Zünfte nur für Deutsche?

Simplicius

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Ich habe gerade S. Fischer-Fabians "Ritter, Tod und Teufel" (Ersttitel: "Der jüngste Tag. Die Deutschen im späten Mittelalter") gelesen und fand folgende Passage:

Nicht nur vri un nemandes eigen hatte der Zunftanwärter zu sein, nicht nur moralisch untadelhaftig und in seinem Ruf unbesprochen, sondern auch dudescher art und herkunft. Die etonung des "Dudeschen" zeigt, daß die Handwerker sich als Deutschen fühlten, und in der Tat haben sie den Gedanken an ein einheitliches Deutschland am treusten bewahrt.

Hier würde mich interessieren: Weiß jemand, in welcher Zunftordnung das mit der "dudeschen art und herkunft" steht, oder kennt jemand andere Beispiele für solche Anordnungen, dass nur Deutsche in einer Zunft aufgenommen werden dürfen?

Ebenfalls fand ich etwas über die Hanse: "Die ghemeenen coplude uten romeschen rike van Almamien" (Die gemeinen Kaufleute aus dem römischen Reich von Deutschland). Weiß jemand, in welchem Schriftstück dieser oder ein ähnlicher Satz zu finden ist? Die Wortkombination "romesches rik van Almamien" ist mir bisher noch nie untergekommen, außer in diesem Beispiel.
 
Den Ausdruck hab ich so auch noch nicht gehört, aber ähnliche Wendungen, wie zB "des heiligen Romischen rychs in Dutschen landen "

Ebenfalls von der Hanse stammt auch die Wendung "Romeschen rike van der Duuscher zcungen", was ich gerade durch googlen erfahren habe.

Gemeint ist bei allen Wendungen vermutlich der deutsche Reichsteil.
 
Zunftordnungen, die die deutsche Art ihrer Mitglieder forderten gab es in Riga, Lettland, wohlbemerkt außerhalb des Heiligen Römischen Reiches. Letten wurden aus dem Bürgertum ausgeschlossen.
Gleiches gilt übrigens auch für Juden. Sie waren von nahezu allen Zünften ausgeschlossen. Die Gründe sind da eher religiöser denn nationaler Natur.
 
Vielleicht auch interessant dazu:
ich selbst schrieb:
...
Noch zu einer anderen Sache: die sogenannten Wendenparagraphen waren Zunfterlasse in einigen Städten ab dem 14. Jh., insbesondere aber dann im 15. und 16. Jh. ("eheliche Geburt und deutsche Abstammung"), durch welche Zuwanderung slawischer Bevölkerung in die Gewerbe bzw. Konkurrenz durch diese in den Gewerben ferngehalten werden sollte.
Vgl. dazu auch 6.-16. Jahrhundert
...
Auszug aus http://www.geschichtsforum.de/280960-post19.html mit korrigiertem Weblink (der Orignallink im zitierten Beitrag funktioniert nicht mehr)
 
Zuletzt bearbeitet:
Zunftordnungen, die die deutsche Art ihrer Mitglieder forderten gab es in Riga, Lettland, wohlbemerkt außerhalb des Heiligen Römischen Reiches. Letten wurden aus dem Bürgertum ausgeschlossen.
Gleiches gilt übrigens auch für Juden. Sie waren von nahezu allen Zünften ausgeschlossen. Die Gründe sind da eher religiöser denn nationaler Natur.

Hast Du vielleicht irgendwelche Beispiele, aus denen Du zitieren kannst? Das gleiche gilt natürlich auch für Timotheus und den Wendenparagrafen. Ist auf jeden Fall sehr interessant. Danke.

EDIT: In dem verlinkten Buch "Deutsch als Fremdsprache" findet man zumindest ein Beispiel: "dat he sy echte und rechte düdesch unde nicht wendisch, vrigh unde nicht eghen gebaren".
 
Zuletzt bearbeitet:
kennt jemand andere Beispiele für solche Anordnungen, dass nur Deutsche in einer Zunft aufgenommen werden dürfen?
Ich meine mich dunkel zu erinnern, daß es in der Schweiz ähnliche Regelungen gab (gerade in zweisprachigen Gegenden wie Freiburg).

Vielleicht weiß Ursi da mehr drüber.
 
