Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen

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Querdenker

Gast
In einem Interview bin ich auf eine Aussage von Helmut Schmidt gestoßen die ich nicht ganz verstehe.

Altkanzler Helmut Schmidt in einem Interview mit Sandra Maischberger im Februar 2002 schrieb:
... Sie müssen sich freimachen von der Vorstellung dass die Demokratie schlechtweg etwas Ideales sei.
Demokratie hat viele, viele Schattenseiten und Schwächen und Versuchungen.
Und trotzdem hat Churchill recht: Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von denen, die wir schon vorher ausprobiert haben.
Aber ideal in dem Sinne, dass Demokratie eigentlich unfehlbar sei, das zu glauben ist ein schwerer Irrtum.
...

Was wollte er damit ausdrücken, oder besser gesagt auf was wollte er hinweisen?
Und welche Regierungsform ist denn besser geeignet wenn die Demokratie wegfällt?

Wäre echt klasse wenn mir das jemand erklären könnte.

Gruß Manfred
 
Du meinst Churchills Spruch?

Also, dis is natürlich ironisch gemeint und soll sagen: Ja, die Demokratie hat Schwächen; und nein, es gibt keine bessere Alternative, da alles, was wir schon hatten, schlechter war.

Ich find den Satz großartig, aber Churchill hats in der Hinsicht einfach drauf! (Ich sag nur: "Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.") Anzumerken bleibt, dass es natürlich keinen Nachweis gibt,dass sich der Herr wirklich so geäußert hat; könnte mW auch ne urban legend sein.

EDIT: Sekunden zu spät; Sekunden, sag ich.. ;)
 
Was wollte er damit ausdrücken, oder besser gesagt auf was wollte er hinweisen?
Grundsätzlich ist es ja so, daß jedes politische System nur so gut ist, wie die Menschen es sind bzw. wie sie es erkämpft haben. Alles, was Menschen erschaffen, ist grundsätzlich fehlerhaft, auch eine Demokratie und ein demokratischer Staat. Dazu kommt noch, daß der Mensch an sich Fehler macht und z. B. korrupt werden kann. Das ist einfach so, weil Menschen in Regierungsverantwortung mit sehr viel Geld zu tun haben und ein bekanntes Sprichwort lautet ja: "Gelegenheit macht Diebe". Da ist es besonders wichtig, daß es Kontrollmechanismen gibt, die solche Fehler eindämmen, wie z. B. eine freie Presse oder eine politische Opposition - Dinge, die es in einer Diktatur naturgemäß nicht gibt.
Und da es heute so viele Kontrollen in der Politik gibt, wie nie zuvor, kann man sagen: "
Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von denen, die wir schon vorher ausprobiert haben."
;)
 
ER wollte vermutlich darauf hinweisen, dass Demokratie alleine mit MEnschenrechten, Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Pressefreiheit, zugelassener Opposition nicht von vornherein ein glückliches Leben garantiert, wenn man sich nur darauf verlässt.
Oder auch Demokratie ist nicht der Weisheit letzter Schluss (wobei es natürlich fraglich ist, ob wir der Weisheit letzen Schluss je erfahren)
 
Und welche Regierungsform ist denn besser geeignet wenn die Demokratie wegfällt?

Vielleicht muss man wissen, dass Helmut Schmidt seit seiner Zeit in der Wehrmacht ein großer Bewunderer des römischen Kaisers und stoischen Philosophen Marc Aurel ist und man zum Verständis wohl auch Mark Aurels "Selbstbetrachtungen" gelesen haben sollte.

Die Antwort auf deine Frage ist: KEINE!

Jede Regierungsform ist im Grunde genommen etwas schlechtes, denn die Menschheit ist aufgrund ihrer Natur unfähig ohne ein organisiertes Gemeinwesen zu leben. In der Anarchie zerstört sich die Menschheit selbst und geht irgendwann unter, also ist jede Form der Regierung das unweigerliche Eingeständnis der menschlichen Schwächen. Allerdings ist die demokratische Regierungsform, wie wir sie hier betreiben, wohl als eines der geringeren Übel zu betrachten, wenn als Alternativen Anarchrie oder Diktatur angeboten werden. Auch Demokratie ist nicht immer perfekt und man sollte sich der Schwächen bewußt sein und aufgrund der historischen Erfahrungen verantwortungsvoll damit umgehen.

