Soldaten im HRR

Zar Alexander

Mitglied
Moin, moin,

ich würde gerne wissen wie es mit dem Militär im Heiligen Römischen Reich war. Gab es ein stehendes Herr? Wie war die Bezahlung der Soldaten? Und von wem hatte der Kaiser seine Truppen?

Vielen Dank,
Alexander.
 
Das Reich hatte eine 1006 jährige (je nachdem wie man will auch weniger, jedenfalls verd00mt lang) Geschichte. Darüber hinaus war es sehr groß. Es wäre hilfreich wenn Du die Frage sowohl zeitlich als auch geographisch etwas eingrenzen könntest.
 
Das Heilige Römische Reich war in Reichskreise unterteilt, von denen jeder ein Kontingent zur Reichsarmee stellen musste. Kleinere Territorien ließen sich ihre Verpflichtung gerne von größeren armierten Reichsständen abnehmen. Im Siebenjährigen Krieg wurde die Reichsarmee vielfach als "Reißausarmee" verspottet. Sie hatte es hier allerdings mit einer der best ausgebildetsten und professionellsten Armeen unter dem wohl skrupellosesten aller Reichsfürsten, dem König in Preußen Friedrich II. zu tun.

Insgesamt hat sich die Reichsarmee durchaus bewährt im Krieg gegen Türken und Franzosen.
 
Zwar ist an den Ausführungen von Scorpio inhaltlich nichts zu beanstanden, aber hier wäre durchaus erst einmal eine Klärung interessant und wichtig, von welcher Zeit bzw. Epoche wir überhaupt sprechen.

Denn wenn es um die Zeit des Mittelalters geht (wovon aufgrund der Platzierung des Threads im Forum "Mittelalter" mE auszugehen wäre), nützt uns die Betrachtung der Reichskreise wenig, da diese erst mit der Reichsreform Kaiser Maximilians I. um 1500 - also zum Ende des Mittelalters und in die Neuzeit weisend - entstanden sind.
Anm.: Der angesprochene Siebenjährige Krieg gehört ja ebenfalls in die Neuzeit...
Und auch eine Reichsarmee bzw. ein Reichsheer wurde erstmals im Jahre 1422 auf dem Reichstag zu Nürnberg aufgestellt; also liegen auch diese Anfänge im ausgehenden Spätmittelalter und weisen in die Neuzeit.
Hier dazu der Überblick:
Reichsarmee ? Wikipedia
Reichskreis ? Wikipedia

Wenn es nun aber wirklich bei der Betrachtung um die mittelalterlichen Gegebenheiten gehen soll, wäre es wie geschrieben sehr hilfreich, dies entsprechend zu präzisieren...
 
Zuletzt bearbeitet:
Mal ein Versuch von mir für das Mittelalter:

Der König/Kaiser belehnt große Fürsten mit Land oder Ämtern, diese schwören ihm dafür Treue und Kriegsdienst.
Diese Fürsten haben ebenfalls Lehnsmänner zB. niedere Fürsten (Ritter?) und diese wiederum können über die Bewohner ihres Landes freiverfügen und sie zum Kriegsdienst verpflichten.
Wenn der König jetzt also Krieg führen will, braucht er einfach nur den Lehenseid einfordern und theoretisch müsste durch die Kettenreaktion der Lehensverhältnisse einiges an Soldaten zusammen kommen. :D
 
Klar, ich hab mir schon gedacht, dass ich das Zeitlich ein bisshen eingrenzen müsste.....
Mich interessiert etwa so die Zeit zwischen dem Hochmittelalter übers Spätmittelalter. Ich würde aber auch gerne etas über den 30jährigen Krieg wissen

Danke, danke!
 
Mich interessiert etwa so die Zeit zwischen dem Hochmittelalter übers Spätmittelalter.

Wie sich MacX bereits an einer Ausführung dazu versuchte, gab es bis ins Spätmittelalter kein Reichsheer i.d.S., sondern das Heeresaufgebot setzte sich entsprechend der Vasallität zusammen. Der Heeresverband (Schlachthaufen) setzte sich also aus verschiedenen Kontigenten zusammen, deren einzige Gemeinsamkeit war, daß die kleinste Einheit, die Lanze, die Basis war, während die Kontigente ansonsten jedoch größtenteils recht uneinheitlich waren.
Während des Spätmittelalters ging man grob gesagt - und zeitlich festzumachen etwa ab der 2. Hälfte des 14. Jh. - mehr und mehr dazu über, die klassischen Ritterheere durch Gewalthaufen zu ersetzen.
Vgl. dazu auch http://www.geschichtsforum.de/281255-post99.html

Ich würde aber auch gerne etas über den 30jährigen Krieg wissen...

Das ist ein anderes Thema, zu welchem es jetzt dorthin geht: http://www.geschichtsforum.de/f287/reichsheer-w-hrend-des-drei-igj-hrigen-krieges-24485/
 
Und wie funktionierten diese Heere? Wie waren sie bewaffnet? und wie verlief so eine Schlacht im taktischem Sinne?

