Facharbeit: Zwischen Kollektivschuld und Nationalstolz: Deutschland 1945 - 1955

simon44

Neues Mitglied
Hallo
ich hab ein kleines problem: ich bin grad am quellen suchen für meine Seminararbeit.
ich habe das Oberthema: "Zwischen Nationalstolz und Kollektivschuld - Deutsch sein zwischen 1945-1955"
zudem steht alles unter dem Aspekt: "was ist Deutsch"
ich habe mir jetzt gedacht dass ich zu erst einmal die Begriffe: "Nationalstolz und Kollektivschuld" erkläre und dazu Begriffsdefenitionen einfüge.
Nur leider finde ich keine guten bzw. nützlichen Bücher.
Deswegen ist meine frage an euch, ob ihr mir bücher entfehlen könnt und eventuell noch gute themen die euch einfallen sagen würdet?
danke jetzt schonmal
simon44
 
Hallo
ich hab ein kleines problem: ich bin grad am quellen suchen für meine Seminararbeit.
ich habe das Oberthema: "Zwischen Nationalstolz und Kollektivschuld - Deutsch sein zwischen 1945-1955"
zudem steht alles unter dem Aspekt: "was ist Deutsch"
ich habe mir jetzt gedacht dass ich zu erst einmal die Begriffe: "Nationalstolz und Kollektivschuld" erkläre und dazu Begriffsdefenitionen einfüge.
Nur leider finde ich keine guten bzw. nützlichen Bücher.
Deswegen ist meine frage an euch, ob ihr mir bücher entfehlen könnt und eventuell noch gute themen die euch einfallen sagen würdet?
danke jetzt schonmal
simon44

@simon44

Das ist schon ein etwas eigenartiges Thema. Aber seis drum, Du hast es nun einmal.

1. Für welches Fachgebiet mußt Du das Thema bearbeiten?
2. "Nationalstolz" ist ein äußerst unscharfer Begriff, "Kollektivschuld" ist da schon etwas schärfer, aber immer noch unscharf genug, um einen breiten Interpretationsspielraum zuzulassen.

Wenn ich das Thema bearbeiten müßte, würde ich als ersteinmal als Arbeitsansatz folgende Dokumente für "Nationalstolz" im UZ heranziehen:

(das ist eine wilde Ideensammlung)

- Befehl des OKW über die Bekanntmachung der bedingungslosen Kapitulation (gleichsam das "letzte Aufbäumen" von "Nationalstolz")
-Potsdamer Abkommen, Deutschland als Objekt des Völkerrechtes und nicht als Subjekt
- die deutschen Verbrechen/Verbrecher vor Gericht (Nürnberger HKVP)
- Sozialgeschichte, das Verhältnis Besiegte <=> Sieger, in der unmittelbaren Nachkriegszeit z.B. "Lucky Strike-Effekt")
- ein Sieger hilft, der Marshall-Plan
- "Wirtschaftswunder", die Verschiebung des Begriffsinhaltes "Nationalstolz" weg von klassischer Machtpolitik, hin zur Wirtschaftspolitik
- "Wir sind wieder wer..." am Ende des UZ
- konsequente Westbindung, Aussöhnung mit Frankreich, der Beginn der Aussöhnung mit Israel
- für Ostdeutschland/DDR, die konsequente Einbindung in RGW und Warschauer Vertrag
- Währungsreform 1948 und soziale Marktwirtschaft, Wiederaufbau
- Rezeptionsgeschichte z.B. in Zeitungen über diese historischen Ereignisse
- usw.


Über die Kollektivschuldfrage gibt es eigentlich Literatur genug, sowohl historische, juristische und philosophische.

Das als erster Ideenansatz.

M.
 
"was ist Deutsch"

Stimmt, das ist wirklich eine wilde Ideensammlung .

Aber die Entwicklung des Nationalstaates und des damit zusammenhängenden Nationalismus wird bei Hagen Schulze gut beschrieben.

Ausgehend von diesem Verständnis der Entwicklung kannst Du ein Verständnis dafür entwickeln, wie Nationalismus als Ideologie von den Nazis adaptiert und instrumentalisiert wurde, um eine ausreichende Legitimation für ihre menschenverachtende Politik zu erhalten.