Eben: "Demokratie hat viele, viele Schattenseiten und Schwächen und Versuchungen." Aber ist immer noch besser als all die unwirtlichen Alternativen. ;)
 
Ich denke, Schmidt ging es darum, deutlich zu machen, dass auch eine Demokratie reformbedürftig ist, dass es in einer Demokratie ausgesprochen undemokratische Strukturen und Organisationen geben kann, dass weite Teile der Bevölkerung wenige bis gar keine Möglichkeiten haben, an gesellschaftlichen Ereignissen teilzunehmen und wenige Möglichkeiten, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen.

In der BRD war oder ist aber durchaus eine gewisse Bereitschaft zur Selbstbeweihräucherung erkennbar: "Denn wir sind schliesslich eine Demokratie, ein bürgerlicher Rechtsstaat".

Dieses Gebet bekommt man oft zu hören, als sei damit jegliche Kritik an Missständen des politischen Systems mundtot zu machen, als sei der Verweis auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein Argument, dass es in einem demokratischen System keine Missstände geben könne und damit im Grunde genommen alles zum Besten bestellt ist.

Wenn man Churchills These, dass die Demokratie eine schlechte Staatsform ist, aber es keine bessere geben kann, zustimmt, ist die Gefahr gegeben, Misstände und Ungerechtigkeiten einer demokratischen Gesellschaft hinzunehmen, denn es gibt ja ohnehin nichts Bessseres. Das kann zur satten Selbstzufriedenheit und zum politischen Oppurtunismus führen.

Wer sich darüber im Klaren ist, dass auch demokratische Gesellschaften verbesserungs- und reformbedürftig sind, wird sich mit der Tatsache, in einer Demokratie in einem Rechtsstaat zu leben, nicht abfinden. Ein solch unbequemer Zeitgenosse wird sich Utopien ersinnen, etwa wie es wäre, wenn die Würde des Menschen tatsächlich unantastbar wäre, wenn es Abgeordnete gäbe, die wirklich nur ihrem Gewissen verpflichtet sind.

Am Ende aber, lebt die Demokratie einzig und allein von solchen Individuen, denn von Zeitgenossen, die der selbstzufriedenen Überzeugung sind, das beste politische System zu besitzen, ist wohl kaum eine Änderung demokratischer Missstände zu erwarten.
 
"allen menschen recht getan ist eine kunst, die niemand kann."

demokratie ist die herrschaft der masse. dadurch entsteht allerdings auch ihr entscheidener und mE einziger fehler: die massen bzw. ihre vertreter liegen nicht zwangsläufig richtig. das vertrauen in die vernunft findet sich nicht immer bestätigt. meinungsbildungsprozesse hängen von zu vielen faktoren ab - bildungsstatus, moralvorstellung, beeinflussbarkeit (durch die medien etc) - um nur einige zu nennen.

interessant finde ich in diesem zusammenhang einen ausspruch hitlers, der sinngemäß so lautete: ich verabscheue die demokratie, aber sie liefert mir die besten instrumente, sie mit ihren eigenen mitteln zu schlagen.
 
interessant finde ich in diesem zusammenhang einen ausspruch hitlers, der sinngemäß so lautete: ich verabscheue die demokratie, aber sie liefert mir die besten instrumente, sie mit ihren eigenen mitteln zu schlagen.

Das bezog sich auf die Weimarer Republik. Nicht zu vergleichen mit unserer heutigen Verfassung. Die Weimarer Republik war zum Scheitern verurteilt, auch durch die Einstellung der Menschen gegenüber der Republik, die (ihrer Meinung) für alles schlechte verantworlich war. Aber ja, die NSDAP hat sich den Rechtsstaat zu Nutze gemacht und sich dadurch an die Macht gekommen.

demokratie ist die herrschaft der masse. dadurch entsteht allerdings auch ihr entscheidener und mE einziger fehler: die massen bzw. ihre vertreter liegen nicht zwangsläufig richtig. das vertrauen in die vernunft findet sich nicht immer bestätigt. meinungsbildungsprozesse hängen von zu vielen faktoren ab - bildungsstatus, moralvorstellung, beeinflussbarkeit (durch die medien etc) - um nur einige zu nennen.

