Osmanisches Reich Schuld am Niedergang der arabischen Welt?

El Quijote

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Arabische Schulgeschichtsbücher, die Erinnerungen von Lawrence von Arabien und Karl May (Kara ben Nemsi) scheinen sich einig zu sein: Die Türken, bzw. genauer das Osmanische Reich, pressten die von ihnen beherrschten Länder aus und trugen so mit bei am Niedergang Arabiens.

Was ist davon zu halten?
 
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Vor Kurzem war hier auch wieder über Sonderwegsdebatten zu lesen. Am Rand erinnert diese Fragestellung auch daran.

Da haben wir die Schulbücher, die einfache Erklärungen für komplexe Abläufe bieten sollen. Der gute Lawrence, der Krieg führte und auch mit diesem Feindbild lebte, andere glorifizierte oder wie Karl May romantisierte, schließlich die Welt- und Kolonialmächte, die in der Region mitmischten, vom Öl in Mesopotamien, über die "Palästina-Flug-Brücke" im Mandatsgebiert nach 1919 bis zu religiösen Konfrontationen vom Kaukasus bis Syrien vor 1914, in Konfrontation mit der Kolonialmacht Osmanisches Reich (wenn man es vor dem Hintergrund diversen nationalistischen und nach Unabhängigkeit strebenden arabischen/ehnischen Bewegungen im langen 19. Jhdt auf dem "kontrollierten Territorium" so bezeichnen mag).
 
Ich würde den Anfang vom Niedergang der arabischen Welt noch vor den Osmanen ansetzen. Bereits im 11. Jahrhundert sind Türkvölker von Innerasien durch Persien hindurch bis in das Zweistromland, Syrien und Kleinasien vorgedrungen und haben unter Verdrängung der arabischen Dynastien dort eigene Dynastien (Seldschuken) etablieren können. Das Abbasidenkalifat in Bagdad ist von diesem Zeitpunkt an, zu einer Titulatur verkommen.

Selbst in Ägypten sind 1170 die schiitisch-arabischen Fatimiden von den kurdischen Ayyubiden abgelöst wurden, auf denen dann 1250 die Mamluken nachgefolgt sind, die selbst fremdländischer Abstammung waren. Und dann kamen 1258 schließlich die Mongolen, die zuerst Bagdad, dann Aleppo, Damaskus und Mossul den Erdboden gleichgemacht haben.

Nachdem auch die Mamluken wie auch die Mongolen sich selbst den Rest gegeben haben, konnten die Osmanen dann die ausgeblutete arabische Frucht ernten.
 
Lawrence of Arabia (Film, Buch und Person) gelten für Edward Said als Musterbeispiel des sogenannten Orientalismus - also einer abendländischen Orientdeutung.
Die Ideologie vom "kranken Mann am Bosporus" war in Europa sehr stark. Letztlich wurde mit dieser Ideologie die Zerschlagung des Osmanisches Reich begründet und "Kolonisierung" des Nahen Ostens. Das ganze Konzept ist auch noch rassistisch untermauert.
Bereits Charles Darwin hielt den Untergang des Osmanisches Reich für den nächsten Schritt in der Evolution des Menschen. An die Stelle der degenerierten Türken treten die Europäer als neue Herrenmenschen treten, die die Herrschaft über Fellachen übernehmen.

Ein weiterer typischer Fehler der Europäer ist, dass sie ihr eigenes nationalistischen Denken auf den Nahen Osten übertragen, auch wenn das Denken in der Kategorie des Nationalstaates und des Nationalismus im 20. Jahrhundert teilweise auch von "den Arabern" übernommen wurde.

