Seit wann "König in Germanien"?

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Hallo,

seit wann befindet sich der Titel "König in Germanien" bzw. "Germaniae Rex" in der Titulatur der Römisch-Deutschen Kaiser?
Meines Wissens seit Maximilian I. (1493-1519), glaube mich auch an 1512 erinnern zu können, bin mir aber nicht sicher.

Wer weiß Genaueres?
 
... man beachte den Titel:
'König in Germanien' und nicht 'König von Germanien'

Benutzten nicht schon die Ottonen zur Sicherstellung ihrer Nachfolge den Titel 'König von/in Germanien' für ihre designierten Nachfolger? Etwa so wie die Römer der Spätantike den Titel 'Augustus' für den Herrscher und den Titel 'Caesar' für ihre Mitkaiser und designierten Nachfolger verwendeten?
 
Der Titel des designierten Nachfolgers war "Römischer König", richtig, hat damit nichts zu tun.

Ich nehme eher an, daß Maximilian I. im Zuge des de facto-Verlustes von Italien und Burgund das deutsche Element des Reiches betonen wollte und daher diesen Titel aufnahm (seit 1512 heißt es ja auch offiz. Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation).

So, habe etwas gefunden (Quelle: http://www.geocities.com/eurprin/austria.html)

(Mar 1502) [13: vol.12; part 1; p. 91]
Wir Maximilian von gots gnaden Romischer kunig, zu allen tzeitten merer des reichs,
zu Hungern, Dalmacien, Croacien etc. kunig,
...

(May 1517) [29: Teil 2; p.247;]
Wir Maximilian von gots gnaden Romischer kayser, zu allen tzeitten merer des reichs,
in Germanien, zu Hungern, Dalmatien, Croatien etc. konig,
...

Wie man sieht, war 1517 "in Germanien ... konig" dabei, 1502 noch nicht, was meine These bekräftigt, daß es zwischen 1502 und 1517 dazukam.

Durch Googeln stieß ich jetzt mehrfach auf 1508, was auch logisch wäre, weil er sich seitdem erst Kaiser nannte.
...
 
Weiß jemand, ob der Titel "König in Germanien" mit dem vorherigen Titel "rex romanorum" war?
Mich irritiert ein wenig das "in" anstelle des "von". Ich meine die preußischen Könige durften sich auch nur Königen in Preußen nennen, um nicht gleichwertig zum deutschen König zu wirken. Aber das wird doch nicht für den deutschen König auch selbst gegolten haben? Warum sollte er sich selbst herabsetzen?
 
Wie wurde eigentlich dieses "Germania" von den anderen Reichsteilen abgegrenzt? Es gab z. B. ein Königreich Böhmen im Heiligen Römischen Reich, aber kein Königreich Germanien bzw. Deutschland.
 
Wie wurde eigentlich dieses "Germania" von den anderen Reichsteilen abgegrenzt? Es gab z. B. ein Königreich Böhmen im Heiligen Römischen Reich, aber kein Königreich Germanien bzw. Deutschland.
Was für eine Abgrenzung soll da gemeint sein???

"Germanien" war doch ein klarer Begriff, siehe Benennung der römischen Provinzen, oder "Magna Germania" darüber hinaus.
 
Was für eine Abgrenzung soll da gemeint sein???

"Germanien" war doch ein klarer Begriff, siehe Benennung der römischen Provinzen, oder "Magna Germania" darüber hinaus.

Genau das ist die Frage, Germanien ist in antiker Zeit für die römischen Provinzen (Germania inferior und superior) und für das freie Germanien (Germania magna) gebraucht worden.

Aber wie war das im HRR?
 
Genau das ist die Frage, Germanien ist in antiker Zeit für die römischen Provinzen (Germania inferior und superior) und für das freie Germanien (Germania magna) gebraucht worden.

Aber wie war das im HRR?

Wie ich bei Wiki las, existiert der Nebentitel Germaniae Rex erst seit Kaiser Maximilian I. Es hieß dann: „Wir Maximilian von Gots genaden erwelter Romischer kayser, zu allen zeiten merer des Reichs, in Germanien zu Hungern, Dalmatien, Croatien etc. kunig ...

Und damit war dann nichts anderes gemeint als König "in deutschen Landen" oder König "in Deutschland".
 
Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (1356) hatte die Regelung der Reichserzämter verbindlich gemacht, demnach der Erzbischof von Mainz ex officio auch der Erzkanzler von Deutschland (Archicencellarius per Germaniam) war. Dieses Amt war allerdings schon lange vor 1356 mit dem Mainzer Stuhl verbunden gewesen, ich weis allerdings nicht seit wann.

Daneben gab es ja noch die Erzkanzleien für Italiam (Köln) und Galliam/Burgund (Trier).
 
