Die Versorgung der ehemaligen Beamten des Dritten Reiches

Gandolf

Aktives Mitglied
In einem anderen Strang tauchte einmal die Frage auf, wie die ehemaligen Funktionäre des Dritten Reiches in der BRD eigentlich „versorgt“ wurden (gemeint ist, welche Zahlungen sie von der BRD erhielten, um über die Runden zu kommen [Renten, Pensionen, Entschädigungen, etc.]). In diesem Strang soll dieser Frage konkreter nachgegangen werden. Dabei soll es um die Versorgung der ehemaligen Beamten des Dritten Reiches in der BRD gehen (ohne die Problematik der Kriegsopferversorgung). Es sind noch andere Stränge geplant, insb. zur Versorgung der Opfer.


Literaturhinweise:
Andreas Scheulen, Ausgrenzung der Opfer – Eingrenzung der Täter, Diss., 2002;
Ingo Müller, Furchtbare Juristen, 1987.


Chronik zur Versorgung der ehemaligen Beamten des Dritten Reiches:

Bereits zur Zeit der Weimarer Republik tritt nach § 31 des Strafgesetzbuches mit der Verurteilung eines Beamten zu einer Zuchthausstrafe die sog. „Amtsunfähigkeit“ ein, d.h. das Beamtenverhältnis erlischt, ohne Anspruch auf Ruhegehalt, bereits pensionierte Beamte verloren ihren Versorgungsanspruch.

Die Übertrittsverordnung vom 13.02.1924 (RGBl. I, S. 62) sieht beim Ausscheiden eines Beamten aus dem öffentlichen Dienst die Nachversicherung bei der Angestelltenversicherung vor.

§ 141 Abs. 2 Nr. 3 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26.01.1937 (RGBl. I, S. 39) regelt, dass Beamte, die wegen einer Straftat verurteilt werden und deshalb aus dem Amt scheiden, nicht bei der Angestelltenversicherung nachversichert werden.

Mit dem 08.05.1945 wurde unter alliierter Kontrolle das Beamtentum zunächst abgeschafft und die Entnazifizierung durchgeführt. Das geschah zonal und regional sehr unterschiedlich. Der kriegsbedingte Mangel an geeigneten Arbeitskräften und die zunehmenden Spannungen zwischen Ost und West führten zur Wiedereinstellung ehemaliger Beamte des Dritten Reiches in den öffentlichen Dienst.

Am 23.05.1949 wird das Grundgesetz verabschiedet. Dessen Art. 131 bestimmt, dass die Rechtsverhältnisse von Personen, „die am 08.05.1945 im öffentlichen Dienst standen und aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher nicht oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet werden, (...) durch Bundesgesetz zu regeln (sind)“. Der Großteil der ehemaligen Funktionäre des Dritten Reichs fällt unter diesen Artikel.

Mit dem „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen vom 11.05.1951 (BGBl. I 1951, S. 307) erhielten die aufgrund der Entnazifizierung entlassenen Beamte/Hochschullehrer einen Anspruch auf Wiedereinstellung in den Staatsdienst der BRD. Mindestens 20 % der Stellen im öffentlichen Dienst sollten mit Bediensteten aus der NS-Zeit wieder besetzt werden. Im Volksmund kommt die Redewendung auf, „die 131er überrunden die 45er“. 1956 wird der schleswig-holsteinische Ministerpräsident dem Landtag berichten, dass Schleswig-Holstein eine Quote von mehr als 50 % erreicht hatte. Das Gesetz sah Ausnahmen vor: keinen Anspruch auf Wiedereinstellung hatten z.B. diejenigen, die durch rechtskräftigen Spruchkammerbescheid vom öffentlichen Dienst ferngehalten worden waren (weil sie hierfür als untragbar angesehen wurden) und ehemalige Mitarbeiter der Gestapo.

Der in seinem Personal politisch eher belastete Bundesgerichtshof (BGH) entschied in seinem Urteil vom 01.12.1952 – Az. III ZR 114/52 (BGHZ 8, 169), dass Beamte, die am 08.05.1945 noch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis standen, trotz des Wegfalls des alten Dienstherrn versorgungsberechtigt blieben. Die neuen Rechtsträger (Bund, Länder, Gemeinden) hätten das Vermögen der alten Rechtsträger übernommen. Infolgedessen seien diese analog §§ 419 BGB, 25 HGB, 233 ff. AktG und Kap. V. § 22 Beamtenrechtsänderungsgesetz auch verpflichtet, die Verbindlichkeiten der alten Rechtsträger zu übernehmen (sog. „Prinzip der Funktionsnachfolge“).

