die Soldaten Sobieskis die Festungen Targu Neamt und Soroce beherrscht. In 1692 haben die Polen "Die Festung der Heiligen Dreifaltigkeit" gebaut. Diese große Festung, heute Dorf Okopy in Westukraine an Dnestr, hat die ganze Logistik der wichtigen Festung in Kamieniec Podolski paralysiert.
1694 - der Schlacht bei Uścieczko (Westukraine), ein der schönste Siege der Polen. Am 6.Oktober um 12:00 hat hetman Jabłonowski mit 3 000 Kavallerie ca. 8000 - 10000 Tataren (unter Selim I Gerej und Sabas Gerej) zuerst in Flucht geschlagen. Um 16:00 wurden die tatarischen Einheiten am Dnestr-Ufer umgeschlossen. Um 17:00 hat sich Blutbad angefangen. Die Polen haben um Mitternacht die Tataren zu morden geendet. Und das war nichts unnormal. Die Tataren haben die Frauen und Kinder in Ostpolen und Ukraine notorisch als Sklaven gejagt und weiten nach Türkei verkauft. Die Polen haben also jeden feindlichen Tatar am Ort und Stelle bei jeder Gelegenheit sofort getötet. Die abgeschnittenen Kopfe der Tataren wurden in ostpolnischen und ukrainischen Dörfer als Spielzeuge für Hunde genutzt. Andererseits - die Armut von Tataren war sprichwörtlich, und das war die Ursache des Sklavenhandels unter ihnen. Was aber nicht stört, dass die tatarische Gerej-Dynastie berühmt in ganzer moslemischen Welt dank seiner Poesie und Kunst-Liebe war.
Massaker bei Uścieczko hat die schnelle Reaktion der Tataren ausgelost und schon in 1695 hat die tatarische Armee (ca. 10-12000) das Polen angegriffen. Khan Schebas Girej hat die Polen in Lvov (hetman Stanisław Jabłonowski) überrascht und um diese totale Überraschung sofort auszunutzen hat er die verhängnisvolle Entscheidung getroffen, um die Stadt sofort zu stürmen. Und das war die Katastrophe. In der Stadt wurden die tatarischen Reiter beschlagt und dann wahrend ihrer Flucht wieder von Polen systematisch massakriert.

In 1697 ist August II König Polens geworden und schon in dem selben Jahr sind die Tataren wieder angekommen und Provinz Podolien (tradizioneller Ziel ihrer Einfallen) geplündert. Hetman Feliks Potocki hat sie bei Podhajce beschlagt. Ausschlieslich dank der Habsucht der Tataren. Sie haben den polnischen Lager zuerst erobert, den sie geplündert angefangen haben. Die Disziplin ist verschwunden und Potocki hat genug Zeit gehabt, um seine eigene Truppen wieder zu sammeln und die total demoralisierten Tataren anzugreifen. Die hapte sachsisch-polnische Armee ist nicht mit Hilfe gekommen, obwohl Potocki hat König über Tataren-Invasion informiert, weil sie desorganisiert und schlecht geführt war. In Podhajce hat hetman Potocki allein gekämpft, in dieser Zeit versuchte August II seine Armee zuerst zu beherrschen und dann etwas wertiges damit zu produzieren.
Der Schlacht bei Podhajce ist in polnischen Historiographie für ersten deutlichen Symptom der militärischen Krise Polens gehalten. In Tat für Symptom der Ende der pol. Armee. Die Krise hatte wie immer vor allem die ökonomischen Ursachen. Die Polen haben seit 1601 ohne Pause gekämpft - gegen Schweden, Russland, Turkay, Tataren, Kossacken, Ungarn und Rumänien. Die ökonomischen Konsequenzen kann man sich selbst vorstellen. Außerdem gab es kein festes Zentrum des politischen Macht. König war praktisch niemand. Hetman Jabłonowski, der nationale Held des letztens Krieges gegen Türkei, wurde politisch von mächtigen Familien Potockis und Lubomirskis zerstört, weil er bei dem mittelen Adelstand zu populär war. Wetting war ideal für grossmachtigen Adelfamilien (pol. magnateria), die in Tat die Politik im Polen geführt haben, weil er politisch einfach ganz ungefährlich war.
In 1699 hat August II Frieden in Karlowitz als siegreicher König Polens untergeschrieben. Und als siegreicher König, da er an dem letzten Akt des Krieges persönlich teilgenommen hat, hat er sich selber vorgestellt. Das war aber eine heroische Probe, um die Akzeptierung der Polen, gegen magnateria, zu gewinnen. August II wollte, was sehr richtig war, die mittele Schichte des pol. Adelstands (szlachta średnia) zu lobben. Beide Fraktionen der pol. Adeligen - magnateria und szlachta średnia - haben sich einanderen gehasst und seit XV Jhdt kann man über geöffneten Konflikt unter ihnen sprechen. Szlachta średnia war patriotisch, kampflustig und hatte gute Tradition der Adeligen-Republik, was wir in "Verfassung von 3. Mai" 1791 beobachten können. August versuchte das fur sich gewonnen, aber die politische Kraft von magnateria zu stark war. Magnateria hat die juristischen Werkzeuge gehabt, um den König und vor allem szlachta średnia zu kontrollieren.
 
