Die Königin als Teilhaberin des Reiches?

Dr.Czi

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Also genau so wird die Königin im Reich mitunter betitelt - als "consors regni" - "Teilhaberin im Reich" oder "Teilhaberin der Herrschaft". Vorallem in urkundlichen Erwähnungen von 961 - 1056 findet man dies vor. Doch was meint ihr, ist dies tatsächlich pauschal zu sagen? Die Königin als aktive Partizipientin an der Macht des Königs? Kann das sein?! Was meint ihr dazu oder was fällt euch alles dazu ein?
 
Soweit ich weiß, kam es häufiger vor, dass die Kaiserin/Königin die Amtsgeschäfte ausführte, wenn ihr Mann verstorben war, und der neue König noch zu jung.

zB. Adelheid von Burgund, oder Theophanu.
 
@timotheus: vielen dank für die Links!
@MacX: Das ist wahr! Auchz.B. Agnes von Poitou hat ab 1056 die Regentschaft für Heinrich IV übernommen, glaub ich ...

Aber das wäre ja dann wieder was anderes, dann hat sie ja die Vormundschaft über den Königin und wäre in einer "rechtlich" anderen Position...(Was auch immer "rechtlich" wäre). Aber als Gemahlin des Königs?
 
Durchaus hat die Königin/Kaiserin auch herrschaftliche Aufgaben wahrgenommen. So z.B. Richenza, die Frau Lothars III. (Richenza von Northeim ? Wikipedia)

Besonders empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang folgendes Buch:
[FONT=&quot]Fößel, Amalie: Die Königin im mittelalterlichen Reich. Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume, Stuttgart 2000.[/FONT]
 
Einige Mädchen aus den Königs- oder Kaisergeschlecht, bekamen eine regelrechte Ausbildung zur Landesmutter und waren somit für den sozialen Bereich zuständig. Krankenhäuser, Schulen, Sparkassen wurden nicht selten von Königinnen gegründet, auch dafür brauchte man Vollmachten. Königin Katharina von Württemberg hat z.B. während einer Hungersnot für die arme Bevölkerung Ländereien in Russland organisiert.
 
Einige Mädchen aus den Königs- oder Kaisergeschlecht, bekamen eine regelrechte Ausbildung zur Landesmutter und waren somit für den sozialen Bereich zuständig. Krankenhäuser, Schulen, Sparkassen wurden nicht selten von Königinnen gegründet, auch dafür brauchte man Vollmachten. Königin Katharina von Württemberg hat z.B. während einer Hungersnot für die arme Bevölkerung Ländereien in Russland organisiert.
Geht es hier aber nicht eher um mittelalterliche Beispiele? Und selbst wenn nicht, ging die Königin von Württemberg auch über den Rahmen des HRR (bis 1806) hinaus.

Das mit dem sozialen Bereich mag aber auch für das Mittelalter gelten. Das religiöse Selbstverständnis und die Aufgabe der Oberen zur Armenpflege etc. spielten sicherlich eine gewisse Rolle.
 
Also, wie mir scheint sind es nun zwei Faktoren, die von belang sind:

1. Zum einen der rechtliche Aspekt. Hier scheint es nun so, dass die Königin über kein eigenes Recht zur politischen Partizipation verfügte. Sie konnten sich ein solches Recht nur vom König ableiten. Das bedeutet, sie konnte nur Teilhaberin an der Herrschaft sein, wenn ihr Gemahl dies zuließ und unterstützte.
Wenn man sich fragt, wo überhaupt die rechtliche Grundlage für Königsherrschaft im Mittelalter zu suchen ist, dann kommt der Krönung eine Schlüsselposition zu. Zwar wurde die Königin ebenfalls gekrönt (dies ist nicht für alle immer Belegbar, aber seit der Krönung 1002 von Kunigunde ist es doch stark anzunehmen, dass eine Königin auch gekrönt wurde), jedoch entfallen bei der Krönung die Übergabe von Insignien (außer der Krone natürlich) und es gibt niemanden der vor ihr einen Treueeid schwören muss. Geweiht und gesalbt wird sie aber.
Da es keine rechtliche Fundierung gibt, bzw. die Königin dies nur vom König ableiten kann, muss man somit jede Königin einzeln betrachten und auf die Teilhaberschaft hin auswerten. Soweit meine Einschätzung der rechtlichen Lage. Bitte sofort widersprechen, wenn ihr anderer Meinung seid!