Bereits in karolingischer Zeit verwendete man die Begriffe Gallia, Germania und Italia als Landschaftsnamen in Anlehnung an die entsprechenden römischer Provinzen. Eine Gleichsetzung mit den entsprechenden Teilen der Heiligen Römischen Reiches erfolgte erst später und ist unscharf, insbesondere bei der Abgrenzung der Gallia von der Germania. Die Unterscheidung von Gallia und Germania hatte keine politische Bedeutung, bis man Burgund mit der Gallia gleichsetzte.
 
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Mich irritiert ein wenig das "in" anstelle des "von". Ich meine die preußischen Könige durften sich auch nur Königen in Preußen nennen, um nicht gleichwertig zum deutschen König zu wirken. Aber das wird doch nicht für den deutschen König auch selbst gegolten haben? Warum sollte er sich selbst herabsetzen?


Nun, bei den Preußen lag es daran, daß der brandenburgische Kurfürst Friedrich III, als König Friedrich I. nicht König über ganz Preußen war, sondern nur über einen Teil Preußens. Es gab ja auch noch das Preußen königlichen Anteils, welches mit der polnisch-litauischen Krone verbunden war. Mit der 1. Teilung der Polnisch-Litauischen Union 1772 gelangte auch der "Rest" Preußens an die Hohenzollern. Von nun an war Friedrich der Große nicht nur König in, sondern König von Preußen.

Analoges, so kann ich mir es vorstellen, könnte es also auch mit dem Unterschied zwischen "König in" und "König von" Germanien auf sich haben. Germanien war einfach größer als das jeweilige Herrschaftsgebiet.

Was die Stellung zum König/Kaiser des HRR angeht, so war nur ausschlaggebend, daß kein Fürst König von Besitzungen innerhalb des HRR sein konnte. Preußen lag außerhalb des HRR (analog Polnisch-Litauische Krone und Sachsen).




Thema "Germanien/Germanen"

Im Landesarchäologischen Museum Brandenburg wird an einer Ausstellungstafel, für mich sehr nachvollziehbar, eine mir zuvor so nicht präsente Sicht zum Begriff "Germanien/Germanen" erläutert. Daß wir diese Bezeichnung von den Römern bekommen haben - es also keine Eigenbezeichnung ist - ist ja hinlänglich bekannt. Neu war für mich der Vergleich mit dem die Einordnung dieser Bezeichnung vorgenommen wurde.

Man verglich es mit der Bezeichnung welche die amerkikanischen Ureinwohner von den Spaniern bekamen "Indianer". Für uns, zumindest als wir Kinder waren, waren die Indianer - trotz der verschiedenen bekannten Stämme - eine Art homogene Gruppe, was natürlich Quatsch ist. Ähnlich dürfte es sich laut dieser Schautafel mit den "Germanen" verhalten haben. Für die zivilisierten Römer, waren die Bewohner dieses Landstriches demnach allesamt ein unzivilisierter Haufen Wilder, ungeachtet der unterschiedlichen Stämme und der Tatsache, daß diese Stämme nicht staatenbildend waren.
Im Unterschied zu den Indianern war es bei den Germanen dann später aber wohl so, daß sie diese Bezeichnung als Eigenbezeichnung übernahmen und daraus rückwirkend eine Art "germanisches" Sendungsbewußtsein konstruierten.

Wie wird der Vergleich mit "Indianer" hier gesehen?
 
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Nun, bei den Preußen lag es daran, daß der brandenburgische Kurfürst Friedrich III, als König Friedrich I. nicht König über ganz Preußen war, sondern nur über einen Teil Preußens. Es gab ja auch noch das Preußen königlichen Anteils, welches mit der polnisch-litauischen Krone verbunden war. Mit der 1. Teilung der Polnisch-Litauischen Union 1772 gelangte auch der "Rest" Preußens an die Hohenzollern. Von nun an war Friedrich der Große nicht nur König in, sondern König von Preußen.

Analoges, so kann ich mir es vorstellen, könnte es also auch mit dem Unterschied zwischen "König in" und "König von" Germanien auf sich haben. Germanien war einfach größer als das jeweilige Herrschaftsgebiet.

So weit ich das in Erinnerung habe, war es eine Bedingung des Kaisers um der Krönung Friedrichs I. zuzustimmen: Es durfte kein König von Brandenburg sein, sondern von dem Teil seines Besitztumes das nicht zum HRR gehörte. Aus diesem Grunde fanden die Krönungen der Könige danach im Dom zu Königsberg und nicht in Berlin statt, wo traditionell die Kurfürsten gekrönt wurden.