Die gute, alte Zeit des wahren und unverfälschten Arabiens der unvermischten Araber hat es wahrscheinlich nie gegeben. Bereits in der Frühgeschichte des Islams spielten diverse andere Völker eine wichtige Rolle innerhalb der Umma, seien es Perser, Armenier, Juden oder Byzantiner, die als mächtige Wesire quasi die Regierung des Kalifats bildeten oder wenigstens als Verbündete großen Anteil an der islamischen Expansion hatten. Das Grundproblem der frühen arabischen Herrschaft war, dass die Beduinen keine eigene Beamtenschaft stellen konnten und sich stattdessen auf die Beamten aus anderen Völker verlassen mussten. Außerdem konnte die geringe arabische Bevölkerung keineswegs den militärischen Herausforderungen eines Riesenreiches erfüllen, sodass bald schon Söldner- und Sklavenheere (Mamlukken) angeworben werden mussten.

Wenig beachtet wird auch, dass die Arabisierung weiter Teile des Magrebs und des Nahen Osten teilweise erst in osmanischer Zeit erfolgt ist. Das Koptische, das Aramäisch/Syrische und die Berbersprachen wurden äußerst langsam vom Arabischen verdrängt.
Erst im 20. Jahrhunderts werden die Nationen klar getrennt, größtenteils in gewaltsamen Konflikten, was häufig humanitären Katastrophen mit sich zog.

Wer im 20. Jahrhundert zu den Arabern gezählt werden darf und wer nicht, ist auch ein heikles Thema. Besonders absurd wird es etwa bei der Diskriminierung von Beduinen (Bidun), denen in vielen arabischen Staaten die Staatsangehörigkeit verweigert wird.
Die Unterscheidung von Kurden und Arabern ist auch manchmal schwierig.
Die Zugehörigkeit arabisch-sprachige Nichtmuslime (Christen, Drusen, Juden usw.) zur arabischen Nation ist umstritten, teilweise auch der Status schiitischer Splittergruppen.
 
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Die Ideologie vom "kranken Mann am Bosporus" war in Europa sehr stark. Letztlich wurde mit dieser Ideologie die Zerschlagung des Osmanisches Reich begründet und "Kolonisierung" des Nahen Ostens. Das ganze Konzept ist auch noch rassistisch untermauert.
Mag alles sein, aber darum ging es nicht. Es ging nicht um den Niedergang des Osmanischen Reichs sondern die Interpretation, wie wir sie populär alle aus Lawrence von Arabien oder eben bei Karl May mehr oder weniger unterschwellig gespiegelt bekommen oder wie es eben im staatlichen Selbstverständnis/offiziellen Geschichtsbild einiger arabischen Staaten verstanden wird, dass das Osmanische Reich (in seiner Blüte) Schuld am Niedergang der arabischen Welt gewesen sei.
Die Mongolenstürme und der Seldschukensturm und in den letzten Jahren vermehrt die Kreuzzüge, die in der traditionellen arabischen Geschichtsschreibung kaum vorkamen, werden durchaus als wichtige Einschnitte wahrgenommen, aber sie hatten wenig Einfluss auf Sozioökonomie und Geistesleben (wohl am meisten noch die Mongolenstürme).
 
Es stand doch nie die ganze arabische Welt unter osmanischer Herrschaft. Marokko, arabische Reichsbildungen im Sahara/Sahel-Raum, aber auch Teile der arabischen Halbinsel selbst blieben davon "verschont" - wurden aber großteils (trotzdem) im späten 19. Jhdt. zu Protektoraten oder Kolonien europäischer Mächte und stehen heute auch nicht generell anders da als einst unter osmanischer Herrschaft befindliche Gebiete, sondern haben sich ebenso wie letztere recht unterschiedlich entwickelt.
Das legt doch zumindest nahe, dass die Schuld für den Niedergang der arabischen Welt nicht einfach bei den Osmanen gesucht werden kann.
 
Arabische Schulgeschichtsbücher, die Erinnerungen von Lawrence von Arabien und Karl May (Kara ben Nemsi) scheinen sich einig zu sein: Die Türken, bzw. genauer das Osmanische Reich, pressten die von ihnen beherrschten Länder aus und trugen so mit bei am Niedergang Arabiens.