2. Der andere Faktor wäre ein praktischer Aspekt. Als was hat man sich eine Teilhabe am Reich überhaupt vorzustellen? Die Gründung von Klöstern und Kirchen, sowie Hospitälern und ähnlichen Einrichtungen erscheint zunächst tätsächlich ein "Aufgabenfeld" der Königin zu sein. Ganz glücklich bin ich damit aber nicht: Denn dieses Engagement im sozialen und religiösen Bereich entspringt nicht aus ihrer Selbstwahrnehmung als Königin, sondern als religiöser Mensch. Daher mag ich hier nicht von einer "Teilhaberschaft am Reich" sprechen.
Konkreter wird es, wenn die Königin eigenständig politische Aufgaben übernimmt. Leider tat sie das selten, dies scheinen Ausnahmefälle zu sein.
Ein wichtiger Punkt sind dann die Interventionen der Königin in den Königsurkunden, die im übrigen oftmals zusammen mit der Nennung als "consors regni" auftauchen. Damit erscheint die Königin als die wichtigste Beraterin am Hof. Und das könnte dann tatsächlich auch der Grund sein, warum sie eine "Teilhaberschaft am Reich" besitzt. Es ist ihr Einfluss auf die Willensbildung des Königs.

Soweit meine jetzige Idee der ganzen Sache.
 
Wenn man sich fragt, wo überhaupt die rechtliche Grundlage für Königsherrschaft im Mittelalter zu suchen ist, dann kommt der Krönung eine Schlüsselposition zu.
Dank für die Zusammenfassung!

Zu obigem Punkt bin ich ins Grübeln gekommen: Hat die Krönung konstitutive Bedeutung oder "nur" symbolische? Burgmann nennt in seinem Artikel "Wahl" im Lexikon des Mittelalters (Bd. VIII, Sp. 1909) folgende Teilschritte am Beispiel König Ottos I.:

  1. Designation
  2. Wahl des Designierten
  3. Auf-den-Thron-Setzen des Gewählten
  4. Dem Thronenden den Treueid leisten
  5. Den Betreffenden in der Kirche präsentieren
  6. Akklamation durch die Anwesenden
  7. Einkleidung
  8. Überreichung der Reichsinsignien
  9. Weihe
  10. Krönung
Mit dem Abschluss des 4. Schrittes bereits, so der Autor, ist der Betreffende zum König gemacht. - Sicher gibt es auch andere Auffassungen hierzu - bei dieser jedenfalls müssten wir der Mit-Krönung der Königin wohl keine größere Bedeutung beimessen.
 
Zu 1.:
Also die Königinnen/Kaiserinnen sind, soweit ich das überblicke, ab dem Hoch- und Spätmittelalter alle gekrönt und gesalbt. Seit der 1356 (Goldene Bulle) ist der Abt von Fulda, als Erzkanzler der Königin/Kaiserin, für das "Aufsetzen, Abnehmen und Halten" der Krone der Königin/Kaiserin zuständig. Als geweihte und gekrönte Königin/Kaiserin ist sie durchaus in der Lage eigene Herrschaftsrechte daraus abzuleiten. Agnes von Poitou hat nach dem Tod ihres Mannes, als Regentin ihres minderjährigen Sohnes Heinrich IV., selbstverständlich bis zum "Staatsstreich von Kaisersweth" die Reichsgeschäfte weiter geführt. Und Kaiserin Mathilde führte ihren Titel auch nach dem Tod ihres Mannes Heinrich V. als Regentin von England weiter. Diese Beispiele zeigen, daß die "Macht" nicht unbedingt nur aus der Ehe mit dem König/Kaiser abzuleiten ist, sondern sich nach der Krönung/Salbung aus diesem Akt legitimiert.