Ob es ausserdem noch eine Rolle spilete, dass ein Teil Preussens nicht unter den Hohenzollern war, weiss ich nicht. kann auch sein.

Maria Theresia bezeichnete ja später Friedrich II. abschätzig als der "Marquis de Brandenbourg" und dieser revanchierte sich, in dem er sie als "Königin von Ungarn" bezeichnete.
 
....Es durfte kein König von Brandenburg sein, sondern von dem Teil seines Besitztumes das nicht zum HRR gehörte....

Genau, daß war eine der Bedingungen. Innerhalb des Reiches durfte es nur einen König geben. Daher wurde August der Starke ja auch Polnischer König und nicht sächsischer. Nichts desto weniger wurden Institutionen aber auch Manufakturen in Sachsen und Brandenburg(-Preußen) "mit einem Schlag" "königlich". Die Königswürde leitete sich also nicht vom "Stammland" ab, übertrug sich aber nach und nach auf dieses. Im Falle Brandenburgs sogar dem Namen nach.



.....
Ob es ausserdem noch eine Rolle spilete, dass ein Teil Preussens nicht unter den Hohenzollern war, weiss ich nicht. kann auch sein.

dafür spräche ja, daß Friedrich der Große sich erst König von Preußen nannte, nachdem der bis 1772 polnische Teil Preußens durch die Teilung Polen-Litauens Preußen zugeschlagen wurde.

In der "Liste der Herrscher Brandenburgs" auf Wikipedia werden Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. unter dem Titel "Könige in Preußen" geführt. Friedrich II und folgende unter der Überschrift "Könige von Preußen". Vermerkt ist dort aber "Titel bis zur Ersten Polnischen Teilung 1772: „König in Preußen“"

Für mich einzig nachvollziehbarer Grund für die Titeländerung ist der Umstand, daß nun das polnische Preußen Königlichen Anteils dem Königreich Preußen zugeschlagen wurde....

Meine das auch irgendwo mal gelesen zu haben (Clark oder Haffner...)

Edit: Habe mal kurz auf Wikipedia geschaut, da steht unter:

Königreich Preußen - Unter König Friedrich II ? Wikipedia

Gemeinsam mit Österreich und Russland betrieb Friedrich die Teilung Polens. Bei der ersten Teilung 1772 fielen Polnisch-Preußen, der Netzedistrikt und das Fürstbistum Ermland an Brandenburg-Preußen. Somit war die für Friedrich II. wichtige Landverbindung zwischen dem preußischen Pommern[7] und dem außerhalb des Reiches liegenden Königreich Preußen hergestellt. Da „beide Preußen“, Polnisch-Preußen und das Königreich Preußen, ab da sich zur Gänze im Besitz der Hohenzollernmonarchie befanden, konnte Friedrich II. sich nun König „von Preußen“ nennen.
 
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Was die Stellung zum König/Kaiser des HRR angeht, so war nur ausschlaggebend, daß kein Fürst König von Besitzungen innerhalb des HRR sein konnte.
Genau, daß war eine der Bedingungen. Innerhalb des Reiches durfte es nur einen König geben.
Und was ist mit Böhmen? Als das Herzogtum Böhmen unter Ottokar I. endgültig zum Königreich wurde, war es einerseits längst Teil des HRR, andererseits stand es noch unter der Herrschaft der Przemysliden und war somit noch weit davon entfernt, dass - wie später lange unter den Habsburgern - der Kaiser des HRR selbst König von Böhmen war. Trotzdem akzeptierte Philipp von Schwaben das böhmische Königtum.
Übrigens verfolgten Kaiser Friedrich II. und der Babenbergerherzog Friedrich der Streitbare zeitweise das Projekt einer Zusammenfassung und Erhöhung der Herzogtümer Österreich und Steiermark zu einem Königtum.
Politisch wird es (aus Sicht des Kaisers) unerwünscht gewesen sein, wenn sich noch weitere Könige innerhalb des HRR breitmachten, aber rechtlich unmöglich (im Sinne von "konnte/durfte nicht") war es anscheinend nicht.

Im Unterschied zu den Indianern war es bei den Germanen dann später aber wohl so, daß sie diese Bezeichnung als Eigenbezeichnung übernahmen und daraus rückwirkend eine Art "germanisches" Sendungsbewußtsein konstruierten.
Was für ein Sendungsbewusstsein?

Genau, daß war eine der Bedingungen. Innerhalb des Reiches durfte es nur einen König geben. Daher wurde August der Starke ja auch Polnischer König und nicht sächsischer.
Der Vergleich mit Brandenburg-Preußen hinkt aber etwas. August besorgte sich keinen neugeschaffenen Königstitel auf Grundlage eines außerhalb des HRR liegenden, aber bereits seit Langem von seiner Dynastie beherrschten Gebietes, sondern wurde neu zum König eines Reiches gewählt, das seit Jahrhunderten Königreich war. Dass ein HRR-Fürst gleichzeitig auch König eines nicht zum HRR gehörenden Reiches war, war ja auch nicht so ungewöhnlich, man denke an Kaiser Sigismund sowie die Habsburger und Ungarn.
 