Was ist davon zu halten?

Bezüglich Kultur und Wissenschaftsfreundlichkeit wäre zu fragen, ob die Osmanen "ruckwärtsgewandter" waren, als die Araber die sie vorfanden. Ich hätte hierzu insofern meine Zweifel, als die Osmanen zumindest auf dem militärischen Gebiet sicherlich bis mindestens ins 16. als technisch und organisatorisch sehr innovativ gegolten haben dürften.
Wirtschaftlich: Aus der Lektüre von "Der Kampf der Kaiser und Kalifen" ist mir erinnerlich, dass die eroberten ex-byzantinischen Neuuntertanen unter ihren neuen osmanischen Herren unter einer sehr viel geringeren Steuerlast ächzten als zuvor unter dem allerdings sehr einnehmenden byzantinischen Finanzamt. Müsste mal geprüft werden, ob hier ein Analogieschluss zulässig ist.
Als alter Expansionist wage ich zu unterstellen, dass der wirtschaftliche Niedergang der arabischen Welt, die m. W. sehr auf den Handel fokussiert war, der Konkurrenz aus Portugal, später der übrigen westeuropäischen Seevölker geschuldet war. Nachdem man diesen wirtschaftlich und -auf See! - technologisch nichts entgegenzusetzen hatte, ging erst der arabische Seehandel ein und im Zuge der billigen Konkurrenz ließ auch der Handel über Land nach, was ja auch die Serenissima deutlich zu spüren bekam. Plötzlich lag Arabien nun abseits aller Handelsrouten und damit vom kulturellen und wissenschaftlichen Austausch.
 
Das große Geschäft von Arabia felix war der Weihrauch. Hauptabnehmer des Weihrauchs waren katholische und orthodoxe Kirchen.
Eigentlich wollte ich schon Martin Luther die Schuld für den Niedergang des Weihrauchgeschäfts geben, aber den Niedergang an der Weihrauchstraße leitete bereits die Ausbreitung des Islams ein.
Indirekt sind natürlich auch die Osmanen Schuld, weil sie mit Byzanz einen der Hauptabnehmer ausradierten.
 
Von Weihrauch alleine kann man kein Wirtschaftssystem am Laufen halten. Aber Neddys These halte ich schon für recht überzeugend. Die arabischen Kerngebiete sind keine produzierenden Gebiete, es gab vor der Entdeckung des Öls kaum Rohstoffe in der Region und obwohl natürlich der fruchtbare Halbmond ein vavilov'sches Zentrum ist, sind die meisten Ländern eben gerade in der Verfassung, sich selber zu versorgen. Um mal Ägypten exemplarisch zu nehmen: Als Ägypten anfing Baumwolle anzubauen - es hat dafür genau das richtige Klima - musste es anfangen, Lebensmittel zu importieren. Man hat wertvolle Subsistenzflächen aufgegeben für Cash Crops und hat dann plötzlich die Einnahmen aus den Cash Crops gleich wieder ausgeben müssen, um die Versorgung sicher zu stellen... Arabien lebte vom Zwischenhandel; exemplarisch kann man da die Muskatnuss nehmen, die ihren europäischen Namen von einer südarabischen Küstenstadt hat, obwohl sie aus Indien stammt. Und die arabische Welt war ja auch erfolgreich im Handel: Aus Venedig gingen mit böhmischen Silber gefüllte Galeeren ab Richtung Alexandria oder Beirut und kamen wieder mit ein paar Säcken voll Gewürzen und Seide oder Brokat.
 
Spielte der Sklavenhandel nicht ebenfalls eine große Rolle ? Ich weiß wenig über das Ganze, aber mir fällt auf dass er noch unerwähnt ist.
 