Im Rahmen der „Entnazifizierung“ des Beamtenrechts wurde das Bundesbeamtengesetz am 14.07.1953 neugefasst. Die bis dahin geltende Regelung, dass der wegen eines Strafurteils ausscheidende Beamte bei der Angestelltenversicherung nicht nachversichert wurde, entfiel. Folge: ehemalige Beamte, die wegen einem NS-Verbrechen verurteilt wurden, wurden nun (!) nachversichert.

Das politisch unbelastete Bundesverfassungsgericht (BVerfG) stellte in seinem „Ersten Beamtenurteil“ vom 17.12.1953 – Az. 1 BvR 147 – (BVerfGE 3, 58) fest, dass am 08.05.1945 alle Beamtenverhältnisse erloschen sind. Die Beamtenverhältnisse seien im Dritten Reich von einem öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis gegenüber Staat und Volk in ein besonderes Treueverhältnis zu Hitler und der NSDAP umgewandelt worden. Folglich hätten die nationalsozialistischen Beamten keine Rechtsansprüche weder gegenüber dem Bund noch gegen den Ländern noch gegen die Gemeinden oder einen anderen Dienstherrn gehabt. Mit diesem Urteil stellte sich das BVerfG gegen die Rechtsprechung des BGH. Nun sollte es zwischen den beiden Gerichten zu einem Machtkampf kommen, in deren Mittelpunkt die Frage stand, in welchem Verhältnis die ehemaligen Beamten des Dritten Reiches zum Nationalsozialismus standen und wie der Rechtsstaat hiermit umgehen sollte.

Aufgrund des Beamtenurteils des BVerfG hätte der BGH eigentlich seine Rechtsprechung zu den Versorgungsansprüchen der Beamten und ihren Hinterbliebenen aufgeben müssen. Doch dieser wollte das Urteil des BVerfG nicht akzeptieren. Der Große Senat des BGH in Zivilsachen stellte in seinem Vorlagebeschluss vom 20.05.1954 fest, dass der Beamtenschaft großteils der Eid auf Hitler terroristisch aufgezwungen wurde, der wahre Kern der Beamtenschaft vom Nationalsozialismus nicht tangiert worden sei und die nationalsozialistischen Beamten ihre staatsneutrale Funktion zur Aufrechterhaltung des Gemeinwesens wahrgenommen hätten. Das Beamtenurteil des BverfG könne nicht rechtsstaatlich sein. Dem BverfG wurde die Angelegenheit vorgelegt, damit es seine Rechtsprechung ändere (!). Besonders herausfordernd war, dass die Vorlage vom Großen Senat stammte, der mit der Autorität sämtlicher Zivilrechtssenate des BGH aufwartete. Auch wollte dieser vom BVerfG bestätigt haben, dass die tragenden Entscheidungsgründe der Urteile des Verfassungsgerichts keine bindende Wirkung haben. Der Große Senat stellte die Machtfrage. Dabei wurde er in der öffentlichen Diskussion von nahezu allen Staatsrechtlern (freilich waren fast alle politisch belastet) unterstützt. Über 50 Staatsrechtler sprachen sich gegen die Rechtsprechung des BVerfG aus. Lediglich drei Staatsrechtler verteidigten das BVerfG (Heegner, Peters und Friesenhahn).