Das ist klar und irren ist menschlich. Und das ist auch so eine schöne Wenn-Geschichte: "Wenn das Wörtchen Wenn nicht wäre, wäre mein Vater Millionär" - Es müssen Entscheidungen gesprochen werden und ich glaube, dass die Spitzenpolitiker normalerweiße schon wissen, was sie tun. Wobei diese Entscheidungen oft negativ beeinflusst werden, um Wählersympathien zu bekommen. Siehe SPD; aber das geht jetzt doch arg ins Politische.

Demokratie ist für mich die einzig wahre Regierungsforum:
- Kommunismus ist zum Scheitern verurteilt, siehe UdSSR
- Monarchie ist einfach nicht fair, entschuldigung wenn ich jetzt einige Monarchisten hier verletzte, aber ein König hatte nur das Glück von der richtigen Mutter geboren worden zu sein.
...

Demokratie hat sich schon bei den Griechen und Römern größtenteils bewährt und wie so schön gesagt, jede Krise macht sie stärker

Lg
Balduin
 
@ balduin

natürlich ist demokratie die einzig wahre regierungsform. das habe ich auch nicht bestritten.
im thema ging es um einen ausspruch schmidts bzw churchills, den habe ich interpretiert. und zur illustration dieser einzigen schwäche der demokratie angeführt, wie sie eben einem demagogen durch volksverhetzung und tumbe polemik ermöglichen konnte, ein zart knospendes rechtsstaatliches system zu unterwandern und mit den eigenen mitteln zu zerstören.


ps: an den freundlich spender meines neuesten roten sterns: womit bitte schön habe ich verlauten lassen, dass ich mir die diktatur zurückwünschte?
ich empfehle genaueres lesen. und den rat, der in der hilfe unter dem thema bewertungen zum schluss gegeben wird.
 
Was ich ganz interessant finde: In den augen der Griechen haben wir gar keine Demokratie, sondern eine Oligarchie, weil bei uns nicht alle sondern wenige Herrschen. (Ganz nebenbei: In meinen Augen ist ein System, dass auf Sklaverei besiert auch nicht wirklich Demokratisch)

Meiner Meinung nach hatte Chrurchill recht: Jede bisherige Staatsform inkl. der Demokratie hat ihre Fehler: Ein Staat mit einem einzigen politschen Bestimmer ist zu sehr davon abhängig, dass der Herrscher "gut" ist (was immer das heißen mag) und die Demokratie ist zu träge und kompliziert und sie ist zu sehr von der Stimmung des Volkes abhängig. ABER sie ist die Regierungsform, die uns am ehersten die Grund und Menschenrechte gewähren kann.
 
Machiavelli schrieb in seinen Discorsi sopra Tito Livio, dass alle menschlichen Staatsformen und gesellschaftlichen Institutionen unzulänglich sind und sich daher in einem ewigen Kreislauf wiederholen. Unbeständigkeit und menschliche Schwächen machte er dafür verantwortlich und ging von einer ewigen Widerkehr der Herrschaftsformen aus:

Die Tyrannenherrschaft wird durch Monarchie abgelöst, die durch Aristokratie und Oligarchie ersetzt wird, bis sich schließlich eine demokratie bildet, die nach dem Tod ihrer Gründer sich zersetzt, bis sich wieder die Tyrannenherrschaft und aus ihr hervorgehend die Monarchie entwickelt.
 
Die Tyrannenherrschaft wird durch Monarchie abgelöst, die durch Aristokratie und Oligarchie ersetzt wird, bis sich schließlich eine demokratie bildet, die nach dem Tod ihrer Gründer sich zersetzt, bis sich wieder die Tyrannenherrschaft und aus ihr hervorgehend die Monarchie entwickelt.

Aber die Geschichte zeigt, dass er nicht recht hatte:
In Deutschland gab es nach der Monarchie eine Demokratie, danach eine Diktatur (=Tyrannenherrschaft) und dann wieder eine Demokratie...
Und in Frankreich wurde bereits mehrmals eine Demokratie von einer Demokratie abgelöst.
 
Zwar alt, aber interessant.