Staat und Nation in der europäischen Geschichte - Hagen Schulze - Google Books


Ein Ansatzpunkt für eine Sicht auf die Kollektivschuld kannst Du bei Simon Wiesenthal finden. Aber natürlich auch an vielen anderen Punkten des Internets.

http://www.simon-wiesenthal-archiv.at/01_wiesenthal/05_stellungnahmen/04_kollektivschuld.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde das ganze ein wenig anders ansetzen. In puncto Nationalstolz gibt es nach Kriegsende wohl sehr wenig Punkte wo du ansetzen könntest. Grundgesetz und Konstitution der BRD vielleicht am Rande, aber das Problem ist eben, dass dies alles unter der Ägide der alliierten Besatzungsmächte geschah, weshalb man schwerlich von Nationalstolz sprechen kann. Adenauer und Wirtschaftswunder (wie zuvor schon genannt) halte ich für gute Beispiele. Konrad Adenauers "Tritt auf den Teppich" vor den Hohen Kommissaren (Ein Tritt auf den Teppich macht symbolische Politik &mdash; JLU) ging als Zeichen von Nationalbewusstsein und Souveränität in die Geschichte ein.
Weiterhin ist die BR Deutschland 1954 Fußball Weltmeister geworden: Die deutschen Fans sagen nach dem Spiel aus Gewohnheit die erste Strophe des Deutschlandlieds und die Spieler liefen eine Ehrenrunde (Quelle Wikipedia)
Hast du die Möglichkeit den Zeitraum deiner Fragestellung zu ändern?
Ein Zeitraum von 1950-1990 würde z.B. viel mehr hergeben, hier mal ein weitere wilde :winke: Gedankensammlung:
Kollektivschuld: Nürnberger Prozesse,Entnazifizierung-Umerziehung(durch USA), Publikation der Nazi Verbrechen-Ideolog. Indoktrination(durch UdSSR), 1. Staatsbesuch in Israel, Kniefall im Warschauer Ghetto, Aussöhnung mit Frankreich, Errichtung von Denkmälern, historisch-politische u. mediale Aufarbeiten in den "68er" Jahren, 2+4 Gespräche-Anerkennung der Oder-Neiße Linie, Wehrmachtsausstellung über "Verbrechen der Wehrmacht" (...).

Nationalstolz: Fußball-Weltmeister 1954 ("Das Wunder von Bern"), Wirtschaftswunder, Adenauer "Tritt auf Teppich", Heimkehr der Vertriebenen und Kriegsgefangenen Deutschen, WM 1974 in der BRD (Deutschland zum 2.ten Mal Weltmeister), 1989 Mauerfall ("Wir sind das Volk") "Sommermärchen 2006" - Deutschland im Halbfinale (Erstmals viele Fanmassen, Public viewing und massenhaft schwarz-rot-goldene Fahnen) (...)

Wie du siehst beschränkt sich der Nationalstolz nach 1945 in der BR Deutschland hauptsächlich auf sportliche Ereignisse, was nicht zuletzt mit seinem Gegenspieler der Kollektivschuld zu tun hat.
Meine Auflistung erhebt keines Falls Anspruch auf vollständigkeit und lässt sich sicher noch weiter spinnen, kommt darauf an was für einen Zeitraum du für deine Fragestellung untersuchen möchtest. :grübel:

Gruß Arminius
 
Über den Umgang mit der Schuld wäre vielleicht der Film Die Mörder sind unter uns nicht ganz uninteressant. Der Begriff der Kollektivschuld verdient sowieso eine umfassende Betrachtung.
 
Nationalstolz: Fußball-Weltmeister 1954 ("Das Wunder von Bern"), Wirtschaftswunder, Adenauer "Tritt auf Teppich", Heimkehr der Vertriebenen und Kriegsgefangenen Deutschen, WM 1974 in der BRD (Deutschland zum 2.ten Mal Weltmeister), 1989 Mauerfall ("Wir sind das Volk") "Sommermärchen 2006" - Deutschland im Halbfinale (Erstmals viele Fanmassen, Public viewing und massenhaft schwarz-rot-goldene Fahnen) (...)

