Deutsch - sowjetische Freundschaft in der DDR

Penseo

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In einem anderen Thread tauchte eine Problematik auf.
Und zwar diksutierten wir dort die Frage, ob sich Veröffentlichungen, Statistiken, wissenschaftliche Untersuchungen finden lassen, die sich mit dem Thema beschäftigen, wie die DDR-Bürger die sowjetischen Truppen, die in der DDR stationiert waren, erlebten, welches Verhältnis zu ihnen bestand.
Einerseits gab es ja die offizielle Seite der DDR-Regierung, die deutsch-sowjetische Freundschaft.
Andererseits gab es mit Sicherheit auch die "Realität" der Beziehungen.

Die Kulturbeziehungen waren zu einem beträchtlichen Teil durch die Obrigkeit verordnet, ohne von der Bevölkerung angenommen zu werden. Die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft war eine der größten Massenorganisationen, ohne dass damit wirklich breites Interesse geweckt worden wäre. Gleichzeitig wurden allerdings auf zahlreichen Gebieten von Wissenschaft und Kultur sehr intensive Beziehungen aufgebaut, die auch nach dem Ende der DDR eine große Bedeutung behalten.

Die starke Abhängigkeit der DDR von der Sowjetunion kam in einem untertänigen Verehrungskult zum Ausdruck, der der Freundschaft zur Sowjetunion schließlich sogar Verfassungsrang gab. Als die DDR-Führung nach 1985 versuchte, gegen die reformbereite UdSSR einen dogmatischen Kurs fortzusetzen, verlor sie nicht nur die Unterstützung der sowjetischen Militärmacht, sondern auch gegenüber der eigenen Bevölkerung ihre Autorität, die sich immer auf den großen Bruder Sowjetunion gestützt hatte.
http://www.museum-karlshorst.de/html/museum/da/kapitel13lang.shtml

Zum Thema, wie die sowjetischen Truppen nun angenommen wurden, ergab die Internetrecherche nur folgendes:

Während die SED die deutsch-sowjetische Freundschaft als »Herzenssache aller
Deutschen« proklamierte und ein stark idealisiertes Bild der sowjetischen Soldaten
zeichnete, dominierte an den Standorten das Nebeneinanderleben von Deutschen und
»Russen« bei fortbestehenden Ressentiments. Obwohl das SED-Regime von Beginn
an eng mit der Besatzungsmacht verbunden war, stellten die sowjetischen Truppen
angesichts der über Jahrzehnte immer wiederkehrenden Vorkommnisse an den Statio-
nierungsorten und der hilflosen Versprechungen der Staatsmacht die Herrschafts-
legitimation der SED schon vor Glasnost und Perestroika nachhaltig in Frage.
.
.

http://www.gerda-henkel-stiftung.de/binaries/addon/14_ghs_jb2004_28_53.pdf

Dann fand ich noch folgendes Buch zum Thema:

"Roter Stern über Deutschland" von lko-Sascha Kowalczuk und Stefan Wolle.


http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/27.01.2002/ak-po-po-556330.html

Nun meine Frage:

Kennt ihr noch andere Veröffentlichungen, sehr gerne auch seriöse Internetlinks, zu dem strittigen Thema?
Könnt Ihr ein wenig auf die Erkenntnisse aus diesen Veröffentlichungen eingehen?
:fs:
 
Kleiner Recherchiertipp. Es gab sogar eine Organisation in der DDR, deren Aufgabe, die deutsch-sowjetische Freundschaft zu pflegen war.
 
Also zwischen Angehörigen der Sowjetarmee und der DDR-Zivilbevölkerung gab es meines Wissens keinerlei "Beziehungen", weil das bei denen so eine Art "geschlossene Veranstaltung" war, um es mal etwas salopp auszudrücken. Dennoch war die "Deutsch-Sowjetische Freudschaft" für die SED etwas sehr heiliges und es gab auch eine Massenorganisation mit dem Namen "DSF". Offenbar wurde aber zwischen den beiden Armeen einiges organisiert. Ich hab da eine interessante Seite gefunden:
http://www.ddr-zeitzeugen.de/NVA/DSF/dsf.html
 
Kleiner Recherchiertipp. Es gab sogar eine Organisation in der DDR, deren Aufgabe, die deutsch-sowjetische Freundschaft zu pflegen war.
Vielen Dank für diesen freundlichen Hinweis.
Kleiner Lesetipp: Ist in dem ersten Zitat schon erwähnt, diese Organisation!