Zu 2.:
Die Sache mit den Interventionen ist denke ich ein sehr wichtiger Aspekt der Herrschaftsteilnahme.
Was die Gründung von Klöstern etc. betrifft ist das durchaus nicht allein ein religiöser Aspekt. Das Reichskirchensystem war ein wesentlicher Bestandteil mittelalterlicher Herrschaftsstütze. Klöster, Bistümer etc. waren oft Teil des politischen Systems und dürfen, meiner Meinung nach, nicht nur als religiöse Institution abgetan werden (vgl. dazu Wehlt, Reichsabtei und König, Göttingen 1970).
 
Burgmann nennt in seinem Artikel "Wahl" im Lexikon des Mittelalters (Bd. VIII, Sp. 1909) folgende Teilschritte am Beispiel König Ottos I.:

  1. Designation
  2. Wahl des Designierten
  3. Auf-den-Thron-Setzen des Gewählten
  4. Dem Thronenden den Treueid leisten
  5. Den Betreffenden in der Kirche präsentieren
  6. Akklamation durch die Anwesenden
  7. Einkleidung
  8. Überreichung der Reichsinsignien
  9. Weihe
  10. Krönung
Wobei noch ungeklärt ist, ob es sich bei der beschriebenen Krönung nicht um die von Otto II. gehandelt hat, die dann auf Otto I. reproduziert wurde.
 
Zu 1.:
Und Kaiserin Mathilde führte ihren Titel auch nach dem Tod ihres Mannes Heinrich V. als Regentin von England weiter.


Aber soweit ich weiß, führte sie zwar nach dem Tod von Kaiser Heinrich V. weiterhin den Titel Kaiserin, aber nicht mehr die Herrschaft im Deutschen Reich und in England stritt sie sich doch um die Macht mit ihrem Vetter Stephan von Blois.

Gruß.........
 
Diese Beispiele zeigen, daß die "Macht" nicht unbedingt nur aus der Ehe mit dem König/Kaiser abzuleiten ist, sondern sich nach der Krönung/Salbung aus diesem Akt legitimiert.
Ich schätze den Wert dieser Beispiele nicht so hoch ein, zumal im Falle der Weiterführung eines Titels durch Mathilde.
Was die Regentschaft der Agnes betrifft, so weist Haverkamp (Aufbruch und Gestaltung. Deutschland 1056-1273, S. 98) darauf hin, dass der sterbende Heinrich III. das Reich "dem Schutz seines Papstes anvertraut" hatte, und dieser wiederum setzte sich erfolgreich für die Kaiserwitwe als Regentin für den bereits gekrönten König [sic] ein. Dieses "Umwegs" hatte es nicht bedurft, wenn die Kaiserin "aus eigenem Recht" die Regentschaft hätte beanspruchen können.
(Bei Haverkamp, S. 101 auch der Hinweis, dass Agnes "nach der Aufstellung des Gegenpapstes Honorius II. den Schleier nahm und damit faktisch auf die Regentschaft verzichtete" - einige Monate vor Kaiserswerth.)

Wobei noch ungeklärt ist, ob es sich bei der beschriebenen Krönung nicht um die von Otto II. gehandelt hat, die dann auf Otto I. reproduziert wurde.
Ja, die Frage wird z. B. von Hagen Keller im 3. Bd. des neuen "Gebhardt" (S. 148 ff.) eingehend behandelt. Die Antwort wäre dann wichtig, wenn der von Widukind notierte Ablauf 973 - samt Schlußfolgerung - ein anderer gewesen wäre wie 936, wofür es aber keine Belege gibt.
 
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