Das BVerfG wies mit Beschluss vom 19.02.1957 – Az. 1 BvL 13/54 – (BVerfGE 6, 222) den Vorlagebeschluss des Großen Senats des BGH als unzulässig zurück. Der Große Senat sei nicht vorlageberechtigt. Vorlageberechtigt seien seitens des BGH allein dessen einzelne Senate. - Am gleichen Tag wies das BVerfG in seinem Zweiten Beamtenurteil - Az. 1 BvR 357/52 - (BVerfGE 6, 132) die Verfassungsbeschwerden ehemaliger Angehöriger der Gestapo ab, die gegen die Ausschlussklausel des „131er“-Gesetzes (s.o.) Verfassungsbeschwerde erhoben hatten. Dabei stellte das BVerfG klar, dass es an seiner bisherigen Auffassung festhält, dass alle Beamtenverhältnisse zum Deutschen Reich mit dem 08.05.1945 erloschen sind. Ferner setzte sich das BVerfG Punkt für Punkt mit der Kritik des Großen Senats des BGH und der Staatsrechtler auseinander und widerlegte diese. Dabei arbeitete das BVerfG systematisch heraus, dass das traditionelle Beamtentum durch den NS-Staat zerstört wurde, die Beamten/Hochschullehrer des Dritten Reiches sich in den Dienst der NS-Weltanschauung stellen ließen und im Rahmen ihres Beamtenverhältnisses an den Willkürmaßnahmen des NS-Staates teilnahmen.
Wer sich für die Aufarbeitung des NS-Unrechts in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft interessiert, sollte die Beamtenurteile des BVerfG und den Beschluss des Großen Senats des BGH unbedingt lesen. Die Urteile sind trotz ihrer Länge [es sind m.W. die längsten Urteile in der amtlichen Entscheidungssammlung des BVerfG!] sehr gut lesbar und sehr verständlich geschrieben. Eine wahre Fundgrube öffnet sich!

Den Beamtenurteilen des BVerfG zufolge, hätten die ehemaligen Beamte des Dritten Reiches ihre Versorgungsansprüche verlieren müssen. Doch diese Folgen blieben weitgehend aus. Die Beamtenurteile des BVerfG kamen zu spät. Die Inkorporation des alten Beamtenapparats war 1957 fast vollständig abgeschlossen. Ferner wurde die Rechtsprechung des BVerfG „kalt“ umgangen. Sie wurde einfach nicht angewendet. Die neuen Rechtsträger erfüllten die nicht existierenden Versorgungsansprüche (wo kein Kläger, da kein Richter). Und der Gesetzgeber half weiter nach:

Bei der Rentenrefom 1957 wurde die Nachversicherung ausdrücklich unabhängig vom Grund des Ausscheidens gemacht.

1969 wurde geregelt, dass sogar Beamten, denen die Gerichte die Pensionsansprüche aberkannt haben, nachzuversichern waren.

Für die Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes war die Nachversicherung auf der Basis eines "fiktiven Einkommens" häufig sogar vorteilhaft, da die Rente steuerfrei ausgezahlt wurde.
 
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Erstmal Danke, für deine Zusammenfassung! :friends: Eine Frage stellt sich mir aber noch:
Für die Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes war die Nachversicherung auf der Basis eines "fiktiven Einkommens" häufig sogar vorteilhaft, da die Rente steuerfrei ausgezahlt wurde.
Evtl. bin ich bzgl. der Beamtenrechtsdenke gerade zu aktuell unterwegs, aber die Nachversicherung in der Rentenversicherung müsste doch durch die Mindestbeitragsbemssungsgrenzen spätestens ab einer A9 in finanzieller Hinsicht eher nachteilig gewesen sein. Auch die steuerfreie Ausbezahlung dürfte es da nicht mehr rausgerissen haben, da die Rente aus der GKV gerade in den frühen Jahren der BRD wirklich nicht hoch war (mir schwirrt da irgendwas von durchschnittlich 60,- DM/Monat irgendwann Mitte der 50er im Kopf rum, eine entsprechende Belegstelle habe ich auf die Schnelle leider nicht gefunden). Also, wieso meinst du, dass eine Nachversicherung im mittleren und sogar noch im gehobenen Dienst vorteilhaft gewesen wäre? Und wieso war sie das nicht beim einfachen und höheren Dienst?
 
@Lili: Bitteschön.

Das mit der Vorteilhaftigkeit der fiktiv berechneten Rente im Vergleich zur Pension habe ich bei Ingo Müller (#1, S. 262) gefunden. Es wird wohl am besten sein, wenn dieser Zusammenhang anhand von ein paar konkreten Beispielen dargestellt wird. Ingo Müller selbst gibt leider keine weiterführenden Hinweise, so dass ich diese Beispiele erst noch recherchieren muss.

Ich habe so ein paar Vermutungen, muss aber erst noch selbst nachschauen, wie die Nachversicherung konkret funktionierte, d.h. nach welchen Maßstäben die Beiträge erhoben wurden. Vermutlich wurden diese aus einem viel höheren Einkommen erhoben als die vom ehemaligen Beamten erzielten Bezüge (Motto: wer es im öffentlichen Dienst zu einer Anstellung schaffte, hätte in der freien Wirtschaft eine steile Karriere gemacht). Das würde nämlich zu Beobachtungen aus dem Bereich der Kriegsopferversorgung passen.

