Erstmalige Vergabe des Titels "Fürst"

G

Gast

Gast
Wann wurde denn der Titel "Fürst" als eigenständiger Adelstitel zum ersten mal vergeben ?
 
Ab etwa 1180 im HRR.

"Ab etwa 1180 (Gelnhäuser Urkunde) blieb der Titel des Fürsten beziehungsweise Reichsfürsten dann aber einem ausgewählten, mit besonderen Vorrechten ausgestatteten Kreis von weltlichen und geistlichen Adligen vorbehalten. Für die Zugehörigkeit zu den geistlichen Reichsfürsten musste die Regalienbelehnung, also die Zuweisung von ursprünglich königlichen Rechten, wie Erhebung von Zöllen und das Recht der Münzprägung, durch den König selbst erfolgt sein. Dadurch wurde demjenigen die dritte der Heerschildstufen im Reichslehnsverband zugewiesen und machte ihn zu einem Teilhaber an der Reichsgewalt. Den ersten Schild hielt der König und den zweiten die Bischöfe und Äbte. Die Trennlinie verlief somit zwischen dem dritten Schild der nichtgeistlichen Fürsten und den freien Herren, die den vierten Schild trugen."

Quelle:

Reichsfürst ? Wikipedia

Vergl. hier, zur Entwicklung des Titels:

Vom Reichsfürstenstande/Princeps ? Wikisource

Die anderen links zur Illustration

Adelstitel ? Wikipedia

Fürstentum ? Wikipedia

Fürst ? Wikipedia


M.
 
Um deine Frage genau zu beantworten, sollte man sie mehr präzisieren. Meinst du nur das Gebiet des Frankenreichs bzw des heiligen Römischen Reichs oder auch andere europäische Länder, in denen es den Fürstentitel gab.

In England führte Eduard I. Longshanks 1301 nach seinem Sieg über Llewelyn von Wales den Titel eines Fürsten von Wales für den Thronfolger ein. In Russland übernahmen Adelige mit der Entstehung eines Dienstadels unter Peter I. europäische adelstitel und nannten sich seitdem "Graf" Tolstoi bzw. Fürst Menschikow, Fürst Scheremetjew etc.
 
@Scorpio
das liegt aber eher daran, dass viele dieser "Adelsgeschlechter" tatsächlich aus dem Deutschen, Baltischen und/oder Schwedischen Raum kamen ...
Kategorie:Russisches Adelsgeschlecht ? Wikipedia

Von den Geschlechtern der Dolgorukis, Tolstois, Lopuchins, Menschikows, Orlows oder Scheremetjews stammte kein Einziger aus baltischem Adel. Jakob Dolgoruki, Boris Scheremetjew und Peter Tolstoi stammten aus altadeligen, russischen Bojarenfamilien, während Alexander Danilowitsch Menschikow ein typischer Aufsteiger war, von dem kolportiert wurde, dass er von einem litauischen Leibeigenen abstammte und sich in seiner Jugend als Verkäufer von Piroggen betätigte.

Scheremetjew, Dolgoruki, Golizyn oder Kurakin waren berühmte namen in Russland, lange bevor ihre Vertreter in Peters Dienste traten, während Ostermann, menschikow, Schafirow, Jaguschinski und Makarow aufsteiger waren. 1722 führte Peter eine Adelsrangtabelle mit 14 Rängen ein. Nach Einführung der Tabelle hörte der alte russische Geburtsadel praktisch auf zu existieren. Die alten Titel wurden zwar nicht abgeschafft, es waren mit ihnen aber keine Privilegien mehr verbunden. Viele Aufsteiger aus bescheidenen Verhältnissen die die 14.Stufe auf der militärischen oder die 8. des Zivil- und Hofdienstes erreicht hatten, wurden in den erblichen Adelsstand erhoben. Auch die Träger alter Bojarengeschlechter übernahmen europäische Adelstitel und nannten sich "Fürst" Scheremetjew, "Fürst" Dolgoruki oder Graf Tolstoi.


Robert K. Massie, Peter the Great, fünfter Teil, 1. Kapitel "Dienst am Staat".
 