So, mein lieber Bartek, jetzt bin ich mal dazu gekommen, mir Deinen ganzen Beitrag aufmerksam durchzulesen.

Vielen Dank erstmal für die Mühe.:yes:

Ich ahnte doch, dass das ein Abschnitt polnisch-sächsischer Geschichte ist, der Dich interessieren könnte.:cool:
1.
In 1697 ist August II König Polens geworden und schon in dem selben Jahr sind die Tataren wieder angekommen und Provinz Podolien (tradizioneller Ziel ihrer Einfallen) geplündert. Hetman Feliks Potocki hat sie bei Podhajce beschlagt. Ausschlieslich dank der Habsucht der Tataren.
Die hapte sachsisch-polnische Armee ist nicht mit Hilfe gekommen, obwohl Potocki hat König über Tataren-Invasion informiert, weil sie desorganisiert und schlecht geführt war. In Podhajce hat hetman Potocki allein gekämpft, in dieser Zeit versuchte August II seine Armee zuerst zu beherrschen und dann etwas wertiges damit zu produzieren.

2.
In 1699 hat August II Frieden in Karlowitz als siegreicher König Polens untergeschrieben. Und als siegreicher König, da er an dem letzten Akt des Krieges persönlich teilgenommen hat, hat er sich selber vorgestellt. Das war aber eine heroische Probe, um die Akzeptierung der Polen, gegen magnateria, zu gewinnen. August II wollte, was sehr richtig war, die mittele Schichte des pol. Adelstands (szlachta średnia) zu lobben.
1.
Das heißt, das sächsisch-polnische Heer konnte sich nicht mit Ruhm bekleckern, da August II. ablehnte es schon einzusetzen?

Grundsätzlich gab es noch nach dem Nordischen Krieg kritische Stimmen sogar unter sächsischen Feldherren, welche die sächsischen Truppen als schlecht, unzuverlässig und kaum zum Krieg geeignet hinstellen.
Scheinbar hatte sich da seit 1697-99 nicht mehr viel in Hinsicht auf die Qualität der Truppen getan.

Die Armee "zu beherrschen" war scheinbar immer wieder ein Problem für August II.. Er führte zwar Krieg wie dann auch im Nordischen Krieg, aber er verfügte doch nicht wirklich über eine Autorität über die gesamten militärischen Ressourcen Polens, wie ich den Eindruck habe. Da spielten die Adeligen in Polen im Heerwesen noch eine viel zu herrausragende Rolle.

2.
Aus Sicht der Polen war August also nicht der siegreiche Herrscher, da Potocki und nicht August II. bei Podhajce den Sieg davon getragen hatte. Sehe ich das richtig?

Andererseits hatte aber auch August II. schon vor 1697 gegen die Türken im Felde gestanden. Das konnte er scheinbar nicht für sein Prestige verwerten. Habe ich Recht?
Im Grunde hatte auch August II. nicht viel als Feldherr vor 1697 erreicht. (Und dannach ja auch nicht. =) )
 
Im Grunde hatte auch August II. nicht viel als Feldherr vor 1697 erreicht. (Und dannach ja auch nicht. )
Zumindest damals bewertete man scheinbar bisweilen die Erfolge des Oberbefehlshabers der Reichsarmee in den Feldzügen 1695 und 1696 anders.
Der Feldzug von 1695 endete mit der Zerschlagung eines Korps unter dem Befehl des Feldmarschalls Veterani durch die Osmanen und der Eroberung einiger Orte in Siebenbürgen durch dieselben.
Der Feldzug von 1696 verlief beinahe noch unglücklicher: Die Schlacht bei Pantschowa endete mit hohen Verlusten der Kaiserlichen, die Schlacht bei Dinasch sah wiederum am Ende die Kaiserlichen auf dem Rückzug. Doch Friedrich August I. selbst erachtete seinen eigenen Beitrag an der Schlacht und dem Feldzug als einen Sieg.

"Die victoire vom Courfürst von Saxen ist zwar wahr, die Christen haben aber sehr tharbey eingebüßt u. ist der Gewinst schlecht."

Dieser Brief der Kurfürstin von Hannover (also von Braunschweig-Lüneburg) an die Raugräfin Louise gilt als beispielhaft für die Meinung in Deutschland über diese Feldzüge des Starken August.
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Jutta Bäumel: "Auf dem Weg zum Thron - Die Krönungsreise Augusts des Starken" Hellerau-Verlag, Dresden, 1997
S. 13-14
 
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