Das Osmanische Reich eroberte die arabischen Gebiete in Vorderasien und Nordafrika erst im 16. Jh. Zu dieser Zeit war die Blüte der islamischen Kultur längst verwelkt, wie das Joinville oben bereits angesprochen hat. Zahllose Kriege verschiedener Herrscher und Staaten bewirkten einen Niedergang der arabischen Hochkultur. Türkische Seldschuken, Ayyubiden, Mamluken, möngolische Ilchane, Timuriden und andere Invasoren wechselten einander ab, sodass kulturelle Kontinuitäten gebrochen wurden und Innovationen wie noch einige Jahrhunderte zuvor versiegten.

Der Verlust der politischen Stabilität wurde von einem wirtschaftlichen Niedergang begleitet. Gründe sind u.a. die Endeckung des Seewegs nach Indien und in den Fernen Osten sowie die Kolonisation und der lukrative Handel mit dem neu entdeckten Amerika. So geriet der einst florierende arabische Raum in eine wirtschaftliche Abseitslage, was unter anderem auch zum Niedergang der italienischen Seerepubliken führte.

Ferner wirkte es sich aus, dass militärische und wissenschaftliche Innovationen seit dem 15./16. Jh. - also zu Beginn der Neuzeit - in Europa und nicht mehr in arabischen Ländern erdacht wurden. Einige sind hier der Meinung, dass sich der Islam aus religiösen Gründen Neuerungen aus dem Westen verschloss.

All das erfolgte vor der Eroberung des arabischen Kernraums durch die Türken, die demnach nicht für den Niedergang der arabischen Hochkultur verantwortlich gemacht werden können.
 
In dieser Theorie wird m.E. ursache und Wirkung vertauscht. Das osmanische Reich konnte sich in den arabischen Gebeiten relativ mühelos ausbreiten weil diese sich bereits im Niedergang befanden. Wie oben erwähnt spielten andere Völker da eine viel frühere Rolle, vor allem der Mongolensturm.

Ich finde es z.B. als sehr bezeichnend, dass die letzten Kreuzfahrerstützpunkte nicht von Arabern sondern von den Mamluken beseitigt wurden, so wie auch die Mongolen von diesen gestoppt wurden.

Die osmanische Expansion in diese Gegend kam erst später richtig ins rollen und sie mussten weniger gegen arabische Heere als gegen mamlukische kämpfen.

In Nordafrika setzten sich einige der dortigen Barbareskenstaaten wie Algier und Tunis freiwillig unter osmanische Hoheit, um Schutz vor den Spaniern bekommen, so wie auch die Anreiner des Roten Meers um Hilfe gegen die Portugiesen baten
 
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Zum Kontext des arabischen Geschichtsbildes, die Osmanen seien Schuld am Niedergang Arabiens:

Der arabisch-türkische Konflikt bricht im 19. Jahrhundert aus. Die erste große Eskalation stellt der wahabitisch-osmanische Krieg dar.

Unter Führung der Saudis proben die Beduinen Arabien den Aufstand gegen die Osmanen. Neben dem Machtstreben des Hauses Saud wird die Entwicklung von der wahabitischen Richtung des Islams angetrieben. Politisches Ziel der Wahabiten war die Rückkehr zu einer angeblich authentischen islamischen Herrschaft und die "Wiederherstellung" eines angeblich urusprünglichen Islams. Hierbei standen die Osmanen im Weg, die islamische Heiligenverehrung und sogar die Existenz diverser islamischer Splittergruppen duldeten.
Folgerichtig zerstörten Wahabiten die Grabmäler wichtiger islamischer Heiliger und Imame bei der Eroberung von Mekka und Medina. Folgerichtig schickten die Osmanen ihre Truppen zur Befreiung der heiligen Stätten.

Insbesondere die Briten (in Person von Lawrence of Arabia) gingen im 1. Weltkrieg ein Bündnis mit der saudisch-haschimitischen Familie (damals Emirat Hedschas) gegen die Osmanen ein.