Wann wurde denn der Titel "Fürst" als eigenständiger Adelstitel zum ersten mal vergeben ?
Mir scheint bei dieser Frage der Aspekt "eigenständiger" Titel im Zentrum zu stehen.
D.h. unser Gast meint nicht, daß ein Herzog oder Bischof als Reichsfürst angesehen wird (da wäre Melchiors Antwort mit 1180 passend), sondern wann jemand zum ersten Mal direkt als "Fürst" (und sonst nichts) tituliert wurde. So wie später Fürst Bismarck oder andere.

Für das Ausland wurden dazu ja schon Antworten gegeben.

Für Deutschland würde ich da 1695 die Erhebung der Familie Thurn und Taxis in den Reichsfürstenstand nennen. Ein Territorium solchen Namens gab es ja nie.
 
Für Deutschland würde ich da 1695 die Erhebung der Familie Thurn und Taxis in den Reichsfürstenstand nennen. Ein Territorium solchen Namens gab es ja nie.


Es wurde ihnen aber zur Auflage gemacht, sich ein einem Fürstenhaus gemäßes Territorium zu schaffen.
Was sie auch machten.
[FONT=Arial, Arial, Helvetica][FONT=Times New Roman, Times New Roman, Times]Durch die Übernahme der Grafschaft „Friedberg-Scheer“ im Jahre 1786 durch „Karl Anselm von Thurn & Taxis“ wurde diese zur reichsgefürsteten Grafschaft erhoben. Ab 1806 kam die Stadt Scheer dann unter württembergische Hoheit.[/FONT][/FONT]


OT:
Thurn und Taxis hat übrigens nach 1815 nochmals versucht, ein "reichsunmittelbares" Territorium zusammenzustückeln. Die Zustimmung des Bundes lag wohl vor. Warum letztlich dann doch darauf verzichtet wurde, ist anscheinend unbekannt.
 
In Ergänzung habe ich dieses noch gefunden:

Grafschaft Henneberg ? Wikipedia

Hohenzollern-Hechingen ? Wikipedia

Ob ein "gefürsteter Graf" wie in dem Fall Henneberg als "Fürst" tituliert wurde, vermag ich nicht zu beantworten.

In dem Fall Hohenzollern-Hechingen, vermerkt Wilberg ausdrücklich die Erhebung in den Fürstenstand 1623, vergl. Regenten-Tabellen, Max Wilberg, fotomechanischer Nachdruck der Originalausgabe von 1906, S. 102. Demnach, meine Interpretation, wäre dann Hohenzollern-Hechingen ein Fürtsentum und der Regent "Fürst".

M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ob ein "gefürsteter Graf" wie in dem Fall Henneberg als "Fürst" tituliert wurde, vermag ich nicht zu beantworten.
Ja, das waren "Fürsten"! Man kann das auch daran erkennen, dass sie formal Mitglied im Reichsfürstencollegium waren. Auszug: [1]
Nr. 74 Henneberg [seit 1310]
Nr. 82 Hohenzollern (seit 30.06.1653)
Nr. 93 Thurn und Taxis (seit 30.05.1754)
Ein Territorium Henneberg existierte freilich seit 1660/61 nicht mehr, was dazu führte, dass es gegen Ende des Alten Reiches (1792) fünf (!) andere sächsische und einen hessischen Fürsten gab, die mit Anteilen am früheren Henneberg aufgeführt waren.

[1] nach Lancizolle: Übersicht der deutschen Reichsstandschafts- und Territorial-Verhältnisse... Berlin 1830
 
Zuletzt bearbeitet:
Man kann sagen, vielleicht passt das eher, dass es auch Fürsten ohne Fürstentum gab. Das heißt es waren zwar persönlich Fürsten, aber ihnen unterstand oftmals bloß eine Vielzahl von Graf- und Herrschaften. Solche Fürsten ohne Fürstentum hatten dann allerdings auch vor dem Reichstag häufig ihre lieben Probleme mit der Anerkennung, wie wir das schonmal zu den Reußen erläutert haben. Bei den Fürsten von Wertheim-Löwenstein-Rochefort war es ähnlich.
 
Man kann sagen, vielleicht passt das eher, dass es auch Fürsten ohne Fürstentum gab. Das heißt es waren zwar persönlich Fürsten, aber ihnen unterstand oftmals bloß eine Vielzahl von Graf- und Herrschaften... Fürsten von Wertheim-Löwenstein-Rochefort
Da wirfst Du einen Stein ins Wasser, der viele Wellen schlagen könnte...:winke:

Der Fürst von WLR ist verzeichnet mit einem Teil der Grafschaft Löwenstein, der halben Grafschaft Wertheim, der halben Herrschaft Breuberg und der Herrschaft Puetlingen. Sitz und Stimme hatte er deshalb "nur" im fränkischen Grafencollegium.