Die "offzielle" DDR-Sicht der Freundschaft ist hinreichend dokumentiert.
Mir geht es um die alltäglichen Beziehungen und deren Dokumentationen.
Sprich wie sah der DDR Bürger die sowjetischen Soldaten abseits der propagandistischen Parolen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann mich in meiner Heimatstadt auch eher an eine extreme Trennung der sowjetischen Soldaten z.Bsp. von uns Zivilisten erinnern. Es gab zwar besagte Veranstaltungen, bei welchem besonders zwischen Mitgliedern der Lokalpolitik (Rat der Stadt, Vertreter des Rat des Kreises) und Gewerkschaftsvertretern und den Offizieren und ähnlich tätigen sowjetischen Bürgern (also auch Politiker usw....), aber diese nahmen zumindest in meiner Heimatstadt zum Ende der Garnisonszeit zusehends ab. Bis auf die marschierenden Soldaten sah man wenig von den ca. 20.000 Mann in einer Stadt mit ca. 13.000 Einwohnern. Als dann die Kasernengebäude privatisiert wurden und der Öffentlichkeit zugänglich sah man die Lebensumstände, unter welchen die Soldaten in der Kaserne ihre Dienstzeit ableisten mussten.:S
 
Ich kann mich in meiner Heimatstadt auch eher an eine extreme Trennung der sowjetischen Soldaten z.Bsp. von uns Zivilisten erinnern...

Dem kann ich mich nur anschließen. In der Nähe meines Wohnortes war auch so eine Kaserne, an der ich auch oft vorbei gefahren bin, aber selbst da sah ich nicht viel von ihnen, weil die Kaserne mit einer ca. 2m hohen Betonmauer umzäunt war. Man hat sie wirklich nur gesehen, wenn sie gerade zu einer Übung rausgefahren sind. Oft sind einige der Militärfahrzeuge wegen einer Panne liegen geblieben und dann hat man sie mal gesehen - unter einer hochgeklappten Motorhaube.
Das war´s.

Übrigens gab es spezielle Einkaufsmöglichkeiten für die Sowjetsoldaten (sicher nur für die Offiziere), die wir "Russenmagazin" nannten. Aber auch wir konnten dort einkaufen und das Warenangebot war dort teilweise sogar etwas besser, als in unseren Kaufhallen. Aber selbst da hab ich nie einen Russen gesehen...
 
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Unsere Brigade hatte den Ehrentitel "Brigade der sozialistischen Arbeit". Ich weiß nicht genau weswegen alles (Unfallfreiheit, Kultur usw,), aber Vorraussetzung war wohl unter anderem, daß jedes Brigademitglied in der DSF war. Brigade der sozialistischen Arbeit zu sein, wirkte sich wiederum finanziell bei der Zuteilung der Jahresendprämie aus. Es gab einen großen Ärger mit den Kollegen, als ich im Frühsommer 89 aus der DSF ausgetreten bin, weil damit der Titel und somit auch das Geld in Gefahr war. Als aber 4 Wochen nichts passierte, trat die nächste Kollegin aus... ;) Kontakt zu Soldaten oder anderen Sowjetbürgern hatten wir als Brigade nie.
 
) Kontakt zu Soldaten oder anderen Sowjetbürgern hatten wir als Brigade nie.
Und als Privatleute?
Ich weiss zum Beispiel von einigen Studenten, die ich nach der Wende traf, dass Arbeitseinsätze in der Sowjetunion organisiert wurden.
Allerdings verblieb der gesamte Trupp auch in solchen Fällen auf der Baustelle, war also eher ein geschlossenes Ferienlager...
Waren solche Kontakte denn häufiger?
 
Zuletzt wurde die Deutsch- Sowjetische Freundschaft von vielen DDR Bürgern als Freundschaft empfunden, die Geld (Mitgliedsbeiträge) kostet. Erste Aufbauhilfen nach dem Krieg, wie Lebensmittel- und Traktorenlieferungen verblassten bald wegen Zwischenfälle wie Vergewaltigung durch Rote Soldaten und rigoros eingeforderter Reparationsleistungen; es wurde z. B. jedes zweite Eisenbahngleis demontiert. Die SED befand sich schon damals in einer prekären Lage, musste sie doch die Besatzer als Befreier darstellen - und brauchte die SU jedoch als Hebamme und Tropf für die eigene Politik.
 