Diese Recherche wird aber länger dauern, da mir in Dresden die ältliche Literatur zum Rentenversicherungsrecht Westdeutschlands fehlt. Zu DDR-Zeiten fanden die das Thema wohl nicht so spannend.

Rente aus GKV? GKV ist die gesetzliche Krankenversicherung. Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung waren die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte, später Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und Landesversicherungsanstalten, etc.

Beim höheren Dienst dürfte Nachversicherung nicht so toll gewesen sein, da wegen der Beitragsbemessungsgrenze ein Kappungseffekt eintrat.

Beim einfachen Dienst wiederum dürfte es eher so gewesen sein, das die erdiente Pension (da zum einfachen Überleben ausgerichtet) immer noch höher war als "eine" Rente (da es ja eine existenzsichernde Grundrente nicht gab und daneben nur Fürsorgeleistungen, später Sozialhilfe bezogen werden konnten).
 
Zuletzt bearbeitet:
Das mit der Vorteilhaftigkeit der fiktiv berechneten Rente im Vergleich zur Pension habe ich bei Ingo Müller (#1, S. 262) gefunden.
Mal kurz rumgemutmaßt: der Einzige Vorteil den ich sehe, ist dass der Dienstherr allein die vollen Nachversicherungsbeiträge abzuführen hat. Damit hat der Beamte quasi nachschüssig den Vorteil höherer Bezüge trotz gesetzlicher Rente.

Es wird wohl am besten sein, wenn dieser Zusammenhang anhand von ein paar konkreten Beispielen dargestellt wird. Ingo Müller selbst gibt leider keine weiterführenden Hinweise, so dass ich diese Beispiele erst noch recherchieren muss.
Bevor du lang rumsuchst, kann ich auch einfach ein paar einschlägige Akten aus dem Archiv kommen lassen und die Nachversicherungsberechnung abtippen.

Ich habe so ein paar Vermutungen, muss aber erst noch selbst nachschauen, wie die Nachversicherung konkret funktionierte, d.h. nach welchen Maßstäben die Beiträge erhoben wurden. Vermutlich wurden diese aus einem viel höheren Einkommen erhoben als die vom ehemaligen Beamten erzielten Bezüge (Motto: wer es im öffentlichen Dienst zu einer Anstellung schaffte, hätte in der freien Wirtschaft eine steile Karriere gemacht). Das würde nämlich zu Beobachtungen aus dem Bereich der Kriegsopferversorgung passen.
Das weiß ich jetzt ausnahmsweise mal sicher: hier wurde (und wird) der tatsächliche Bruttoverdienst herangezogen.

Rente aus GKV? GKV ist die gesetzliche Krankenversicherung. Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung waren die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte, später Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und Landesversicherungsanstalten, etc.
Theoretisch weiß ich das... war wohl müde gestern... danke :D

Beim höheren Dienst dürfte Nachversicherung nicht so toll gewesen sein, da wegen der Beitragsbemessungsgrenze ein Kappungseffekt eintrat.
Die Beitragsbemessungsgrenze erreicht ein Beamter des höheren Dienstes heutzutage lediglich ab A15 Stufe 7 bzw. ab A16 Stufe 4, das dürfte auch zur damaligen Zeit kein überwiegendes Problem gewesen sein. Ich werfe aber auch mal einen Blick in die entsprechenden Besoldungstabellen und schau mir mal die Betragsbemessungsgrenzen der GRV an.

Beim einfachen Dienst wiederum dürfte es eher so gewesen sein, das die erdiente Pension (da zum einfachen Überleben ausgerichtet) immer noch höher war als "eine" Rente (da es ja eine existenzsichernde Grundrente nicht gab und daneben nur Fürsorgeleistungen, später Sozialhilfe bezogen werden konnten).
Die erdiente Pension dürfte auch bei den anderen dreien höher gewesen sein als die jeweilige Rente.
 
Seiteneinwurf:
Insbesondere in den niedereren Beamtenlaufbahnen wurden früher immer mal wieder Angestellte "Verbeamtet" was für diese zuerstmal einen nicht geringen Einkommensverlust bedeutete, den sie lediglich hinnahmen/anstrebten! wegen der Pensionsberechtigung, die erheblich höher war/ist, wie die zu erwartende Rente.