Und was ist mit Böhmen? Als das Herzogtum Böhmen unter Ottokar I. endgültig zum Königreich wurde, war es einerseits längst Teil des HRR, andererseits stand es noch unter der Herrschaft der Przemysliden und war somit noch weit davon entfernt, dass - wie später lange unter den Habsburgern - der Kaiser des HRR selbst König von Böhmen war. Trotzdem akzeptierte Philipp von Schwaben das böhmische Königtum.

Böhmen gehörte zum HRR, aber war es auch Teil des regnum Germaniae? Die böhmische Königserhebung ist durchaus historischen Vorbildern gefolgt, siehe Polen und Ungarn, die beide im Zuge ihrer Hinwendung zur christlich(katholischen) Ökumene zu Königreichen erhoben worden sind. Über beide hatten auch die Ottonen-Kaiser zunächst einen Oberhoheitsanspruch verfolgt, der allerdings auf Dauer realpolitisch nicht behauptet werden konnte (wie übrigens auch in Bezug auf Frankreich nicht). Ganz anders als im Falle Böhmens.
 
Böhmen gehörte zum HRR, aber war es auch Teil des regnum Germaniae?
Keine Ahnung, aber da der böhmische König als Kurfürst einer der Wähler des Königs des regnum Germaniae war, kann er rechtlich nicht ganz im Abseits gestanden sein.
Außerdem sprach tvinnefossen zumindest in der ersten der von mir zitierten Stellen vom HRR, nicht vom regnum.

Die böhmische Königserhebung ist durchaus historischen Vorbildern gefolgt, siehe Polen und Ungarn, die beide im Zuge ihrer Hinwendung zur christlich(katholischen) Ökumene zu Königreichen erhoben worden sind.
Allerdings wurde Böhmen erst endgültig Königreich, als es bereits fest mit dem HRR verbunden und längst christianisiert war. (Wratislaw I. und Wladislaw I. hatten ihre Königswürde nicht vererben können.) Ottokar I. konnte seine Königswürde schlicht deshalb durchsetzen, weil Philipp von Schwaben ihn brauchte. Das war pure Macht- und Realpolitik ohne visionären universalreich-universalchristlichen Anstrich wie bei Otto III. Seinen Sohn Wenzel ließ er bereits zu Lebzeiten zum Mitkönig krönen und sicherte so seine Nachfolge als König.
 
Böhmen ist m.E. ein schlechtes Beispiel für Parallelen mit Preußen. Ein passendes ist Sardinien. Der König von Sardinien war mit Savoyen-Piemont Reichsfürst und konnte seine Krone auch nur auf eine außerhalb des HRR liegende Besitzung beziehen - also Sardinien. Eine italienische Königswürde taucht zumindest im Titel Karl VI. nicht auf.
 
....Politisch wird es (aus Sicht des Kaisers) unerwünscht gewesen sein, wenn sich noch weitere Könige innerhalb des HRR breitmachten, aber rechtlich unmöglich (im Sinne von "konnte/durfte nicht") war es anscheinend nicht.

Böhmen und Burgund würde ich als Ausnahmen bezeichnen, die die Regel bestätigten. Vielleicht auch im Zusammenhang mit der Zeit der Entstehung der jeweiligen "Reiche" zu sehen... (vor dem HRR! - eine Art Bestandsschutz womöglich)

Wenn ich mich nicht irre, hatte das Königreich Böhmen im HRR auch nur den Status eines Kurfürstentums :grübel:

...Was für ein Sendungsbewusstsein?...

Gemeint ist die in unseren Breiten immernoch übliche rückprojezierende Geschichtsschreibung, die ein nationales Sendungsbewußtsein annimmt/unterstellt, selbst zu Zeiten, in denen sich keine wirklichen Belege dafür anführen lassen

.....Der Vergleich mit Brandenburg-Preußen hinkt aber etwas. August besorgte sich keinen neugeschaffenen Königstitel auf Grundlage eines außerhalb des HRR liegenden, aber bereits seit Langem von seiner Dynastie beherrschten Gebietes, sondern wurde neu zum König eines Reiches gewählt, das seit Jahrhunderten Königreich war.

Sie haben natürlich Recht, was den Unterschied angeht, dennoch ist beiden "Varianten" gemein, daß ein Fürst über einen "Umweg" zur Königswürde kam
 
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