Akten und Archive nach der Besetzung 1945 oder Wiedervereinigung 1989

G

Gren AD

Gast
Hallo,

ich werde im Rahmen eines Seminars ein Referat über einen Text halten, indem ein Historiker auf die Wichtigkeit Arbeit in den Archiven bei der Wahrheitsfindung verweist, wollte jedoch auch als zweiten Teil des Referats darauf eingehen, dass Akten und Archive immer auch wichtiger Gegenstand von Beeinflussung sind, im Sinne von Herrschaftslegitimation.

Allerdings weiß ich nicht wirklich, wo ich etwas über den Umgang mit den Akten und Archiven nach der Besetzung finden kann.

Ein Dozent (ein Japanologe) von mir meinte einmal im Hinblick auf Japan, dass man dort die Amerikaner sehr genau alle Bibliotheken und Archive durchschaut haben und gesagt haben: dass darf bleiben, dass nicht, etc.

Ähnlich wird es wohl auch in Deutschland gewesen sein. Kennt ihr euch da aus, oder könntet ihr mir empfehlen, wo ich Informationen zu dem Thema finden kann?

Vielen Dank für Tipps...
 
dass Akten und Archive immer auch wichtiger Gegenstand von Beeinflussung sind, im Sinne von Herrschaftslegitimation.

Ein Dozent (ein Japanologe) von mir meinte einmal im Hinblick auf Japan, dass man dort die Amerikaner sehr genau alle Bibliotheken und Archive durchschaut haben und gesagt haben: dass darf bleiben, dass nicht, etc.

Ähnlich wird es wohl auch in Deutschland gewesen sein. Kennt ihr euch da aus, oder könntet ihr mir empfehlen, wo ich Informationen zu dem Thema finden kann?

Drei Unterstellungen, denen man durchaus widersprechen muss.

Der erste Punkt ist sicherlich am problematischten. Was für einen Begriff von Herrschaft benutzt Du für Deine Behauptung und welches Modell der Legitimation liegt ihm zugrunde? Welcher Theoretiker hat sie aufgestellt? Diese These ist so kaum haltbar!

Dass die Alliierten Aktenbestände konfisziert haben, dem widerspricht kaum Jemand. Relevant ist jedoch der Kontext (Kriegsverbrecher-Tribunale, historische Forschung etc.) und die Frage, in welchem Umfang diese Bestände dokumentiert und aufbereitet wurden . Was für die meisten konfiszierten Dokumente der Fall ist (ein Großteil der Akten wurde verfilmt und sind einsehbar für die Öffentlichkeit etc.) und zudem wurden große Bestände auch bereits wieder zurückgegeben.

Die Art der Darstellung der Vorgänge in Japan zielt auf die Vermutung einer Unterdrückung von Dokumenten ab und ist ebenfalls eine Behauptung, die untermauert werden sollte.

Und geht über zur Unterstellung, dass es in Deutschland ebenfalls zu einer Manipulation bzw. Unterdrückung der Dokumentenlage gekommen sei, die noch anhält! Wer behauptet sowas?

Man kann durchaus über die Aktenlage diskutieren und über die Art der Aufbereitung und Verwendung (Stichwort z.B. "Historical Division" etc.), ohne "Verschwörungstheorien" implizit zu unterstellen. Das sollte zielführender sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass die Alliierten Aktenbestände konfisziert haben, dem widerspricht kaum Jemand. Relevant ist jedoch der Kontext (Kriegsverbrecher-Tribunale, historische Forschung etc.) und die Frage, in welchem Umfang diese Bestände dokumentiert und aufbereitet wurden . Was für die meisten konfiszierten Dokumente der Fall ist (ein Großteil der Akten wurde verfilmt und sind einsehbar für die Öffentlichkeit etc.) und zudem wurden große Bestände auch bereits wieder zurückgegeben.

Ganz richtig.
Das war zB bei den Aktenbeständen der Wehrmacht, der NSDAP etc. der Fall. Große Teile davon sind zurückgegeben -> zB Bundesarchiv/Militärarchiv.

Große Teile sind digital oder fototechnisch gesichert und heute zB über die NARA abrufbar.