In der Türkei war die Entwicklung gegenläufig. Die Jungtürken träumten von einem Nationalstaat nach westlichem Vorbild und wollten die osmanische Universalmonarchie bzw. das Kalifat nicht mehr.
Nach dem das osmanische Kalifat von Attatürk et al. beendet wurde, nahm ibn Saud, Emir von Hedschas, bereitwillig die Bürde der Führung aller wahren Muslime und Araber an und gab seinem Reich den bescheidenen Namen Saudi-Arabien.
Nach der Unabhängigkeit von Transjordanien, Irak und Syrien und dem Ende der Völkermbundmandate wurden dort engste Verwandte dieses neuen arabischen Universalherrschers als Könige eingesetzt.

Letztlich standen die Osmanen der Etablierung einer wahabitischen Herrschaft in Arabien im Wege. Nur durch die Herrschaft haschimitisch-saudischer Könige konnte Arabien vor einem weiteren Niedergang gerettet werden.
Die "Gefahren" im Osmanischen Reich sind bekannt: Heiligenverehrung, konservative islamische Rechtsschulen, Musik, Tabak, Schiiten und sonstige Nicht-Sunniten ...
Das alles stand dem Wahabismus (im Volksmund auch Steinzeitislam genannt) fundamental entgegen. Ziel war die Restauration einer reinen und unverfälschten arabisch-islamischen Herrschaft, die es angeblich mal gegeben hat. Das Problem der Wahabiten mit dem Osmanisches Reich war, dass es nicht islamisch genug war bzw. für den falschen Islam stand.

[Ich lege wert darauf, dass ich keinen tagespolitischen Diskurs eröffnen will. Ich bezog mich hier in erster Linie auf das 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.]
 
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Insbesondere die Briten (in Person von Lawrence of Arabia) gingen im 1. Weltkrieg ein Bündnis mit der saudisch-haschimitischen Familie (damals Emirat Hedschas) gegen die Osmanen ein.

Eine saudisch-haschimitischen Familie hat es nicht gegeben. Es waren/sind zwei unterschiedliche Stämme, die sich auf der arabischen Halbinsel als Rivalen gegenübergestanden haben. Die Haschimiten im Hedschas als Hüter der Heiligen Stätten und die Sauds in Riad, als Schwertarm des radikalen Wahabismus. Die Sauds vertrieben in den 1920er Jahren die Haschimiten aus dem Hedschas und vereinten dieses mit Riad zum heutigen Saudi-Arabien.

Die Haschimiten als eigentliche Anführer der Panarabischen Revolte gegen die Osmanen, wurden schließlich in einigen, von den Mandatsmächten Frankreich und Britanien, künstlich gebildeten Staaten als Könige eingesetzt.
 
Eine saudisch-haschimitischen Familie hat es nicht gegeben. Es waren/sind zwei unterschiedliche Stämme, die sich auf der arabischen Halbinsel als Rivalen gegenübergestanden haben.
Danke für die Korrektur. Tatsächlich habe ich mir schon jahrelang eingebildet, diese Familien seien identisch, dabei haben sie nur ähnliche Vornamen und Titel. Zumindest muss man genau aufpassen, wenn man Verwechslungen vermeiden möchte. In meinem obigen Beitrag (#14) ist zumindest einiges durcheinanergeraten.

Sowohl die Saudis als auch die Haschemiten setzten auf einen islamischen Panarabismus.
Wichtig finde ich jedenfalls, dass die Osmanische Herrschaft erst mit den jungtürkischen Reformbestrebungen, die auf eine "Modernisierung" des Osmanischen Reiches abzielten, standen sowohl der neuen wahabistischen Ideologie als auch der traditionell theokratischen Herrschaftsform in Hedschas fundamental entgegenstanden.
Nach dieser Lesart bedeutet der Entzug der Moderne den Niedergang Arabiens. Was haben die Osmanen den Arabern denn gebracht, außer der Eisenbahn und dem Papiergeld?
 