Hast Du vielleicht irgendwelche Beispiele, aus denen Du zitieren kannst? Das gleiche gilt natürlich auch für Timotheus und den Wendenparagrafen...

Aus dem oben verlinkten 6.-16. Jahrhundert
6.-16. Jahrhundert schrieb:
...
... seit Mitte des 14. Jahrhunderts erließen die Zünfte in manchen Städten Wendenparagraphen, die ein Verbot der Aufnahme von Wenden beinhalteten. So forderten z.B. 1405 und 1443 die Cottbuser Tuchmacher "eheliche Geburt und deutsche Abstammung" für ihr Handwerk, die sie bis ins 16. Jahrhundert beibehielten. Auch von den Gewerken der Cottbuser Schneider, Bäcker, Schuster, Fleischer und Leineweber wurden Sorben ausgeschlossen.
...
Unterstützend dazu von Cottbus.de | 1405
1405 schrieb:
...
Am 11. 5. wird das Privileg für die Cottbuser Tuchmacherinnung von Johann III:, Herr von Cottbus, unterzeichnet. Es ist das älteste Dokument einer Zunft in Cottbus. Festgelegt wird hier u. a., wie die Tuche hergestellt werden mußten, wie viel Flachs der Wolle beigegeben werden durfte, welche Lehrlinge ausgebildet werden konnten. Die Tuchmacher fordern zudem die eheliche Geburt und deutsche Abstammung für die Zulassung zum Gewerk. In diesem Tuchmacherprivileg werden weiterhin die Gewerke der Bäcker, Fleischer und Schuster genannt.

Und dann noch von sp-mittelalter
Sorben im späten Mittelalter schrieb:
...
Seit Mitte des 14. Jahrhunderts erließen die Zünfte in einer Reihe von Städten Bestimmungen, die ein Verbot der Aufnahme von sorbischen Handwerkern beinhalteten. Es sollte verhindert werden, das die Zahl der Handwerker über Gebühr stieg, was zum Ruin von Zunftmeistern geführt hätte. Zugleich zeigt sich eine zunehmende Slawenfeindliche Haltung bestimmter Handwerksgruppen.
Eheliche Geburt und deutsche Abstammung, eine sehr oft anzutreffende Forderung für die Aufnahme in die Zünfte, sind von den Cottbuser Tuchmachern 1405, 1448 von den Löbauer Fleischern 1501 von den Gerbern sowie von den Kamenzer Nadlern 1486 bekannt.
Das sich die Sorben durch diese Diskriminierung zur Wehr setzten, war nur zu verständlich. Oftmals zum Ärger der deutschen städtischen Oberschicht, bekamen sie von den böhmischen Landesherren Hilfe und Unterstützung. Im Jahre 1463 sicherte z.B. König Podebrad den Sorben in Lübben gleiche Rechte wie den Deutschen zu. Auch in Cottbus befahlen die brandenburgischen Landesherren in Anordnung von 1525 und 1549 dem deutschen Stadtrat und den Zünften, sich mit den "Bürgern der wendischen Nation" zu einigen. Sorben gelangten daraufhin nicht nur in die Schneider- und Kürschner Zunft, sondern auch in die als besonders vornehm und als Bollwerk des Deutschtums angesehene Zunft der Leineweber.
...

Auf das Beispiel der Schneider von Salzwedel 1363 verweist die Buchbesprechung in Jahrbuch Fuer Die Geschichte Mittel ... - Google Bcher (S. 413)

Zur grundsätzlichen historischen Problematik mit verschiedenen Beispielen im Text - und insbesondere auch Korrekturen bisheriger zeitlicher Eingrenzungen - vgl. folgende Bücher:
Wirtschaft und Kulturlandschaft ... - Google Bcher (S.408 ff.)
Grenze und Grenzberschreitung im ... - Google Bcher (S.216 ff.)
Anm.: Dort dazu bitte selbst nachlesen bzw. nachschlagen...



PS: In Pommern liegen die Fälle wohl sämtlich im 16. Jh., also mithin bereits in der Frühen Neuzeit - vgl. dazu http://www.studienstelleog.de/download/SV.pdf (S.4 und S.6) -, weswegen ich diese an der Stelle (obgleich zeitlich nicht mehr ganz passend) nur noch erwähnen will.
 
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