Wie du siehst beschränkt sich der Nationalstolz nach 1945 in der BR Deutschland hauptsächlich auf sportliche Ereignisse, was nicht zuletzt mit seinem Gegenspieler der Kollektivschuld zu tun hat.
Meine Auflistung erhebt keines Falls Anspruch auf vollständigkeit und lässt sich sicher noch weiter spinnen, kommt darauf an was für einen Zeitraum du für deine Fragestellung untersuchen möchtest.
Hier muss ich etwas korrigieren, denn das ist ein Bild, das sehr stark durch die heutigen Medien transportiert wird und die Sicht der Nachwendezeit dokumentiert.
Was aber eines, wenn nicht das Hauptthema der deutschen Politik bis mindestens 1970 war, war die so genannte Deutschlandpolitik, also die Frage einer möglichen deutschen Wiedervereinigung und auch, wie sich Deutschland im Nachkriegseuropa bündnispolitisch positionieren sollte.
Damals wurden auch deutlich nationalere Töne angeschlagen, interessanterweise nicht in der CDU - wo sich Adenauer frühzeitig auf die Westbindung festlegte, damit aber in Kauf nahm, dass es keine rasche Wiedervereinigung geben würde, und das Westdeutschland aus der damaligen Sicht keine Hauptmacht mehr sein würde.
Interessant ist es dabei, sich mit Adenauers Kontrahenten bei der SPD zu beschäftigen, Kurt Schumacher. Hierzu aus der Wikipedia:

In einem Aufruf aus dem Jahr 1945 schrieb Schumacher: „Mag das Verbrechen des deutschen Nazismus an der Welt noch so schwer sein, das deutsche Volk kann und darf nicht darauf verzichten, sein Reich […] als nationales und staatliches Ganzes zu behaupten. Für die arbeitenden Massen sind Idee und Tatsache des Deutschen Reiches nicht nur nationalpolitisch, sondern auch klassenpolitisch eine Notwendigkeit. Ihr politischer und wirtschaftlicher Befreiungskampf ist ohne diese Grundlage zur Erfolglosigkeit verurteilt.“ Der gebürtige Preuße war fest davon überzeugt, es sei einer der schwersten Fehler der Weimarer Linken gewesen, die nationale Idee den Konservativen und Nationalsozialisten zu überlassen. Nie wieder solle die SPD als national illoyal diskreditiert werden können. Mit Leidenschaft allerdings griff er Kräfte an, die seiner Überzeugung nach mit dem Nationalsozialismus paktiert hatten. Für ihn verlief der Gegensatz nicht zwischen national und international, sondern zwischen national und nationalistisch. Nationalismus war 1947 für ihn „die heutige Form des Nihilismus in der Welt“ und damit zutiefst abzulehnen. Die Rolle der SPD sah er 1950 in den Verhandlungen zum Europarat darin, „durch Wahrung der nationalen Rechte den Nationalismus unmöglich zu machen und ihn unter Zustimmung des ganzes Volkes zerschlagen zu können.“
Seine Art, dem Patriotismus Ausdruck zu verleihen, machte es allerdings seinen Gegnern leicht, ihn außenpolitisch als linken Nationalisten zu isolieren.
Aber auch die FDP - in der zu ihrer Frühzeit tatsächlich auch eine Reihe ehemaliger nationalsozialistischer Spitzenfunktionäre aus der 2. Reihe unterschlüpften und sogar einen "Parteiputsch" starten wollten - hatte in den Anfangsjahren sehr nationale Anklänge. Da sie nicht in ein so enges taktisches Konzept gebunden war wie die Volksparteien, schrieb sie sich die Wiedervereinigung sehr offensiv auf die Fahnen. Größere Aktionen dazu waren jahrelang fester Bestandteil der Parteikultur, darunter die Anfachung von Großfeuern entlang der innerdeutschen Grenze zum Jahrestag des 17. Juni.