Der Aufbau richtete sich noch bis ins Spätmittelalter - wie bereits geschrieben - nach der Vasallität; sprich: der jeweilige Vasall brachte neben sich selbst incl. seiner Kampfkraft und Ausrüstung, Waffen, Pferde etc. noch eine Gruppe unterschiedlicher Bewaffneter mit, für deren Zahl und Art sich kaum allgemeine Aussagen treffen lassen. Aus mehreren dieser vasallischen Einheiten (Lanzen) bildete sich ein Banner und aus fünf bis zehn solcher Banner der Heeresverband (Schlachthaufen). Das war ja alles soweit in http://www.geschichtsforum.de/281255-post99.html auch nachzulesen.
Neben diesen Verbänden konnten ab dem 13. Jh. auch sog. Städtische Aufgebote ins Feld ziehen; darunter verstehen wir bewaffnete (Fuß-)Truppen, welche sich aus den Reihen der Stadtbürger - oftmals gemeinhin nach Zünften u.ä. organisiert - rekrutierten.

Taktik und Funktionsweise waren recht einfach, da dies aus heutiger Sicht relativ bieder erscheint: die eigentliche Schlacht wurde im Hochmittelalter (11. bis 13. Jh.) von den berittenen Berufskämpfern (Ritter, Sergenten) geschlagen, während das Fußvolk als Hilfstruppe galt; erst im Laufe des Spätmittelalters (14./15. Jh.) gewannen die Fußkämpfer stärkere Bedeutung.
Daß Ritter und Sergenten nicht zwangsläufig immer und in jeder Schlacht den Schockangriff mit eingelegter Lanze führten, sondern ebenso desöfteren abgesessen zu Fuß kämpften, steht dabei außer Frage. Waren die Voraussetzungen (Gelände etc.) dafür günstig, führten Ritter und Sergenten den genannten Reiterangriff natürlich aus.
Das einfache Fußvolk rückte nach bzw. schützte die eigenen Schützen gegen (Reiter-)Angriffe; die Schützen wiederum (Bogen- oder Armbrustschützen) versuchten grundsätzlich, die gegnerischen Reihen zu dezimieren, indem sie gegnerisches Fußvolk direkt beschossen, während sie bei der gegnerischen gepanzerter Reiterei versuchten, die Pferde zu töten.
Anm.: Auch das Fußvolk war übrigens bestrebt, einen Reiterangriff dadurch abzuwehren, indem primär nicht der Ritter/Sergent selbst zum Ziel genommen wurde, sondern indem man versuchte, das Pferd zu töten.

Zur Bewaffnung lassen sich - einmal abgesehen davon, daß diese sich im Laufe von den hier betrachteten ~500 Jahren natürlich veränderte - außer grundsätzlichen Allgemeinplätzen nur wenig Aussagen treffen, da es die Bewaffnung wie auch den (Aus-)Rüstungsgrad so nicht gab, weil sich abseits von Ordenskontigenten sowie den französischen und englischen Heeren des Spätmittelalters diesbezüglich keine Einheitlichkeit ausmachen läßt. Und noch im Hochmittelalter galt faktisch der Grundsatz: jeder bringt das an Waffen, Rüstung und evt. Pferden mit, was er hat bzw. was sein Herr ihm gegeben hat.
Das Fußvolk ging während des Hochmittelalters gewöhnlich ungepanzert oder nur leichtgepanzert in die Schlacht und war mit einem Speer bzw. einem Spieß/einer Fußlanze, einem einfachen (Rund-)Schild, einem Messer, Dolch oder Kurzschwert, ggf. auch einer Axt und/oder einer einfachen genagelten Keule bewaffnet. Aufgebote besonders reicher Städte wie bspw. Köln mit kettengepanzerten Schwertkämpfern waren da eher die Ausnahme.
Grundsätzlich läßt sich für das Spätmittelalter bemerken, daß die Spieße der Fußkämpfer mehr und mehr verlängert wurden, bis sie sogar den Rittern damit außerordentlich gefährlich bzgl. ihrer Reichweite werden konnten, sowie zusätzliche Spezialistenwaffen wie bspw. die Hellebarde aufkamen.
Bereits im Hochmittelalter hatte die Armbrust den Bogen in vielen Heeren abgelöst und wurde seitdem von diesem auch nicht wieder verdrängt - England stellt mit seinen Langbogenkontigenten ab 1285 diesbezüglich ebenfalls eine Ausnahme dar.
Für die Ritter und Sergenten wird die Darstellung noch differenzierter, wobei ich dazu jedoch auf einige Vorarbeit (s. Links) verweisen möchte...

Vgl. dazu auch die folgenden Threads (und bitte möglichst auch ganz durchlesen):
http://www.geschichtsforum.de/f48/r-stung-und-bewaffnung-des-west-europ-ischen-ritters-8129/
http://www.geschichtsforum.de/f77/soldaten-6728/
http://www.geschichtsforum.de/f77/woran-erkannte-man-freund-und-feind-der-schlacht-7002/
http://www.geschichtsforum.de/f77/welche-infanterie-war-f-hig-einen-ritterangriff-zu-stoppen-13443/
 
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