Hallo,
vorallem während meiner 3-jährigen Dienstzeit bei der NVA, habe ich reichlich Erfahrung mit Sowjetsoldaten gemacht. Ein einheitliches Bild kann ich da kaum zeichnen. Meine erste Begegnug war während einer kleinen Übung. Zufällig waren auch unsere "Freunde" im gleichen Übungsgelände, was Sie laut unseres Offiziers, hätten nicht sein dürfen. Wir verhielten uns also ein bißchen unfreundlich, z.B. einem entgegenkommenden UAZ (Jeep) der Roten Armee nicht ausweichen, bis dieser entnervt fasst in den Strassengraben gefahren ist.
Bei einer anderen Übung war uns ein Keilriemen der Lichtmaschine gerissen. Da keine eigenen NVA-Einheiten in der Nähe waren, besuchten wir eine kleine Einheit der Roten Armee die sich nicht weit von uns ebenfalls auf Übung befand. Ich (Unteroffizier) und mein Fahrer wurden von einem Major mit 100gr Wodka (pro Anwesenden), Ölsardinen und Brot begrüßt. Den Keilriemen hat es dann später auch noch gegeben, einbauen konnten wir den aber an diesem Abend nicht mehr.
Bei einem Besuch sowj. Soldaten in unsere Kaserne wechselte ich einige Sätze mit einem Wehrplichtigen aus dem Kaukasus. Als kein Offizier in der Nähe war, erzählte mir dieser dann voller Stolz, das sein Opa im 2. WK auf deutscher Seite gekämpft hatte.
Die Kaserne, in der ich 2,5 Jahre meiner Dienstzeit verbrachte, war durch eine Straße von einer Kaserne der Roten Armee getrennt. Immer wieder erwischten unsere Wachposten Soldaten der Roten Armee beim Apfelklau in den benachbarten Gärten. Ich habe diese Burschen immer laufen gelassen, war wohl besser für diese. Hätten wir Sie festgenommen und am Tor zur Kaserne unseren Waffenbrüdern übergeben, hätten Sie nichts zu lachen gehabt.
Unsere Pateneinheit waren Fernaufklärer. Das waren ziemlich harte Jungs, die zerteilten durch einen Stoß mit Ihrer Stirn Ziegelsteine. Bei einer ihrer Übungen sollten Sie in unmittelbarer Nähe abspringen und dann unsere Nachbarkaserne (also die der Roten Armee) ausheben. Nun Sie hatten ziemliches Pech und der Wind trieb Sie auf unser Kasernengelände. Meine Kompanie stand gerade Wache und ich glaube 6 Mann dieser Einheit landeten in unserem Kasernengelände. Alle 6, darunter ein Offizier, wurden von uns festgenommen. Damit war deren gesamte Übung beendet. Wir bekam ein Lob, die sowj. Fernaufklärer dagegen bekamen sicherlich Zusatztrainig "verschrieben".
Also meine Begegnungen mit der Roten Armee waren sehr unterschiedlicher Natur, representativ waren Sie sicherlich nicht.. Als Zivilist, mit Wohsitz in Berlin, hatte ich kaum noch Kontakt mit Angehörigen der Roten Armee und überhaupt nur sehr selten mit Bürgern der Sowjetunion.
 
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Also ich in Kirgisien war sprachen mich die Einheimischen oft an warum denn gar keine deutschen Urlauber mehr kommen. Anscheind wurden zu DDR-Zeiten recht viele Kur- und Urlaubaufenthalte in der UdSSR organisiert. Jedenfalls habe ich selbst die alten Hotels und Pensoinen für die DDR-Touristen gesehen.

Aber die Trennung der Sowjetsoldaten und der Zivilbevölkerung,.....da drängt mir nur die Frage auf, warum die Trennung überhaupt so vollzogen wurde. Bei uns in Niedersachsen lebten die britischen Soldaten wie ganz normale Nachbarn unter uns.
 
Dass sich die Sowjetarmee in der DDR so abkapselte hat weitestgehend viele widersprüchlich-absurde Gründe:
Die Besatzer waren was den Lebensstandard und die -qualität in ihrem Heimatland betrifft in der DDR weit unterlegen. Viele der Soldaten kamen aus den ärmlichsten Verhältnisse aus dem ganzen Sowjetreich. Ein ganz wichtiger Grund der Einmauerung war das Schreckensregiment innerhalb der Sowjetarmee. Abseitige Völkersoldaten wie z.B. Kasachen, Usbeken, Turkmenen, Armenier oder Dörfler aus dem finstersten Sibirien (baltische Sowjetsoldaten sind mir in der DDR unbekannt gewesen!)wurden ständiger Unterdrückung ausgesetzt. Viele von ihnen hatten in den zwei Jahren Wehrdienst untröstliches Heimweh (gab kein Heimaturlaub). Andererseits waren alle sowjetischen Soldaten auch keine sozialistisch tugendhaften Menschen. Frauenmangel bei zweijähriger Heimatabstinenz führte zu bestialischen Vergehen innerhalb der männlichen Soldaten der Sowjetarmee. Zudem wurde die Bewaffnung und Stationierung von besonderen Kriegsgerät streng geheimgehalten, sogar gegenüber der DDR-Führung. Wenn man zusammentraf (auch in gemeinsamen Manövern) war der Austausch von Artigkeiten erlaubt, wobei selbst die Russen anscheinend ihre eigene Sprache nicht verstanden oder nicht durften oder wirklich nicht konnten.

Die DSF (deutsch-sowjetische Freundschaft) war nur eine symbolische Organisation. Wir haben mal in dem DSF-Haus einen Samowarabend gemacht. Das war alles an sowjetischem Austausch. Ohne Russen oder Infos.
Ab Gorbatschow 1985 war die DSF eh ein Problem geworden und restlos bedeutungslos.
 
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