Die DDR ist hier etwas auszuklammern, da deren Führer schwerlich eigenständige, von der Sowjetunion unabhängige Positionen in der Deutschlandfrage einnehmen konnten. Erst in ihrer Spätphase gab es "nationalere" Töne in der Staatskultur, insbesondere in der Form, dass man wieder die Tradition zu Preußen herstellen wollte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Umgang mit Schuld und Verantwortung für die Verbrechen des NS in der frühen Nachkriegszeit einige literarische Verweise:

Einer der ersten Bestseller der frühen Bundesrepublik war das Buch "Der Fragebogen" von Ernst von Salomon. Die Art, wie in diesem autobiographischen Werk die Entnazifizierung ad absurdum geführt wurde, traf offenbar genau den Nerv vieler Deutscher. Der Autor hatte in der Weimarer Republik zum Kreis der "Konservativen Revolution" gehört, deren bekanntester Vertreter Ernst Jünger war.

Bemerkenswert war auch der enorme Erfolg des Heimkehrerstücks "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert. Die Hauptfigur Beckmann lud insofern zur Identifikation ein, als dass der psychisch und physisch versehrt aus dem Krieg heimkehrende Soldat eindeutig eher Opfer als Täter war. In einer Schlüsselszene sucht er einen ehemaligen Vorgesetzten auf, um ihm "die Verantwortung zurückzugeben", die ihm dieser im Krieg für ein Erkundungsunternehmen übertragen hatte, bei dem viele seiner Kameraden getötet worden waren.

Empfehlenswert für einen Einblick in das politische Klima der frühen Bundesrepublik sind auch die Anfang der 50er Jahre entstandenen Romane "Das Treibhaus" und "Der Tod in Rom" von Wolfgang Koeppen, die sich mit der Rolle ehemaliger Nazis im damaligen Bonn beschäftigen.
 
Zu einer Grünbewertung an mich noch eine kurze Erläuterung:

guter Beitrag, allerdings war Mende ein strammer "Rechts-Außen" und auch "seine" FDP
Das ist nicht falsch, Mende präsentierte sich vor allem stolz als ehemaliger Wehrmachtsoffizier. Bei der Gesamt-FDP ist das Bild diffiziler, immerhin waren dort mit Heuss und Dehler zwei liberale Aushängeschilder der frühen Bundesrepublik auch vertreten.
Allerdings bezog ich mich bei meinem obigen Beitrag vor allem auf den so genannten "Naumann-Kreis", mit einer Auswahl von Funktionären der SS und NSDAP bis hin zum ehemaligen Gauleiter Karl Kaufmann, die die Entnazifizierung offenbar ganz gut überstanden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Umgang mit Schuld und Verantwortung für die Verbrechen des NS in der frühen Nachkriegszeit einige literarische Verweise:
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Bemerkenswert war auch der enorme Erfolg des Heimkehrerstücks "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert. Die Hauptfigur Beckmann lud insofern zur Identifikation ein, als dass der psychisch und physisch versehrt aus dem Krieg heimkehrende Soldat eindeutig eher Opfer als Täter war. In einer Schlüsselszene sucht er einen ehemaligen Vorgesetzten auf, um ihm "die Verantwortung zurückzugeben", die ihm dieser im Krieg für ein Erkundungsunternehmen übertragen hatte, bei dem viele seiner Kameraden getötet worden waren.

Dem Hinweis würde ich gern noch die Diskussion hier im Thema Gründungsmythos BRD anfügen:
http://www.geschichtsforum.de/625543-post52.html

Die Filmindustrie, soweit sie sich mit dieser Vergangenheit beschäftigte, schlug in die gleiche Kerbe.
 
Damals wurden auch deutlich nationalere Töne angeschlagen, interessanterweise nicht in der CDU - wo sich Adenauer frühzeitig auf die Westbindung festlegte, damit aber in Kauf nahm, dass es keine rasche Wiedervereinigung geben würde, und das Westdeutschland aus der damaligen Sicht keine Hauptmacht mehr sein würde.
Interessant ist es dabei, sich mit Adenauers Kontrahenten bei der SPD zu beschäftigen, Kurt Schumacher.

Sowie mit der politischen Biopraphie des späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Dieser war zunächst Mitglied der CDU und erster Bundesinnenminister, trat aber schon 1950 wegen seiner Ablehnung von Adenauers Westintegrations- und Wiederbewaffnungsbestrebungen zurück und gründete die Gesamtdeutsche Volkspartei (GVP). 1957 trat er schließlich der SPD bei, ebenso wie die bisherigen GVP-Mitglieder Johannes Rau und Erhard Eppler.
 
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