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Sowohl die Saudis als auch die Haschemiten setzten auf einen islamischen Panarabismus.
Wichtig finde ich jedenfalls, dass die Osmanische Herrschaft erst mit den jungtürkischen Reformbestrebungen, die auf eine "Modernisierung" des Osmanischen Reiches abzielten, standen sowohl der neuen wahabistischen Ideologie als auch der traditionell theokratischen Herrschaftsform in Hedschas fundamental entgegenstanden.
Nach dieser Lesart bedeutet der Entzug der Moderne den Niedergang Arabiens. Was haben die Osmanen den Arabern denn gebracht, außer der Eisenbahn und dem Papiergeld?

Der Panarabismus wurde eigentlich säkulare und sozialistisch inszeniert. Der letzte Haschemit im Irak wurde von der panarabistischen Baath blutig gestürzt. Der letzte Haschemitische Herrscher überhaupt, Abdullah in Jordanien und sein Vater, haben sich nie von dem in Ägypten, Syrien und im Irak virulenten Panarabismus anstecken. Siehe auch hier: lassen.http://www.geschichtsforum.de/f29/arabischer-nationalismus-baath-parteien-46826/

Aber seis drum. Ich gehe mit dir im wichtigen Punkt mit: die ineffizienten Strukturen des Osmanischen Reiches haben in den Nachfolgestaaten weitergelebt und prägen diese bis heute.
Und nicht nur im arabischen Raum. Im Zuge der Griechenlandkrise gab es auch Erklärungsversuche, das griechische Misstrauen gegenüber dem Staat mit dem osmanischen Erbe zu erklären.

Ich glaub, Acemoglu/Robinson haben das am Rande beschrieben. Stichworte Nepotismus, Ämterhandel, Korruption

So gesehen ist das Osmanische Reich für die Arabische Krise mit verantwortlich. Nicht wegen Schlechterbehandlung und Ausbeutung, eher wegen einer Gleichbehandlung.

Persönliche Meinung: nach 100 Jahren ist die Hebamme nicht mehr Schuld
 
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Ich glaub, Acemoglu/Robinson haben das am Rande beschrieben. Stichworte Nepotismus, Ämterhandel, ...

Acemoglu und Robinson behandeln iW Ägypten als "Sonderfall", weisen für den Nahen und Mittleren Osten stets auf die Kombination osmanischen und europäischen Kolonialismus und den "Wettbewerb" derselbigen (bis 1914) hin, die die Entwicklung von "Institutionen" (iS ihrer "institutional growth"-Hypothese) beeinträchtigt haben, ...

... und verweisen statt eigener Studien auf Darstellungen von Pamuk und Owen.
 
und Karl May (Kara ben Nemsi)
(jetzt bin ich doch recht perplex) ja wer nimmt denn ausgerechnet diesen literarisch drittrangigen Schwadroneur bzgl. historischer Fragestellungen ernst???

...dass ein paar literarische Außenseiter (Arno Schmidt und diesem folgend sein Adlatus Hans Wollschläger) den Waldheimsträfling, der später den alles andere als realistischen Winnetou*) erfand, letztlich aufgrund ihrer eigenen privaten Vorlieben (die literaturwissenschaftlich eigentlich nicht zählen...) zu einer Art geheimnisumwitterter literarischer Größe stilisierten**), ist in keiner Weise eine Rechtfertigung für irgendwelche (pseudo)historischen Bewertungen oder Erläuterungen!

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*) freilich könnte man spaßeshalber ein Wettrennen veranstalten, wer unrealistischer als der andere ist: der Winnetou oder der Kara ben Nemsi - - da landen dann beide nebeneinander auf dem Treppchen und kriegen Gold :D
**) mittlerweile gibt es genug ernüchternde Sekundärliteratur zu solchen Sachen wie Arno Schmidt´s ulkiger Publikation namens "Sitara und der Weg dahin" :D
 
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