Dass für die "nachversicherten" ehemaligen Beamten tatsächlich ein Vorteil heraussprang, würde ich verneinen und auf ein paar wenige Einzelfälle beschränkt sehen.

Die Rentengesetzgebung hat sich im Untersuchungszeitraum mehrfach drastisch geändert, was die Recherchen nicht einfacher machen wird.

Allerdings würde ich Angesichts der betroffenen Gruppe wetten, dass da "fertige" Untersuchungen zu finden sein werden.
 
Mal kurz rumgemutmaßt: der Einzige Vorteil den ich sehe, ist dass der Dienstherr allein die vollen Nachversicherungsbeiträge abzuführen hat. Damit hat der Beamte quasi nachschüssig den Vorteil höherer Bezüge trotz gesetzlicher Rente.
Das hört sich vom Prinzip her plausibel an, wobei mich mal interessieren würde, ob der Träger der Versorgungslast dem Träger der Rentenversicherung wirklich die vollen Beiträge erstattet hat. In § 72 Abs. 11 G131 (= „131er Gesetz“) z.B. klingt das so: „Das Nähere über die Berechnung und Durchführung der Erstattung regelt die Bundesregierung; sie kann auch bestimmen, dass die Erstattung durch Zahlung von Pauschbeträgen abgegolten wird“.
Bevor du lang rumsuchst, kann ich auch einfach ein paar einschlägige Akten aus dem Archiv kommen lassen und die Nachversicherungsberechnung abtippen.
Wenn Du diese Möglichkeit hast, wäre das super!:friends:

Ich selbst kann nur auf die juristische Literatur zugreifen mit dem Elbflorenz-Handicap, dass die veraltete Pensions- und Rentenversicherungsrechtsliteratur Westdeutschlands hier nicht so zu haben ist, wie ich diese bräuchte. Ich muss mir das aus Nachversicherungsurteilen bzw. aus Zeitungsaufsätzen zusammenbasteln (was Zeit dauert). Oder ich habe die falschen Fälle (z.B. aus dem Bereich der Kriegsopferversorgung).
Das weiß ich jetzt ausnahmsweise mal sicher: hier wurde (und wird) der tatsächliche Bruttoverdienst herangezogen.
Das war das Programm des Gesetzgebers (vgl. § 1402 Abs. 2, 4 RVO, § 124 Abs. 2, 4 AVG).

Aber mich würden die allgemeinen Verwaltungsvorschriften des BMI zu §§ 72-74 G 131 interessieren. Es gibt nämlich Urteile in denen sinngemäß drinsteht, dass sich die Kläger nicht darüber beschweren könnten, dass sie aufgrund der Verwaltungsvorschriften mehr bekommen als ihnen nach dem Gesetz vermutlich zusteht (so ungefähr BVerwG Anfang der 80er). Deswegen muss ich mir mal die Verwaltungsvorschriften besorgen.
Theoretisch weiß ich das... war wohl müde gestern... danke
Sorry, tut mir leid, dass ich das geschrieben habe. Freilich weißt Du das, wie man das Deinem gescheiten Beitrag entnehmen kann.
Die Beitragsbemessungsgrenze erreicht ein Beamter des höheren Dienstes heutzutage lediglich ab A15 Stufe 7 bzw. ab A16 Stufe 4, das dürfte auch zur damaligen Zeit kein überwiegendes Problem gewesen sein. Ich werfe aber auch mal einen Blick in die entsprechenden Besoldungstabellen und schau mir mal die Betragsbemessungsgrenzen der GRV an.
Die erdiente Pension dürfte auch bei den anderen dreien höher gewesen sein als die jeweilige Rente.
Es wäre wirklich mal interessant den Vergleich nachzurechnen.
Dass für die "nachversicherten" ehemaligen Beamten tatsächlich ein Vorteil heraussprang, würde ich verneinen und auf ein paar wenige Einzelfälle beschränkt sehen.
Für die Gruppe aus dem niederen und höheren Dienst war die Nachversicherung eher ein Problem. Bei den anderen hilft nur nachrechnen.
Die Rentengesetzgebung hat sich im Untersuchungszeitraum mehrfach drastisch geändert, was die Recherchen nicht einfacher machen wird.
Allerdings würde ich Angesichts der betroffenen Gruppe wetten, dass da "fertige" Untersuchungen zu finden sein werden.
Die vielen Änderungen sind natürlich ein Problem. Aber wir haben ja Zeit.