Darüber hinaus sind große Teile der Bestände durch den Krieg verloren gegangen, zB OKH-Bestände nach Bombenangriffen.
 
Vielen Dank für eure Antworten.

Sind aber nicht auch Teile der Akten zurückbehalten worden?

Ich denke, sowohl bei Akten aus dem Reich, als auch bei den DDR Akten ist auch nicht alles öffentlich.
Das erfordert auch den Schritt, dass das Material vor der Wiederveröffentlichung gesichtet und selektiert wurde. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern ein Schluss der Vernunft. Daher suche ich eine Quelle die näheres über den Umgang mit den Akten nach der Besetzung berichtet..

Der Text, zu dem ich das Referat halten werde ist von Rudolf Burger und heißt "Kleine Geschichte der Vergangenheit".
 
Vielen Dank für eure Antworten.

Sind aber nicht auch Teile der Akten zurückbehalten worden?

Ich denke, sowohl bei Akten aus dem Reich, als auch bei den DDR Akten ist auch nicht alles öffentlich.
Das erfordert auch den Schritt, dass das Material vor der Wiederveröffentlichung gesichtet und selektiert wurde. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern ein Schluss der Vernunft. Daher suche ich eine Quelle die näheres über den Umgang mit den Akten nach der Besetzung berichtet..

Der Text, zu dem ich das Referat halten werde ist von Rudolf Burger und heißt "Kleine Geschichte der Vergangenheit".

@Gren AD

Ich fürchte, da verkennst Du die Eigendynamik von Archiven, zumindest im 19. und 20. Jh. Bürokratische Systeme hinterlassen bürokratische Spuren.

Ein "zurückrollen" archivalischer Spuren ist faktisch nicht möglich, insbesondere dann nicht, wenn es konkrete historische Hinweise gibt. Ein Beispiel (fiktiv):

Alles Geheimhaltungsvermerk ("g.Kados") <= Höchste militärtische Geheimhaltungsstufe:

Vergl. hier:

Geheimhaltungsstufe ? Wikipedia

Telex: Amt Ausland/Abwehr an Heerespersonalamt, Oberleutnant Müller. Benötigen CV inkl. Stammrolle.

Eingangsjournal des Heerespersonalamtes inkl. Weiterleitungsvermerk.

Telex: Heerespersonalamt an Amt Ausland/Abwehr, Bearbeitungsvermerk und Sachstandsbericht.

Telex: Amt Ausland/Abwehr an Ic AOK XYZ, benötigen Sachstandsbericht und Einschätzung des Oberleutnat Müller, Stammrolle ABC.

Eingangsjournal des AOK.

Anruf des Ic des AOK XYZ an Ic der Division DEF, benötige Beurteilung inkl. Aussagen von Kameraden über Oberleutnat Müller. Anruf Ic der Division DEF an Regimentsadjudanten des Regimentes GHI, benötige letzte Gefechtsdaten des Oberleutnant Müller inkl. Einschätzung seiner Kameraden. Aktennotiz.

Telex: Amt Ausland/Abwehr an Geheime Feldpolizei, gegen Oberleutnant Müller gibt es den Verdacht der Spionage für eine fremde Macht, er ist dort und dort eingesetzt.

usw. usf.

Da bleibt nichts für Historiker geheim. Wenn die Archivalien allerdings physisch vernichtet sind, wie z.B. viele OKH Akten, dann gibt es eine suboptimale Quellenlage. ;)

Das gilt natürlich auch für die Alliierten, da fänden sich immer Spuren.


M.
 
Daher suche ich eine Quelle die näheres über den Umgang mit den Akten nach der Besetzung berichtet..
Was die von den Westmächten beschlagnahmten Akten betrifft, sei auf das preisgekrönte Buch von Astrid Eckert verwiesen:
Kampf um die Akten: die ... - Google Books

Es gibt sicher seltene Fälle, in denen Akten vernichtet worden sein. Wie Melchior mit seinem Link angedeutet hat, ist oft die Geheimhaltung des größere praktische Hindernis.

PS: Befasst sich der Philosoph Burger denn ausgiebig gerade mit der Frage der Aktenvernichtung/-zurückbehaltung?
 
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