Man kann doch aber der Regierungsform keinen Vorwurf machen und sie gar beurteilen, wenn der Mensch darin die Fehler macht. Es kommt doch viel mehr darauf an, wie die Gesellschaft organisiert ist und wer mit was zufrieden ist. Und bisher ist doch jede Regierungsform an der menschlichen Organisationsunfähigkeit, entstanden durch persönliche Gelüste, gescheitert. Warum sollte eine glänzend organisierte Monarchie nicht gleich gute, oder gleich schlechte Ergebnisse erbringen, wie eine "soziale Marktwirtschaft" (Was für ein Wort ?). Und warum ist der Sozialismus keine Option, nur weil er in den letzten 60 Jahren nicht funktioniert hat? Marx hat geschrieben - "der Sozialismus siegt nur in einer Weltrevolution" - weil der Kapitalismus ihm in punkto Flexibilität um Längen voraus ist. Kapitalismus und die Marktwirtschaft funktionieren ja auch nicht, denn 1 Drittel der Leute kann am gesellschaftlichen Leben nicht teilnehmen.
Man kann das gut mit der Diskussion um die Abschaltung von Atomkraftwerken vergleichen. Man kann doch nicht unwiderbringlich sagen, daß Atomkraftwerke keine Lösung sind. Sie sind es momentan und in der jetzigen Form nicht. Doch was ist, wenn in 100 Jahren kein Restmüll mehr bleiben sollte und Gesundheitsgefahren minimiert sind ? Ich kann doch nicht einfach alles im Moment nicht Funktionierende wegschmeißen. Ich muß es besser machen. Und das geht auch mit einer Regierungsform. Man muß es nur können und wollen. Aber da nie alle an einem Strang ziehen, weil die Natur eben einen Überlebenskampf als Evolution kreiert hat, wird das nie in Perfektion klappen. Aber trotzdem muß man es versuchen. Aber das passiert eben z.Z. nicht. Es wird kaum nach den Ursachen geforscht, nur an den Symptomen rumgebastelt. Überall wo man hinsieht.
 
Man kann doch aber der Regierungsform keinen Vorwurf machen und sie gar beurteilen, wenn der Mensch darin die Fehler macht.
Warum nicht? Die Regierung und damit auch deren Form wird doch von Menschen gebildet.
Die größten Verbrecher sitzen hin und wieder in der Regierung und wehe der Gesellschaft, wenn sie diese Verbrecher nicht abwählen kann.
Der Fisch stinkt immer vom Kopf her!
 
Auch da gibt es sicher Ausnahmen. (Bitte auf beide vorherige Beiträge beziehen)
Vielleicht ist eine angewannte Diktatur für eine Gesellschaft aber doch die bessere Lösung? Oder warum gibt es in der Natur Leittiere oder Königinnen in Insektenstaaten ?
 
Auch da gibt es sicher Ausnahmen. (Bitte auf beide vorherige Beiträge beziehen)
Vielleicht ist eine angewannte Diktatur für eine Gesellschaft aber doch die bessere Lösung? Oder warum gibt es in der Natur Leittiere oder Königinnen in Insektenstaaten ?

Was verstehst du unter angewandte Diktatur? Gib doch mal aus der Geschichte ein Beispiel von solch einer Diktatur.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht ist eine angewannte Diktatur für eine Gesellschaft aber doch die bessere Lösung? Oder warum gibt es in der Natur Leittiere oder Königinnen in Insektenstaaten ?
Bei den Menschen gibt es genauso Alphatiere (immer die coolen). Das Gegenteil von denen sind die Gammatierchen, auch Loser genannt.
Allerdings sind die Alphas nicht zwangsläufig die Intelligentesten, obwohl sie hier und da das Rudel, die Horde usw. anführen.
Bei den Insekten sind die Königinnen Eierlegmaschinen. Ein Ameisenstaat wird von keinem einzelnen Tier angeführt. Von außen gesehen ist es sogar ein heilloses Durcheinander. Allerdings ist dieses Chaos fähig, sich selbst zu ordnen. Sozusagen, die Masse findet den Weg zur Futterstelle, auch wenn einzelne dabei zurückbleiben. Sollte sich jedoch in einer Hierarchie das Leittier irren, geht das ganze Rudel oder die Horde unter.
 
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