Wenn Du „fertige“ Untersuchungen kennst, darfst Du mir diese gerne nennen. Dann muss ich nicht so lange suchen und Lili keine Akten aus dem Archiv kommen lassen. Ich kenne nur die Beispiele aus dem Bereich der Hinterbliebenenversorgung (Freisler-Witwe etc.). Die passt aber gerade nicht so sehr ins Programm. Zudem will ich über die später noch berichten.;) Die Schmankerln, besser wäre wohl Horrorgeschichten, kommen noch.
 
IFür die Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes war die Nachversicherung auf der Basis eines "fiktiven Einkommens" häufig sogar vorteilhaft, da die Rente steuerfrei ausgezahlt wurde.

Wenn ich dass richtig sehe, sind doch die Unterschiede in den frühen Jahren der BRD folgende gewesen:

- nachversichert wird aufgrund der bezogenen Bruttobezüge der Beamten. Der erste Vorteil hier liegt darin, dass im Vergleich zum Beschäftigungsverhältnis die vollen RV-Beiträge durch die Dienststelle an die GRV abzuführen waren (ohne "fiktive" Berücksichtigung des AN-Anteils). Theoretisch richtig bzw. angemessen hätte das eine andere Rechnung sein müssen: die Bruttobezüge wären um den AN-Anteil zu mindern gewesen. Odfer umgekehrt: die Bruttobezüge für die Rentenberechnung in der Nachversicherung waren zu hoch.

- Kappung erfolgte auch beim Brutto der Beamten in der Nachversicherung durch die jeweils gültige Beitragsbemessungsgrenze (SGB VI?)

- zu den Steuern: die Beamtenpensionen (pimaldaumen in % des letzten Bruttobezugs, Zuschläge?) waren zu versteuern, § 19 EStG. Die AN-Renten aus der GRV damals nur mit dem Ertragsanteil (seit 1949?), bei kleinen Renten faktisch unbedeutend. Hier werden die jeweils gültigen steuerlichen Existenzminima bzw. die Besteuerungsrealitäten wirksam: eine Besteuerung fand bei pensionierten Beamten nur oberhalb bestimmter Grenzen statt . Unterhalb bestimmter (Renten-/Pensions-)Grenzen hat keine Besteuerung stattgefunden. Hier liegt doch ein Unterschied, der in der Vergleichsrechnung bedeutend wird: die Steuerbelastung in einer bestimmten Spannbreite der Beamtenpensionen wird wirksam und ist abzuziehen, also Nettorechnung mit anschließendem Vergleich der Nachversicherung und AN-Rente, die in dieser Spannbreite steuerfrei bezogen wurde. Zusätzlich wirkt der Beitragsvorteil aus dem ersten Spiegelstrich. Das könnte eben auch kumulativ wirken: Beitragsvorteil (quasi wie eine Brutto-Erhöhung) zzgl. späterer steuerfrei bleibendem Rentenbezug.
 
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Das hört sich vom Prinzip her plausibel an, wobei mich mal interessieren würde, ob der Träger der Versorgungslast dem Träger der Rentenversicherung wirklich die vollen Beiträge erstattet hat. In § 72 Abs. 11 G131 (= „131er Gesetz“) z.B. klingt das so: „Das Nähere über die Berechnung und Durchführung der Erstattung regelt die Bundesregierung; sie kann auch bestimmen, dass die Erstattung durch Zahlung von Pauschbeträgen abgegolten wird“.
Ich beziehe mich in meiner Argumentation auf §§181 ff SGB VI, inwieweit diese Regelungen aber auch bereits in der Nachkriegszeit Gültigkeit hatten, müsste ich noch überprüfen. Ist aber grundsätzlich kein Problem, schließlich gibts nix, was wir nicht aufheben würden. :D

Wenn Du diese Möglichkeit hast, wäre das super!:friends:
Ja, kein Ding, kostet mich nur nen Anruf. Ich habe heute auch schon ein bisschen im EV rumgeklickt, um mal zu sehen, was wir so im Angebot haben. Es gibt ausschließlich Bundesbeamte, sowohl allgemein nichttechnisch als auch technisch. Der Einfachheit halber schlage ich aber vor, dass wir die Aufstiegler zunächst mal ausblenden und wir uns auf artreine Laufbahnkarrieren beschränken. Bliebe noch die Zeit zu klären: vor oder nach der Rentenreform '57?

