Römische Mischverfassung als geistige Grundlage der Ständegestellschaft?

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Im Mittelalter hatten die Stände, in Form iher Versammlungen, immer bestimmte (mitsprache)rechte gegenüber den Potentaten und Herrschern.

Woher kommt diese Einteilung? Geht sie vielleicht auf die römische Mischverfassung zurück, in der bestimmte Stände (Senat) sowie Städte (Bürger Roms) ein Mitspracherecht hatten?
 
Erstens dauerte das Mittelalter eine ganze Weile und da wird es sicherlich je nach betrachtetem Zeitraum Unterschiede geben.

Zweitens gab es im Mittelalter in Europa unterschiedliche Länder bzw. Reiche, in denen die Entwicklungen unterschiedlich verliefen.

Bevor man deine Frage also beantwortet, solltest du sie vielleicht etwas einschränken. Ansonsten wird das wohl etwas oberflächlich oder nur ein Stückwerk aus verschiedenen Beispielen ohne echten Bezug zueienander bleiben.

Für das heilige römische Reich möchte ich mal annehmen, dass da durchaus ein paar römische Traditionen hängengeblieben sind. Aber das war mit Sicherheit nicht alles. Auch germanische Traditionen wurden mit Sicherheit nicht einfach aufgegeben. Deutlich wird das z. B. an den ganzen Prozeduren der Königswahlen. Das Wahlkönigtum entsprang mehr der germanischen Tradition, das Erbkönigtum der römischen. Man musste dann Wege finden, beides miteinander zu vereinbaren (das ist jetzt natürlich sehr vereinfacht).

Bei der Mitsprache bestimmter Personen beim "Regieren" wird das ähnlich gewesen sein. Auch hier hier mussten wohl römische und germanische Traditionslinien unter einen Hut gebracht werden. Das war aber mit Sicherheit ein Prozess, der sich hinzog und Veränderungen unterworfen war. Deshalb rege ich einfach nochmal eine etwas konkretere Fragestellung (Zeitraum, Region) an.

Viele Grüße

Bernd
 
Im Mittelalter hatten die Stände, in Form iher Versammlungen, immer bestimmte (mitsprache)rechte gegenüber den Potentaten und Herrschern. Woher kommt diese Einteilung? Geht sie vielleicht auf die römische Mischverfassung zurück, in der bestimmte Stände (Senat) sowie Städte (Bürger Roms) ein Mitspracherecht hatten?

Ein Recht zur Beratung des Kaisers und zur Mitsprache in Reichsangelegenheiten hatten im mittelalterlichen Deutschen Reich die Fürsten und Grafen mit Reichsstandschaft, also diejenigen, die eine Viril- oder Kuriatstimme im Reichstag führen durften. Im späten Mittelalter kam noch die Städtebank hinzu, die die Reichsstädte besetzen durften.

Dass die Großen eines Landes an der Regierung beteiligt waren, dem konnte sich ein Herrscher schwerlich entziehen. Andernfalls wären Revolten und Erhebungen ausgebrochen, sodass jeder König darauf sehen musste, die Macht zwischen Herrscher und Adel klug auszubalancieren. Das gelang einigen sehr gut, anderen weniger.

Die Frage war allerdings, wer das Recht haben sollte, aif Reichstagen zu erscheinen. Dafür kamen nach einer sich im 12. Jh. verbreitenden Auffassungnur nur solche Adligen infrage, die reichsunmittelbar waren und lehnsrechtlich direkt dem Kaiser unterstanden. Und so bildete sich seit dem 12. Jh. eine Schicht von Reichsfürsten heraus, die Sitz und Stimme im Reichstag erhielten. Dazu zählten geistliche und weltliche Reichsfürsten, die entweder seit alters her als solche betrachtet wurden - z.B. die Markgrafen von Brandenburg, die Pfalzgrafen bei Rhein, die Herzöge von Bayern oder die Herzöge von Sachsen - und später solche, die ausdrücklich vom Kaiser in den Reichsfürstenstand erhoben wurden, wie z.B. die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, die Landgrafen von Hessen, die Herzöge von Mecklenburg oder die Herzöge von Württemberg. Ebenfalls Stimmrecht erhielten die nichtfürstlichen aber reichsunmittelbaren Grafen, die in verschiedenen Kurien zusammengefasst waren, die jeweils eine Kuriatstimme (Gesamtstimme) führten.

Wie sich der Reichsfürstenstand im einzelnen herausbildete, ist allerdings bis heute von der Forschung noch nicht restlos geklärt. Auf jeden Fall zog sich dieser Prozess bis ins 14. Jh. hin.
 
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