Dieser Fall trifft auf eine ganze Menge von Fürsten zu, z.B. beim Fürsten von Bretzenheim (ja, den gab's!), der Fürstin von Isenburg-Birstein, dem Fürsten zu Stolberg-Gedern...
 
Zu den oben von Melchior genannten Hohenzollern-Hechingen gibt es noch eine Randnotiz.

Die beiden Linien Hzl.-Hechingen und Hzl-Sigmaringen wurden gefürstet. Die Haigerlocher Linie jedoch nicht! (Gründe dafür weiß ich jetzt aus der Hand nicht)
Haigerloch war aber "Reichsunmittelbar" Sigmaringen jedoch nicht. Als die Haigerlocher wenig später ausstarben, hat die Sigmaringer Linie Haigerloch beerbt. Und zeitweilig den Sitz dorthin verlegt, denn Sigmaringen war lediglich österreichisches Lehen!

Der "Verwaltungsaufbau" des HRR war überaus komplex, um nicht zu sagen kompliziert.
Der interessierte Laie Repo steht immer wieder vor faszinierenden Details.
 
Die Rosenberger wurden mit Graf Maximilian Karl Albrecht zu Löwenstein-Wertheim-Rochefort (* 1656; † 1718) 1711 zum Fürsten erhoben.
Beide Linien sind deshalb hier fehl am Platz. :grübel:
 
Man kann also sagen, daß ein Fürst ein Adeliger war, der keinen anderen Titel mitbrachte.
Hätte man Ihn den nicht zu einem Herzog machen können ?

Was brachte denn die Erfindung dieses neuen Adelstitels ?
 
Im Mittellter war "Fürst" eine Sammelbezeichnung für verschiedene Mitglieder des Hochadels. Das konnte ein Herzog, Landgraf, Fürstbischof, Fürstabt etc. sein. Als eigenständiger Titel kam er erst in der frühen Neuzeit in Gebrauch, wie die von R.A. und mir angeführten Beispiele zeigen. Wie die Beispiele Wallenstein und Bismarck zeigen, war der Titel in der Rangordnung zwischen Graf und Herzog angesiedelt; beide wurden erst zu Fürsten und dann zu Herzögen "befördert". Daran zeigt sich auch, wozu der Titel gut war, er ermöglichte eine weitere Differenzierung und man hatte eine weitere "Beförderungsmöglichkeit" in petto. Aus dem gleichen Grund wurde später der Großherzog erfunden.
 
Es ist irgendwie schwer zu verstehen, wie diese Diffrenzzierung nun genau ausgesehen hat.

War es denn bloß der Titel und die Ehre oder hat sich die Beförderung auch irgendwie anders ausgedrückt ?

Hatte ein Fürst weniger Befugnisse als ein Herzog ? War ein Großherzog mächtiger als ein Herzog ?

Oder wurden die Herren bei einem Bankett nur zuerst begrüßt ?

Gerade zwischen Fürst und Herzog findet man keine Hinweise, wie die Diffrenzierung denn ausgesehen haben könnte.
 
Es ist irgendwie schwer zu verstehen, wie diese Diffrenzzierung nun genau ausgesehen hat.

War es denn bloß der Titel und die Ehre oder hat sich die Beförderung auch irgendwie anders ausgedrückt ?

Hatte ein Fürst weniger Befugnisse als ein Herzog ? War ein Großherzog mächtiger als ein Herzog ?

Oder wurden die Herren bei einem Bankett nur zuerst begrüßt ?

Gerade zwischen Fürst und Herzog findet man keine Hinweise, wie die Diffrenzierung denn ausgesehen haben könnte.



Du musst grundsätzlich unterscheiden zwischen den Titeln des HRR bis 1805 und den "Regional-Titeln" die im 19. Jahrhundert vergeben wurden.

Ein (Reichs-)Graf Waldburg-Zeil spielte in einer ganz anderen Liga wie ein (Bayerischer-)Graf Stauffenberg.
 
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