Aber mich würden die allgemeinen Verwaltungsvorschriften des BMI zu §§ 72-74 G 131 interessieren. Es gibt nämlich Urteile in denen sinngemäß drinsteht, dass sich die Kläger nicht darüber beschweren könnten, dass sie aufgrund der Verwaltungsvorschriften mehr bekommen als ihnen nach dem Gesetz vermutlich zusteht (so ungefähr BVerwG Anfang der 80er). Deswegen muss ich mir mal die Verwaltungsvorschriften besorgen.
Dann schau ich mal direkt, dass ich entsprechende Vorschriften, die Grundlage zur Berechnung für die kommenden Praxisbeispiele waren, zumindest mal mit angebe.

Sorry, tut mir leid, dass ich das geschrieben habe. Freilich weißt Du das, wie man das Deinem gescheiten Beitrag entnehmen kann.
Macht doch nix, ich kann ganz gut über mich selbst lachen ;)

- zu den Steuern: die Beamtenpensionen (pimaldaumen in % des letzten Bruttobezugs, Zuschläge?) waren zu versteuern, § 19 EStG. Die AN-Renten aus der GRV damals nur mit dem Ertragsanteil (seit 1949?), bei kleinen Renten faktisch unbedeutend. Hier werden die jeweils gültigen steuerlichen Existenzminima bzw. die Besteuerungsrealitäten wirksam: eine Besteuerung fand bei pensionierten Beamten nur oberhalb bestimmter Grenzen statt . Unterhalb bestimmter (Renten-/Pensions-)Grenzen hat keine Besteuerung stattgefunden. Hier liegt doch ein Unterschied, der in der Vergleichsrechnung bedeutend wird: die Steuerbelastung in einer bestimmten Spannbreite der Beamtenpensionen wird wirksam und ist abzuziehen, also Nettorechnung mit anschließendem Vergleich der Nachversicherung und AN-Rente, die in dieser Spannbreite steuerfrei bezogen wurde. Zusätzlich wirkt der Beitragsvorteil aus dem ersten Spiegelstrich. Das könnte eben auch kumulativ wirken: Beitragsvorteil (quasi wie eine Brutto-Erhöhung) zzgl. späterer steuerfrei bleibendem Rentenbezug.
Stimmt, das sollte man auch noch berücksichtigen... Also die entsprechende erdiente Pension steht ja auch in den Akten, das kann ich ja direkt mit rausschreiben, brutto-netto darf dann aber gerne jemand anders machen...
 
@silesia: Vielen Dank für den profunden Wegweiser!:)

Ich beziehe mich in meiner Argumentation auf §§181 ff SGB VI, inwieweit diese Regelungen aber auch bereits in der Nachkriegszeit Gültigkeit hatten, müsste ich noch überprüfen. Ist aber grundsätzlich kein Problem, schließlich gibts nix, was wir nicht aufheben würden. :D
Das SGB VI gibt es aber erst seit 1989. Zudem ist zwischen der beamtenrechtlichen und der sozialversicherungsrechtlichen Nachversicherung zu entscheiden. Das G131 mit seinen Sonderbestimmungen geht da zunächst einmal der RVO etc. vor.
Ja, kein Ding, kostet mich nur nen Anruf. Ich habe heute auch schon ein bisschen im EV rumgeklickt, um mal zu sehen, was wir so im Angebot haben. Es gibt ausschließlich Bundesbeamte, sowohl allgemein nichttechnisch als auch technisch. Der Einfachheit halber schlage ich aber vor, dass wir die Aufstiegler zunächst mal ausblenden und wir uns auf artreine Laufbahnkarrieren beschränken. Bliebe noch die Zeit zu klären: vor oder nach der Rentenreform '57?
Das hört sich interessant an. Ich habe in der Zwischenzeit mal überschlagen, dass ich die Überblicksliteratur zum G131/Beamtenrecht auch in Dresden zusammen bekommen dürfte. Mein Vorschlag: ich schaue mal, wie das funktionierte und wir kommunizieren die Sachen mit den Akten dann per PM.
 
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