Karlchen

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[FONT=&quot]Seit König Rudolf III. von Burgunds Tod gehörte Burgund als drittes Königreich zum heiligen römischen Reich, nachdem Kaiser Heinrich II. sich als Gegenleistung für militärische Hilfe zum Erben Rudolfs hatte einsetzen lassen.

Aber bereits Heinrichs Sohn, Konrad II war der letzte Kaiser, der diesen Anspruch auf Burgund durchsetzen konnte. Das war im Jahr 1039. 1127 übertrug Lothar III den Titel "Rektor von Burgund" auf den Herzog von Zähringen, Konrad, vermutlich, um den Anspruch auf Burgund zu wahren. Auch dieser aber konnte die Herrschaft nicht durchsetzen.

1152 starb Konrad und sein Sohn Berthold IV folgt ihm in der Herzogswürde. In diesem Jahr, am 4. März, wurde Friedrich Barbarossa zum König gewählt.

Im Mai 1152 wurde zwischen Friedrich und Berthold ein schriftlicher Vertrag geschlossen, überliefert durch Wilibalds Briefbuch, in dem Friedrich sich verpflichtet, Berthold bei der Durchsetzung seines Herrschaftsanspruches in Burgund zu helfen. Berthold solle zu einem gemeinsamen Feldzug 1000 Panzerreiter beisteuern, außerdem müsse er Friedrich später bei einem Italienfeldzug mit 500 Panzerreitern unterstützen.

Der Vertrag wird in der Regel als Erfüllung eines Wahlversprechens an Berthold für dessen Unterstützung bei Friedrichs Königswahl interpretiert. Diese Auslegung aber hat einige Schwächen. So kann davon ausgegangen werden, dass der junge Herzog bei Friedrichs Wahl, wenn überhaupt, dann zumindest keine große Rolle gespielt haben dürfte, da er weder bei einer Besprechung Friedrichs mit "seinen" Fürsten nach der Wahl, noch bei dessen Krönung in Aachen in den Zeugenlisten genannt wird. Auch scheint es nicht wahrscheinlich, dass der Zähringer, dessen Macht sich auf einige Städte und nur vergleichsweise kleine Gebiete beschränkte, in der Lage sein sollte, 1000 Panzerreiter zu stellen. Man bedenke, dass zu jedem Ritter 2 bis 3 Knappen gehörten, das ganze Heer also 3500 Mann hätte umfassen müssen.

Der Vertrag zeigt formell erhebliche Unterschiede zu sonst typischen Urkunden: Erstmal war es überhaupt nicht üblich, dass ein König mit einem Herzog schriftliche Verträge schloss, der Schreiber wird nicht genannt, die geistlichen Fürsten werden ohne Titel und nicht, wie üblich, am Anfang sondern inmitten der Zeugenliste genannt und schließlich fehlen die üblichen Bestandteile Invocatio, Arenga, Narratio und Corroboratio.

Ich möchte an dieser Stelle eine andere Interpretation dieses Vertrages anbieten:

Für das Jahr 1153 ist ein Weg Friedrichs durch drei Urkunden belegt, der im Zusammenhang mit dem Vertrag zu sehen ist. Am 30. Januar wird eine Urkunde Friedrichs in Colmar angefertigt, die Berthold in der Zeugenliste erwähnt. Am 4. Februar ohne Berthold und übrigens auch ohne Heinrich den Löwen, in Mühlhausen, also schon in Burgund, am 15. Februar schließlich in Besancon, im Zentrum der Herrschaft des Grafen Wilhelm von Macon.

Wilhelm von Macon herrschte nach Inhaftnahme seiner Nichte Beatrix, der rechtmäßigen Erbin der Grafschaft, über den größten Teil Burgunds. Friedrich begab sich also ohne Heer in das Herrschaftsgebiet eines abtrünnigen Vasallen. Das hätte er mit Sicherheit nicht getan, wenn er nicht davon ausgegangen wäre, von Wilhelm anerkannt zu werden.

1156 heiratet Friedrich die übrigens angeblich sehr reizvolle Beatrix nach Wilhelms Tod und wird so zum offiziellen Herrscher über Burgund.

Das könnte die Absprache zwischen dem Kinderlosen Wilhelm von Macon und Friedrich gewesen sein:
Wilhelm übt seine Herrschaft aus, solange er lebt und Friedrich erbt später durch Heirat.

Eine solche Absprache kann man sicher als eine für Friedrich typische bezeichnen. Dieser hat seine Gegner oder spätestens deren Vasallen oft auf seine Seite gezogen, indem er ihnen Angebote machte, die ihre Position nicht gefährdeten.

Und warum ist Wilhelm von Macon auf dieses Angebot eingegangen? Möglicherweise deshalb, weil Friedrich ihm den Vertrag mit Berthold hat zukommen lassen, der einzig mit dem Zweck angefertigt wurde, Wilhelm zu beeindrucken, ihm klar zu machen, dass nun bals der verhasste Zähringer Berthold auf seinem Stuhl sitzt, wenn er sich mit Friedrich nicht einig wird.

So hätte Friedrich Burgund durch taktische Manöver ohne einen Schwertstreich erobert. Auch nicht gerade untypisch.

Entschuldigen Sie bitte den langen Text, der sich hoffentlich trotzdem gelohnt hat.

Ich freue mich auf Kritik.[/FONT]
 
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